Da die komplexe Pottwalsprache nur aus Klicks besteht, kamen Wissenschaftler jetzt auf die Idee, sie mit Maschinensprachen zu vergleichen und durch den Einsatz von KI und Machine Learning zu analysieren: Das Projekt heißt CETI. Bereits jetzt deutet bereits alles darauf hin, dass auch die Pottwal-Klicks ähnlich der Orca-Whistles die Anforderungen an eine Sprache erfüllen:
Solche Programme zur Analyse großer Datenmengen analysieren Akustik und Verhalten zwischen Individuen und machen Beziehungen in Gruppen sichtbar. Mit dem Einsatz von Machine Learning und AI wird jetzt auch eine tiefergehende Analyse der Walsprachen möglich. Vielleicht findet CETI heraus, worüber Pottwale kommunizieren.

Wesentliche Kennzeichen einer Sprache sind Regeln: Die Semantik legt Lautfolgen mit spezifischen Bedeutungen fest, und die Grammatik gibt Regeln zur Satzbildung vor. Zusätzlich muss eine Sprache als kulturelle Leistung innerhalb einer Gruppe erlernt werden und damit über das Lernen des Nachwuchses durch Nachahmung der Mutter hinausgehen. Die Kommunikation der meisten Tiere erfüllt diese Ansprüche nicht. Die der Zahnwale allerdings schon.

Abgesehen von den Dialekten und Unterschriftspfiffen oder Codas ist bis jetzt über die mögliche Wal-Sprachen noch nicht viel bekannt.
Das CETI-Projekt will jetzt zunächst noch viel mehr Daten aufnehmen. Um die Pottwal Codas zu untersuchen, müssten Computerprogramme erst einmal mit Hunderten von Millionen Beispieldaten trainiert werden. Erst dann können Kryptologen und Machine Learning-Experten die Klick-Kommunikation analysieren. Bei der Übersetzung und Verarbeitung menschlicher Sprachen waren einige Methoden des maschinellen Lernens bereits sehr erfolgreich, die sollen jetzt auch bei der Pottwal Kommunikation zum Einsatz kommen. Normalerweise analysieren sie, wie oft ein Wort in einem Satz oder einem Dokument vorkommt und in welcher Wort Umgebung es steht. Die Codas werden also genau wie Datensätze für das Training von Natural Language Processing Systemen behandelt. Nur dass es in diesem Fall zu ersten Mal um eine nicht-menschliche Sprache geht. Darum nimmt das Projekt mit dem Namen CETI auch Bezug auf das SETI-Projekt der NASA.

Die Daten dafür erlauschen die Projektteilnehmer bei den karibischen Pottwal-Familien des Dominica-Sperm whales-Projekts. In den warmen karibischen Gewässern halten sich die Wale das ganze Jahr über auf, seit 16 Jahren betreibt der Pottwal-Experte Shane Gero  dort Forschung und Wissenschaftskommunikation durch Whale Watching -der richtige Pottwal-Partner für das Projekt CETI. Gero erklärt, dass Pottwale in multikulturellen Gesellschaften leben und ihre Kulturen durch Akustik und Verhalten definieren. Mit ihren komplexen Codas tauschen sie Informationen über Ihre Identität als Individuum, als Familie und als Clan aus. So ein Pottwal-Clan ist eine große Gruppe aus vielen Familien, die einen Dialekt und eine Kultur teilen. Die Clan Identität ist für sie offenbar sehr wichtig. Gero hat viele tausend Stunden mit seinen Pottwalen verbracht und ist sich sicher, dass die Wal Familien über ihr Wir-Gefühl kommunizieren. Die Gruppe ist schließlich ihr einziger Halt in den dreidimensionalen Weiten und Tiefen des Ozeans.

Ob auf der Basis des CETI Projekts einmal eine echte Kommunikation mit Pottwalen möglich sein wird, ist nicht sicher. Zu anders ist ihre Intelligenz. Die Beschäftigung mit der Pottwal Sprache könnte aber etwas anderes bewegen und die Beziehung von Menschen und Meeressäuger neu definieren. Vielleicht würde das helfen die Menschen zu einem respektvollen Umgang mit den Lehrern und ihren Meeres Geschöpfen zu bewegen. Vielleicht, so meint Gero, könnten die Menschen sich von den Pottwalen das Wir-Gefühl abschauen, es gerade in unserer von Pandemien, Klimakrise von Katastrophen geprägten Zeit wichtig wäre, um diese zu bewältigen.

Immer neue Technologien zur Datenerhebung unter und über der Meeresoberfläche und Weiterentwicklungen im Machine Learning, mit KIs und anderen Computer-Tools könnten neuartige Einblicke in die Kulturen und Sprachen der Wale bringen. Damit könnten wir zu einem anderen Miteinander mit intelligenten Meeresgeschöpfen kommen. Das könnte noch mehr Menschen davon überzeugen, für den Schutz der weltweit bedrohten Wale einzutreten. Und vielleicht könnten wir sogar von der auf das Miteinander ausgerichteten Walkultur etwas für das menschliche Miteinander lernen.

1 / 2 / 3 / 4 / 5 / 6

Kommentare (13)

  1. #1 RPGNo1
    1. August 2022

    https://www.youtube.com/watch?v=FTY9F6WOCCM

    In memoriam, Nichelle Nichols!

  2. #2 gedankenknick
    1. August 2022

    Sehr schöner und informativer Artikel.

    Allerdings ließ mit der Satz “Hatten Walforscher bis dahin vor allem tote Wale erforscht, beobachtete eine neue Generation von ihnen auf Segelbooten lebende Wale als emotionale und soziale Wesen.” erst doch stutzen und dann ziemlich grinsen. Nicht, dass ich den Walen die notwendigen nautischen Kenntnisse absprechen möchte, aber ich bezweifel deren Verständnis für die international geltenten Regeln im Schiffsverker – wie gewisse Orca-Gruppen in den letzten Jahren durchaus demonstrier(t)en. 😉

  3. #3 Sascha
    1. August 2022

    Delfine und Außerirdische – da muss ich an das Buch “Orakel der Delfine” von Wolf Weitbrecht denken.

  4. #4 Bettina Wurche
    1. August 2022

    @RPGNo1: Danke für den Trailer meines absoluten Star Trek-Lieblingsfilms : )

  5. #5 Bettina Wurche
    1. August 2022

    @Sascha: Das kenne ich gar nicht. Wale kommen jedenfalls in der SF ziemlich häufig vor. Und spielten in den 1960-ern bei der Vorbereitung eines möglichen Erstkontakts eine wichtige Rolle

  6. #6 Bettina Wurche
    1. August 2022

    @gedankenknick: Stimmt, das kann man auch ganz anders lesen. LOL. Ich habe es umformiert

  7. #7 Aginor
    2. August 2022

    Danke für den Artikel!

    Nebenbei: Bettina, hast Du einen Artikel in der Mache betreffs des Seevögelsterbens an der Nordsee?

    Das geht irgendwie in der Presse größtenteils unter, und mich würde interessieren was die langfristigen Auswirkungen aus Deiner Sicht sind. Also auch was Nahrungsketten und ökologisches Gleichgewicht angeht.

    Oder schiebe ich (als Vogelfan in dem Fall) unnötig Panik?

    Gruß
    Aginor

  8. #8 Bettina Wurche
    2. August 2022

    @Aginor: Nein, habe ich nicht. Das ist für mich immer noch recht diffus. Du hast recht: Es ist dramatisch, geht jetzt ins dritte Jahr. Die vielen ausgezehrten Vögel sind verhungert.
    Vieles deutet auf Überfischung hin, so dass die Vögel nicht mehr genug Nahrung finden.
    Nun wütet auch noch auf Helgoland die Vogelgrippe:
    170 tote Basstölpel-Küken und Alttiere sind definitiv eine Katastrophe.
    Es scheint ja auch länderübergreifend zu sein. Ich habe bisher nur kleinere Meldungen dazu gefunden, aber keinen Überblick.
    Ich bin gerade auf Themensuche und recherchiere mal etwas.

  9. #9 Bettina Wurche
    2. August 2022

    @Aginor: Hast Du irgendwelche Meldungen dazu, wer daran forscht?

  10. #10 Aginor
    2. August 2022

    @Bettina:
    Ich bin hier drüber gestolpert:

    https://naturfotografen-forum.de/o1938694

    Die meisten Posts brauchst Du vermutlich nicht zu lesen, ist auch ein bisschen Unfug dabei, aber der User (Moderator) “Uwe Ohse” verlinkt ein paar Dinge, z.B. einen Artikel auf der nabu-Seite (der auch weiterführende Links enthält):
    https://www.nabu.de/news/2022/07/31914.html

    sowie einen Spektrum-Artikel:
    https://www.spektrum.de/news/seuchen-vogelgrippe-wuetet-an-der-nordsee/2036290

    in dem unter anderem ein Biologe namens Mardik Leopold vom Meeresforschungszentrum der Universität Wageningen erwähnt wird.

    und ein paar Quellen aus dem Ausland, z.B. etwas über Calais und Berichte aus Schottland, wo es den Skuas wohl an den Kragen geht.

    Ich habe mich leider selbst noch nicht so durchwühlen können wie ich das gern täte.

    Gruß
    Aginor

  11. #11 Bettina Wurche
    2. August 2022

    @Aginor: Danke! Ja, auf die bin ich auch gestoßen. Spektrum hat mittlerweile vier Beiträge dazu gebracht, das Seeevogelsterben im Nordpazifik würde ich im Kontext sehen.
    Das Londoner NHM hatte dazu auch einen guten Beitrag, in dem Wissenschaftler genannt sind:
    https://www.nhm.ac.uk/discover/news/2018/march/a-journey-through-the-largest-egg-collection-in-the-world.html
    Im Moment sieht es mir danach aus, dass Überfischung und Meereserwärmung die Seevögel so anschlagen, dass sie einen Sturm (mit Hungerperiose) nicht mehr überleben und extrem anfällig für Infektionen werden. Ich frage mich, inwieweit die NAreicherung von Mikroplastik und Toxinen noch dazu beträgt.
    Es sieht jedenfalls übel aus : (

  12. #12 Sascha
    2. August 2022

    Bettina, das ist DDR-SF, das dürfte im Westen nicht sehr bekannt sein.
    Die Delfine wurden von den Aliens so “präpariert”, dass sie bei der Untersuchung des Gehirns eine Botschaft präsentieren.
    Hat diverse Däniken-Tropes, was zu der Zeit (Anfang 70er) häufig vorkam.

    Hab gerade mal geschaut. Das ist gebraucht ja ganz schön überteuert.

  13. […] Klimakrise, Climate Fiction, Star Trek und natürlich schwärme ich von Walen. Vor allem von den Sprachen der Wale und dem Projekt CETI. Außerdem erkläre ich meine Science Fiction-Aktivitäten und mein Auftreten […]