Während überlegt wird an Schulen regelmäßig auf SARS-CoV-2-Infektionen zu testen, wird der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, vom Spiegel zitiert, dass die zu erwartende hohe Zahl an falschen negativen und falschen positiven Ergebnissen weit mehr Schaden anrichten als nutzen würde.

Wie kommt er zu dem Schluss?

Es bestehe »eine erhebliche Gefahr«, dass die Hygienemaßnahmen nach negativen Testergebnissen nicht mehr eingehalten würden, weil sich die Schüler in falscher Sicherheit wögen. »Angesichts vieler falsch negativer Ergebnisse könnte das zu mehr Ansteckungen führen, als wenn nicht getestet würde; das wäre verheerend.« Auf der anderen Seite müssten Kinder bei falsch positiven Ergebnissen unnötig in Quarantäne.

Da hat er recht! Aus eigener Anschauung (u.a. hier) kann ich außerdem bestätigen, dass sich insbesondere Grundschulkinder eben nicht immer vorbildlich mit Maske und Abstand umgehen (und die Schulen ihre Konzepte nicht immer klug umsetzen). Ältere auch nicht. Ein kurzer Spaziergang am Nachmittag durch eine beliebige Stadt in deutschen Landen, wird diese Beobachtung vielfach bestätigen. Ein kurzer Spaziergang am Abend und man weiß, dass auch gefeiert und begegnet wird – irgendwoher müssen ja trotz Lockdown die Zahlen kommen.

Andererseits ist vollkommen klar, wer viel testet, wird auch Fehler machen – daran ändert auch die vergleichsweise hohe Spezifität der fraglichen Tests nichts. Ich hatte den Eindruck, das ist genau der Punkt: Mit einer Mischung aus Impfung, Testen und fortbestehenden AHA-Regeln die dritte Welle erheblich zu dämpfen sei die Absicht? (Von Strategie mag ich nicht reden.) Zusätzliche Infektionen sind der Preis für die Schulöffnungen und falsch positive Tests führen zu Quarantänen – die mit entsprechenden Kontrolltests schnell wieder aufgehoben werden können.

Öffnen der Schulen (bislang teilweise und mit Wechselunterricht) und nicht testen ist das bisherige Vorgehen. Dieses mit Antigen-Tests zu ergänzen ist eine sinnvolle Veränderung. Vielleicht sollte bei kleineren Kindern verzichtet werden, weil der Abstrich unangenehm ist:

Vor allem die unangenehmen Schnelltests mit Abstrich tief in der Nase oder im Rachen könnten bei häufiger Anwendung für junge Schulkinder sehr belastend sein, fürchten die Verbände dem Bericht zufolge.

Ob der vollständige oder weitgehende Verzicht auf Tests zusammen mit weitgehender Öffnung eine valide Alternative ist? Doch, wie sagt die Kanzlerin?

Wir brauchen sicherlich den Monat März, um eine umfassende Teststrategie aufzubauen.

Da bleibt noch viel Zeit eine Strategie aufzubauen.

 

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Kommentare (17)

  1. #1 schorsch
    3. März 2021

    Ich halte das Argument mit der falschen Sicherheit für sehr bemerkenswert. Die Vergangenheit hat in vielen Bereichen gezeigt, dass jede neu eingeführte Sicherheitsmaßnahme aufgrund eines falschen Sicherheitsgefühls zu stark erhöhtem Leichtsinn und somit zu einer starken Zunahme von Unfällen geführt hat.

    Zum Beispiel die Gurtpflicht im Strassenverkehr, vor der Thomas Fischbach sen. damals eindringlich gewarnt hatte. Zurecht: Vor Einführung der Gurtpflicht in Deutschland 1983 nur 13.553 Verkehrstote. Nach Einführung stieg die Anzahl im Jahre 1985 schlagartig um… ähhhh… also…, ja, also um minus 3.500 auf 10.070.

    Gut das war jetzt vielleicht ein schlechtes Beispiel.

    Aber nehmen wir doch mal die Helmpflicht, vor deren Einführung ebenfalls dringendst gewarnt wurde. Bzw. naja, vielleicht auch ein schlechtes Beispiel.

    Okay, also Airba…

    Aber diesesmal, bei den Schnelltests – da hat die alte Kassandra-Eule Fischbach ganz gewiss recht! Jegliche Maßnahme ist grundsätzlich geeignet, Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen und daher gefälligst zu unterlassen!

  2. #2 Joseph Kuhn
    3. März 2021

    @ schorsch:

    Deswegen ist das mit der Strategie so wichtig. Man muss wirklich genau überlegen, wo Schnelltests trotz ihrer schwachen Sensitivität sinnvoll sind: in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen (z.B. den Inzidenzen oder den Impfquoten in den jeweiligen Settings), für wie lange sie “frei” geben sollen, kombiniert mit welchen anderen Maßnahmen usw.

  3. #3 schorsch
    3. März 2021

    Ich sach ma so: Wen die Kneipen geöffnet werden und es gibt keine Schnelltest, dann sitz ich in der Kneipe.

    Wenn die Kneipen geöffnet werden und es gibt Schnelltests, dann mach ich den Test und geh dann in die Kneipe. Oder ich hab Pech, der Test zeigt positiv, dann hab ich halt ins Klo gegriffen. Aber eben nicht ins Kneipenklo.

    Und da ich mir soviel Verantwortungsgefühl zutraue, traue ich dies auch anderen zu.

    Natürlich wäre es eine bessere Strategie, die Kneipen erst gar nicht zu öffnen.

    Aber: No Beer and no Kneipe makes Schorschi go crazy! Und das will nun wirklich keiner!

  4. #4 Joseph Kuhn
    3. März 2021

    @ schorsch:

    Das will wirklich keiner 😉

  5. #5 Fluffy
    4. März 2021


    Vogel Strauß oder testen?

    _

    dass die zu erwartende hohe Zahl an falschen negativen und falschen positiven Ergebnissen weit mehr Schaden anrichten als nutzen würde

    Wie hoch ist denn die Genauigkeit der Standard-PCR-Tests? Von den Schnelltests heißt es ja, sie haben eine Genauigkeit von ca 80%

    dass die Hygienemaßnahmen nach negativen Testergebnissen nicht mehr eingehalten würden,

    Hier sollen Schuldige wohl schon im Vorhinein benannt werden.

    dass sich insbesondere Grundschulkinder eben nicht immer vorbildlich mit Maske und Abstand umgehen

    Mit Verlaub Herr Meesters, was erwarten Sie von Kindern? Dass diese besser dressiert werden müssen?

    Zu entwickelnde Konzepte müssen realistisch und umsetzbar sein!

    • #6 Christian Meesters
      4. März 2021

      Mit Verlaub Herr Meesters, was erwarten Sie von Kindern? Dass diese besser dressiert werden müssen?

      Aber nein.

      Zu entwickelnde Konzepte müssen realistisch und umsetzbar sein!

      Aber ja. Nur: Das vom Verband bemängelte Verhalten gibt es längst – ohne begleitende Tests (siehe Text). Wir erinnern uns: Es gibt längst konkrete Vorschläge – der oben zitierte Verband BVKJ dabei auch mitgewirkt. Bislang wurden Schulen (teil-)geöffnet, eben ohne Tests und zugehörige Strategie.

  6. #7 Rob
    Oberland
    4. März 2021

    Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen: In der Nähe ist die örtliche Grundschule mit Spiel- und Bolzplatz und da ist Nachmittags richtig viel los. Maske und Abstand Fehlanzeige, dafür stehen die Eltern in Gruppen herum während sich die Kids austoben.

  7. #8 Herb
    Heidelberg
    4. März 2021

    Dass mehr Tests viele Ansteckungen verhindern bezweifle ich ja gar nicht, aber mir kommt es derzeit so vor als hätte man mit den Schnelltests die eierlegende Wollmilchsau gegen die Pandemie gefunden. Diese wird dann auch eifrig durchs Dorf getrieben. Und alle denken dass die Pandemie nun irgendwie doch vorbei oder zumindest unter Kontrolle sei. Genau das sehen wir derzeit in Österreich mit einer aktuellen Inzidenz von über 200. Die Landschaft wird nun nicht mehr nur mit Masken sondern auch mit gebrauchten Testutensilien zugemüllt. Die Inzidenz wird aber trotzdem steigen und viele Leben und viel Geld kosten. Das einzige was uns wirklich aus der Pandemie hilft ist impfen und zwar 24X7. “Oh Mann wie ich es hasse immer recht zu behalten” (Jeff Goldblum in Jurassic Park).

    • #9 Christian Meesters
      4. März 2021

      Das einzige was uns wirklich aus der Pandemie hilft ist impfen …

      Ja, und eine kohärente Test- *hüstel* -strategie, vor Monaten entwickelt, als klar wurde, was in den Antigentests steckt, würde dabei helfen.

  8. #10 Friedhelm Franslmeyer
    4. März 2021

    Impfen, was?
    Und was passiert, nachdem der Impschutz nachgelassen hat? Oder die Welle von den nicht-impfendenden Ländern wieder zurückschwappt?

    • #11 Christian Meesters
      4. März 2021

      das ist in der Tat eine wesentliche Frage, nur unabhängig davon, wird (möglicherweise / wahrscheinlich) wiederholtes Impfen – wie bei anderen Krankheiten auch – auf lange Sicht notwendig sein

  9. #12 ralph
    5. März 2021

    “Da bleibt noch viel Zeit eine Strategie aufzubauen.”
    Es ist wirklich unfassbar.
    Man hatte ja gerade mal ein Jahr Zeit sich Strategien zu überlegen (naja, die gibt es schon, einschließlich Epidemie Simulatoren usw.) oder zumindest aus bereits erfolgreich angewandten Strategien zu lernen. Die Vor und Nachteile der diversen Testes sind ebenso lange bekannt.
    Beim Impfen läufts ja nicht besser. Eine Bekannte von mir, aus mehreren gesundheitlichen Gründen Impfberechtigt, zudem Mutter eines minderjährigen Sohnes, der Immunsuppressoren nehmen muss, versucht in Baden Württemberg seit über einer Woche unter hohem Zeitaufwand telefonisch/online in einen Impftermin zu bekommen. Bislang erfolglos, digitale Steinzeit!
    Aber immerhin haben wir gefühlt die besten Ethikkommissionen, und sind Datenschutzweltmeister. Hauptsache “gerecht” und Hauptsache die Daten sind (vermeintlich) gut geschützt, koste es was es wolle.

  10. #13 Friedhelm Franslmeyer
    5. März 2021

    @11, Jo, und wollen wir uns dann auch alle wieder schön einbunkern, wie das letzte Jahr, obwohl für den größten Teil der Bevölkerung nur ein Winziges Risiko besteht? Wahrscheinlichkeitsrechnung, Statistik und so. Damit sollten Sie sich doch ein wenig auskennen, oder? Oder spielen Sie heimlich auch jede Woche Lotto?

    • #14 Christian Meesters
      6. März 2021

      nur ein Winziges Risiko

      Für was?

  11. #15 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2021/02/21/es-geht-bergauf/
    6. März 2021

    Ein kurzer Spaziergang am Abend und man weiß, dass auch gefeiert und begegnet wird – irgendwoher müssen ja trotz Lockdown die Zahlen kommen.

    Mh, mh – Grübel.

    Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen: In der Nähe ist die örtliche Grundschule mit Spiel- und Bolzplatz und da ist Nachmittags richtig viel los. Maske und Abstand Fehlanzeige, dafür stehen die Eltern in Gruppen herum während sich die Kids austoben.

    Ja, Leute, die gemeinsam draußen rumstehen, nur ob sich da das Virus auch ausbreitet ist damit natürlich nicht gesagt.

    Wo soll es sich sonst ausbreiten? Ich hätte da im Angebot: ÖPNV und Arbeitsplätze.

    Wenn Zuschauer am Bolzplatz rumstehen, dann sind da doch bestimmt auch 1, 2 Raucher darunter. Wo fliegt denn der Rauch hin? Nicht, dass das ein Beweis wäre. Aber wir haben doch draußen meist Windverhältnisse, die auch auf kurze Entfernung die Luft rasch verwirbelt, verdünnt und wegträgt. Was wir nicht haben, das ist ein gutes Bild davon, wie stark diese Einflussfaktoren sind.

    Was man manchmal hört, dass es keine Belege dafür gibt, dass sich das Virus unter freiem Himmel ausbreitet, kommt mir auch als mit zu viel Gewissheit vorgetragen vor.

    Mir scheint, oft werden die Debatten nicht zu Ende geführt, weil man Angst hat, der politische Gegner würde die Ergebnisse vielleicht instrumentalisieren wollen – die einen wollen ein Argument gegen die Demos der Impfgegner nicht aus der Hand geben, die anderen kontern mit BLM.

    Bei Abständen um 50cm und wenn jemand rumhustet, brüllt oder Sauflieder grölt, dann dürfte auch draußen nicht alles rosarot sein.

  12. #16 Friedhelm Franslmeyer
    6. März 2021

    @#14: irgendwas. Aber wirklich weiter kommen wir nur, wenn in dieser beeindruckend langen Liste auch noch Risiken angegeben werden “Bei einigen Patienten” sagt halt nicht so viel aus.

    • #17 Christian Meesters
      8. März 2021

      und wo sollen die her kommen? Es gibt eine ganze Reihe von Veröffentlichungen – einige davon hier im Blog verlinkt. Nur gibt leider zu wenigen Langzeitfolgen bereits belastbare Zahlen zu Risiken. Das ist der “Fluch der Epidemiologie”: Bis sich ein Konsens heraus schält vergeht viel Zeit – und gibt es im Zweifel viel Leid.