… aber nur, wenn Sie ihnen auch vertrauen. Die Bertelsmann-Stiftung hat gerade Ergebnisse ihrer aktuellen Gesundheitsmonitor-Befragung veröffentlicht, in der u.a. danach gefragt wurde, welcher Berufsgruppe man Vertrauen entgegenbringt. Das ist dabei herausgekommen:

Sehr hohes Vertrauen Sehr hohes oder eher hohes Vertrauen
Feuerwehrleute 63 % 98 %
Hebammen 57 % 98 %
Krankenschwestern 50 % 95 %
Piloten 48 % 95 %
Ärzte 34 % 91 %
Polizisten 27 % 81 %
Apotheker 27 % 90 %
Pfarrer 21 % 63 %
Lehrer 12 % 69 %
Rechtsanwälte 12 % 63 %
Taxifahrer 6 % 52 %
Journalisten 2 % 23 %
Finanzberater 2 % 13 %
Politiker 1 % 6 %
Datenquelle: Bertelsmann-Stiftung, Gesundheitsmonitor 2012, 20. Erhebungswelle

Im Mittelpunkt der Studie steht das Ärzteimage. Die Autoren der Studie schließen aus weitergehenden Datenanalysen, dass das Ärzteimage zwar über die verschiedenen befragten Bevölkerungsgruppen hinweg recht homogen ist, dass es aber durchaus auch durch typische Versorgungserfahrungen in Arztpraxen beeinflusst wird, z.B. wie vertraut sich der Arzt mit der Krankengeschichte macht, wie Wartezeiten erlebt werden, ob man als Kassenpatient Unterschiede gegenüber Privatpatienten wahrnimmt usw. Nimmt man die beiden positiven Antwortkategorien (sehr hohes Vertrauen/eher hohes Vertrauen) zusammen, schneiden die Ärzte eigentlich nicht schlecht ab. Aber ganz intakt ist das Bild der „Halbgötter in Weiß” offensichtlich nicht mehr. Ob die wiederholten Medienberichte über Ärztekorruption da auch ihren Anteil haben?

Genauso interessant wie das Ärzteimage ist aber auch das der anderen Berufe. Bei den Pfarrern dürften wohl die Missbrauchsskandale, die in den letzten Jahren bekannt geworden sind, ihren Niederschlag gefunden haben. Wenig verwunderlich ist das schlechte Image von Finanzberatern und Politikern. Da haben die – leider nicht sehr seltenen – schwarzen Schafe wohl in der öffentlichen Wahrnehmung die ganze Herde eingefärbt.

Bei den Journalisten hätte man natürlich die Scienceblogsautoren gesondert ausweisen müssen. Einer unveröffentlichten Sonderauswertung zufolge war hier 150%-iges Vertrauen festzustellen.

Kommentare (91)

  1. #1 cydonia
    10. Juli 2012

    Was mir bei der Umfrage Kopfzerbrechen, wenn nicht sogar Sorgen bereitet, sind zwei Dinge:
    Weswegen schafft es der esoterisch und homöopathisch fast komplett verseuchte Berufsstand der Hebammen, immer noch derartig hohe Vertrauenswerte zu bekommen? Inzwischen sollten doch genügend Menschen Erfahrungen gemacht haben, die die Werte etwas nach unten korrigieren. Wieso passiert das nicht?
    Und dann die Politiker: Weswegen interessieren sich Menschen in unseren Demokratien(Jawohl, es sind immer noch welche) so wenig für Realpolitik, dass das Ansehen so dermaßen schlecht ist? Diese Werte haben doch mit der Realität rein gar nichts zu tun. Da waren die Werte vor 1933 ja wahrscheinlich noch besser.
    Am Liebsten würde ich eine Art Politikdienst einführen, damit Menschen in ihrem Leben wenigstens ein paar Monate lang beispielsweise in der Kommunalpolitik eine Funktion einnehmen, und erleben, wie mühsam demokratische Prozesse vorangehen, und welches Engagemant vonnöten ist, damit wirklich was passiert. Und nein, ich bin nicht direkt politisch aktiv, nie gewesen.
    Die 150% kann ich aber bestätigen. Immerhin.

  2. #2 Michael M.
    10. Juli 2012

    Mein Problem sind eher die Apotheker. In Österreich beginnen sich die nun auch noch als Hobbyärzte wichtig zu machen. Dann kommen so Gespräche raus wie: “Ach hat ihnen der Arzt schon wieder ein Antibiotikum verschrieben….. ja leider aber zur Unterstützung der Körperabwehr würde ich Ihnen noch Schüsslersalze, Globuli….Ja und Moment gerade neu haben wir auch die neuesten Vitaminpräoerate hereinbekommen.”
    Die meisten Menschen wissen nicht, dass der Konsumentenschutz im Supermarkt höher ist als bei Apotheken.Die dürfen verkaufen was sie wollen und brauchen nicht einmal einen Wirknachweis erbringen. Vom Lebensmittelschutzgesetz braucht man hier gar nicht zu reden.

  3. #3 Christian Berger
    11. Juli 2012

    Hmm, “Quelle Bertelsmann Stiftung”. Das ist jetzt eine der Organisationen der ich sehr wenig vertraue.

  4. #4 Marcus Anhäuser
    11. Juli 2012

    Weswegen schafft es der esoterisch und homöopathisch fast komplett verseuchte Berufsstand der Hebammen, immer noch derartig hohe Vertrauenswerte zu bekommen?
    ich schätze mal, weil dabei nur vom Ergebnis her beurteilt wird: Am Ende ist das Kind da, da interessiert niemand, mit welchen Methoden. Außerdem sind alternative Verfahren in der Bevölkerung anerkannt und beliebt, warum sollte dann das Vertrauen gegenüber den Hebammen sinken?

  5. #5 Joseph Kuhn
    11. Juli 2012

    @ cydonia: Da Hebammen Menschen in einer emotional sehr bewegenden Lebenssituation zur Seite stehen, die in aller Regel gut ausgeht, wundert mich das hohe Ansehen dieser Berufsgruppe nicht. Ihren eigentlichen Job in der Geburtshilfe oder in der Nachsorge machen sie ja meist auch ganz gut. Und da Hebammen für Schwangerschaften und nicht für Krankheiten zuständig sind, gibt es für die von ihnen Betreuten wenig Gelegenheit, dabei negative Erfahrungen mit dem Einsatz homöopathischer Mittel zu machen.

  6. #6 Joseph Kuhn
    11. Juli 2012

    @ Marcus: Da war ich wieder mal zu langsam 😉

    @ Christian Berger: Im Falle des “Gesundheitsmonitors” darf man – natürlich mit der immer gebotenen Skepsis – “eher” vertrauen. Für die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung sind durchaus kritisch orientierte Versorgungsforscher von der Bremer Uni zuständig.

  7. #7 CM
    11. Juli 2012

    @cydonia

    Weswegen schafft es der esoterisch und homöopathisch fast komplett verseuchte Berufsstand der Hebammen, immer noch derartig hohe Vertrauenswerte zu bekommen?

    Ach Kinder, sie machen das Leben wirklich reicher … unter anderem um die Erfahrung, daß >90 % aller Eltern (Rhein-Main, bei mir, es würde mich aber wundern es wäre woanders anders) selber Glauboli((R) noch’n Flo)-Advokaten sind. Also, viele Leute im Gesundheitsgeschäft kommen IMHO einfach nicht um Esoterik-Angebote herum. Es ist schlicht eine große finanzielle Sache. (Dennoch frage ich immer wieder, ob es Zahlen gibt, die meine Befürchtung / Vermutung unterstützen.)

    Gruß,
    Christian

    PS Unsere Hebamme war allerdings anders gestrickt. Und meine Frau ist es zum Glück auch …

  8. #8 cydonia
    11. Juli 2012

    Über die Gründe für den Hebammennaturschutz bin ich mir schon im Klaren. Nur gibt es inzwischen einige Phänomene, die dennoch der Aufklärung bedürften. Kennt jemand das sogenannte KISS-Syndrom, respektive hat er schon mal davon gehört? Ist den “Ach ja, Hebammen, ist doch alles nicht so schlimm”-Vertretern klar, welche Macht der Berufsstand hat, und wie diese teilweise ausgenutzt wird.
    Und bezeichnend ist es auch, dass (natürlich) auf die Hebammenbemerkung zig beschwichtigende Kommentare folgen, aber zur Politik kein Wort gesagt wird. Nicht, dass ich mir das nicht genau so erwartet hätte, dennoch nervt es zuweilen ganz gewaltig.

  9. #9 CM
    11. Juli 2012

    Oh, was bin ich lahm …

    Yep, KISS ist mir bekannt. Wußtest Du, daß es Ärzte gibt, die sich drauf spezialisieren?

    Mit meiner Bemerkung habe ich jedenfalls nicht beschwichtigen wollen. Und ich denke, die anderen auch nicht – eher erklären, auch wenn das einfach unbefriedigend ist.

    Mir machen noch ganz andere Dinge kopfzerbrechen. Z. B. die (oft nicht vorhandene) Qualitätssicherung in Kliniken – schön, dass diese und andere Themen hier auch erörtert werden.

    Gruß,
    Christian

  10. #10 Wolf
    11. Juli 2012

    @CM:”[…]Z. B. die (oft nicht vorhandene) Qualitätssicherung in Kliniken[…]”

    Welche meinst du?
    Die externe vergleichende nach §137 SGB V?
    Die muss jedes KH anbieten, das Leistungen in diesen Bereichen erbringt. Und sie wird ein Mal im Jahr im Qualitätsbericht veröffentlicht.
    Oder die eigene interne, z.B. Dekubitusauswertung, Sturzprotokolle, nosokomiale Infektionen… Und die wird mit Sicherheit nicht veröffentlicht. Weder die Anzahl der Fälle, noch die ergriffenen Maßnahmen.

  11. #11 erich egermann
    11. Juli 2012

    Nach jahrzehntelanger Gehirnwäsche durch politisch kontrollierte Medien
    ( Schulmedizin BÖSE, Alternativmedizin GUT ) wundert mich eher, daß Ärzte immer noch so hohes Vertrauen genießen. Schließlich weiß doch heute jeder politisch korrekte, kritische Intellektuelle, daß sogenannte “Ärzte” ihren Beruf nur aus “finanziellem Interesse” ergriffen haben. Wenn sie noch dazu so gute Dinge wie Homoiopathie, etc.. ablehnen weiß doch schon jede Kindergärtnerin, daß sie es mit einem von BigPharma bestochenen Schulmediziner zutun hat.
    Wenn man die bedauernswerten Patienten dann z.B. darüber aufklärt, daß die guten Schüßler Salze , die sie sich um teures Geld in vertrauenswürdigen Apotheken zum Magnesium Ersatz gekauft haben, gar kein Mg+ bzw. nur in homoiopathischen Dosen Magn. enthalten, erntet man große Augen und Unglauben.
    , , Acht Jahre noch, dann bin ich in Pension. Bis dahin werde ich es auch irgendwie absitzen. Danach Tschüß

  12. #12 cydonia
    11. Juli 2012

    @CM
    Ja, das habe ich zum ersten Mal mitgekriegt, als unsere Hebamme mich plötzlich unter vier Augen sprechen wollte, und mir eröffnete, unser Sohn hätte leider KISS, sie wüsste aber da einen absolut kompetenten Arzt, bei dem man nur unter großen Schwierigkeiten überhaupt einen Termin bekäme, aber man müsse nur ihren Namen nennen….nachdem ich ihr den Vogel gezeigt hatte, und dann verstanden habe, dass allen Eltern unseres Kurses die gleiche Diagnose unter vier Augen gestellt worden war, fiel mir die Kinnlade runter.
    Ach ja, bei der Geburt unserer Tochter hatte sich die erforderliche Zahl der Therapiesitzungen zur erfolgreichen Behandlung dieses Symptoms(das ja, wie allgemein bekannt, zu ADHS führt und den Schulerfolg erheblich gefährdet) innerhalb von 2 1/2 Jahren verdoppelt. Andere Hebamme, gleicher Trick.
    Und wenn man sich dann anschaut, welche rolle Homöopathie und andere Scharlatanerien in der Hebammenausbildung spielen, hat man einen Grund gefunden, warum das Zeug so schwer in Frage zu stellen ist.
    Die sterile und geschätsmäßige Abwicklung in manchen Arztpraxen und Krankenhäusern hat sicher ihren Teil dazu beigtragen, dass es so weit gekommen ist, aber Betrug ist Betrug.
    Wie wärs mit einem kleinen aufklärenden Beitrag zu KISS, Herr Kuhn?

  13. #13 Wolf
    11. Juli 2012

    Das mit dem KISS ist ja mal allerunterste Schublade!
    Gerade erstmalige Eltern wollen doch nur das Beste für ihr Kind…

    Kann man sich wohl nur beim Berufsverband der Hebammen beschweren.

  14. #14 cydonia
    11. Juli 2012

    Keine Reaktion, außer der Bemerkung, die wüssten schon, was sie tun. Ich bin immer noch auf der Suche nach einem journalistisch Tätigen, der sich traut, das an die richtig große Glocke zu hängen, zudem ich inzwischen ahne, welch ungeheure Kreise das Ganze zieht. Letztens gabs für die Behandlung eine ganzseitige Werbung in einem Stadtmagazin.

  15. #15 Spoing
    11. Juli 2012

    Zu den Politikern (Weiß leider nicht mehr woher ich den Satz habe, glaube einer meiner Politiklehrer wars):
    Die Freiheit einer Generation kann man daran messen wie wenig sie ihre Politiker mögen dürfen.
    Außerdem ist heute eh alles Mist und Früher war immer alles besser.
    Wenn die Eurorettung klappen sollte, wird Merkel irgendwann glorifiziert werden. (Ok Merkel ist schlecht gewählt, da sie ja wirklich gute Umfragewerte hat) Es gibt ja genug Leute die sogar meinen “unter Kohl war alles besser”. Die Menge an Leichen im Keller der früheren Politiker wären heute undenkbar. In Zeiten des Internets sind die Shit-Storms einfach viel gewaltiger aber auch kurzweiliger. Zudem ist es im hier und jetzt immer am einfachsten “denen da oben/drüben etc.” die Schuld zu geben.

    Zu den Medizinern:
    Ich schätze dass wenn eine differenziertere Frage zwischen Hausarzt und Krankenhausarzt gestellt werden würde, würde letztere Gruppe sehr schlecht abschneiden. Ihrem Hausarzt vertrauen die meisten zum Glück noch einiger maßen. Krankenhäuser (Schlachthäuser) haben einen Ähnlich guten Ruf wie Altersheime. (Sterbefabrik).
    Bei den Hebammen wäre es mal interessant wenn es dazu mal eine Studie geben würde auf die man Bezug nehmen könnte. Scheint ja doch mehr als nur ein schwarzes Schaf in der Gruppe zu geben.
    Interessant finde ich ebenfalls die Tatsache, dass der Körperlich “schuftende” grundsätzlich vertrauenswürdiger zu seien scheint als der “studierte”

    Btw. Mein Vater (geht auf die 70 zu) hat schon lange Gelenkprobleme im Knie (Wurde in der Vergangenheit auch schon Operiert) Jetzt stellt sich die Frage ob das Knie wieder operiert werden soll, oder ob er durch eine Behandlung mit mehreren Spritzen sich Linderung verschafft.
    Was mich hier wundert (Das mit dem Aufspritzen klingt für mich, für ältere Leute erst mal plausibel) ist, dass dies nicht von der Krankenkasse bezahlt wird.
    Nun zu meiner Frage (Neben der ob das überhaupt Sinnvoll ist) gibt es eigentlich viele Leitungen welche (nachweislich) helfen und von der KK nicht übernommen werden? Also nicht weil zu teuer. Das KKs auch den ein oder anderen Blödsinn bezahlen und deshalb nicht als Indikator dienen ist mir schon klar, aber mich würde es mal anders herum interessieren. Spontan fallen mir da nur ein paar Sachen beim Zahnarzt ein.

    wieder viel zu viel geschrieben…
    Gruß

  16. #16 noch'n Flo
    11. Juli 2012

    @ Spoing:

    Ich nehme mal an, Deinem Vater soll Hyaluronsäure ins Knie gespritzt werden. Ja, das ist recht verbreitet, aber bringt nicht so wirklich viel. Insbesondere, wenn nur noch wenig Gelenkknorpel vorhanden ist und/oder nach mehrfachen Operationen.

    Ähnliches gilt für Chondroitin (welches zumindest hier in der Schweiz noch von den Krankenkassen übernommen wird) und D-Glucosamin (welches hierzulande mittlerweile auf den Status eines Nahrungsergänzungsmittels herabgestuft wurde).

  17. #17 Ludger
    11. Juli 2012

    Die angabe des Urhebers ist unvollständig. Die “Studie” kommt auch von der Barmer/Gemünder Krankenkasse. Damit ist schon die Fragestellung pateiisch geprägt. Die GEKs haben u.a. das Ziel, sich gegen Privatkassen zu behaupten, werden aber durch das Sozialgesetzbuch V behindert: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__12.html

    § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot
    (1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

    Also wird auf anderem Wege Meinungsmache betrieben. Die GEKs wären am liebsten dem Arzt gegenüber weisungsbefugt. Das hängt mit der verbreiteten Selbstüberschätzung der Kaufleute zusammen. Dazu gehört die Behauptung, Igel-Leistungen seien häufig überflüssig. Wenn man das Kriterium Lebensverlängerung zugrunde legt, mag das sein. Wenn ich mit einer Patientin anlässlich der Vorsorge eine Sonographie als Igelleistung vereinbare, interessieren mich Myome, Blasensenkungen, Eierstockszysten, Hormonsituation im Klimakterium und vieles mehr. Das ist alles nicht notwendig im Sinne des SGB V und deswegen nicht das Bier der GEK. Ich bin übrigens nicht wegen des Sozialprestiges Arzt geworden und auch nicht, um einer Krankenkasse zu gefallen. Ich habe einen Beruf gewählt, der mir gefiel und versuche, ordentliche Arbeit abzuliefern. Die o.a. Studie geht mir am Arsch vorbei.

  18. #18 Joseph Kuhn
    11. Juli 2012

    @ cydonia:

    “Wie wärs mit einem kleinen aufklärenden Beitrag zu KISS, Herr Kuhn?”

    Für das (150% ige?) Vertrauen in meine Kompetenz danke ich, aber ich muss gestehen, vom KISS-Syndrom habe ich noch nie etwas gehört. Und da ich auch nicht anfangen will, in der Pädiatrie zu dilettieren, sei auf den Wikipedia-Eintrag zum KISS-Syndrom verwiesen.

    Von diesem speziellen Thema abgesehen: Es ist immer Vorsicht geboten, wenn dubiose, umstrittene oder “noch nicht anerkannte” Syndrome diagnostiziert werden. Werden solche Diagnosen von Nichtärzten gestellt, macht sie das nicht unbedingt vertrauenswürdiger. Es gibt zwar genug Beschwerdebilder, die zunächst in “Außenseiterkreisen” diskutiert wurden, bis sie Anerkennung in der “normalen Medizin” fanden, aber es gibt eben auch genug Unsinn und Geschäftemacherei.

    Dass es “Geschäftsdiagnosen” gibt, also Diagnosen, die in erster Linie gut für´s Geschäft sind, leitet auch gleich zu einer Anmerkung von “Ludger” über:

    “(…) die Behauptung, Igel-Leistungen seien häufig überflüssig.”

    Ich will ja dem ärztlich erfahrenen Urteil ungern unter Verweis auf die evidenzbasierte Medizin widersprechen, aber so ganz haltlos scheint mir die Behauptung nicht zu sein, dazu sei auf einen anderen Monitor verwiesen, den IGEL-Monitor.

  19. #19 cassandra
    11. Juli 2012

    @cydonia
    dass Ihnen das gut Abschneiden “des esoterisch und homöopathisch fast komplett verseuchten Berufsstands der Hebammen” Kopfzerbrechen bzw. Sorgen macht kann ich ein Stückweit nachvollziehen, das Gleiche gilt aber auch für den Bereich der Krankenschwestern und Pfleger – hier feiern Homöopathie, Aromatherapie, Schüsslersalze u.ä. fröhliche Urständ – Sie brauchen nur einmal einen Blick in den Fortbildungskatalog der verschiedenen Krankenpflegeverbände werfen….

  20. #20 Basilius
    11. Juli 2012

    KISS-Syndrom?
    Ich dachte immer KISS wären eine Rockband gewesen.
    Und dann ist da so ein Unsinn dahinter. Wieder mal reine Panikmache zur Förderung des (Nicht-)Therapieverkaufs.
    Was es nicht alles für Märchen gibt…
    *kopfschüttel*

  21. #21 Wolf
    11. Juli 2012

    @cassandra:

    Ja, leider. (Allerdings nicht so ausgeprägt bei uns)

    Ich hatte bei uns auch schon eine Diskussion mit der “Pain Nurse” hinsichtlich der Aufnahme der Homöopathie im qualifizierten Schmerzkonzept.
    Fruchtlose Diskussion.

    Wir hatten auch einen Arzt, der bei einem Patienten dessen Ulcus am Fuß schlecht heilte eine Eigenblutbehandlung gemacht hat. Ich habe ihn dann gefragt was er denn mit dieser “Therapie” erreichen wollte. Ich habe auf meine Mail bis heute keine Antwort. Muss ich glatt noch mal den Oberarzt ansprechen.

    Zu den ebenfalls erwähnten Politikern:
    https://openpetition.de/petition/online/politiker-sollten-regelmaessig-eine-backpfeife-erhalten

  22. #22 Ludger
    11. Juli 2012

    @ Josef Kuhn Zum Thema “Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung” habe ich eine ähnliche Meinung wie auf https://www.igel-monitor.de/IGeL_A_Z.php . Ich habe ja oben beschrieben, dass es mir darauf gar nicht ankommt. Mir ist nur der alleinige Tastbefund etwas mager. Gleichwohl kennt jede/r Gyn. Einzelfälle, bei denen ein Kystadenom mit fokaler Entartung als Zufallsbefund im Ultraschall entdeckt wurde. Das ist nur nicht so häufig, dass es bei der gegebenen Power der vorliegenden Studien als Lebensverlängerung nachweisbar ist. Wozu gibt die Barmer/GEK für eine solche Befragung (“Studie”?) Geld aus? Aus wissenschaftlichem Interesse? Das möchte ich bezweifeln. Das riecht eher nach PR. Mich würde übrigens mal das Ergebnis einer Befragung interessieren, in der Leute gefragt werden, ob sie mehr ihrem Hausarzt oder ihrem Krankenkassendirektor vertrauen. Für die Fragestellung brauchte man dann aber wohl einen anderen Geldgeber.

  23. #23 Cornelius Courts
    12. Juli 2012

    @cydonia: “Weswegen schafft es der esoterisch und homöopathisch fast komplett verseuchte Berufsstand der Hebammen, immer noch derartig hohe Vertrauenswerte zu bekommen?”

    Ich bin da völlig bei Dir. Ich glaube, es gibt keinen im weitesten Sinne pflegerisch/gesundheitsrelevanten Berufsstand, der derartig in Esoterik und Schamanismus verrannt ist.
    Daß die “Betroffenen”, also Frauen in einer emotionalen und physischen Ausnahmelage, die zudem keine Krankheit haben, möglicherweise weniger skeptisch und angebracht kritisch sind und sich die in diesem Zustand sicher wohltuende “Betüdelung” (analog hierzu die stundenlange “Anamnese” bei den Wasserschüttlern) ohne Infragestellung von deren wissenschaftlicher Haltbarkeit gefallen lassen, mag genauso dazu beitragen, daß sich noch kein größerer Protest erhoben hat, wie daß – meines Wissens – keine wissenschaftliche Qualitätskontrolle des Hebammenwirkens besteht.

    Vielleicht wird das besser, wenn sich die akademische Ausbildung der Hebammen durchsetzt. Anfänge gibt es: https://www.sueddeutsche.de/karriere/akademische-ausbildung-zur-hebamme-komplizierter-start-ins-leben-1.1358889

  24. #24 Joseph Kuhn
    12. Juli 2012

    Um der Hoffnung auch noch etwas Futter zu geben: In der letzten Ausgabe der Zeitschrift “Dr. med. Mabuse”, die ich aufgrund ihres medizinkritischen und gesundheitspolitischen Engagements sehr schätze, die aber leider oft keine klare Abgrenzung zu esoterischen Therapiemethoden erkennen lässt, war ein langer und guter Beitrag zum Weltskeptiker-Tag, dabei wurde auch das Thema Homöopathie angesprochen. Die Zeitschrift ist unter nichtmedizinischen Gesundheitsberufen, gerade auch Hebammen, recht verbreitet, Vielleicht wird es also nicht nur schlimmer.

  25. #25 Stephan
    12. Juli 2012

    Ja, ich kann bei eurer Hebammendiagnose nur zustimmen.

    Ich wäre ja dafür, alle Hebammen durch einen Schamanen zu ersetzen, der mit einer Rassel um ein Lagerfeuer tanzt, mit einer Mischung aus wildem Geschreie und gesungenen Passagen und der auch “Hand-auflegen” praktiziert.
    Den Unterschied wird (fast) niemand bemerken.

    @Hebammen-mit-Hirn: Sorry, dass ich euch in den Topf mit den esoterischen, irrationalen Hebammen geworfen habe. Leider seid ihr wahrscheinlich in der Minderheit in diesem “Beruf”.

  26. #26 cassandra
    12. Juli 2012

    @wolf
    fairerweise muss ich dazu sagen, dass es nicht nur den Pflege- sondern auch den TherapeutInnenbereich betrifft (der in der Auflistung allerdings nicht aufscheint). Wiewohl weder Pflegepersonen noch TherapeutInnen Medikamente verordnen dürfen (zumindest in Österreich), so hat doch ihre Haltung zu bestimmten Behandlungen Einfluss auf die Patienten.
    Mich knickt besonders die Tatsache, dass durch esoterische Kursangebote der Dachverbände und Ausbildungsstätten dieser pseudowissenschaftliche Humbug quasi mit Seriosität geadelt wird. Die FH-Gesundheitsberufe Innsbruck hatte beispielsweise kurzfristig BrainGym bei den Zusatzseminaren angeboten (auf meine Anfrage, wie sich das mit dem Bildungsauftrag einer wissenschaftlich orientierten Ausbildungsstätte verträgt, erhielt ich keine Antwort; das Seminar ist allerdings Geschichte).
    Ähnliches passiert beim österreichischen Krankenpflegeverband – hier wird Aromatherapie und ähnlicher Schmarrn feilgeboten; die Liste ließe sich leider nocht fortsetzen…

  27. #27 CM
    12. Juli 2012

    @cydonia
    Ui, das ist stark. Meine Nachbarin erzählte übrigens letztens sie wäre in Köln gewesen (schlappe 200 km) und der Arzt hätte sich mit ihr unterhalten, dann kurz & kompetent auf Hals und Schulter ihres Kleinen rumgedrückt – das wars. Eine Odyssee war vorbei. (Und heutzutage schreit der Kleine wie zu vor – nur hat es jetzt andere Ursachen.) Da weiß ich nicht, was ich sagen soll …

    Also, wenn mal wo ein guter Artikel über KISS erschiene – allgemeinverständlich – würde mich das sehr zum Weiterleiten interessieren. (Oder weiß gar jemand ‘nen Link?)

    @Wolf
    Nein, ich meine *echte* Qualitätssicherung, die verfolgt, wie effektiv die eingesetzten Therapien bei bestimmten Indikationen sind – und auch die von Dir angesprochenen und ähnliche Probleme erfasst. Dies damit Kliniken/Stationen a) Feedback bekommen, b) sich vergleichen können und c) ihren Patienten nicht irgendwelchen Unsinn erzählen. Und ja, eine Veröffentlichungspflicht für so etwas wäre auch recht schön – damit man als Patient nicht nur durch Versuch und Irrtum zu guten Kliniken/Stationen gelangt.

    Ach, Träume … §137 SGB V ist schön und gut, aber derartige Qualitätsberichte halte ich für dysfunktional: Viel Papier und wenig Konsequenz. (Aber mir fällt es schwer die Zeit aufzubringen all dies gut zu belegen – sorry. Nun, ihr könnt ja ein paar solcher Berichte mal runterladen und darüber nachdenken 😉 .)

    Also, ich verstehe auch, warum es nicht einfach würde meine Wünsche in die Tat umzusetzen (und auch, warum meine Wünsche nicht oft geteilt werden – da braucht niemand zu argumentieren: ich verstehe die Problematik im Alltag durchaus). Aber dennoch wäre etwas mehr Reflektion über die eigene Qualität und die Mittel hierzu in Form brauchbarer Statistiken eine prima Sache – in Hinblick auf Qualität und Vertrauen nicht nur im med. Bereich.
    So, und jetzt will ich mein eigenes Schärflein dazu beitragen (SB ist immer gut, wenn man nicht weiterkommt …)

  28. #28 CM
    12. Juli 2012

    note-to-myself: Immer erst die Links lesen – und zwar richtig (!) … Im Wiki-Artikel ist unten tatsächlich ein recht schöner ZEIT-Artikel zum Thema KISS verlinkt.

  29. #29 cydonia
    12. Juli 2012

    @CM
    Es gab einige Artikel wie den in der Zeit vor ein paar Jahren. Wenig Echo, und dann war Ruhe und seit ca. 4 Jahren gibts überall KISS-Spezialisten. Allerdings fast nur im deutschsprachigen Raum. Interessanterweise haben Kinder in anderen Ländern die Störung nicht…wer weiß, vielleicht wird sie nur von deutsch sprechenden Hebammen verursacht?
    @Joseph Kuhn
    Worüber Sie in Ihrem Blog schreiben, dass entscheiden natürlich ausschließlich Sie selbst.
    Ich fand nur ihre Begründung merkwürdig. Nehmen wir an, einige Ihrer Kollegen praktizierten teure Scheinoperationen, und täuschten die Menschen indem sie Hühnerdärme durch die Finger flutschen lassen. würden sie dann auch sagen, dass sie darüber nicht schreiben, weil sie nicht anfangen wollen, in der Chirurgie zu dilettieren?

  30. #30 Jan Böcken
    12. Juli 2012

    @Ludger

    Der Unterschied zwischen Hausarzt und Krankenkassendirektor könnte sein, dass das Vertrauen in den Hausarzt einen Einfluss auf den Therapieerfolg hat und dem guten Hausarzt das nicht gänzlich egal ist?!

    Was den Einfluss von Bertelsmann Stiftung und Barmer/GEK auf den Gesundheitsmonitor angeht, so halte ich mich immer gern an Inhalten fest: Bei welchem Beitrag in den letzten 10 Jahren war denn dieser negative Einfluss zu bemerken? Es wäre dann vielleicht auch fair, die Autoren des jeweiligen Beitrags darüber zu informieren, dass man sie nicht für seriöse und neutrale Wissenschaftler hält.

  31. #31 Ludger
    12. Juli 2012

    @ Jan Böcken

    Was den Einfluss von Bertelsmann Stiftung und Barmer/GEK auf den Gesundheitsmonitor angeht, so halte ich mich immer gern an Inhalten fest: Bei welchem Beitrag in den letzten 10 Jahren war denn dieser negative Einfluss zu bemerken? […]

    Die Fragestellung wird vom Auftraggeber beeinflusst. Die Autoren werden vom Auftraggeber ausgesucht. Der Auftraggeber investiert Geld in seinem Sinne. Die Ergebnisse werden bewusst im Gegensatz zur Allensbacher Berufsprestige-Frage gesetzt. Das hat alles einen Wert, wie ein Parteigutachten vor Gericht. Es geht um diesen Gesundheitsmonitor nicht um eine Bewertung der letzten 10 Jahre. In diesem Monitor wird ein Zusammenhang vermutet von “überflüssigen” IGEL-Leistungen mit nachlassendem Vertrauen gegenüber Ärzten. Die Behauptung, dass eine Vorsorgesonographie überflüssig sei, kommt aber von den Krankenkassen. Ich nehme an, dass die Formulierungen von Leuten stammen, die keine praktische Ahnung von den Problemen der Gynaekologie haben. Ich zitiere zur Verdeutlichung aus der Leitlinie Ovarialkarzinom ( https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-035l-abgelaufen.pdf ):

    Die derzeit vorliegenden Daten können nicht belegen, dass die routinemäßig durchgeführte Vaginalsonographie […] die Früherkennung des Ovarialkarzinoms ermöglichen.

    aber auch:

    In der Diagnostik des Ovarialkarzinoms hat die Transvaginalsonographie den höchsten Stellenwert. […]

    Über den Wert der Vaginalsonographie für die allgemeine gynaekologische Diagnostik habe ich mich schon oben geäussert. Das nehmen die PR-Leute der Krankenkassen aus finanziellen Gründen nicht zur Kenntnis, sondern verweisen auf die Statistiken zum Ovarial-Ca. Die Studie misst insofern die Effektivität der GKV-PR und ist daher für mich uninteressant.

  32. #32 Joseph Kuhn
    12. Juli 2012

    @ cydonia: Der Vergleich mit den Hühnerdärmen passt nicht so recht, weil da die Sachlage auch für Laien evident ist. Beim KISS-Syndrom liegen die Dinge etwas anders. Das Syndrom mag disease mongering sein, aber die Dinge, die da ins Spiel gebracht werden, müsste man kompetent pädiatrisch oder orthopädisch kommentieren. Mich da einzulesen bzw. Fachleute zu befragen, würde ziemlich viel Zeit kosten. Daher möchte ich das nicht machen. Arbeit habe ich schließlich schon tagsüber genug. Und was meine operierenden “Kollegen” angeht: Ich bin kein Arzt.

    @ Ludger: Überflüssige IGEL-Leistungen: Im IGEL-Monitor stehen jedenfalls einige seltsame Dinge, auch die Bachblütentherapie. Zur Neutralität einer Befragung: Sind Krankenkassen grundsätzlich nicht vertrauenswürdig, Ärzte aber schon? Eine solche Perspektive scheint mir auch nicht gerade sehr “neutral”.

  33. #33 Ludger
    12. Juli 2012

    Joseph Kuhn·12.07.12 · 19:13 Uhr […]
    @ Ludger: Überflüssige IGEL-Leistungen: Im IGEL-Monitor stehen jedenfalls einige seltsame Dinge, auch die Bachblütentherapie. Zur Neutralität einer Befragung: Sind Krankenkassen grundsätzlich nicht vertrauenswürdig, Ärzte aber schon? Eine solche Perspektive scheint mir auch nicht gerade sehr “neutral”.

    Zur Vertrauenswürdigkeit einer Krankenkasse siehe:
    ( https://www.scienceblogs.de/bloodnacid/2011/12/kann-mir-jemand-eine-esoterikfreie-krankenkasse-empfehlen.php ). Ich ärgere mich darüber, dass Nichtfachleute das Argument der fehlenden Evidenz unsachgemäß benutzen und dann aucgh noch mit Methoden der PR nachlegen. Begründungen siehe oben.
    Zum Link https://www.scienceblogs.de/gesundheits-check/2012/06/die-unbestechlichen.php . Zu der Zeit dieser Diskussion war ich gerade im Urlaub und ohne Internetverbindung. Deshalb nur kurz hierzu: Es mag den Krankenkassen nicht passen, aber wir Ärzte sind nicht ihre Erfüllungsgehilfen.

    B. Regeln zur Berufsausübung
    I. Grundsätze
    § 1 Aufgaben der Ärztinnen und Ärzte
    (1) Ärztinnen und Ärzte dienen der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.
    aus https://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.100.1143#Prae

    Daher gelten auch Gesetze nicht, die für Staatsdiener formuliert wurden. Gleichwohl ist die Annahme von Geld für Verschreibungen von Produkten einer bestimmten Firma zum Nachteil einer anderen Firma unärztlich, verboten, von Disziplinarstrafen bedroht aber offenbar keine Bestechung im Sinne des Gesetzes. Was hat das damit zu tun, dass eine Krankenkasse Geld der Versicherten für eine PR-Studie ausgibt?
    Dabei drängt sich mir eine Frage auf: sind Forscher der UNI Bremen bei Studien mit “kritischem” Ergebnis überrepräsentiert? Ich erinnere mich da z.B. an eine Physikerin, die Plutonium im Staub auf Dachböden von Bauernhäusern in der Nähe von Kernkraftwerken gefunden hatte…, oder an Pharmakritiker usw?
    Bei Bioresonanz oder Bachblüten als IGEL-Leistung frage ich mich übrigens, warum das nicht als Betrug geahndet wird. (Erregen eines Irrtums…)

    § 263 Betrug
    (1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    von https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__263.html

  34. #34 BreitSide
    12. Juli 2012

    Autsch! Bei riesigen Nebenwirkungen der Esopathie frage ich mich manchmal wirklich….
    Zu blöd, dass in meiner näheren Bekanntschaft solche Quackos auch fröhliche Urständ feiern:
    – eine wohl anerkannte Ärztin, die eine Homöoquackiepraxis betreibt,
    – eine wohl anerkannte Tierärztin, die (auch die Bauern!) mit Glaubulis behandelt,
    – eine Masseurin, bald Osteopathin, die natürlich kraniosakral drauf ist,
    – zwei Apotheken, eine mit Heilsteinen, eine ua mit Schüsslersalzen,
    – noch ein Tierarzt, der an Homöoquackie glaubt,
    – eine versuchte Heilpraktiin,
    – und und und…

    Eure fachkundigen Kommentare und Belege geben mir immer wieder Rückendeckung bei entsprechenden Diskussionen, danke nochmal allerseits.

  35. #35 Ludger
    13. Juli 2012

    BreitSide·
    12.07.12 · 22:34 Uhr[…]
    – eine wohl anerkannte Ärztin, die eine Homöoquackiepraxis betreibt,
    – eine wohl anerkannte Tierärztin, die (auch die Bauern!) mit Glaubulis behandelt,
    – eine Masseurin, bald Osteopathin, die natürlich kraniosakral drauf ist,
    – zwei Apotheken, eine mit Heilsteinen, eine ua mit Schüsslersalzen,
    – noch ein Tierarzt, der an Homöoquackie glaubt,
    – eine versuchte Heilpraktiin,
    – und und und…[…]

    Die sind nur dann keine Betrüger, wenn sie ihren Blödsinn glauben. Nur dann sind sie nicht aktiv mit der Absicht, einen Irrtum zu erwecken. In diesem Falle: Doofheit sells. Das funktioniert aber nur, wenn die Klienten volles Vertrauen haben.

  36. #36 noch'n Flo
    13. Juli 2012

    @ Ludger:

    Ach ja, ich sag’s ja immer wieder: entweder habe ich zuviele Skrupel, um im Gesundheitswesen so richtig abzusahnen, oder ich bin einfach zu intelligent. Das Glück ist halt immer mit die Doofen…

  37. #37 CM
    13. Juli 2012

    Nun völlig OT – es hat mich gepackt:

    Interessanterweise haben Kinder in anderen Ländern die Störung nicht…

    Bin ja so ein wenig “nederlandophil” und bin darüber gestolpert (Englisch): https://www.kiss-kinderen.be/index.php?page=23
    Also, entweder gilt “was nicht ist, kann noch werden” oder es ist schon geworden.
    Disease mongering oder nicht? Pubmed jedenfalls listet ganze 5 Publikationen: Allesamt Deutsch, Niederländisch oder Norwegisch (oder findet jemand mehr?). Interessant fand ich diese Publikation (Niederländisch): https://www.ntvg.nl/publicatie/systematisch-literatuuronderzoek-naar-de-effecten-van-behandeling-bij-zuigelingen-met-39k/ingezonden#668368 (Wie da jemand versucht doch noch was im Nichts zu interpretieren und zu verwässern.)

    Dieser Artikel makiert den Endpunkt einer kleinen Debatte in der zitierten Zeitschrift (3 der 5 PubMed-Artikel).

    Relevanter ist IMHO dieser Artikel (Niederländisch): https://www.ntvg.nl/publicatie/systematisch-literatuuronderzoek-naar-de-effecten-van-behandeling-bij-zuigelingen-met-39k.

    Bei Interesse (und Zeit meinerseits) übersetze ich das mal. Die Folgerung ist jedenfalls (frei übersetzt): Angesichts des Fehlen von Information zu günstigen Effekten einer Wirbelbehandlung von Säuglingen und des potentiellen Risikos hiervon raten wir von manuell-therapeuthischer, osteopatischer und chiropraktischer Behandlung von Säuglingen mit KISS-Syndrom ab. Es sei denn im Rahmen kontrollierter, randomisierter Doppelblindstudien. Aber das Original ist sicher nicht so schwer zu verstehen.

    Na ja, im Grunde ist das Wasser auf cydonias und meine Mühlen. Und nichts in der Statistik scheint mir so gefährlich, wie nach Bestätigung für eigene Thesen zu suchen – umso schlimmer, wenn es gar keine Daten gibt.

    Gruß,
    Christian

  38. #38 cydonia
    13. Juli 2012

    @Joseph Kuhn
    Verzeihen Sie die falsche Berufszuordnung….wahrscheinlich sehen Sie alleine durch das Foto schon so vertrauenswürdig aus, dass ich die Berufsbeschreibung gar nicht mehr gelesen habe…Asche auf mein Haupt.
    @CM
    Danke für die Recherche! Ich hatte mich hauptsächlich im französischsprachigen und im asiatischen Raum(inklusive China)umgehört. Und da gabs gar nichts zu diesem Thema.
    Davon mal abgesehen: WENN die Chiropraktoren und andere wirklich das täten, was sie zu tun behaupten, wäre der Eingriff zumindest für einen Säugling lebensgefährlich.
    Und ich denke, dass man sie genau da packen müsste: Entweder sie tun gar nichts, und lassen sich das sehr teuer bezahlen, oder sie gefährden das Leben von Kindern. Beides sollte strafrechtlich relevant sein.

  39. #39 Joseph Kuhn
    13. Juli 2012

    @ cydonia:

    “….wahrscheinlich sehen Sie alleine durch das Foto schon so vertrauenswürdig aus …”

    So war das Foto ja auch gedacht. Aber dass ich damit den Eindruck eines Arztes erwecke, statt eines vertrauenswürdigen fränkischen Winzers, darüber muss ich noch mal nachdenken … 😉

    Zu KISS:

    CM hat ja schon auf die spärliche Literaturlage bei Pubmed hingewiesen. Aus einem abstract eines Artikels dort (aus dem Jahr 2009, also relativ neu):

    “A broad spectrum of symptoms and complaints have been attributed to “KiSS-Syndrome”. Patients are advised to undergo manual therapy, with pressure applied locally in order to readjust the cervical spine. Life threatening side-effects have been published repeatedly. We present two infants with brain tumours who developed torticollis and further neurological findings such as ataxia and reflex differences. In both cases, symptoms caused by the tumour were interpreted as “KiSS-syndrome”, and appropriate diagnostics and therapy were delayed for months. There is no scientific evidence for the actual existence of “KiSS-syndrome” as a clinical entity or for the positive effects of manual therapy.”

    Im Netz findet sich auch eine Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie e.V. von Karch et al., mit dem gleichen Fazit: https://www.neuropaediatrie.com/uploads/media/Kiss_und_Arlen_neu._01.pdf

    Und auch die Kinderklinik in Würzburg warnt:

    “Eltern, die ihre Kinder einem KiSS-Therapeuten anvertrauen, müssen damit rechnen, dass wesentliche Diagnosen verschleppt werden können, dass unnötige Kosten entstehen und auch völlig unnötige Röntgenaufnahmen vom Säugling
    durchgeführt werden.”

    Aber wie gesagt, ich bin da kein Fachmann.

  40. #40 Otherland Echoes
    13. Juli 2012

    @Spoing
    Der Vollständigkeit halber, oder besser der schlechten Aussichten (Schmerzen und so) bei begrenzten Möglichkeiten (Schmerzspritzen oder Operieration) wegen, sollte sich Dein Vater auch über z. B. diese aussergewöhnliche Methoden interessieren. Auch bei nicht nachgewiesener Wirkung stehen die Chancen trotzdem gut, dass bei einigen Fällen der Erfolg einer Linderung oder gar Genesung des Leidens nicht ausbleibt. Das klingt vielleicht unvernünftig, ist es aber gar nicht. Dem Schmerzpatient kann es egal sein, ob die Therapie auf einem gekonnt initiierten Placebo Effekt aufbaut (was als Methode auch von Hausärzten zunehmend diskutiert und auch praktiziert wird) oder auf einem anderen noch nicht richtig erforschten Heil Effekt – solange die Therapie bei Dir wirkt kannst Du damit glücklich sein. Man darf auch heutzutage noch immer etwas darauf geben, dass wo geheilt wird, es zufriedene Patienten gibt – was die erzählen, das zählt auch etwas!
    Klar, wenn es eine “krankenhausreifere” Therapiemethode gibt mit Aussicht auf eine bessere Besserung mit wirklicherem Wirkungsnachweis, dann hopp; jedoch verpasst nicht eine gute Chance weil man zögert einen unvernünftigen Schritt zu machen. Es gibt nur einen Weg (zur Gesundheit) und das ist der Weg mit Herz (Liebe & Aufgeschlossenheit). Bei vielen Menschen wirkt auch Penicillin nicht wenn sie nicht daran glauben, auch wenn es im Test eine nachweisbare Wirkung gibt. Schauts Euch einfach mal an, ich find den alten Opa einfach herrlich und seine Patienten sind bewundernswert.

  41. #41 noch'n Flo
    13. Juli 2012

    @ JK:

    Aber dass ich damit den Eindruck eines Arztes erwecke, statt eines vertrauenswürdigen fränkischen Winzers, darüber muss ich noch mal nachdenken … 😉

    Och, Ärzte wissen doch einen guten Tropfen stets zu schätzen…

  42. #42 BreitSide
    13. Juli 2012

    Ludger· 13.07.12 · 07:05 Uhr: Die Meisten der von mir Genannten glauben das wohl wirklich, was die da machen, die zwei MedVets, die Osteopraktin und die Heilpraktin auf jeden Fall. Bei der Allgemeinärztin und den Apotheken bin ich mir nicht ganz so sicher.

    Mit Quackies meinte ich auch nicht unbedingt Betrüger. Obwohl das Wort anscheinend Betrug insinuiert?

    Mir hat ja mal eine Ärztin erzählt, sie gebe Placebos und nenne sie halt Homöopathie oder sonstwie. Die Leute seien ja dann unter ihrer ärztlichen Kontrolle, wenn es etwas Schlimmeres gäbe. Naja…

  43. #43 Joseph Kuhn
    13. Juli 2012

    @ noch’n Flo: … und ich dachte immer, in der Schweiz gibt’s nur Kräuterlikör.

  44. #44 noch'n Flo
    13. Juli 2012

    @ JK:

    … und ich dachte immer, in der Schweiz gibt’s nur Kräuterlikör

    Oh, Du Unwissender…

    Tatsächlich gibt es in der Schweiz ein paar sehr leckere Liköre, von denen ich persönlich vor allem den “Röteli”, einen Kirschlikör aus Graubünden, bevorzuge.

    Aber die überaus schmackhaften Rotweine aus dem Wallis und dem Waadt sollte man dabei auf keinen Fall ausser Acht lassen. Ebensowenig die Weissweine aus dem östlichen Rheintal (meistens Silvaner-Grauburgunder-Hybriden).

    Von den Tessiner Weinen will ich jetzt mal gar nicht anfangen…

  45. #45 noch'n Flo
    13. Juli 2012

    Ach ja, und wo wir schon bei Schweizer Spitzenweinen sind: mein persönlicher Favorit ist derzeit ja ein Gewürztraminer. Den drücken die Franzosen aus dem Elsass gerade mit Macht in den nordwestschweizer Markt. Was sie dabei übersehen: im Grenzgebiet zwischen den Kantonen Baselland, Solothurn und Jura mit dem Elsass gibt es auch auf Schweizer Seite ein paar sehr fähige Winzer, die die französischen Tröpfchen noch um so einiges zu übertreffen wissen.

    Daher empfehele ich hiermit jedem Weisswein-Kenner mal einen Gewürztraminer aus der Region Porrentruy, vorzugsweise die Jahrgänge 2007 und 2009. Das sind wahre Geschmacksexplosionen. Und wer viel Glück hat, erwischt dieselbe Rebe auch mal aus dem Anbau um Röschenz und Kleinlützel aus dem Jahr 2009. Davon sind aber nur sehr, sehr wenige Flaschen in den allgemeinen Verkauf gegangen.

  46. #46 Joseph Kuhn
    14. Juli 2012

    @ noch’n Flo: Und da sage noch einer, mit ärztlichen Empfehlungen zur gesunden Lebensführung könne man nichts anfangen! Klingt übrigens, um auf die Bertelsmann-Umfrage zurückzukommen, sehr vertrauenswürdig.

  47. #47 Statistiker
    14. Juli 2012

    Quelle ist die Bertelsmann-Stifung, sprich ain Ableger der INSM.

    Damit per se unglaubwürdig.

    Bevor Herr Kuhn meckert: Ja, nicht die INSM sponsort die Bertelsmannstiftung, die Bertelsmannstiftung sponsort die INSM, das weiß ich!

  48. #48 Guido
    15. Juli 2012

    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
    Man kriegt von einem Arzt etwas verschrieben und kauft es bei einem Apotheker.
    Dass man jetzt ausgerechnet die beiden fragen sollte ob das auch richtig und gut sei, nennt man im jüdischen Chuzpe.

  49. #49 BreitSide
    15. Juli 2012

    Ausgerechnet der Troll, der für “Diagnosen” und “Behandlungen” eintritt, die völlig auf Lügen basieren, ergeifert sich hier.

    Guido, dessen zweiter Vorname “Lügner” ist, Du bist hier (mal wieder) falsch.

  50. #50 klauszwingenberger
    16. Juli 2012

    Guido fragt vermutlich seinen Friseur, wenn er Zweifel an der Qualität der Arbeit seines Klempners hegt.

  51. #51 Jan Böcken
    16. Juli 2012

    Spannende Diskussion (auch wenn ich den Teil über die edle Tropfen nicht in diesem Blog erwartet hätte).

    Was die zitierte Studie angeht, so mache ich die Erfahrung, dass ein irgendwie konstruktiver Austausch regelmäßig durch zwei Ansätze unterbunden wird:

    1. pauschale Methodenkritik (jede Statistik ist gefälscht, die Frage sind manipulierbar etc.) Ich finde es nachvollziehbar, wenn sich einige in diesem Blog bezogen auf das eigene Metier eine stärkere wissenschaftliche Fundierung wünschen. Das sollte man dann aber auch für andere Disziplinen gelten lassen und entgegen anderweitiger Vorstellungen kann nicht jeder empirische Sozialforschung, der schon einmal einen Fragebogen ausgefüllt hat.

    2. Verschwörungstheorie (Autoren sind gekauft, Bertelsmann sponsort INSM etc.) Ich musste ja erst nachschlagen, was INSM bedeutet. Wo die inhaltlichen Parallelen im Gesundheitswesen sein sollen, wage ich ja gar nicht mehr zu fragen. Die Antwort wäre vermutlich “Wenn Du das nicht erkennst, bist Du Teil der Verschwörung”. Wenn man darauf hinweist, dass die Bertelsmann Stiftung seit langem ausschließlich für ein solidarisches System eintritt, kommt: “Das machen die nur, um von ihren wahren Zielen abzulenken”.

    Beide Argumentationsweisen sind ziemlich erfolgreich, wenn man beispielsweise eine inhaltliche Debatte vermeiden möchte. Ich glaube mich aber aus der Systemtheorie zu erinnern, dass die Welt nicht kompliziert (d.h. prinzipiell erklärbar), sondern komplex ist. Um sich dem anzunähern ist es manchmal ein hilfreicher Trick anzunehmen, an der Sichtweise der anderen Seite (hier: der Bürger dieses Landes) könnte vielleicht doch irgend etwas dran sein.

  52. #52 Ludger
    16. Juli 2012

    @ an Böcken
    Ich empfinde die Art der Darstellung der Studie mit der Überschrift

    “Ärzteimage in der Bevölkerung: Im Schatten von “Igel” und “Zweiklassenmedizin”

    als Streitschrift mit dem Appell : Macht keine Igel-Untersuchung und keine Zweiklassenmedizin. dann haben Euch die Leute auch wieder lieb. Leider haben sich manche Krankenkassen in der Vergangenheit so schäbig benommen, dass eine solcher Appell bei mir nicht verfängt: Flächendeckendes Zurückhalten von Bezahlung von Krankenhausrechnungen mit dem Hinweis auf mögliche Fehler bei der Abrechnung. Oder: manche BKKs weigern sich, den Apotheken Betäubungsmittelrezepte zu bezahlen, wenn dort beim Ausfüllen mit dem Kugelschreiber im Notdienst ein Formfehler passiert war. Begründet wurde das mit der Arzneimittelsicherheit, auch wenn es sich um ein Wiederholungsrezept bei chronischen Schmerzpatienten mit gleichbleibender Dosierung handelte, was schon seit Wochen ausgeliefert und verbraucht war. Bei einer Patientin von mir: Die Mammakarzinompatientin mit Lymphoedem bekommt seit Jahren Lymphdrainage außerhalb des Regelfalles. Das muss bei den meisten Krankenkassen genehmigt werden, manche verzichten aber großzügig darauf. So auch die BKK meiner Patientin, allerdings nur bis zum 30.06.2011 . Weil der Physiotherapeut die Änderung nicht mitbekommen hatte und die Lymphdrainage Juli bis September 2011 wie bisher ohne Genehmigung durchführte, wurde seine Abrechnung nicht bezahlt. Aus Formgründen, eine nachträgliche Genehmigung wurde abgelehnt und der Therapeut blieb auf ca. 280,-€ sitzen . Jetzt ist die Patientin bei der Innungskrankenkasse (und zufrieden) und die BKK ist eine teure Patientin los ( na, klappt doch!). Wie schon oben gesagt: Mir gehen Studien mit Appellcharakter von Seiten der Krankenkasse am Arsch vorbei.

  53. #53 noch'n Flo
    16. Juli 2012

    @ Ludger:

    Mir gehen Studien mit Appellcharakter von Seiten der Krankenkasse am Arsch vorbei.

    *daumenhoch*

  54. #54 Joseph Kuhn
    17. Juli 2012

    @ Ludger: Ich habe vor dem Hintergrund meiner eigenen Arbeiten zur Tabakindustrie großes Verständnis dafür, nach den Interessen hinter Studien zu fragen. Aber könnte es nicht sein, dass selbst wenn die Überschrift im Bertelsmann-Gesundheitsmonitor und die Forschungsinteressen der Bremer Wissenschaftler eine bestimmte Parteinahme erkennen lassen, die Befragung und die Befragungsergebnisse halbwegs in Ordnung sind? Mich erinnert Ihre Kritik ein wenig an die der Arbeitgeberverbände am sog. “DGB-Index Gute Arbeit”, einer Beschäftigtenbefragung, die der DGB über infrastest durchführen lässt, die den gängigen methodischen Standards der empirischen Sozialforschung absolut gerecht wird (was nicht heißt, dass sie nicht verbesserungsfähig ist), die von den Arbeitgeberverbänden aber abgelehnt wird, eben weil sie vom DGB beauftragt ist und allein daher gar nicht wissenschaftlich bedeutsam sein könne. Diese Infragestellung der wissenschaftlichen Objektivität einer Studie oder einer Umfrage allein (!) aufgrund der Interessen der Auftraggeber scheint mir eine zu pauschale Übertragung der Erkenntnisse zur Interessengebundenheit von Studien z.B. der Pharmaindustrie oder der Tabakindustrie auf alle Auftragsstudien zu sein. So kann man im Grunde jede Art von Studie als “interessiert” abtun. Bruno Latour hat vor solchen Sichtweisen zurecht in einem kleinen, aber höchst lesenswerten Büchlein “Elend der Kritik. Vom Krieg um Fakten zu Dingen von Belang” gewarnt. Er sieht darin einen Missbrauch der Erkenntnisse, die man über die soziale Konstruktion von Wissen gewonnen hat. Wissenschaftliche Zeitschriften lehnen daher auch nicht pauschal Auftragsstudien ab, sondern fordern eine declaration of interests, eine Erklärung zu Interessenkonflikten ein, als eine Art caveat lector, die zu besonderer Aufmerksamkeit anhalten soll. Insofern sollte man in der Tat prüfen, ob die Umfrage methodisch korrekt ist, und falls ja, ob nicht doch an den Ergebnissen etwas dran sein könnte, auch wenn es einem nicht gefällt.

    Und noch ein Nachsatz zu Bertelsmann und Krankenkassen an sich: Ich hätte auch genug Kritik an beiden, an der Art z.B., wie die Bertelsmann-Stiftung ein bestimmtes Effizienzdenken in die Hochschulen trägt oder wie Krankenkassen mit manchen Kostenerstattungen umgehen, aber ich sehe beide nicht als derart monolithische Blöcke, dass von dort grundsätzlich keine vernünftige Studie kommen kann, weil das strategische Interesse dieser Institutionen alles restlos durchdringen würde. So sehe ich nicht einmal Studien der Pharmaindustrie. Überlegen, was an der Sache dran sein könnte, wie von Jan Böcken angeregt, schadet hier in der Tat nicht.

  55. #55 roel
    17. Juli 2012

    @Joseph Kuhn Thema ist hier ja das Vertrauen in die Ärzte. Thema der Studie ist zusätzlich die Zweiklassenmedizin. Ich denke beides gehört zusammen und die Einschätzung aus der Studie zur Zweiklassenmedizin teile ich. Wenn sich jemand aufgrund der Zugehörigkeit zu einer GKV anders behandelt fühlt wie ein Mitglied der PKV führt das doch zu Vertrauensverlust. Unterschiedliche Wartezeiten auf einen Termin, unterschiedliche Wartezeiten im Wartezimmer, unterschiedliche Ausstattung der Wartezimmer sind die Unterschiede die ich als selbst erlebt habe. Meines Erachtens fängt das bei der telefonischen Terminanfrage an. Die erste Frage ist nach dem Namen, die zweite nach der Versicherung und dann geht es je nach Antwort weiter. Das gilt bestimmt nicht für alle Ärzte, aber es fällt verstärkt auf.

  56. #56 noch'n Flo
    17. Juli 2012

    @ roel:

    Und was willst Du anders machen? Die Privatpatienten bringen nun einmal mehr Geld, ohne sie sind viele Praxen oft gar nicht rentabel. Also wird für Privatpatienten möglichst schnell ein Termin freigeräumt, sonst wandert der nämlich zu einem anderen Arzt ab. Es ist nicht so, dass GKV-Patienten länger warten müssten – die kommen so schnell wie möglich dran. Aber für PKV-Patienten gibt es eben noch eine eigene Fahrspur. Und das liegt wieder einmal am System.

  57. #57 roel
    17. Juli 2012

    @noch’n Flo “Und was willst Du anders machen?” Vereinheitlichung des Systems.

  58. #58 noch'n Flo
    17. Juli 2012

    @ roel:

    Da wirst Du in der Politik aber keine Befürworter finden.

  59. #59 Ludger
    17. Juli 2012

    Joseph Kuhn·
    17.07.12 · 07:36 Uhr
    @ Ludger: Ich habe vor dem Hintergrund meiner eigenen Arbeiten zur Tabakindustrie […]

    Etwas Feuerzangenbowle muss sein 🙂 . Ich bezweifle nicht die methodische Akkuratesse der Studie. Die Fragestellung hat für mich nur keine besondere Bedeutung, ich halte sie schlicht für unwichtig. Und die Fragestellung verfolgt ein Ziel. Es hilft niemandem eine Erkenntnis über die Hierarchie der Wertschätzungen außer denen, die einen Appell daraus machen. Die Frage, ob Privatversicherte eine bessere oder schlechtere Medizin bekommen wird bei der Studie nicht behandelt, sondern z.B. der Effekt der über die Medien gesteuerten Empörung auf die Stimmung in der Bevölkerung darüber, dass Privatversicherte einen früheren Termin zu einer sowieso meistens überflüssigen Untersuchung (MRT) bekommen als GKV-Versicherte. In Notsituationen sorgt der / die behandelnde Arzt/Ärztin telefonisch dafür, dass die nötigen Dinge zeitnah möglich werden. Das kommt aber in den Reportagen der Medien nicht vor. Es drängt sich die Frage auf, warum die Barmer eine solche Frage untersuchen lässt.

  60. #61 roel
    17. Juli 2012

    @Ludger Also die früheren Termine und die kürzeren Wartezeiten kann ich bestätigen. Dass in Notsituationen der Hausarzt sich persönlich einsetzt und dann das ganze schneller geht ist auch klar. Aber was, wenn es nur starke Schmerzen sind, und der Hausarzt nicht zum Höhrer greift, weil er dieses Instrument nicht zu stark beanspruchen will? Nur mal so zum überdenken.

    Was mich jetzt interessiert sind die “meistens überflüssigen Untersuchung (MRT)”. Kannst du da Beispiele nennen. (Ich will die nicht diskutieren, sondern brauche die zwecks richtiger Einordnung).

  61. #62 noch'n Flo
    17. Juli 2012

    @ CM:

    Tja, und am Ende bekommen alle Patienten für mehr Geld weniger Leistungen, während die Ärzte für mehr Leistung weniger Geld bekommen. Die einzigen, die immer mehr bekommen, sind die Krankenkassen.

  62. #63 Jan Böcken
    17. Juli 2012

    @Ludger
    Wie bereits angemerkt gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Vertrauen zum Arzt und der Qualität des Arzt-Patienten Gesprächs. Allein Barbare Starfield dürfte für die Primärmedizin einige Regalmeter Evidenz über diesen Zusammenhang produziert haben. Wenn man das Thema also schlicht für irrelevant hält folgt daraus unmittelbar, dass man beispielsweise auch Therapietreue ausschließlich als Einhalten der Anweisungen des Arztes versteht und die gemeinsame Erörterung und vertrauensvolle Einbeziehung von Lebensumständen des Patienten ebenfalls als weitgehend unnötig erachtet. Das wäre jetzt nicht meine Meinung. Da sehe ich übrigens bei der Ausgestaltung von Vergütungssystemen, für die ja auch zum Teil die Kassen verantwortlich zeichnen, sehr wohl Verbesserungspotentiale.

    Die Frage, ob PKV Patienten eine andere/bessere Versorgung bekommen, ist in der Tat wichtig und wurde in dem Newsletter nicht behandelt. Dazu gab es aber bereits Beiträge im Gesundheitsmonitor und Ende des Jahres folgt ein weiterer. Die Frage der Überversorgung ist mit Befragungsdaten der Bevölkreung allerdings kaum zu beantworten, weshalb der Gesundheitsmonitor dies (trotz Beteiligung der in dieser Frage eindeutig positionierten GKV-Kasse) auch nicht tut.

    Was die Frage der guten Versorgung von wirklich dringenden Fällen angeht, empfehle ich aus dem Gesundheitsmonitor beispielsweise den Beitrag von Martin Schellhorn (2007). Mag sein, dass die Medien darüber wenig berichtet haben. Aber da sind wir wieder bei der Verschwörungstheorie: Wer ernsthaft glaubt, dass die Bertelsmann Stiftung nach eigenem Gutdünken jeden Beitrag medial platzieren könne, hätte tatsächlich eine extrem naive Vorstellung über die quotenbestimmten Mechanismen in der Medienwelt.

  63. #64 roel
    17. Juli 2012

    @Jan Böcken “Wer ernsthaft glaubt, dass die Bertelsmann Stiftung nach eigenem Gutdünken jeden Beitrag medial platzieren könne, hätte tatsächlich eine extrem naive Vorstellung über die quotenbestimmten Mechanismen in der Medienwelt.”

    Na ja, das ist so zwar richtig, ABER (wie kriegt man das grösser hin?) https://bertelsmann.de/Bertelsmann-AG/Zahlen-%2526-Fakten.html Die haben schon als nach eigener Aussage ” internationalste Medienunternehmen der Welt” einige Macht.

  64. #65 roel
    17. Juli 2012

    @Jan Böcken Und jetzt zu dem Beitrag von Martin Schellhorn: https://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xbcr/SID-A12964A7-51440A13/bst/2007-5%20Schellhorn.pdf (* S. 95-113 in: Jan Böcken, Bernard Braun, Robert Amhof (Hrsg.) (2007): Gesundheitsmonitor 2007. Ich denke mal der erstgenannte bist du persönlich)

    “Beim Facharzt bekommen Privatpatienten zweieinhalb Tage schneller einen Termin. Auch die Wartezeit in der Facharztpraxis ist neun Minuten kürzer als bei GKV-Patienten.”
    und
    “Negative gesundheitliche Folgen aufgrund von Wartezeiten werden wahrscheinlicher, wenn der Patient an einer im Alltag einschränkenden Krankheit oder einer schweren akuten Erkrankung leidet.”

    Die zweieinhalb Tage stelle ich mal in Frage, obwohl “Es gibt auch Unterschiede bei den verschiedenen Facharztdisziplinen” und ich kann nicht alle Disziplinen vergleichen.

    Was mich aber am meisten irritiert ist Schellhorns Schlussfolgerung. Hier geht er nur auf den Hausarzt ein, bei dem die Wartezeiten gleich seien (das ist auch meine Erfahrung). Aber auf die Fachärzte, bei denen er vorher die Unterschiede festgestellt hat, geht er hier nicht mehr ein. Warum?
    Vielleicht ist das in der Langfassung anders, schaue ich mir heute abend mal an.

  65. #66 Ludger
    17. Juli 2012

    roel·
    17.07.12 · 14:43 Uhr
    @Ludger […]
    Was mich jetzt interessiert sind die “meistens überflüssigen Untersuchung (MRT)”. Kannst du da Beispiele nennen. […]

    Damit meinte ich MRTs wegen Rückenschmerzen bei älteren Leuten ohne Lähmungen. Die werden durch die Befundmitteilung (“Spinalkanalstenose!!!”) nur noch kränker. Oder arthroskopische Untersuchung am Knie nach Bagatellverletzungen. Aber ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, ich spreche für mich: ich will bei einem Hexenschuss für mich kein MRT und bei einer Kniezerrung keine Arthroskopie. Ich sehe aber staunend, dass die Leute das häufig mit sich machen lassen.

    Jan Böcken·
    17.07.12 · 16:47 Uhr
    @Ludger
    Wie bereits angemerkt gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Vertrauen zum Arzt und der Qualität des Arzt-Patienten Gesprächs. […]

    Deswegen haben wir hier auch die freie Arztwahl. Der von Dir angesprochene Zusammenhang ist unstreitig, nicht nur beim Gespräch sondern auch bei der Compliance https://de.wikipedia.org/wiki/Compliance_%28Medizin%29 . Nur ist das in der Studie nicht untersucht worden. Im Gegenteil wird die Kompetenz des Arztes ja gerade vom System des Medizinischen Dienstes infrage gestellt. Mir ist bisher nicht aufgefallen, dass die Krankenkassen den Ruf der Ärzteschaft stärken, um die Compliance zu verbessern.
    Ich gehe weiter davon aus, dass die Besonderheiten des Publikations-Bias auch hier gelten. Mich würden die sicherlich vorliegenden Untersuchungen zum Vertrauen der GKV-Versicherten in die Ärzte des Medizinischen Dienstes interessieren vielleicht im Vergleich zum Vertrauen in den Hausarzt. Stattdessen werden Vergleiche Arzt versus Feuerwehrmann geliefert. Eine Differenzierung der verschiedenen Ärztegruppen (Hausarzt, Facharzt, Krankenhausarzt, Laborarzt, Amtsarzt, Arzt in der Forschung usw.) fand nicht statt, wohl bei den Juristen: Es wurde mit Rechtsanwälten verglichen, nicht mit den anderen Juristengruppen (Richtern, Staatsanwälten, Verwaltungsjuristen usw.). Mir hat bisher hier niemand erklären können, welchen wissenschaftlichen Gewinn diese Studie hat, und was die BEK damit bezwecken will, genau diese Studie in Auftrag zu geben und zu veröffentlichen.

  66. #67 noch'n Flo
    17. Juli 2012

    @ roel:

    Die zweieinhalb Tage stelle ich mal in Frage

    Ich finde 2.5d eher sehr niedrig eingeschätzt. Meine persönliche Erfahrung aus D ist eine ganz andere (und zwar aus der ärztlichen Sicht).

    Hier geht er nur auf den Hausarzt ein, bei dem die Wartezeiten gleich seien (das ist auch meine Erfahrung).

    Das hängt aber ganz davon ab, wie gut der HA ausgelastet ist.

  67. #68 roel
    17. Juli 2012

    @Ludger Danke, verstehe. Ich hatte kürzlich einen Bericht zur Knochendichte gesehen, der der betroffenen Patientin auch eher Angst machte als er hätte helfen können.

    “Ich sehe aber staunend, dass die Leute das häufig mit sich machen lassen.” Ärzte sind Respektspersonen und geniessen zu 91% sehr hohes oder eher hohes Vertrauen.

  68. #69 roel
    17. Juli 2012

    @noch’n Flo “Meine persönliche Erfahrung aus D ist eine ganz andere (und zwar aus der ärztlichen Sicht).” Meine Erfahrung, aus Patientensicht, auch. Was fehlt ist auch die Bezugsgröße.

    “Das hängt aber ganz davon ab, wie gut der HA ausgelastet ist.” Das kann sein, ich habe keinen Vergleich verschiedener Hausärzte, und mein Hausarzt ist tatsächlich der Arzt meines Vertrauens. Auch weil er diese Unterschiede nicht macht.

  69. #70 noch'n Flo
    17. Juli 2012

    @ roel:

    ich habe keinen Vergleich verschiedener Hausärzte, und mein Hausarzt ist tatsächlich der Arzt meines Vertrauens. Auch weil er diese Unterschiede nicht macht.

    Masel-Tow!

    Ich hatte kürzlich einen Bericht zur Knochendichte gesehen, der der betroffenen Patientin auch eher Angst machte als er hätte helfen können.

    Das interessiert mich jetzt aber. Ich veranlasse regelmässig Knochendichte-Messungen – fast immer kommt eine manifeste Osteoporose heraus, welche dann, je nach Schweregrad, entweder nur mit Calcium/Vitamin D3-Substitutionen oder auch zusätzlich mit intravenösen Bisphosphonat-Gaben (ganz nach den Empfehlungen der orthopädischen Fachgesellschaften und gemäss den Vorgaben der Krankenversicherungen) behandelt wird.

    Hast Du vielleicht neuere Daten zu diesem Thema? Dann gerne her damit!

  70. #71 roel
    17. Juli 2012

    @noch’n Flo Daten nicht, ich muss mal sehen, dass ich den Bericht nochmal in die Hände bekomme. Die Frau ist 78 Jahre aber geistig und körperlich sehr fit. Die problematischen Werte waren bei der Wirbelsäule und angeblich nicht mehr zu verbessern. Wenn du meinst, dass man da doch helfen kann, gucke ich mal, dass ich den Bericht bis zum WE scanne. Eine zweite Meinung ist auf jeden Fall immer gut.

  71. #72 noch'n Flo
    17. Juli 2012

    @ roel:

    Ich helfe immer gerne. Für eine genaue Beurteilung bräuchte ich dann die sog. “T-Scores” von der LWS (Lendenwirbelsäule) und vom OS bzw. SH (Oberschenkel bzw. Schenkelhals).

    Die Frau ist 78 Jahre aber geistig und körperlich sehr fit. Die problematischen Werte waren bei der Wirbelsäule und angeblich nicht mehr zu verbessern.

    Bei selbst einigermassen körperlich fitten Personen ist eine Osteoporose-Therapie immer sinnvoll.

  72. #73 roel
    17. Juli 2012

    @noch’n Flo Danke für das Angebot, ich komme darauf zurück.

  73. #74 Ludger
    18. Juli 2012

    @ roel zum Thema Osteoporose:
    https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/034-003k.pdf
    https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/034-003_S3_Prophylaxe__Diagnostik_und_Therapie_der_Osteoporose_bei_Erwachsenen_lang_10-2009_12-2012.pdf
    Es kommt wesentlich auf das Frakturrisiko an, dabei ist die Knochendichtemessung nur ein Parameter.
    Der gemeinsame Bundesausschuss hatte seinerzeit bei der Knochendichtemessung die finanzielle Notbremse gezogen, weil es durch übermäßige DPX-Zahlen zu einem Absinken des Punktwertes im Honorartopf der Radiologen gekommen war, der andere Röntgenuntersuchungen unwirtschaftlich werden ließ, will heißen: bei einem Röntgenbild der Lunge musste der Radiologe draufzahlen.

  74. #75 roel
    18. Juli 2012

    @Ludger vielen Dank! Das ist meine Abendlektüre.

  75. #76 roel
    18. Juli 2012

    @Joseph Kuhn passt zwar nicht ganz zum Thema aber zur Überschrift. Bei Jürgen Schönstein wird zur Zeit die Diskussion zur Beschneidung geführt. Unter anderem wird von Befürwortern in der Diskussion mit angeblichen positiven gesundheitlichen Folgen argumentiert. Ich habe mal etwas weiter recherchiert und bin auf Professor Brian J. Morris gestossen.
    https://www.circinfo.net/ und z.B. https://www.circinfo.net/pdfs/GFP-German-2012.pdf . Morris “verkauft” die Circumcision als Allzweckwaffe gegen vielfälltige Krankheiten. Leider kann ich das selber nicht einschätzen. Vielleicht kannst Du das Thema mal unter medizinischen Gesichtspunkten durchleuchten.

  76. #77 noch'n Flo
    18. Juli 2012

    @ roel:

    Das, was Prof. Morris da behauptet, ist samt und sonders längst widerlegt. Das waren die Thesen, mit denen in den USA in den 60ern und 70ern die Massenbeschneidung von Jungen direkt nach der Geburt gerechtfertigt wurden. Aber selbst in den USA ist die Quote an Beschneidungen von Neugeborenen Jungen innert der letzten 40 Jahre von fast 90% auf knapp 40% abgestürzt.

    Siehe auch hier: https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/argumente-fuer-beschneidung.html

    Und hier findet bei Florian Freistetter bereits seit Tagen eine lebhafte Diskussion statt: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/07/beschneidung-was-durfen-religionen.php

  77. #78 roel
    18. Juli 2012

    @noch’n Flo Vielen Dank für den 1. Link. Das hilft schon ein wenig Morris einzuordnen. Ich denke aber, hier wird auch sehr einseitig argumentiert und man muß sich anstrengen irgendwie objektiv zu bleiben.

    Die Diskussion bei Florian verfolge ich auch. Florian hat den Vorteil, dass er fast zu jedem Thema blogt und dadurch auch ziemlich viele Kommentaoren anzieht. Aktuell hat er über 425 Kommentare. Allerdings dreht die fehlende Übersichtlichkeit diesen Vorteil ab und zu ins Negative um. Es ist im Vergleich zu anderen Blogs schwer ein älteres Thema wiederzufinden und dort bei mehreren 100 Kommentaren den roten Faden zu finden. Eigentlich suche ich eine medizinische Diskussion. Und bei Joseph sammelen sich viele hochkarätigen Kommentatoren mit entsprechendem Background.

    Aber btt und

    @Jan Böcken Ich habe mir jetzt die Langfassung von “Vergleich der Wartezeiten von gesetzlich und privat Versicherten…” von Martin Schellhorn angesehen und ich meine, dass die Wartezeiten bei der Beurteilung der Qualität der medizinischen Versorgung hier unterbewertet bzw. falsch kathegorisiert werden. Kurze Wartezeiten (auf den Termin und im Wartezimmer) sind für mich ein Qualitätsmerkmal, für den Autoren ist es ein Komfortmerkmal. Komfort ist für mich die bessere Ausstattung der Wartezimmer. Schnelligkeit ist für mich ein Bestandteil der Qualität. Oder mal provokativ anders ausgedrückt: Ein GKV-Patient erlangt nach 14 Tagen seine bisherige Lebensqualität zurück, ein PKV nach 4 Tagen. (Wie gesagt die 2,5 Tage denke ich stimmen nicht).

  78. #79 Jan Böcken
    18. Juli 2012

    @roel
    Ich verstehe Herrn Schellhorns Ausführungen so, dass er in einer Regressionsanalyse den Zusammenhang zwischen Wartezeiten und dem (selbst berichteten) Gesundheitszustand der Befragten analysiert hat. Dieser Zusammenhang war gering bzw. es gab andere Variable mit größerem Einfluss auf den Gesundheitszustand. Aus diesem Grund nennt er die Wartezeitenunterschiede einen Komfortfaktor, was man vielleicht als unpassende Wortwahl empfinden kann. Ich vermute, dass er sich auch als nutzenorientierter Volkswirt dem Lebensqualitätsargument nicht ganz verschließen würde.

    Ein Nachtrag zum medialen Einfluss sei noch gestattet: Der gesetzte Link geht auf die Bertelsmann AG (for profit), die in der Tat eine nicht unerhebliche mediale Größe sein dürfte. Die Bertelsmann Stiftung ist gemeinnützig und nicht zuletzt das Finanzamt prüft sehr genau, ob es eine verbotene Einflussnahme zwischen beiden Institutionen gibt. Wer dem nicht trauen mag (Stichwort: der Staat ist auch Teil der Verschwörung), dem sei folgendes simple Gedankenspiel nahe gelegt: Die Bertelsmann AG ist in Profit Centern organisiert, von denen jedes einzelne Gewinn abzuwerfen hat. Wenn da jemand von der Bertelsmann Stiftung kommt und sagt: “Hört mal zu, irgendwie gehört uns der Laden, sendet gefälligst unsere Studienergebnisse zur Prime Time auf RTL” so gibt das nur eine mögliche Antwort (neben einem herzlichen Lachen) von Seiten des Profit Centers RTL: “Wenn das Quote bringt, herzlich gern.” Diese Antwort wird identisch sein mit dem, was Pro 7 oder die Öffentlich Rechtlichen erwidern, und zwar nicht nur der Bertelsmann Stiftung, sondern vermutlich auch jedem anderen potenziellen Botschaftenplatzierer.

  79. #80 roel
    18. Juli 2012

    @Jan Böcken Also mal die Kurzfassung zu Bertelsmann:

    Die Bertelsmann Stiftung finanziert sich weitestgehend aus den Erträgen der Bertelsmann AG, deren größter Gesellschafter (77,6%) sie ist. Weiterer Gesellschafter der Bertelsmann AG ist u.a. mit 19,1% die Familie Mohn. Die restlichen 3,3% werden von der Reinhard Mohn Stiftung und der BVG-Stiftung gehalten. Dem Vorstand der Bertelsmann Stiftung gehören wiederum mit Liz Mohn als stellvertretende Vorsitzende und Frau Dr. Brigitte Mohn zwei Mitglieder der Mohn-Familie an. Vorstandsvorsitzender der Stiftung ist Gunter Thielen (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gunter_Thielen). Brigitte Mohn ist mit Thomas Kowallik verheiratet, der für McKinsey im Bereich des Gesundheitssektors und der Pharmaindustrie tätig ist.

    100% der Stimmrechte der Bertelsmann Stiftung und der Familie Mohn bei der Bertelsmann AG hält die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft, deren Gesellschafter wiederum Liz Mohn (diesmal als (Vorsitzende und Geschäftsführerin), Brigitte Mohn, Christoph Mohn und 3 nicht der Familie Mohn zugehörige Personen sind.

    Da sind schon so einige Verquickungen in diesem System. Wie dem auch sei, ich verstehe deine wiederholten Anspielung auf eine Verschwörungstheorie nicht, aber stelle mal fest, wenn der Familie Mohn daran gelegen ist, eine Stimmung aufzubauen, gelingt ihr das höchstwahrscheinlich auch. Siehe als Beispiel die Kampagne “Du bist Deutschland” https://de.wikipedia.org/wiki/Du_bist_Deutschland die zwar nicht von der Mohn Familie aber von Gunter Thielen (siehe oben) initiert wurde.

    Oder springen wir mal weg von Bertelsmann. Für Stimmungsmache wie “Wir sind Papst” benötigte es nur eine Schlagzeile.

    Ich hoffe ich konnte etwas von der (potentiellen) Macht von Bertelsmann aufzeigen.

  80. #81 Joseph Kuhn
    18. Juli 2012

    @ roel: Zum Thema Beschneidung gibt es bei scienceblogs inzwischen drei Blogbeiträge, einen vierten möchte ich nicht hinzufügen, das zersplittert die Diskussion noch mehr und inhaltlich bin ich bei dem Thema ja auch nur Zeitungsleser.

  81. #82 roel
    18. Juli 2012

    @Joseph Kuhn Schade, wahrscheinlich könnte die Diskussion aber auch nicht auf medizinische Argumente focusiert werden.

  82. #83 roel
    20. Juli 2012

    https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/universitaetsklinik-goettingen-chirurg-faelscht-liste-fuer-organtransplantation-11826324.html

    Aus dem Artikel der Zeit-Online zum gleichen Thema:

    “Ein früherer Oberarzt der Göttinger Uniklinik steht im Verdacht, gegen Geld Krankendaten manipuliert zu haben. Seine Patienten sollen so schneller Organe erhalten haben”

  83. #84 Ludger
    20. Juli 2012

    Der ehemalige Cheftransplantierer der Uniklinik Essen und ehemalige Leibarzt des Bundespräsidenten Rau sitzt für sowas im Gefängnis (aus der Erinnerung hat er fünf Jahre bekommen).

  84. #85 noch'n Flo
    20. Juli 2012

    Tja, das ist dann ja (wie man auch an den Kommentaren zum FAZ-Artikel sieht) mal wieder Wasser auf die Mühlen der Transplantations-Gegner.

  85. #86 roel
    20. Juli 2012

    @Ludger Broelsch, 3 Jahre (habe ich aber googlen müssen)

    @noch’nFlo das sind dann die Sonderrechte, die sich einige Personen meinen rausnehmen zu dürfen.

  86. #87 michael
    20. Juli 2012

    > …sitzt für sowas im Gefängnis …

    Nö, der bot einen frühen OpTermin gegen eine kleine Spende an. Das hat ja nichts mit Transplantation zu tun.

  87. #88 roel
    23. Juli 2012

    @michael “Nö, der bot einen frühen OpTermin gegen eine kleine Spende an” Das taten doch beide.

    @noch’n Flo Die T-Scores dauern noch 1-2 Wochen (Urlaub).

  88. #89 noch'n Flo
    23. Juli 2012

    @ roel:

    Die T-Scores dauern noch 1-2 Wochen (Urlaub).

    No Problem. Sollte ich auch nach längerer Zeit nicht antworten, bitte private Mail über den Blogautor an mich weiterleiten lassen.

  89. #90 michael
    25. Juli 2012

    @Roel
    > Das taten doch beide.

    JaJa: eine Transplatation ist auch ne Operation.

    BTW: Das schöne ist ja, dass die Göttinger Universitätsklinik Prämien für durchgeführte Transplantationen ausgelobt hatte. Das nennt man Mitarbeitermotivation.

  90. #91 roel
    31. Juli 2012

    @michael sorry hab den Kommentar erst jetzt gesehen. “Als Folge des Organspende-Skandals ist die Höhe von Ärzte-Gehältern an der Göttinger Universitätsmedizin ab sofort nicht mehr an die Zahl der Transplantationen gekoppelt.” Wer die Höhe des Gehalts an die Anzahl von Operationen koppelt, die Wartelisten beding sind, muss eigentlich wissen, dass das zu illegalen Maßnahmen verleitet.