Die Arzneimittelkosten in Deutschland sind ein bedeutsamer Kostentreiber für die Ausgaben der Krankenkassen. Knapp 35 Mrd. Euro fielen dafür im letzten Jahr an, genauso viel wie für die ärztliche Behandlung. Befeuert wird die Entwicklung durch neue, teure Medikamente, die oft nicht besser sind, als die alten. Natürlich gibt es auch echte Durchbrüche, z.B. das Medikament Sovaldi, mit dem sich Hepatitis C heilen lässt. Das lässt sich die Pharmaindustrie besonders teuer bezahlen.

Die Bundesregierung versucht, in einem „Pharmadialog“, dessen Ergebnisse heute vorgestellt wurden, im Konsens Gegenmittel zu finden. Eine Idee ist, den Ärzten künftig Informationen über den Nutzen eines Medikaments im Vergleich zu anderen Medikamenten mit der gleichen Indikation direkt über die Praxissoftware verfügbar zu machen. Da kehrt gewissermaßen ein Hauch von Positivliste zurück, ich bin sicher, das wird die Pharmaindustrie noch zu verhindern wissen.

Sehr anregend finde ich die Überlegungen, die konkreten Abrechnungsbeträge künftig geheimzuhalten. Man geht mit seinem Rezept zum Apotheker, zahlt, aber was die Pharmaindustrie den Kassen als Rabatt gibt, bleibt vertraulich. Dunkel kann ich mich erinnern, dass in der Vergangenheit auch einmal mehr Transparenz bei den Kosten gefordert wurde. Nun ja, man kann nicht alles haben. Ob zur Abwicklung der vertraulichen Geschäfte eine Briefkastenfirma in Panama gegründet werden soll, ist nicht bekannt.

Kommentare (11)

  1. #1 gedankenknick
    12. April 2016

    Sehr anregend finde ich die Überlegungen, die konkreten Abrechnungsbeträge künftig geheimzuhalten.
    Ich wüßte nicht, was daran “künftig” ist. Die Rabattvertrags-Austauschpflicht existiert seit dem 01.04.2007, wenn ich mich da korrekt erinnere. Seit dem bekommen die Krankenkassen HOCHGEHEIME Rabatte. Die Angaben der Krankenkassen zur Gesamthöhe der Rabatte schanken, je nachdem, wofür die Zahl gebraucht wird, durchaus im Millionenbereich (im selben Betrachtungszeitraum). So gab es ein Jahr, wo sich die Kassenbosse.. äh vorstände ihre Bezüge besonders großzügig selbst erhöhten, weil via Rabattverträgen angeblich 2 Millarden € eingespart wurden. (Zum Vergleich, die Gesamtentlohnung der deutschen Apotheken liegt seit mehreren Jahren konstant bei ca. 4 Millarden €.) Als die Politik dann nachfrage, wieviel so an Rabattverträgen rausgesprungen sei, beklagten die selben GKVen die schlechte Arbeit der Apotheken, und dass nur ca. 700Millionen € eingespart wurden. Hä?

    Intransparenz? Juhu!
    Geheimverträge? Yah!
    Bestechlichkeit? Doch nicht bei der GKV!

    Die Rabattverträge erfüllen meiner Meinung nach fast alle Kriterien, die das Antikorruptionsgesetz derzeit definiert. Wie schön, dass unsere GKVen per Definition nicht in diesem Gesetz erwähnt werden…

    Wir brauchen kein Panama für Deutschland, und Briefkästen brauchen wir auch nicht. Wir brauchen nur die GKV!

    Sorry, aber dieses Thema somt unserer GKV-Doppelmoral kotzt mich als “Menschen an der Front” sowas von an..!

  2. #2 Joseph Kuhn
    12. April 2016

    @ gedankenknick:

    Ganz hochgeheim sind die Dinge bisher nicht. Ich weiß nicht, was im Einzelnen an Informationen verfügbar ist, aber statistische Angaben über die Rabatterträge gibt z.B. die KJ-1-Statistik des BMG, Übersichten über die Rabattverträge nach Firmen und Arzneimitteln gibt es z.B. beim GKV-Spitzenverband, hier allerdings ohne Beträge, wenn ich das recht sehe.

    Ich nehme an, Sie sind Apotheker? Welche Informationen haben Sie denn über die Apothekensoftware zu den Rabatten? Angeblich sind Apotheker darüber infomiert, steht z.B. in der vdek-Information “Fragen und Antworten Einsparpotential Arzneimittel (dort S. 22).

  3. #3 gedankenknick
    12. April 2016

    Es gibt KEINE Informationen zu den Rabatten! In der Apothekensoftware ist hinterlegt, welche Arzeimittel ich gemäß Krankenkassenrabattvertrag abgeben MUSS. Über die Höhe der Einsparungen dabei kann ich nur spekulieren. Auch ist es so, dass ich gezwungen bin, ein Rabattvertragsarzneimittel zu beliefern, selbst wenn ein anderes Generikum (gemäß Verkaufsoreis nach AmPV) preiswerter (und gegebenenfalls zuzahlungsbefreit) ist. Rabattverträge sind verpflichtend und immer als wirtschaftlich(er) gemäß SGB V anzusehen!

    Es gibt keine Angaben zu Einsparungen zu den einzelnen Arzneimitteln in der Apothekensoftware – abgesehen vom Apothekenpflichtrabatt von 1,77€ pro Rx-Packung. Die Rabattvertrags-Einsparungen sind GEHEIM! Geschätzt wird, dass diese auf den Herstellerabgabepreis gerechnet zwischen 0,1% (patentgeschützte Origiginale) bis 99% (Generika) liegen. Hier meine Meinung anhand von Zitaten Seite 22:

    Die Zahl ist nicht bekannt, da Rabattverträge größtenteils direkt zwischen einer Krankenkasse und dem Pharmahersteller geschlossen werden und die Krankenkassen nicht verpflichtet sind, Zahl, Art und Inhalt der Rabattverträge offenzulegen. Richtig. DIE ZAHL IST NICHT BEKANNT! Daran haben die Kassen auch kein Interesse, da dann Zahlen überpüfbar wären.

    Die Einnahmen aus Rabattverträgen werden jedoch in einer Jahresstatistik über die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (KJ1-Statistik) veröffentlicht. Die niemand nachkontrollieren kann, da alle Zahlen, die zugrunde liegen, GEHEIM sind.

    2010betrugen die Einnahmen rund 1,3 Milliarden Euro. Laut Bundesministerium für Gesundheit wurden im Jahr 2011 1,7 Milliarden Euro durch Rabattverträge für die GKV eingespart, im Jahr 2012 rund 2,4 Milliarden Euro und im Jahr 2013 fast 3 Milliarden Euro. Alle diese Angaben beruhen nur auf den von den GKVen selbst veröffentlichten Zahlen und können ohne Einsichtnahme in die streng geheimen Rabattverträge nicht kontrolliert werden.

    In der Software für Apotheker sind alle Preis- und Produktinformationen für Arzneimittel und apothekenübliche Waren sowie Informationen über bestehende Rabattverträge aller Krankenkassen hinterlegt. Es sind nur die offiziellen Einkaufs- und Verkaufspreise hinterlegt. Des weiteren sind teilweise Vertragspreise für Medizinprodukte hinterlegt. Aufgrund der Möglichkeit der Kassen, Hilfsmittelverträge tagesaktuell zu ändern, und des weiteren der nicht vorhandenen Verpflichtung, Hilfsmittelvertragspreise an die ABDATA zu melden, sind Hilfsmittel(vertrags)preise ungefähr so aktuell wie mein Kaffeesatz, wenn ich ihn zu Arzneimittelausgaben im Jahr 2020 befrage.

    Alle 14 Tage finden Softwareaktualisierungen statt. Für die Apotheken richtig viel Schotter bezahlen. Gute Arztpraxen aktualisieren ihre Software alle Quartal 1x, ich kenne aber auch persönlich Praxen, die arbeiten mit einem Datenbankbestand von so 2009.

    Außerdem muss der Apotheker bei der Auswahl Arzneimittel bevorzugen, für die die Krankenkasse des Patienten Rabattverträge mit dem Hersteller abgeschlossen hat. Diese Aussage ist unmissverständlich korrekt. Die Betonung des Satzes ist auf das Wort “muss” zu legen. Bei Nichtbeachtung drohen Strafen bis hin zum Nullretax.

    Des weiteren dürfen/müssen Kassen jetzt auch Abgebote bei Rabattverträgen akzeptieren, die für den Hersteller definitiv verlustbehaftet sind! https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/politik/nachricht-detail-politik/bundeskartellamt-rabattvertraege-kasse-soll-dumpingpreise-von-herstellern-akzeptieren/ Mir ist es als “Einzelhändler” übrigens bei Strafe verboten, Produkte unter EK + MwSt. auszuloben.

    Voraussetzung für die Abgabe des alternativen Präparates ist eine Entsprechung in Wirkstärke und Packungsgröße, die Zulassung für ein gleiches Krankheitsbild und eine gleiche oder austauschbare Darreichungsform (z. B. Tabletten/Dragees). FAST richtig. Voraussetzung ist 1) EINE gleiche Indikation zwischen den Produkten von egal wievielen (dabei spielt die patientenbezogene Indikation KEINE Rolle – weswegen in dem Rabattarzneimittel die Indikation des Patienten nicht mehr aufzufinden sein muss) sowie 2) dass der G-BA die Darreichungsforem für austauschbar erklärt (so gibt es Arzneimittel, da sind Durchstechflaschen ohne weiteres Spritzenzubehör sowie Fertogspritzen aus “austauschbare Arzneiformen” definiert). Wohlgemerkt, der Satz ist nicht völlig falsch, aber er scheint mit BEWUSST so geschrieben, dass er positiv missverstanden werden muss vom unbedarften Leser.

    Ja, ich bin Apotheker. Einige meiner alten (aber zum Teil immer noch aktuellen) Beiträge gibs auf meinem Blog zu lesen, aber ich habe seit längerem nichts mehr neues geschrieben, weil ich resigniere vor der Übermacht der GKV im Schulterschluss mit der Politik. Lesenswert und zum Thema passend vielleicht dieser Eintrag: https://knicksfussnoten.wordpress.com/2013/05/22/inlander-diskriminierung/ ; dieser Beitrag https://knicksfussnoten.wordpress.com/2014/01/22/rabattvertrage-lieferengpasse/ oder auch sehr passend dieser hier: https://knicksfussnoten.wordpress.com/2013/04/04/apotheken-einsparungen-2011-amtliche-statistik-fur-die-tonne/ Und da soll ich noch irgendwelchen amtlichen Statistiken zur GKV glauben? Nebenbei, ich verdiene kein Geld mit den Blogartikeln; und ja, als Apotheker bin ich natürlich befangen. Sollten die Links unerwünscht sein, bitte einfach moderieren.

  4. #4 gedankenknick
    12. April 2016

    zum Thema “geheime Rabattverträge”:
    DAZ-Artikel 2011: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2011/12/29/mundt-rabattvertraege-bleiben-geheim
    ABDA-Artikel: https://www.abda.de/themen/recht/verbraucherrecht/rabattvertraege/
    Welt-Artikel 2013: https://www.welt.de/finanzen/verbraucher/article113258010/Patienten-muessen-sich-bei-Arzneimitteln-umstellen.html
    PZ Artikel 2015: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=60076

    Hierbei dürfen die 3 Rabatte auf ein Rx-Arzneimittel nicht durcheinander gebracht werden:
    1) Apotheken(zwangs)rabatt: 1,77€ (incl. MwSt.) von den 8,35€ Apothekenfixaufschlag
    2) Herstellerrabatt: 6% auf den Herstellerabgabepreis (excl. MwSt); während der Preismoratoriumszeit waren es 16%
    3) Rabattvertragsrabatt: Ausgeschriebene und geheim ausgehandelte Rückvergütung durch den Hersteller nach abgegebener Packungszahl in GEHEIMER Höhe an die GKV.

    Welche Auswirkungen dies haben kann, hat man beim Metoprololsucc.-beta-Rabattvertrag mit der AOK gesehen. Beta hatte damals verkündet, dass das erste halbe Jahr kein Arzneimittel in den Handel kommen wird – hat dies aber den Apotheken NICHT erzählt. Es gab genug Apotheken, die vor lauter Angst vor Regressen eben Beta aufs Rezept gedruckt und Firma X abgegeben haben, weil das Verfahren mit Sonder-PZN kompliziert und zeitaufwendig ist (und einige Kassen immer wieder drohen, dies sowieso nicht anzuerkennen). Plötzlich sollte Beta Rabattvertragsrückzahlungen in Millardenhöhe an die AOK leisten, obwohl noch gar keine Packung von Indien aus den eropäischen Kontinent erreicht hatte. Hier EINER der vielen Artikel dazu: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/metoprolol-rezepte-kommen-zurueck/ ; hier ein anderer, bei dem man sich an der Zeitleiste (unten) zeitlich rückwärts hangeln kann: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/metoprolol-betapharm-aok-baden-wuerttemberg-vertragsstrafe-apothekerin/

    • #5 Joseph Kuhn
      12. April 2016

      @ gedankenknick:

      Danke für die Infos, insbesondere auch, was die Apothekensoftware angeht. Die Links sind schon o.k., nur wenn es zu viele werden, muss ich die Kommentare händisch freischalten.

  5. #6 gedankenknick
    12. April 2016

    Achja, und Zitat aus der Wiki: https://de.wikipedia.org/wiki/Arzneimittel-Rabattvertrag

    Die Transparenz der Versorgung sank erheblich, da die Vertragsinhalte der Rabattverträge nur den Vertragspartnern bekannt werden. Besser kann man es kaum zusammenfassen.

    Zumindest die Arzneimittel-Rabattverträge ergaben jedoch eine zumindest zeitweise verminderte Versorgungsqualität durch Versorgungsengpässe bei den Vertrags-Arzneimittelherstellern mit bisher geringem Marktanteil. Ist so. Es wurden zum Teil extra Firmen gegründet, nur um Rabattvertragsausschreibungen zu gewinnen. Ich kann mich an eine Diazepam-Rektiolenvariante erinnern, wo ich in 5 Jahren keine einzige Packung bestellt bekommen habe. Die Firma hatte einen Rabattvertrag mit der AOK.

    Die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten der Versicherten wurden zumindest bei den Arzneimitteln nicht erweitert, da in der Regel nun die Vertragsgestaltung der Krankenkasse bestimmt, von welchem Hersteller das Arzneimittel sein soll, das der Patient von nun an erhalten wird. Einfach eine klare Aussage.

    Lediglich in begründeten Ausnahmefällen darf der Apotheker/die Apothekerin ein anderes Arzneimittel abgeben (z. B. Teilbarkeit einer Arzneiform nicht gegeben, Akutversorgung im Notdienst). In diesem Falle ist dies auf dem Rezept zu dokumentieren. Auch diese beründeten (und dokumentierten) Ausnahmen waren schon Anlass seitens der Kassen für 0-Retaxationen, da die Kasse die Begründung nicht akzeptierte, oder (hatte ich auch schon) ein Formfehler seitens der Apotheke verursacht wurde aufgrund der dramatischen Bürokratie. “Heilung” nicht vorgesehen.

    usw. usw.

    Ich möchte mich für die (Un)Zahl meiner Antworten entschuldigen, aber das Thema ist zu komplex, um es in einen “kleinen Kommentar” fassen zu können. Ich könnte auch noch eine Weile so weiter machen, aber dann kommt die Diskussion auch ncht weiter. Der verlinkte Wiki-Artikel ist trotz seines Alters sehr lesenswert.

    Ich konnte übrigens noch nie eine Statistik zu NEGATIVEN Auswirkungen der Rabattverträge finden, obwohl Doppel-Einnahmen (anderes Aussehen) genauso berichtet wurden und werden wie Mehrfach-Verordnungen und vermehrter AM-Müll (“alte” Präparate werden nicht mehr eingenommen usw.). Auch durch solches Weglassen kann man Statistiken beeinflussen…

  6. #7 gedankenknick
    12. April 2016

    Ach, und ganz vergessen zum Thema “Austausch”… die “Gleichheit” der Packungsgröße. Diese ist gemäß dem “Lex KSK” in der “Packungsgrößenverordnung” PakungsV geregelt: https://www.gesetze-im-internet.de/packungsv/BJNR131800004.html

    Da ist z.B. geregelt, dass z.B. bei Cefuroxim eine vom Arzt verordnete 14St.-N1-Packung voll austauschfähig ist gegen eine rabattierte 12St.-N1-Packung oder auch gegen eine rabattierte 10St.-N1-Packung. Bei Standard-Dosierung 2×1 Tablette würde ich gemäß Rabattvertrag dann den Patienten statt für 7 Tage (verordnet) für 5 Tage (Krankenkassenwunsch) versorgen, nicht ohne ihn darauf hinzuweisen, dass ich sich nach den 5 Tagen nochmal eine 5-Tages-Packung vom Arzt aufschreiben lassen soll, damit die Behandlung von 7 Tagen beendet werden kann. Ich KANN natürlich auch “pharmazeutische Bedenken” geltend machen betreffend der Behandlungszeit – auch dafür wurde ich von der DAK schon mal auf 0,-€ retaxiert, weil ich nicht alle bürokratischen Anforderungen erfüllt hatte (die handschriftliche Begründung hatte ich zwar aufs Rezept geschrieben, dummer Weise aber die Sonder-PZN vergessen). Soll ich wirklich meine Meinung zu dieser Verordnung schreiben? Lieber nicht, sonst werde ich hier gesperrt… 😉

  7. #8 Ludger
    12. April 2016

    Ja, Formfehler sind ein beliebter Grund füe manche Krankenkassen, die Kosten für schon ausgelieferte Medikamente nicht zu übernehmen. Ich denke da an handgeschriebene Betäubungsmittelrezepte aus dem Notdienst. Die Verschreibungsvorschriften sind kompliziert und ändern sich schneller, als man im Notdienst BTM-Rezepte ausstellt. Bei handschriftlicher Ausstellung fehlt halt die Hilfe des Praxisverwaltungsprogramms. Einige Krankenkassen scheinen gezielt nach Formfehlern zu suchen, weil man sich damit um Leistungen drücken kann. Offizieller Grund: Sicherheit für die Patienten (was natürlich Unsinn ist).

  8. #9 rolak
    12. April 2016

    wird die Pharmaindustrie noch zu verhindern wissen

    quod est extimescendum…

  9. #10 gedankenknick
    13. April 2016

    Öhöm… hier sollen Verordner über den (Zusatz-)(Nicht-)Nutzen von teuren und/oder neuen Arzneimitteln optimal informiert werden, damit diese teuren (und/oder neuen) Arzneimittel weniger verordnet werden, und so die Brieftaschen der Kassen entlastet werden. Alles schön.

    Und nun diese Meldung: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/pharmazie/nachricht-detail-pharmazie/nutzenbewertung-iges-institut-expertenmeinung-zaehlt-zu-wenig/

    Soso. Der G-BA hört bei seinen Urteilen Experten an, und macht dann (bei gleicher Datenlage) andere Beurteilungen als diese Experten. Soso. Das liest sich für mich – gelinde gesagt – leicht schräg.

    Ich habe schon mal – in einem anderen Zusammenhang – im Psiram-Blog gegen den G-BA (und auch gegen den Vorsitzenden des G-BA – den saarländischen Rechtsbieger und -beuger – Herrn Hecken) meine ehrliche Meinung vertreten; und habe dafür Haue bekommen. Aber ich frage mich wirklich, was die Leute da den ganzen Tag so machen, und wie die ihre “Urteile” fällen. Und dies unter dem besonderen Blickwinkel, dass die Kassen diesen Monat zum wiederholten Male gefordert haben, dass der via G-BA-(Nichtzusatznutzen)-Beschluss gefälligst billiger zu machende Arzneimittelpreise rückwirkend zur Einführung des Arzneimittels gelten sollen.

    Man verstehe mich nicht falsch, ich halte den Preis für z.B. Harvoni auch für völlig überzogen. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass
    1) die Industrie in D exakt 1 Jahr lang den AM-Preis selber beeinflussen darf, und nicht etwa länger;
    2) auch aufgrund der Politik (in den letzten 30 Jahren) und der Bestrebungen der Kassen deutsche AM-Preise (inkl. 19% MwSt) als Europa-Referenz-AM-preise von anderen europäischen Ländern genommen werden, die dann z.B. 30% unter dem deutschen Preis liegen, wofür die Hersteller dann aber bis zu 10 Jahre (länger) Bestandsschutz bekommen;
    3) eine Negativnutzenbewertung schon mehrfach zur Marktrücknahme geführt hat, was für betroffene Patienten dramatisch sein kann (ich sage hier mal, dass Epilepsie in Deutschland weder als lebensbedrohlich gilt noch als “Einschränkung im normalen Leben);
    4) gerade bei Sovaldi und Harmoni die Kosten der Arzneimitteltherapie TROTZ des dramatisch hohen AM-Preises weit unter den Alternativkosten (Lebertranspantation + lebenslange Transplantationstherapie) liegen.

    Ach ja, und dass sich Leute, die sich mit ARZNEIMITTELN auskennen, gerne für 6 Millionen € im Jahr einen Sitzplatz im G-BA EINKAUFEN dürfen, damit ihre “Expertenmeinung” dann wegen Minderrepräsentation ignoriert werden kann… Ich kann verstehen, dass sich die ABDA-Führung mit diesem Geld lieber ein neues “Keine-Perspektive-Papier” bastelt….

  10. #11 rolak
    13. April 2016

    Ziemlich passend und somit äußerst koinzident: Geschichte im Ersten: Die Macht der Pharmaindustrie (1). Zumindest in der bisher gesehenen ersten Viertelstunde ordentlich gemacht, war aber bisher nur historischer Abriß von den Anfängen bei Bayer mit Daniel Düsentrieb Duisberg bis Contergan mit Grünenthal.

    Mir neu und eben bei der Nachforschung(´tal´ oder ´thal´?) entdeckt: Anfangs wurden die Contergan-bedingten Mißbildungen doch tatsächlich den Kernwaffentests zugeschrieben^^