Ja, es war richtig, die Dynamik der Epidemie im Frühjahr durch einschneidende Maßnahmen zu brechen und es ist richtig, jetzt nicht abzuwarten, bis auch die Bhakdis, Wodargs und Walachs angesichts der Leichenzahlen einräumen, dass alles nicht nur herbeigetestet ist und die Epidemie auch nicht vorbei ist. Die Entwicklung in unseren Nachbarländern, z.B. Polen oder Tschechien, lässt da wenig Interpretationsspielraum zu, aber auch in Deutschland ist schon seit einiger Zeit der Anstieg der intensivmedizinisch zu versorgenden Fälle und der Sterbefälle unübersehbar – wenn man nicht wegsieht.

Insofern: Die Krise ist natürlich die Stunde der Exekutive. Ein unvermeidliches Maß an Aktionismus und politischem Profilierungsgetue sei zugestanden. Aber zu Recht haben ernstzunehmende Stimmen, z.B. die Autorengruppe um Matthias Schrappe, frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass eine bessere Abwägung von Nutzen und Schaden der Infektionsschutzmaßnahmen notwendig ist. Das gilt für einzelne Maßnahmen wie Besuchsverbote in Heimen, Sperrstundenregelungen für die Gastronomie oder Beherbergungsverbote für Reisende aus Risikogebieten, und das gilt ganz besonders für globale Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens. Es gibt keine wirksamen Maßnahmen ohne Nebenwirkungen, beides muss auf die Waagschale, beides gegeneinander abgewogen werden. Die Gerichte erteilen da gerade Lehrstunden.

Im Moment steigen die Infektionszahlen sehr schnell. Wir sehen einen (temporären?) exponentiellen Anstieg, und es könnte sein, dass die alten Fragen aus dem Frühjahr, ob das Gesundheitswesen hinreichend gerüstet ist, ob die alten Menschen in den Heimen und die vulnerablen Gruppen mit Vorerkrankungen in angemessener Form geschützt werden können, erneut drängende Fragen werden. Man hört immer öfter, wir würden auf einen zweiten Lockdown zusteuern.

Ein zweiter Lockdown würde die Gesellschaft wohl mehr noch als der erste tiefgreifend und nachhaltig verändern – Kulturangebote, Mobilitätsmuster, das Ambiente der Innenstädte, die sozialen Verhältnisse, die Wirtschaft, internationale Verbindungen, eigentlich alles, nicht zuletzt das Vertrauen zwischen Gesellschaft und Politik. So sehr die Krise die Stunde der Exekutive sein mag: An Entscheidungen über die grundlegenden Ziele und Wege unseres Zusammenlebens müssen auch die Stakeholder der Gesellschaft beteiligt werden. Die Krise ist vor allem auch die Stunde der demokratisch legitimierten Politik, wie es der Deutsche Ethikrat im April formuliert hatte. Gutgemeinte Fürsorge darf nicht zur Entmündigung der Menschen werden. Die Forderung, die Parlamente stärker zu beteiligen, ist daher richtig.

Darüber hinaus sind deliberative Verfahren nötig, die allen Menschen mehr Beteiligung ermöglichen. Ihnen nur anzukündigen, welche Einschränkungen sie als nächstes hinzunehmen haben und dass sie diese aus Einsicht in die Notwendigkeit akzeptieren müssen, genügt nicht, egal wie gut echte oder vermeintliche Notwendigkeiten erklärt werden, auch wenn selbst das noch besser werden könnte. Sich daran zu erinnern, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, ist kein Querdenken, es ist die Besinnung darauf, dass wir, wenn es ans Eingemachte der Gesellschaft geht, alle Anspruch darauf haben, mitzureden, wie es weitergehen soll. Wir müssen reden, Jens!

Kommentare (35)

  1. #1 Matthias
    24. Oktober 2020

    Wenn die Infektionszahlen vor einem Lockdown ausreichend fallen, dann nur weil die Leute aufgrund von Vernunft oder Angst selbst geeignete Maßnahmen ergreifen, nicht weil man in der Fußgängerzone Maske tragen muss, aber im Gedränge vor den Fußgängerzonenkneipen dann doch nicht. Je nach Gesundheitsamt sollte man Kontaktverfolgung auch selbst erledigen.

  2. #2 RainerO
    24. Oktober 2020

    Sich daran zu erinnern, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, ist kein Querdenken

    Nun, ein wenig polemisch zugespitzt, beschließt “das Volk” gerade, dass es alle Appelle in den Wind schießt. Denn ein Großteil der Infektionen lässt sich vermutlich auf die deutlich gestiegenen Sozialkonatakte ohne die Einhaltung der AHA-Regeln zurückführen.
    An die Vernunft zu appellieren hat nur Sinn, wenn diese auch vorhanden ist.

    • #3 Joseph Kuhn
      24. Oktober 2020

      @ RainerO:

      Ich verstehe die Logik des Arguments mit dem Vernunftappell in dem Zusammenhang nicht. Weil manche Leute die AHA-Regeln nicht einhalten, sollen die Parlamente außen vor bleiben, die Bevölkerung auch, und Minister und Regierungschefs durch ihre Vollmachten aus dem Infektionsschutzrecht alleine entscheiden, wie es z.B. mit dem ÖPNV, den Theatern, den Kneipen, den kleinen Geschäften in den Innenstädten usw. weitergehen soll?

  3. #4 Herr Senf
    24. Oktober 2020

    nicht, daß uns Joseph überläuft 😉
    Grüße Dip

    • #5 Joseph Kuhn
      24. Oktober 2020

      @ Herr Senf:

      Der Blog ist mein Überlaufventil 😉

  4. #6 Uli Schoppe
    24. Oktober 2020

    Das Joseph überläuft darüber mache ich mir keine Sorgen, auch wenn er mal zufällig in vielen Punkten meiner Meinung ist XD *duck* 😉

  5. #7 RainerO
    24. Oktober 2020

    @ Joseph Kuhn
    Das war kein Versuch von mir, mit messerscharfer Logik zu punkten, sondern ein Erklärungsansatz, warum die Zahlen jetzt so explodieren.
    Natürlich sollen die Parlamente nicht außen vor bleiben. Nur habe ich den Eindruck, dass alles Beschlossene wenig nutzen wird, wenn die Bevölkerung nicht mitzieht. Im Frühjahr tat sie das (größtenteils) noch, da zu viel Ungewissheit herrschte und man wohl auf Nummer sicher ging.
    Jetzt scheint bei vielen der Eindruck zu herrschen, dass es eh nicht so schlimm ist, da sich keine Leichenberge auf den Straßen türmen und es bis vor kurzem noch so aussah, als sei das Schlimmste vorbei.
    Was können die Parlamente schon beschließen, um das Geschehen drastisch zu bremsen? Ich denke, dass ein Lockdown mit aller Macht verhindert werden soll, sonst wäre der schon längstens passiert. In Österreich haben wir derzeit im Vergleich zum schlimmsten Tag im Frühjahr fast viemal so viele Infizierte. Sicher wird jetzt mehr getestet und daher wird die Dunkelziffer wohl deutlich niedriger sein. Aber es gibt jetzt wieder deutlich mehr Sozialkontakte und das trotz der andauernden Appelle der Regierungen eben diese zu reduzieren.
    Da sich meiner Meinung nach ein Großteil im Privat-/Familienumfeld ansteckt, wird die Dynamik wohl wenig dadurch gebremst werden, wenn man wieder Geschäfte/Theater zusperrt. Und bei allzu drastischen Eingriffen in den Privatbereich sind den Regierungen (zu Recht) sehr enge Grenzen gesteckt.

  6. #8 Spritkopf
    24. Oktober 2020

    nicht abzuwarten, bis auch die Bhakdis, Wodargs und Walachs angesichts der Leichenzahlen einräumen, dass alles nicht nur herbeigetestet ist

    Da können wir lange warten, dass diese Herren jemals ihren Irrtum zugeben werden.

    Wir haben massenweise Vergleichsmaterial in Form von mit Deutschland vergleichbaren Industrienationen, aber mit unterschiedlichsten Herangehensweisen zur Verfügung. Wir haben unter anderem die USA mit einem Präsidenten, der genau die von Bhakdi, Wodarg und Walach geforderte Untätigkeit praktiziert und der genau die gleichen Verharmlosungslieder singt, nur halt mit größerer Reichweite. Und es ist genau das aufgetreten, was Ländern vorausgesagt wird, die eine solche Nicht-Politik fahren: Weit höhere Sterberaten als in Ländern, die den Empfehlungen der Epidemiologen folgen.

    Und? Was ist die Reaktion der Verschwörungsplapperer? Kaum eine. Wodarg z. B. schreibt auf seiner Webseite ellenlange Romane, aber er findet kein einziges Wort dafür, dass pro 100.000 Einwohner in den Vereinigten Staaten mehr als fünfmal soviele Menschen an Covid-19 sterben als in Deutschland. Stattdessen behauptet er ganz allgemein dahergeplappert, die hohen Sterblichkeitsraten in bestimmten Ländern lägen daran, dass Menschen unnötigerweise intubiert würden.

    Diese Diplomlügner saufen sich ihre eigene Realität zurecht. Mehr sage ich lieber nicht dazu.

  7. #9 ralph
    24. Oktober 2020

    “Diese Diplomlügner saufen sich ihre eigene Realität zurecht. ”
    Der ist gut.
    Zum Glück folgt ihnen nur eine relative Minderheit. Und doch ist es immer wieder faszinierend, wie viele Menschen mit, oder ohne Hochschulabschluss, glauben können was sie wollen.

  8. #10 ralph
    24. Oktober 2020

    “iese Diplomlügner saufen sich ihre eigene Realität zurecht. ”
    Der ist gut.
    Zum Glück folgt ihnen hierzulande nur eine relative Minderheit.
    Und doch ist es immer wieder faszinierend, wie viele Menschen unabhängig ihres Bildungsgrades, glauben können, was sie wollen.

  9. #11 Fluffy
    24. Oktober 2020

    Manchmal überleg ich, in welchem Film ich bin

    Diese Diplomlügner saufen sich ihre eigene Realität zurecht.

    Ein Spritkopf redet vom Saufen

  10. #12 Uli Schoppe
    24. Oktober 2020

    Zum Glück folgt ihnen hierzulande nur eine relative Minderheit.
    Und doch ist es immer wieder faszinierend, wie viele Menschen unabhängig ihres Bildungsgrades, glauben können, was sie wollen.

    Äh, nein. Ich bin ja nun wirklich kein Freund unendlichen Maskengebimsels aber ich habe echt mal den Verdacht gehabt Abstand kann jeder. Ich konnte das schon vor Corona nicht ab, ich fang mir meine Rhinoviren selber ;P
    Ultrakrass fand ich: Ich sitze schon im Auto da schreibt mir meine Frau ob ich noch ein Brot holen könne. Rote Markierungen auf dem Fußboden. Ich halt mich dran. Es passen noch 4 die sich vordrängeln dazwischen. Ich war leicht entsetzt.

  11. #13 Oger
    24. Oktober 2020

    @Fluffy
    Der ist auch gut und hat Potential

    Zum Glück folgt ihnen nur eine relative Minderheit

    Wäre ich in der Gastronomie oder im Kunst- und Unterhaltungssektor, würde mir gerade der Ar… auf Grundeis gehen. Von den sogenannten vulnerablen Bevölkerungsschichten ganz abgesehen.

    Reden ist schon wichtig, handeln besser. Der Winter wird kommen, das wußte man schon bei GoT.

  12. #14 Uli Schoppe
    24. Oktober 2020

    Darüber hinaus sind deliberative Verfahren nötig, die allen Menschen mehr Beteiligung ermöglichen. Ihnen nur anzukündigen, welche Einschränkungen sie als nächstes hinzunehmen haben und dass sie diese aus Einsicht in die Notwendigkeit akzeptieren müssen, genügt nicht, egal wie gut echte oder vermeintliche Notwendigkeiten erklärt werden, auch wenn selbst das noch besser werden könnte.

    @Joseph auch wenn mich hier manche für einen Covidioten halten: Du sprichst mir da ein bischen aus der Seele, ich musste den Blogbeitrag erst mal ein bischen sacken lassen. Gelegendlich hab ich auch noch ein Leben 😉

    Was mir wirklich Sorge macht ist diese ungute Stimmung die so in der normalen Bevölkerung umgeht. Ich bin da ja an der Front ^^ Was hier so manche vergessen: Wir haben damals in Brokdorf erkämpft das es micht normal ist mit Schlagstöcken den Hang runter zu stürmen und von Hubschraubern Tränengas auf Familien abzuwerfen ^^ Und es ist ein Fakt das ich Mitarbeiter habe die von ganz alleine ohne das es eine offizielle Anweisung gab MNS getragen haben. Ganz zu Schweigen davon das ich als Vorgesetzter der Erste war der als erklärter Maskengegner mit dem Dings durch die Halle gelaufen bin. Ich mach jetzt mal was. Weil ich es kann. Und dann der Einzige war der die verkackten Coronaparties in den Pausen angefangen hat aufzulösen. Wo sich keiner gewehrt hat, ich konnte ja anführen warum das sinnvoll ist und wie man das mit den wenigsten Einschränkungen löst. Aber man ist ja Covidiot wenn man völlig idiotische Maskenpflichten in der Innenstadt in Zweifel zieht.

    Wobei ich einen guten Brüller habe: Die Ärzte in MG sind für eine generelle Maskenpflicht weil die anderen Maßnahmen zu undurchsichtig und mißverständlich sind. Da musste ich echt erst mal anhalten und zu Ende lachen 😉

    • #15 Joseph Kuhn
      25. Oktober 2020

      @ Uli Schoppe:

      “Gelegen(t)lich hab ich auch noch ein Leben”

      Um das geht es. Bei uns allen.

  13. #16 Spritkopf
    25. Oktober 2020

    @Fluffy

    Ein Spritkopf redet vom Saufen

    Ja, diesen Karnevalskracher hat schon eine andere bekannte Eso-Pfeife verwendet. Und genau wie jetzt bei Ihnen war das sein einziges Argument.

  14. #17 Uli Schoppe
    25. Oktober 2020

    @Joseph Aber natürlich. Und ich kaufe ein t 🙂

  15. #18 Uli Schoppe
    25. Oktober 2020

    @Spritkopf ist aber doch sehr naheliegend oder? 🙂 Manchmal benutzt man auch sehr platte Argumente wenn einem eine Meinung auf den Sack geht. Da muss man bei dem Nick echt mit leben 😉

  16. #19 gnaddrig
    25. Oktober 2020

    Ein Spritkopf redet vom Saufen

    Das kann man ganz einfach kontern. Wenn der Einwand berechtigt ist, gilt auch: Dann weiß der Spritkopf immerhin, wovon er redet.

  17. #20 Fluffy
    25. Oktober 2020

    Wenn ich eine Meinung zu Spritkopfs Meinung äußere, dann ist das eine Metameinung, so wie eine Metastudie evidenter ist als eine einfache Studie.

    • #21 Joseph Kuhn
      25. Oktober 2020

      @ Fluffy:

      “Metameinung, so wie eine Metastudie”

      Ich gehe einmal davon aus, dass das ein Scherz sein soll. Der eigentliche Witz dabei ist aber, dass die meisten Leuten das ernst meinen. In einer Diskussion fühlt sich jeder schnell in der Position des Beobachters zweiter Ordnung, der die blinden Flecke der anderen wahrnimmt.

  18. #22 Fluffy
    25. Oktober 2020

    Ja klar ein Scherz. Karneval fällt zwar dieses Jahr aus, aber wir lassen uns doch den Spaß nicht verderben. 😀

  19. #23 Uli Schoppe
    26. Oktober 2020

    Das jeder hättest Du ruhig fett schreiben können ^^ Man glaubt es manchmal gar nicht was man sich so intellektuell antut. Hat Frau Merkel wirklich von der größten Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg gesprochen oder wollte ich den Rest vom Satz nur nicht hören? 🙂

  20. #24 Stephan
    27. Oktober 2020

    #3 J.K.
    “sollen (…) Minister und Regierungschefs durch ihre Vollmachten aus dem Infektionsschutzrecht alleine entscheiden, wie es z.B. mit dem ÖPNV, den Theatern, den Kneipen, den kleinen Geschäften in den Innenstädten usw. weitergehen soll?”
    Nein, natürlich soll kein Minister entsprechend Infektionsgesetz entscheiden, wo kämen wir denn dann hin? Entscheiden soll die Straße, die von Baghdi, Wodarg, Schiffmann und wie sie sich alle schimpfen aufgehetzten Freiheitskämpfer. Alle Macht der Straße, auf in die Ochlokratie!
    Ein Zitat aus German foreign policy vom 21.Oktober:
    “Unter dem Druck der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie räumen Politiker und Wirtschaftsvertreter in Berlin eine Niederlage im “Wettstreit der Systeme” gegen China ein. “Europäer wie Amerikaner” sähen “im Kampf gegen die Pandemie bisher nicht gut aus”, erklärt CSU-Generalsekretär Markus Blume. Es zeige sich, urteilt Siemens-Chef Joe Kaeser, “dass das chinesische System, was die Krisenbekämpfung angeht, westlichen Systemen überlegen war”. US-Medien sprechen von einer neuen “Kluft” zwischen dem transatlantischen Westen auf der einen sowie Ost- und Südostasien auf der anderen Seite: Während die Infektionszahlen beispielsweise in Japan, Südkorea und Singapur schon lange recht niedrig liegen und in China sogar gegen Null tendieren, schnellen sie in Europa und Nordamerika erneut in die Höhe. Schon im Februar rief, wie Ex-Bundespräsident Horst Köhler berichtet, Europas planloser Umgang mit der Pandemie in den Ländern Afrikas “Erstaunen” hervor. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Pandemiebekämpfung der EU auch in Ostasien als miserabel eingestuft wird und das Bild vom mächtigen Westen schwächt.”

    PS: so erschreckend die Entwicklungen bei unseren östlichen Freunden auch sind, unsere westlichen Nachbarn toppen alles und auf der Spitze der Nadel sitzt Belgien, das sich scheinbar selbst ausrotten will. In ein paar Tagen werden sie 1000 Tote/Mill E. haben, eine beachtenswerte Leistung für einen durchgestylten (west)europäischen Industriestaat.

    • #25 Joseph Kuhn
      27. Oktober 2020

      @ Stephan:

      1. Überlegen Sie bitte einmal, ob Ihre Polemik, die Straße solle entscheiden, in irgendeiner Weise sinnvoll oder hilfreich ist. Bei uns konnte man früher als Reaktion auf Kritik an politischen Entscheidungen oft hören: „Wenn es dir hier nicht passt, dann geh doch nach drüben“. Ihre Polemik ist genau auf diesem Niveau.

      2. Falls die Herren, die Sie zitieren, wirklich meinen, wir hätten im „Wettstreit der Systeme“ verloren und das mit China, Japan und Singapur begründen, will ich nicht wissen, welchen Brei die Leute sonst noch so im Kopf haben.

  21. #26 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/
    27. Oktober 2020

    Ich bin skeptisch, was das Blamen von Partyvolk und Reiserückkehrern betrifft.
    Im Frühjahr ging die Coronakrise erst richtig los, als die Grippewelle, auch die gemittelte über viele Jahre, dem Ende zuging. Dann bekamen wir es in den Griff und schrieben es zum Teil unseren Maßnahmen zu, zum Teil dem Wetter.
    Rückblickend würde ich sagen, dass ich das Wetter unterschätzt habe. Jetzt wird es dunkler und kälter und so, wie Corona länger ins Frühjahr reinreicht, so kommt es eben im Herbst auch viel früher als die Grippewellen.

    Vielleicht hat im Mittel die Disziplin der Menschen nicht arg nachgelassen, sondern nur die Umweltbedingungen, denen sie im Sommer genügt hat, sind jetzt viel ungünstiger.

    Ich vermisse eine breite Aufklärung bzw. zielgerichtete Untersuchungen, ob jetzt die Sonneneinstrahlung mit dem UV-Licht oder die Sekundärwirkung geschlossene Räume/Luftzirkulation/-austausch die Achillesferse der Pandemie sind, eventuell ja nur beides in Kombination.

    Dass man im Frühjahr 2 Wochen in Panik die Parks schließt lass ich mir gefallen, aber wieso kann man im Herbst immer noch nicht wissen, ob das überhaupt was bringt? Ich bin keine 16 mehr, daher fehlt es mir nicht, persönlich mit Gleichaltrigen ungezielt abzuhängen und Bekanntschaften zu knüpfen, aber wer mal jung war, weiß, dass die Jugend schnell vorbei ist. Die Aussicht sich zwischen 1 und 20 Jahre weitgehend zu isolieren ist mehr als eine Zumutung.

    Im Frühjahr war mal an einem Tag überall die Rede von Experimenten – das war als Trump erstmalig davon sprach, Desinfektionsmittel in den Blutkreislauf einzubringen oder in die Lunge – mit Viren auf unterschiedlichen Oberflächen. Behandeltes Holz und Plastik, Metall – 4 Tage hier, 2 Tage da, nur kurz (1 Tag) auf Messing oder Kupfer (Zahlen grob aus dem Gedächtnis) aber das alles unter nicht näher spezifizierten Laborbedingungen. Ohne Sonnenlicht – und mehr en passant eingestreut, unter Sonnenlicht würde sich das Virus nicht lange halten.

    Leider ohne jede Angabe, was “nicht lange” bedeutet.

    Dass man Messfehler hat, dass das Sonnenlicht an unterschiedlichen Stellen der Erde, jahres- und uhrzeit-sowie wetterabhäng stark differiert, das ist ja alles richtig, aber eine grobe Ahnung über welche Größenordnungen wir hier reden, hätte ich schon gerne.

    Drosten hat damals ein wenig geplaudert, wie solche Oberflächentests gemacht werden, Material anzüchten und hochkonzentriert auf eine Fläche aufbringen, viele Proben, die unter sonst gleichen Bedingungen unterschiedlich lange aufbewahrt werden, und dann würde geprüft, ob sich noch was nachweisen lässt – ob das eine ausreichende Viruslast ist, um jmd. anzustecken, sei damit nicht gesagt, wie auch nicht, ob die Anreicherung mit Viren auf der Probe realistisch ist.

    Bei 3sat-nano, einem Wissenschaftsmagazin, hieß es gestern, man könne sein Geld desinfizieren – mit einem Bügeleisen über den Geldschein und die Münzen in Spülwasser abkochen.

    Jetzt wundert man sich doch, wieso man die Hände nicht mit kochendem Spülwasser, sondern 30 Sekunden mit Seifenlauge desinfizieren kann.

    Die Maske könne man 30 Minuten in Reis- oder Eierkocher bzw. Backofen bei 80° desinfizieren. Dreißig Minuten!

    Ich weiß nicht, wer von Euch schon mal Huhn, Ente, Truthahn, Spieß- oder Zwiebelrostbraten oder rheinischen Sauerbraten gebacken, gegrillt oder sonst wie gegart hat, je nach Größe 30, 40, 60 oder 90 Minuten, eventuell länger und vielleicht ein Bratenthermometer besitzt. Wieso dauert das so lange? Es dauert so lange, weil das Fleisch recht gut isoliert, die Hitze braucht so lange, um nach innen vorzudringen. Ist sie erst mal im Innersten, geht es ganz schnell. Und was ist an einer Maske groß dran, das sie isolieren könnte? Ich kann nicht glauben, dass das so lange dauern soll. Da ich nicht ausschließen kann, dass andere etwas wissen, was ich nicht weiß: Habt Ihr eine Idee? 80° statt 100, 120 oder 240°C wahrscheinlich, weil man verhindern will, dass die verwendeten Maskenmaterialien irgendwie Schaden nehmen. Ich würde aber eine kl. Wette eingehen, dass auch 5 Minuten reichen würden.

    Ich verstehe ja, dass man bei Tipps lieber ein üppiges Sicherheitspolster mit einkalkuliert, wenn man sich nicht auskennt, aber der Nebeneffekt solcher Ratgeber ist ja, dass die meisten abwinken oder es nur ein einziges Mal ausprobieren, wenn der Aufwand zu hoch ist. Der Effekt ist dann weniger Sicherheit, weil die Leute gar nichts machen. Und sicher ist das ja ein Experiment, welches man auch mit weniger gefährlichen Coronaviren machen könnte.

    Aber noch mal zurück zum Sonnenlicht.

    Vielleicht genügt ja die deutsche Sommermittagssonne, um Viren in 1/10tel Sekunde zu zerstören, aber nachmittags und im Herbst benötigt man schon 5 Sekunden – in der Zeit ist ausgeatmetes Material aber längst beim Empfänger untergeschlüpft. Jetzt waren aber im Sommer die Leute natürlich auch viel in Räumen unterwegs und auch abends, das alleine kann das Ansteigen der Zahlen kaum verursacht haben.

    Interessant wäre aber auch, ob es was bringt, mit einem Ventilator Luft in eine Box zu saugen, wo sie dann mit künstlichem UV-Licht bestrahlt wird. Da macht es für die Wirtschaftlichkeit einer solchen Anlagen aber auch einen großen Unterschied, ob man die Luft 1s, 10s oder 100s bestrahlen muss.

    Können die Außentemperaturen eine Rolle spielen? Ich vermute nein, denn im menschlichen Körper ist es ja wärmer als beim Sommerwetter.

    Aber der gleichzeitige Anstieg in ganz Europa kann m.E. nicht mit Maskenmüdigkeit etc. erklärt werden.

    Ich bin ja generell weder dem Partyvolk, noch den Erlebnisshoppern zuzurechnen. Aber Maskenpflicht auf Einkaufsstraßen – hat das Sinn oder ist auch da allenfalls ein Sekundäreffekt zu erwarten, dass man die Leute vergrault und dann weniger in den geöffneten Läden herumlaufen und stehen?

    Sehr besorgt mich, dass die richtigen dunklen, kalten Tage ja erst noch bevorstehen. Jetzt wird es noch 2 Monate lang düsterer und dann noch mal 2 Monate, bis wir wieder da sind, wo wir heute sind, was Temperaturen und Licht betrifft, eher dann noch 3 Monate, weil das Wetter ja dem Sonnenstand hinterherläuft.

    Jedennfalls habe ich schon mal fleißig Klopapier gebunkert. Die erste Ration ist zwar noch nicht mal angebrochen, aber man will ja zur Verschärfung des Katastrophenfeelings etwas beitragen. Es wird nur knapp, weil alle fürchten, dass es knapp werden könnte, aber dann ist es wirklich knapp, und die, die kühlen Kopf bewahrt haben, sitzen ohne da. 😉

  22. #27 Herr ɟuǝs
    27. Oktober 2020

    … am besten wäre flächendeckend 5G 😉
    das desinfiziert kostenlos auch im Dunkeln 😉

  23. #28 Oger
    28. Oktober 2020

    Demnächst wird über die weiter Vorgangsweise in Deutschland und Frankreich entschieden. Man muß kein Prophet sein um zu erahnen, wie es in beiden Fällen weitergeht. Ein Lockdown Light wird es werden. Bleibt nur die Frage, ist den Entscheidungsträgern bewußt, daß nach der 2.ten Welle es auch eine dritte Welle geben wird?
    Gut, daß danach der Sommer kommt. Dann kann es endlich so weitergehen wie bisher bei Grippe und Co: man nimmt es einfach hin. Und bestimmt kommen dann wieder NOx-Tote und Konsorten hoch. FFF wird wieder den Weltuntergang und noch Schlimmeres vorhersagen. Und wenn alles nicht mehr ausreicht bleibt noch die Industrie 4.0 und KI.
    Und Hr. Kuhn wird wieder sein Bestes dazu beitragen. Wie immer informativ und objektiv.
    Nur bei der KI wird er voraussichtlich kapitulieren. Das sei ihm aber verziehen.

    PS: Und mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit werden die Esoteriker nach wie vor rummachen. Verflucht, wann es geht endlich bergauf? 😀

    • #29 Joseph Kuhn
      28. Oktober 2020

      @ Oger:

      “bei der KI wird er voraussichtlich kapitulieren”

      Ja, vermutlich bleibt hier die natürliche Intelligenz der technische Standard. Zu KI empfehle ich nebenan bei den Scilogs den tollen Blog von Jaromir Konecny, übrigens auch ein wunderbarer Kabarettist.

      “Verflucht, wann es geht endlich bergauf?”

      Eine gute und wichtige Frage. Vielen Leute gehen die Perspektiven verloren, Planungen aller Art werden zunichte gemacht. Das dürfte eine (nichtphysiologische) Ursache postepidemischer Depressionen sein.

  24. #30 Christian Meesters
    28. Oktober 2020

    Aber man ist ja Covidiot wenn man völlig idiotische Maskenpflichten in der Innenstadt in Zweifel zieht.

    Nein, aber die Behörden sind teilw. überfordert und deshalb werden wir Widersprüchlichkeit in den Regelungen aushalten müssen. vgl. auch diesen Artikel – dem ich nicht 100%ig zustimme, aber für überdenkenswert halte.

  25. #31 shader
    28. Oktober 2020

    Bezogen auf die Ereignisse des heutigen Tages fand ich eine wesentliche Begründung der Maßnahmen auf der PK bemerkenswert. Man rechtfertigt die Schließungen von Restaurants und Kultureinrichtungen im Grunde genommen mit Unwissenheit. Aussage von Angela Merkel war, dass mittlerweile 75% der Infektionsorte laut RKI nicht nachvollzogen werden können. Deshalb müsse man weitreichend schließen. Ich finde das schon bemerkenswert, dass man nach 10 Monaten und vielen Untersuchungen und Studien (auch mit Antikörpertests), die eher was anderes vermuten lassen wieder so tut, als wisse man gerade gar nicht, wo die meisten Infektionen stattfinden. Obwohl das RKI noch einen Tag vorher davon sprach: “dass Gaststätten keine Treiber der Pandemie seien”. Gut, angeblich auf einer geheimen Schalte des RKI mit der Kanzlerin ausgesprochen worden. Aber auch offiziell hat sich das RKI nicht anders geäußert.

    Ich finde das auch deshalb bemerkenswert, weil man mit Unwissenheit sowohl gute wie auch schlechte Entscheidungen begründen kann, mit jeweils unterschiedlichen Ergebnissen. Man muss natürlich vorsichtig sein, mit angeblich gesicherten Erkenntnissen, das kennt man auch aus der evidenzbasierten Medizin. Aber quasi eine Art Medizin aus nichtevidenten Erwägungen zu verschreiben, finde ich mindestens genauso kritisch.

  26. #32 Uli Schoppe
    28. Oktober 2020

    @Christian Meesters vergib mir wenn ich Deine Intentionen falsch verstanden haben sollte 🙂 Also ich habe mir den Artikel gerade durchgelesen nach über 10h Arbeit zwischendurch, eingeschlafen und gerade erst wieder aufgewacht 😉

    Nein, aber die Behörden sind teilw. überfordert und deshalb werden wir Widersprüchlichkeit in den Regelungen aushalten müssen.

    Genau darum geht es doch: Müssen wir nicht. Das es zu Widersprüchlichkeit kommt ist gar nicht das eigentliche Problem. Die sind ein politisches, man muss ja alles kaputt sparen und am Besten noch privatisieren. Siehe Gesundheitsamt. Aber wie in dem Artikel zu fordern das man sich das widerstandslos gefallen lassen müsse weil die armen Jungs und Mädels ja so überfordert sind ist recht schwer erträglich. So ist das in einem Wirtschaftssystem wie unserem.
    Jeder der Unsinn auch so benennt ist ein Covidiot und gehört mit 250 € bestraft, so macht man für echte Wege bestimmt keinen Weg frei. Das ist autoritäres “Solange Du Deine Beine unter meinen Tisch streckst” Denken. Wobei das eigentlich mein Tisch ist, alleine der Gestus bei der Ansprache zT ist imho abstossend. Was richtig ist: Einheitliche Regeln sind auch keine Lösung. Was falsch in dem Artikel ist: Das wir da ein Föderalismusproblem hätten. Gerade durch den hätten wir die Möglichkeit gehabt verschiedene Konzepte anzutesten. Aber will ja politisch keiner. Haben wir politisch nicht genutzt und uns statt dessen mit ich bin aber der Meinung das und ich setz das durch beschäftigt. Und die liebe Frau Merkel hat ja genau gerade zugegeben das sie auch nich weiß was wo wie woher kommt und dann lieber allen mal die Daumenschrauben anlegt. Ich kann Dir mal die Telefonnummern von 3 Restaurants in die ich in letzter Zeit als Coronamassnahme trotz selber durch Corona knapper Kasse aus Solidarität gegangen bin weil ich noch sowas von ein bischen Leben hier in der Ecke behalten wollte (andere waren ja schon pleite) gegangen bin geben. Die gehen jetzt den Bach runter. Das sind keine Lieferdienste. Da kann man essen gehen ^^ Und dann wird es hier in meiner Wohngegend totenstill. Oder von denen einer Kneipenkultur die jetzt ausstirbt weil Frau Merkel nicht weiß was sie tun soll, lieber die Entscheidungsstarke markiert und alle kaputt schlägt.

    Last not least: Ich muss in meinem Job auch überfordert Entscheidungen treffen, keiner schreibt so einen Artikel für mich. Wie es unser Kapitalismus fordert haben die gerade mal Pech gehabt. Die wollten das so wie alle anderen. Meinst Du das ich auch nur einen Cent dafür sehe das ich Abends noch mal unentgeltlich rausfahre um die Einhaltung unserer Coronamaßnahmen zu überprüfen?

  27. #33 Uli Schoppe
    28. Oktober 2020

    @shader einfach nur w0rd 🙂

  28. #34 shader
    28. Oktober 2020

    Mal folgendes Gedankenexperiment: Angenommen wir würden von 1.000 Menschen jeweils einen Freiwilligen finden, der eine gewisse Lebens- und Arbeitserfahrung mitbringt und sich bereit erklärt, in der Gesellschaft für den Kampf gegen die Epidemie einzusetzen. Für eine Zeit von 6 Monaten. Er oder sie bekommt bestimmte Rechte und Aufgaben, man darf bei größeren Menschenansammlungen auf die Maskenpflicht hinweisen, unterstützt die Ordnungs- oder Gesundheitsämter, organisiert Einkäufe für Ältere, verteilt FFP2-Masken, achtet auf Abstände usw. und bekommt für die Arbeit 3.000 Euro, steuerfrei. Bei einer Stadt von 100.000 Einwohner wären das 100 Freiwillige, die sich für das Gehalt finden lassen und eine Menge bewirken könnten. Vielleicht sogar soviel, dass wir keinen R-Wert von 1,2-1,3 haben, sondern vielleicht 1,0-1,1. Das wären für ganz Deutschland 83.000 Freiwillige. Gesamtkosten für 6 Monate rund 1,5 Mrd. Euro. Und sagen wir von mir aus, wir brauchen sogar einen Freiwilligen für 500 Menschen, dann sind es eben 3 Mrd. Euro.

    Heute hat Herr Scholz ein Sofortprogramm für die Gastronomie, Kultur und weiteren Selbständigen in der Höhe von 6 bis 10 Mrd. Euro angeschoben.

  29. #35 Gerhard
    31. Oktober 2020

    @user unknown, #26:
    “Ich vermisse eine breite Aufklärung bzw. zielgerichtete Untersuchungen, ob jetzt die Sonneneinstrahlung mit dem UV-Licht oder die Sekundärwirkung geschlossene Räume/Luftzirkulation/-austausch die Achillesferse der Pandemie sind, eventuell ja nur beides in Kombination.”

    Zur Rolle des UV Lichts ist ein gerade paper erschienen:
    Evidence of protective role of Ultraviolet-B (UVB) radiation in reducing COVID-19 deaths

    https://www.nature.com/articles/s41598-020-74825-z