Dass Karl Lauterbach kein Homöopathie-Lobbyist ist, ist bekannt. Dass er ernst damit macht, die Homöopathie als Kassenleistung zu streichen, hat dennoch viele überrascht. Für die Homöopathie gäbe es keinen nachgewiesenen Nutzen, also raus aus der Kassenfinanzierung, so Lauterbach vor ein paar Tagen. Gut so. Auf X setzt er noch einen mehr oder weniger gelungenen Vergleich oben drauf:

„Homöopathie macht als Kassenleistung keinen Sinn. Auch den Klimawandel können wir nicht mit Wünschelruten bekämpfen. Die Grundlage unserer Politik muss die wissenschaftliche Evidenz sein.“

Die Wurzel des Übels liegt im Arzneimittelrecht und der dort über den „Binnenkonsens“ aufgebauten Wirksamkeitsfiktion: Für Homöopathika sind nicht die üblichen Wirksamkeitsnachweise mit randomisierten Studien erforderlich, es darf anderes „Erkenntnismaterial“ herangezogen werden, z.B. das homöopathische Schrifttum.

Der Binnenkonsens wurde in den 1970er Jahren durch Lobbyismus ins Arzneimittelrecht gebracht und durch Lobbyismus bis heute darin gehalten, darauf baut letztlich die Möglichkeit der Krankenkassen zur Finanzierung der süßen (wahlweise auch alkoholischen) Mittelchen auf. Vor einigen Jahren wurden bereits die Homöopathie-Wahltarife mangels Nachfrage gestrichen: Mehr für ihre Neigungen bezahlen, wollte das meist gut verdienende Globuli-Klientel nicht. Über die Satzungsleistungen, die derzeit noch bestehende Basis, finanzieren es dagegen alle mit.

Um viel Geld geht es wohl nicht, es kursieren unterschiedliche Angaben, meist im Bereich zweistelliger Millionenbeträge. Insofern sparen die Krankenkassen bei einem Gesamtbudget von derzeit ca. 300 Mrd. Euro rein finanziell gesehen im homöopathischen Bereich. Für sie ist es ein Marketinginstrument im Kampf um junge und gesunde Leute, Risikostrukturausgleich hin oder her. Allerdings würde mit der Streichung ein intellektuelles und ethisches Ärgernis bereinigt. Ansonsten müssen alle Arzneien und Behandlungsmethoden, die die Krankenkassen zahlen, wirksam im Sinne gängiger wissenschaftlicher Standards sein. Es gibt keinen vernünftigen Grund für Ausnahmen und unvernünftige Gründe gäbe es auch dafür, dass die Krankenkassen das Handauflegen, astrologische Gesundheitsberatung oder das Beschwören von Heilgeistern bezahlen. Auch dafür gäbe es Nachfrage, was zugleich das oft vorgebrachte Argument, man müsse doch den Wünschen der Versicherten nachkommen, als das erscheinen lässt, was es ist: kein tragfähiges Argument. Zumal in Zeiten, in den Kassen weder Bagatellarzneimittel finanzieren, egal ob sie wirksam sind oder nicht, noch Brillengestelle, noch guten Zahnersatz und vieles andere, was wirklich hilft, auch nicht.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Dass „die Homöopathie“, die Anwendung der Mittel im Behandlungssetting oder auch zuhause, in manchen Fällen tatsächlich hilft, soll nicht in Abrede gestellt werden. Der Placeboeffekt kann ein mächtiges therapeutisches Agens sein und die Homöopathie mit ihren Glaubenselementen stimuliert vielleicht bei dem einen oder anderen sogar besonders starke Placeboeffekte. Aber der Placeboeffekt ist eigentlich in der Medizin allgegenwärtig – anders als Hahnmanns vermeintliche „geistartige Kräfte“. Deswegen kommt es auf die „Wirksamkeit über Placebo hinaus“ an. Inwiefern man Placebos mehr als bisher in der Medizin nutzen sollte und welche Voraussetzungen dabei zu beachten wären, ist eine andere Diskussion, die Bundesärztekammer hat dazu bereits vor Jahren Empfehlungen formuliert.

Man kann sich fragen, warum Lauterbach ausgerechnet jetzt auf die Idee kommt, die Homöopathie als Kassenleistung zu streichen. Ob er damit, wie manche sagen, von den ganz großen Baustellen im Gesundheitswesen ablenken will? Kann sein, aber zettelt man deswegen einen Krieg mit einer bestens aufgestellten und vernetzten Lobby an? Und das in Zeiten, wo der Ampelregierung ohnehin schon kräftiger Gegenwind ins Gesicht bläst? Da gäbe es sicher sanftere Ablenkungsmittel. Insofern sollte man Lauterbach in diesem Fall, wo er mal etwas zweifelsfrei Richtiges macht, nicht auch noch kritisieren. Die richtig wichtigen Dinge müssen natürlich auch noch angepackt werden.

Man darf gespannt sein, wie weit Lauterbach mit seinem Vorstoß kommt. Die Lobby gibt sich schließlich nicht kampflos geschlagen. So oder so wird die Geschichte beim diesjährigen Homöopathie-Kongress in Lindau am Bodensee für aufgeregte Gespräche sorgen. Ich werde vorsorglich ein Päckchen Dubio C30 in den Bodensee geben, vielleicht wirkt es ja doch.

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Nachtrag 14.1.2024:

Einen guten Übersichtsbeitrag zum Thema Homöopathie an sich hat heute früh der BR online gestellt: “Homöopathie: Bei keiner Krankheit mehr Wirkung als ein Placebo”. Vertiefende Informationen bietet das Informationsnetzwerk Homöopathie.

Kommentare (26)

  1. #1 wereatheist
    13. Januar 2024

    Nach dem similia similibus curantur müsste Dubium C30 eigentlich besonders gut gegen Skepsis wirken und könnte demnach von den Kirchen zum Erhalt und Neubekehrung von Schäfchen eingesetzt werden.
    Was der Bodensee so glaubt, wenn er keinen Zweifel mehr kennt?

    • #2 Joseph Kuhn
      14. Januar 2024

      @ wereatheist:

      Das Mittel wirkt spezifisch gegen Wissenschaftsskepsis. Das steht im Kleingedruckten des Beipackzettels. Die Kirchen setzen für ihre Zwecke andere Glaubensverstärker ein.

      Eine Befragung des Bodensees, was er von den Homöopathen hält und ob er Zweifel an ihren Behauptungen hat, kann erst am 1. April erfolgen. Hinter dem Einsatz des Mittels stand die Überlegung, dass die Kongressteilnehmer ggf. baden oder Bodenseefisch essen und so mit dem Mittel in Kontakt kommen. Die Dosierung muss allerdings noch fachgerecht festgelegt werden.

  2. #3 Staphylococcus rex
    14. Januar 2024

    @ Joseph Kuhn, ist Wissenschaftsskepsis ein akutes oder chronisches Krankheitsbild? Irgendwo gibt es da ein Postulat, dass Hochpotenzen den chronischen Krankheitsbildern vorbehalten sind, während bei akuten Problemen Niedrigpotenzen empfohlen werden. Um den Bodensee in ein homöopathisches Arzneimittel auf der Basis von Niedrigpotenzen umzuwandeln, das könnte zu einem Volumenproblem werden… 😉

    • #4 Joseph Kuhn
      14. Januar 2024

      @ Staphylococcus rex:

      In der Tat. Die Sache wirft schwerwiegende Fragen auf. Aber ein einschlägiges Forschungsprojekt dazu durch das geplante BIPAM wird Lauterbach wohl auch nicht finanzieren wollen.

  3. #5 Dr. Webbaer
    14. Januar 2024

    Ganz genau :

    Symbolpolitik mit Substanz

    Es ist zwar Symbolpolitik, aber gute Politik, Jens Spahn redete ja in diesem Zusammenhang vor einigen Jahren sinngemäß davon, dass er zwar keine Wirkung wie gemeinter Esoterik kenne, er aber doch, weil es wenig, nichts sozusagen kostet, hier weiter mache, so finanziere.
    (Spahn ließ finanzieren, ein kleiner Unterschied, der nun in runden Klammern angemerkt werden soll.)

    Karl Lauterbach eckt so auch ein wenig an, sicherlich gibt es sozialdemokratische Anhänger, im weitergehend politisch linken Spektrum ebenso, also andere politisch linke Anhängerschaft (so-o groß ist die nicht, wie hier eingeschätzt wird), die an sog. Homöopathie glaubt.
    Populismus (sofern der schlecht sein soll, das Antonym lautet womöglich Elit(ar)ismus) liegt nicht vor, kann Karl Lauterbach nicht vorgehalten werden, wie Dr. Webbaer findet.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der evidenzbasierte (“exoterische”) Medizin schon deutlich cooler findet)

  4. #6 Joseph Kuhn
    14. Januar 2024

    Homöopathie: Das Gendersternchen im Gesundheitswesen?

    Es war erwartbar, dass die geplante Streichung der Kassenfinanzierung ein medialer Aufreger wird, aber die rosenkranzartige Wiederholung aller Argumente, substantieller wie geistartig kraftloser, ist doch interessant.

    Dass Fragen des Nutzens, der Wirksamkeit, der Wirkungsweise, der Kosten, der Kassenfinanzierung, der Akzeptanz, der Nachfrage usw. wild durcheinandergehen, ist vermutlich unvermeidlich, wenn Hinz und Kunz diskutieren, was sie hier ja durchaus sollen. Jeder darf und soll hier mitreden, wenngleich sich am Ende natürlich auch hier nicht die lautesten Schreihälse durchsetzen sollten.

    Etwas eigenartig kommen mir Leute vor, die einerseits monieren, dass Lauterbach von wichtigeren Themen ablenken will – was ja sein kann – sich aber über die geplante Streichung der Kassenfinanzierung derart echauffieren, als ob es um Leben oder Tod ginge. Ob die gleichen Leute das gleiche Engagement bei den “wichtigeren Themen” aufbringen?

    Der Streit um die Homöopathie ist auch ein Spiegelbild des Streits um das Gendersternchen, ein identitätspolitisches Gefecht. Und natürlich spielen auch Pfadabhängigkeiten eine Rolle, persönlicher wie wirtschaftlicher Natur.

  5. #7 Dr. Webbaer
    14. Januar 2024

    Die emergente Selbstorganisation (hoch komplexer, sozusagen chaotischer Systeme) ist ein interessantes Thema, bei Ihnen, Herr Dr. Kuhn, heißt es wohl : Pfadabhängigkeit, anscheinend.

    Friedrich August von Hayek hat dazu auch einiges geschrieben, wobei Dr. Webbaer gerne an dieser Stelle schlicht (schlecht?) Karl Lauterbach recht geben möchte, ohne zu “intellektualisieren”.

    Zeitgenössische AI, die sog. emergente Selbstorganisation sozusagen verkörpert, ist interessant, Dr. W rät Dr. K, ganz ernsthaft, an, sich mit ihr auseinander zu setzen.

    Mit freundlichen Grüßen und weiterhin viel Erfolg
    Dr. Webbaer

    • #8 Joseph Kuhn
      14. Januar 2024

      @ Webbär:

      Manche Form der Pfadabhängigkeit hat vielleicht mit spontaner Selbstorganisation zu tun, aber das sind eigentlich zwei unterschiedliche Dinge und für Pfadabhängigkeiten muss man weder Emergenz noch Komplexität usw. bemühen.

  6. #9 Anderer Max
    15. Januar 2024

    Die ganzen “Ablenken von wirklichen Problemen” Spekulationen sind doch absolut wertlos.
    Magische Wirkversprechen wie Homöopathie oder Akupunktur sind unwissenschaftlich und daher Privatvergnügen. Die Streichung der Steuerfinanzierung ist absolut richtig. Und sagt im Übrigen auch mehr über vergangene Gesundheitsminister aus, als über den amtierenden.

  7. #10 Richard
    15. Januar 2024

    Was ist eigentlich aus der Studie geworden, die das Bay. Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben hat?
    Herr Kuhn, können Sie da nachforschen? Oder bringen Sie damit die Mitarbeiter des Ministeriums in große Nöte? 🙂

  8. #12 Staphylococcus rex
    15. Januar 2024

    Zusätzlich zur o.g. Studie gab es vor einigen Jahren eine Auslobung der GWUP zum Thema Unterscheidbarkeit bzw. Ununterscheidbarkeit von Hochpotenzen. Nach meiner Kenntnis hat die Zuckerlobby die Chance verstreichen lassen zu beweisen, dass die hochpotenzierten Zuckerkügelchen entsprechend den eigenen Dogmen irgendwie unterscheidbar wären.

    Dies wird von den üblichen Verdächtigen seit vielen Jahren erfolgreich verdrängt und hindert diese nicht daran, sich gegen die aktuelle Maßnahme in Stellung zu bringen:
    https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/148568/Weiter-Debatte-um-Streichung-der-Satzungsleistung-Homoeopathie
    Das ist die esoterische Fraktion bei den Grünen um Manne Lucha, das ist aber auch der deutsche Apothekerverband. Was in der aktuellen Diskussion gern unterschlagen wird ist die Tatsache, dass es bei der Homöopathie nicht nur die Kassenausgaben von ca. 20-50 Mio.€ gibt. Offizielle Statistiken sprechen von ca. 600 Mio. € jährlichen Gesamtumsatz an homöopathischen Mitteln. Bei knapp 20 000 Apotheken in Deutschland (Schlagwort Apothekenpflicht) macht dies durchschnittlich jährlich 30 000 € Umsatz. Ich kenne nicht die genaue Verteilungskurve beim Umsatz mit Homöopathie, gehe aber davon aus, dass es zahlreiche Apotheken gibt mit wenig Umsatz und entsprechend andere Apotheken mit viel Homöopathie-Umsatz. Außerdem gehe ich davon aus, dass häufige Hochpotenzen eher von Firmen hergestellt werden, während seltene Anforderungen und Niedrigpotenzen eher in den Apotheken selbst hergestellt werden. Dann handelt es sich nicht nur um Umsatz, sondern um Einkommen. Die Eigenherstellung als Wirtschaftsfaktor erklärt den Aufschrei des Apothekerverbandes.

    Die Instrumentalisierung von Menschen mit wenig Einkommen ist manipulativ und eine Frechheit. Ja, homöopathische “Arzneimittel” sind relativ preiswert. Wir wissen aber, diese “Mittel” wirken lediglich über Zuwendung und Glaube. Das bedeutet, arme Menschen bezahlen für etwas, was sie nicht wirklich brauchen und Zuwendung und Glaube kann man anderswo auch billiger bekommen.

    Die bezahlte Zuwendung, das ist die andere Hälfte der Homöopathie. Hier kann ich leider keine sicheren Wirtschaftszahlen liefern. Eine homöopathische Anamnese beim Arzt kostet 200-300€, dazu kommen dann noch ca. 20-30€ für Globuli oder Tropfen. Wenn ich das Verhältnis 10:1 auf den Apothekenumsatz hochrechne, bin ich bei ca. 6 Milliarden € Jahresumsatz für die bezahlte ritualisierte Zuwendung.

    Die Homöopathie ist etwas über 200 Jahre alt und war damals ein Versuch, das medizinische Wissen in einem System zusammenzufassen. Ich unterstelle Hahnemann keinerlei bösen Absichten. Aber mittlerweile ist Homöopathie zu einem Geschäftsmodell verkommen, welches auf einen doppelten Etikettenschwindel angewiesen ist: 1. Den Schwindel, dass es sich bei der homöopathischen Anamnese um eine medizinische Dienstleistung handelt und 2. den Schwindel, dass es sich bei den verwendeten Zubereitungen um echte Arzneimittel handelt. Jeder Angriff auf diesen doppelten Etikettenschwindel wird von der “Zuckerlobby” mit allen Mitteln bekämpft.

  9. #13 RPGNo1
    15. Januar 2024

    @Staphylococcus rex

    Das ist die esoterische Fraktion bei den Grünen um Manne Lucha,

    Der kommt aus meiner Stadt und konnte dort bei den letzten Landtagswahlen leider auch das Direktmandat erringen.

    Bei knapp 20 000 Apotheken in Deutschland (Schlagwort Apothekenpflicht) macht dies durchschnittlich jährlich 30 000 € Umsatz.

    Vor ein paar Jahren sorgte die Apothekerin Iris Hundertmark für einige mediale Aufregung, weil sie sich entschieden hatte, Homöopathika aus der Sichtwahl zu entfernen und sie nur noch nach einer leitliniengerechten Beratung abgegeben. Die homöopathieaffinen Apotheker und Ärzte reagierten reagierten damals von ungläubig über hysterisch bis aggressiv.

    https://blog.gwup.net/page/2/?s=Hundertmark

  10. #14 Staphylococcus rex
    15. Januar 2024

    Eine Frage, die bei Diskussionen um die Homöopathie im Hintergrund mitschwingt ist die nach der Motivation der Befürwortung oder Ablehnung. Ich kann bei dieser Frage nur für mich selbst sprechen, wobei schon die Frage Befürwortung oder Ablehnung teilweise am Kern der Frage vorbei geht. Sowohl bei der Religion als auch bei der Homöopathie handelt es sich um Glaubensangelegenheiten. Eine Gesellschaft kann nur dann für alle Menschen funktionieren, wenn es eine klare Trennung zwischen Staat und Religion gibt. Religion ist eine reine Privatsache und nicht Aufgabe des Staates.

    Analog dazu sehe ich das Verhältnis zwischen naturwissenschaftlich fundierter Medizin und Pseudomedizin. Was für einen Sinn machen medizinische Forschung und das Bestreben, immer bessere Leitlinien für eine bessere Versorgung der Patienten zu schaffen, wenn es gleichzeitig keine saubere Abgrenzung zur Scharlatanerie und Pseudomedizin gibt? Die Homöopathie verweigert sich seit 200 Jahren dem wissenschaftlichen Fortschritt und ist inkompatibel zur modernen Medizin. Parallel dazu sind die Herstellungsanweisungen für homöopathische Mittel auf dem Stand von vor 200 Jahren und sind näher an der Alchemie als an einer modernen Pharmakologie.

    Nehmen wir ein Beispiel: Bei Augentropfen mit 0,5% Atropinsulfat kann man klare Aussagen zur Indikation, Wirkung, Nebenwirkungen und Toxizität machen, es handelt sich hier um ein “echtes” und deshalb auch rezeptpflichtiges Arzneimittel. Es gibt aber auch Augentropfen Belladonna Rh D6 als anthroposophisches Mittel zur Behandlung des Grauen Stars. Mit öffentlich zugänglichen Mitteln ist es mir nicht möglich die Herstellung der Ausgangslösung nachzuvollziehen. Aussagen zum toxikologischen Risiko sind mir erst recht nicht möglich. Zu Hahnemanns Zeiten gab es weder HPLC noch Massenspekrometer, auch lag damals die durchschnittliche Lebenserwartung bei etwa 35 Jahren bei einer Kindersterblichkeit im ersten Lebensjahr von ca. 20%. Die Sicherheitszuschläge bei der Verdünnung von toxischen Substanzen waren für die damalige Zeit sicher ausreichend, aber Hand aufs Herz, müssen wir uns die wissenschaftlichen Irrwege und die Pharmakologie von vor 200 Jahren jetzt wirklich zum Vorbild nehmen? Gehört so etwas Unwissenschaftliches wie die Herstellungsvorschriften von Niedrigpotenzen in ein modernes Arzneimittelgesetz?

    Es geht nicht darum die Homöopathie zu verbieten sondern lediglich darum, eine klare Abgrenzung zu schaffen zwischen Glauben und Wissenschaft. Deshalb hat die Homöopathie (und ähnlicher Hokuspokus) auch nichts zu suchen in der GKV, in der ärztlichen Weiterbildung und im Arzneimittelrecht. Wenn sich jemand auf eigene Rechnung Zuwendung beim Heilpraktiker erkaufen möchte und wenn jemand privates Geld für Zuckerkügelchen (mit Hochpotenzen) ausgeben will, ist dies Privatsache, schließlich haben wir hier Glaubensfreiheit.

    Wenn aber Glaube als Wissenschaft ausgegeben wird, wenn Placebos als Arzneimittel gepriesen werden, wenn Ängste junger Eltern missbraucht werden, um sie mit Zuckerkügelchen für ihre Kinder anzufixen, wenn (einzelne) Ärzte und Apotheker ihren Berufsethos auf dem Altar des Profits opfern, wenn Menschen mit niedrigem Einkommen instrumentalisiert werden, um ihnen eine preiswerte aber überflüssige “Therapie” aufzuschwatzen, wenn das Geschäftsmodell auf Etikettenschwindel angewiesen ist, dann sind ein paar klare Worte angesagt.

  11. #15 Dr. Webbaer
    16. Januar 2024

    Na (kurz gesprochen), wir wollen da nicht dogmatisch werden, Kommentatorenfreund ‘Staphylococcus rex’, und stimmt so eigentlich : ‘Eine Gesellschaft kann nur dann für alle Menschen funktionieren, wenn es eine klare Trennung zwischen Staat und Religion gibt.’ ?
    (Außerdem sieht der Schreiber dieser Zeilen zunehmend Verstöße (ganz unterschiedlicher Art) gegen das staatliche Neutralitätsgebot in der BRD.)

    Ansonsten sollte es aus diesseitiger Sicht gänzlich klar sein, dass die Übernahme der Kosten für “homöopathische” Produkte keine wie gemeinte Versicherungsleistung sein sollte, weil es keine medizinisch nachweisbare Wirkung gibt. Punkt. (So wollte Dr. W auch mal schreiben, so scheint modisch geworden zu sein. – Ist aber schlecht.)
    (Herr Dr. Kuhn arbeitet sich gelegentlich an einem bundesdeutschen Prof ab, der wortreich, phantasievoll und nicht ungeschickt (oft) Blödsinn redet, also es geht schon auch um die Kultur.)

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  12. #16 Alisier
    16. Januar 2024

    @ Dr. Webbaer
    “(Außerdem sieht der Schreiber dieser Zeilen zunehmend Verstöße (ganz unterschiedlicher Art) gegen das staatliche Neutralitätsgebot in der BRD.)”

    Das hat man Ihnen bereits mehrfach gesagt: werden Sie gefälligst konkret, statt sich immer wieder im Raunen zu verirren! Denn sonst spreche ich Ihnen den Willen ab sich einer Diskussion überhaupt stellen zu wollen.
    Wenn Sie sich aber nur selber reden hören möchten sind Sie hier falsch, denke ich.

    • #17 Joseph Kuhn
      16. Januar 2024

      @ Alisier:

      Der letzte Satz trifft die Motivation des Webbären vermutlich ganz gut.

      Ferndiagnose: Eine verkrachte Existenz ohne Anschluss an ein positives soziales Umfeld. Das verleitet ihn zu seinen zynischen Provokationen unter Einnahme einer subjektiv exzeptionalistischen Beobachterposition – eine Kontrollillusion.

      Irgendwie kann er einem auch Leid tun, als Kind ist er ja auch mal anders ins Leben gestartet. Aber konstruktiven Dialog kann man da nur ausnahmsweise erwarten.

  13. #18 Dr. Webbaer
    16. Januar 2024

    Na (kurz gesprochen), da ist der Schreiber dieser Zeilen wohl missverstanden worden, Dr. Webbaer wird gerne noch einmal klarer, so war gemeint :

    -> https://www.sueddeutsche.de/wissen/esoterik-an-der-viadrina-zu-tief-in-die-roehre-geschaut-1.1353433 (Harald Walach)


    Amüsant vielleicht auch so :

    https://youtu.be/jAoO4nyKXpg?t=170 (‘Ist über mich (inm einer Abwegsengheit) schlecht gesprochen worden?’) – solides Intro btw und RANDBERMERKUNG)

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der an dieser Stelle nicht über ‘Verstöße (ganz unterschiedlicher Art) gegen das staatliche Neutralitätsgebot in der BRD’ diskutieren möchte, sicherlich auch im Sinne des werten hiesigen Inhaltegebers – gerne beim Thema, bei der sog. Homöopathie bleiben möchte)

  14. #19 aristius fuscus
    16. Januar 2024

    @s.rex #14:
    In der Tat, das Arzneimittelrecht ist auf die Homöopathie schlicht nicht anwendbar. Wenn homöopathische Mittel unter Nahrungsergänzungsmittel fallen (wo sie hingehören), hätte das übrigens auch für die Hersteller erhebliche Kostenvorteile.
    Es wird gerne übersehen, dass die grossen Hersteller (nicht die Apotheken, die sich die Mittelchen selbst anrühren) den in den jeweiligen Pharmakopöen (z.B. USP) niedergelegten Herstellungs- und Dokumentationsvorschriften unterliegen. Das führt dann zu der grotesken Situation, dass man die Reaktoren, in denen die Verdünnungen hergestellt werden, einer Reinigungsvalidierung unterziehen muss, obwohl die Herstellung selbst ja schon als Reinigung aufgefasst werden kann. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass es häufig ohnehin keine Messgeräte gibt, mit denen man diese Kleinstmengen (wenn überhaupt vorhanden) nachweisen kann.

  15. #20 Alisier
    16. Januar 2024

    @ Dr. Webbaer
    Dann raunen Sie gefälligst nicht pseudobedeutungsschwer, wenn sie sowieso nicht darüber reden wollen!
    Das machen Sie seit ich Sie hier zum ersten Mal wahrgenommen habe, und dann kommt……Nichts!
    Da sind selbst Homöopathika oft inhaltsreicher als Ihre Kommentare, denn dort ist wenigstens Wasser und Zucker drin.

  16. #21 Dr. Webbaer
    16. Januar 2024

    Dr, W ist schon “Klarsprecher”, an anderer Stelle gerne, abär manchmal raunt er auch.

    Sicherlich beforscht Dr. W Sie auch ein wenig, retourniert über Eigenes gerne verschlüsselt.
    Auch weil er sich interessiert, das Dazwischensein meinend.
    Dr. W wünscht sich (nicht nur so) Toleranz.

    Ansonsten, die sog. Homöopathie ist ein spannendes Thema, sie meint einerseits die sog. Wellness und andererseits hat sie auch politische, womöglich vom Guten weggehende Eigenschaft, könnte sozusagen als Einfallstor der Unvernunft dienen.

    Dr. W hat sich näher u.a. auch mit Herrn Dr. Harald Walach befasst, fand so vely interessant, auch um so ein wenig mehr i.p. Ablehnung zu lernen.
    Also, wenn es darum geht, möglichst begründet, abzulehnen, um idF auch Ablehenende (Nicht überintrepretieren, danke!) ablehnen zu können, wiederum möglichst begründet.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  17. #22 Alisier
    16. Januar 2024

    Sein Schwurbeldiplom hat er sicher damals mit Summa cum laude bestanden.
    Auszuhalten ist das Ganze kaum, vor allem das im Staub winseln und sich ebendort winden.
    Ich frage mich dennoch ob er das zukünftige Ignorieren überhaupt verdient.

  18. #23 Otti
    Köln
    20. Januar 2024

    Was wenn ein Patient dem Arzt einfach auf die Nerven geht ? Soll er nicht mehr Placebo mit “wichtigem” Rezept verschreiben ? Ist die Behnadlung mit Placebos unethisch ?

    • #24 Joseph Kuhn
      21. Januar 2024

      @ Otti:

      “Ist die Behnadlung mit Placebos unethisch ?”

      Siehe oben im Blogbeitrag den Link zu den Empfehlungen der Bundesärztekammer.

  19. #25 HB
    Ulm
    7. Februar 2024

    Wenn dir ein Homöopathie-Jünger erzählt, Placebo wirke doch gar nicht schlecht ..

    Placebo kann und wird auch von echten Ärzten verschrieben. Das wirkt sogar besser als wenn es irgendein “Heilpraktiker” verabreicht, ein zweiter Placebo-Effekt sozusagen.

    Es gibt da noch weitere Steigerungen übrigens. Placebo vom Oberarzt wirkt besser als vom Stationsarzt. Vom Chefarzt wirkt noch besser.

    Und dann gibt es noch Steigerungen durch die Verabreichungsform. Spritze wirkt besser als Pille. Spritze ins Knie wirkt besser als in den Oberarm (und man kann auch mehr abrechnen), daher machen Orthopäden Spritzen gerne ins Gelenk.

    Wenn du also den besten Heilerfolg willst, den Placebo bieten kann, dann spritzt es dir der Chefarzt ins Gelenk!

    Achso, und teure Placebos wirken auch besser als billige .. https://www.spektrum.de/news/teure-placebos-wirken-besser-als-billige/945419

  20. #26 Joseph Kuhn
    25. März 2024

    Vor, zurück:

    Im dritten Referentenentwurf des GVSG wurde die Streichung der Homöopathie als Kassenleistung wieder gestrichen.

    Vorschlag für eine Anpassung von Lauterbachs tweet, mit dem er die Streichung der Homöopathie angekündigt hat:

    “Homöopathie macht als Kassenleistung Sinn. Auch den Klimawandel können wir mit Wünschelruten bekämpfen. Die Grundlage unserer Politik kann nicht die wissenschaftliche Evidenz sein.”