In der Sendung “Lanz” hat Karl Lauterbach eine Straße in seinem eigenen Wahlkreis an den Pranger gestellt, sie sei ein Hotspot des Drogenhandels:

Lauterbach: „Die Keupstraße ist mit dem ganzen Umfeld einer der größten Umschlagplätze in Deutschland.“

Polizei: „Wir können das so nicht bestätigen.“

Lauterbach: „Die Aussage tut mir leid, sie entspricht nicht der Realität“

Beim Thema Drogen entsprechen auch sonst Lauterbachs Thesen nicht immer ganz der Realität. Gravierender ist allerdings, dass es am Ende der Legislatur womöglich bei viel wichtigeren Punkten ebenfalls eine Inkongruenz von Aussagen und Realität geben könnte.

Kommentare (17)

  1. #1 PDP10
    13. Februar 2024

    Ich hatte gerade einen schönen Verleser als ich den verlinkten Artikel in der Kölnischen Rundschau gelesen habe.

    Den vorletzten Satz:

    Lauterbach, der auch über Karneval in Berlin arbeitet, wollte sich nicht näher dazu äußern,

    … habe ich gerade gelesen (das musste zwei bis dreimal durch meine Großhirnrinde gehen, bevor ich den korrekten Kontext kapiert hatte), als ob Lauterbach wissenschaftlich oder politisch oder sonstwie über das Thema “Karneval in Berlin” arbeitet.

    Ok, na gut. Das sind sicher auch Drogen im Spiel. Also beim Karneval in Berlin. Nicht bei Herrn Lauterbach. Aber man kann ja schon auf Ideen kommen bei all dem womit der sich so beschäftigt.

    Ich entschuldige mich also auch bei Herrn Lauterbach. Die Lage ist nicht so wie ich sie dargestellt habe.

    😉

  2. #2 M. Hahn
    14. Februar 2024

    Das macht betrübt.
    Ein Gutes-Woller, der das Handwerk nicht beherrscht seine Pläne politisch durchzusetzen, ist als Minster eine Fehlbesetzung.
    Wenn süffisante Bemerkung des Kanzlers tatsächlich bedeuten sollte (Zitat) “Ich wollte ihn nicht, aber ihr. Also macht mich nicht für ihn verantwortlich.”…wäre auch der Kanzler als Führungsperson eine Fehlbesetzung.

  3. #3 Staphylococcus rex
    14. Februar 2024

    Es wäre viel gewonnen, wenn man die Drogenproblematik rational angehen könnte. Dazu gehört einerseits, dass man ein stimmiges Konzept präsentiert, welches sich an der Krankheitslast durch die jeweiligen Drogen orientiert. Gerade bei der Droge Alkohol wird viel zu wenig getan, während man bei Cannabis deutlich über das Ziel hinausschießt.

    Zu einer rationalen Drogenpolitik gehört andererseits aber auch die Einsicht, dass eine totale Kontrolle unmöglich ist und das Ziel in der Minimierung der negativen Begleiterscheinungen liegen sollte. Das bedeutet, für jede Droge sollte es ein angepaßtes Konzept der Reglementierung geben mit den Schwerpunkten Aufklärung, Jugendschutz, Austrocknung des illegalen Marktes und Begrenzung der Verfügbarkeit anhand des objektiven Schadpotentials sowie Substitutionsprogramme für schwer Suchtkranke.

    Eine adäquate Reglementierung von Nikotin und Alkohol wäre allerdings ein schwerwiegender Eingriff in die Interessen von Produzenten und Marktteilnehmern.

  4. #4 zimtspinne
    14. Februar 2024

    “Eine Straße an den Pranger stellen” —

    fällt das unter erweiterte Identitätspolitik?

    Ansonsten sollte sich Lauterbach zu Drogen besser zurückhalten.
    War er doch derjenige, der regelmäßigen Alkoholkonsum in kleinen Mengen sowie Schnaps als Verdauungshilfe unters Volk brachte. Als hätte das nicht ohne Lauterbachsche Trink-Empfehlungen schon ein fettes Alkoholproblem.
    Ich könnte hier noch einen Kurzclip von Lauterbach in offenbar umnachteten (alkoholisierten?) Zustand an einem Rednerpult einfügen, wo er mehrfach den Kopf absinken lässt, kurz wegdröselt, hochschreckt, belämmert guckt und alles wieder von vorn. Lass ich aber mal. Will ihn ja nicht an den Pranger stellen.
    Ein Vorbild ist das aber auch :-nicht.

  5. #5 naja
    14. Februar 2024

    Die Keupstrasse wird nicht das erste Mal falsch verdächtigt. In der Keupstrasse in Köln hat die NSU das Nagelbombenattentat verübt. Die Polizei hat daraufhin die halbe Keupstrasse verdächtigt, obwohl es Fotos, bzw Videoaufnahmen der zwei Uwes gab, wie sie die Bombe auf einem Fahrrad montiert platziert haben. Die Videoaufnahmen stammten von VIVA, das damals in Köln Mülheim seine Studios hatte. Zuerst wurde nach Mitteleuropäern auf Fahrrad gefahndet. Ziemlich schnell wurde dann doch von organisierter Kriminalität “im Milieu” ausgegangen. Man fragt sich welches Milieu sie meinten. Das Döner- und türkische Brautkleidermilieu?
    Das muss man nicht unbedingt wissen, ist aber peinlich, da es in seinem Wahlkreis liegt.

    • #6 Joseph Kuhn
      14. Februar 2024

      @ naja:

      “Das muss man nicht unbedingt wissen, ist aber peinlich, da es in seinem Wahlkreis liegt.”

      Es ist noch viel peinlicher. In der Keupstraße 124 hatte er vor Jahren mal sein Wahlkreisbüro. Die alte Seite ist noch online: http://www.spd.koelnhoehenhaus.de/Wahlen/Karl-Lauterbach-Wahlkreisbuero.htm. Da steht z.B.: “Karl Lauterbach wählte bewusst die Keupstraße als Standort, um sein Engagement für ausländische Mitbürger und für soziale Belange zu unterstreichen.”

  6. #7 PDP10
    14. Februar 2024

    Karl Lauterbach wählte bewusst die Keupstraße als Standort […]

    Ohmann ist das peinlich. Auch, dass da die alte Web-Site noch online ist. Was für Amateure. Das darf doch alles nicht wahr sein …

  7. #8 Staphylococcus rex
    15. Februar 2024

    Der Link zum Wahlkreisbüro hat einen Zeitstempel von 2013. Vielleicht war die Keupstr. irgendwann einmal ein Hotspot, ich kann dies aus der Ferne nicht beurteilen. Die Äußerung von Lauterbach gehört in die Kategorie “gefühlte Wahrheiten”, als Fachminister sollte Lauterbach aber wissen, dass von ihm belastbare Tatsachen und nicht gefühlte Wahrheiten erwartet werden, einfach weil von ihm als Fachminister ein Mindestmaß an handwerklicher Professionalität erwartet wird.

    Es gibt Personen, die mit derartigen Äußerungen davonkommen, ich denke da an Donald Trump, aber bei Donald Trump liegt es daran, dass seine Anhänger ihm glauben wollen, egal welchen Müll er von sich gibt. Bei Herrn Lauterbach dürfte die Zahl der Anhänger sehr überschaubar sein und der große Rest wird nach einer derartigen Äußerung noch größere Zweifel an seiner professionellen Eignung haben.

  8. #9 schorsch
    15. Februar 2024

    Ich hab mir die Keupstrasse mal in Googles Streetview angesehen: Absolut Drogenmilieu: Ein Juwelier neben dem anderen! Klein-Antwerpen!

    In jedem Schaufenster gepresster Koks!

  9. #10 zimtspinne
    15. Februar 2024

    naja, das hat nicht allzu viel zu sagen – in Ffm gruppieren sich auch ums Rotlichtdistrikt “Bahnhofsviertel” viele Großbanken und entsprechend findet man auch in Seitengassen der Kaiserstraße noble Pelzgeschäfte (gab sogar ein ganzes Nest davon, wie ich mal rausfand). Auch Juweliere.

    Lauterbach springt von einem Fetttöpfchen ins nächste und sagt andauernd fragwürdige Dinge, gar keine Frage.
    Was er allein während Corona immer so rausgehauen hatte…^^

    Jedoch sich an einer unüberlegten Aussage in einer TV-Sendung so aufzuspulen, ist ungefähr die gleiche Empörungsspirale wie bei den Fußballbannenern oder ähnlichem.

    Das Beste – dass die Bewohner sich sogleich wegen eines Lauterbachspruchs stigmatisiert fühlen….
    passt voll in die derzeitige identitätspolitisch geförderte Opferkultur.

    Online-Netzwerke (soziale Medien nenne ich das nicht) lösen scheinbar bei vielen Empöreritis aus.
    Vielleicht mal öfter dort eine Auszeit nehmen. Womit ich aber niemanden direkt anspreche, meine ich allgemein.

    Schön auch, dass ihr alle Experten für Deutschlands Drogenumschlagplätze seid :p

  10. #11 zimtspinne
    15. Februar 2024

    und wie gesagt, seine (nicht nur einmalige) Alkoholverharmlosung bis Falschinformation –als Arzt *und* Gesundheitsminister– finde ich weitaus problematischer und kritikwürdiger als dieser Straßenunsinn.

  11. #12 Staphylococcus rex
    15. Februar 2024

    Für einen Privatmann im engsten Kreis gelten andere Regeln als für einen Berufspolitiker in der Öffentlichkeit. Als Mediziner muss Lauterbach irgendwann eine kurze Berührung mit Latein gehabt haben. Der folgende lateinische Spruch sollte zum Allgemeinwissen für alle Plaudertaschen der Species Berufspolitiker gehören:
    https://de.wiktionary.org/wiki/si_tacuisses,_philosophus_mansisses

  12. #13 zimtspinne
    15. Februar 2024

    Das Zeug äußerte er aber nicht privat, sondern auf großer Bühne (TV und Funk gehören da durchaus zu).

    Wenn sich junge und ganz junge Influencer und -innen verantwortungsbewusster & integerer verhalten als unser staatlicher Gesundheitsminister, dann ist was faul im System.
    Ich möchte ja gar nicht spitzfindig sein; Menschen verhalten sich nun mal menschlich und bisweilen dämlich (ich auch).

    Bei ihm ist das aber beinahe der Normalzustand erstens und zweitens bekommt er, anders als beispielsweise Influencer, niemals Konsequenzen für seinen Mist zu spüren.

  13. #14 Staphylococcus rex
    15. Februar 2024

    Im ersten Link in der Einleitung wird die Situation im Interview beschrieben, es ging um die Frage, wo der Jugendschutz bleibt bei einer Freigabe von Cannabis. Lauterbach hätte darauf auch ganz einfach die Gegenfrage stellen können, wo der Jugendschutz bei einem Verbot bleibt, wenn das Zeug ubiquitär verfügbar ist. Nach meiner Einschätzung ist bei erwachsenen Konsumenten von Alkohol oder Cannabis das Schuldbewußtsein gering ausgeprägt, also wird es unabhängig von der Rechtslage immer einen Markt dafür geben. Jugendschutz bedeutet in Bezug auf Cannabis den illegalen Markt auszutrocknen und den Zugang der Jugendlichen zum legalen Markt zu beschränken. Welche Einzelmaßnahmen dafür am effektivsten sind, das sollten die Fachleute zu diesem Thema sagen. Den Hinweis auf die aktuelle ubiquitäre Verfügbarkeit hätte man auch ohne Diskriminierung der Keupstr. loswerden können.

    PS: Da ich mir persönlich nichts aus derartigen Substanzen mache, ist die “ubiquitäre Verfügbarkeit” auch erstmal nur eine “gefühlte Wahrheit”, aber es gibt beim Abwassermonitoring die Möglichkeit des Nachweises derartiger Substanzen im Abwasser, mit einer entsprechenden Literaturrecherche läßt sich diese Aussage sicher auch mit objektiven Daten untermauern.

  14. #16 naja
    15. Februar 2024

    @ zimtspinne
    Vielleicht bringt scienceblogs ja irgendwie doch was in Punkto Spaltung. Immerhin hast du mit “und -innen” gegendert 😉 so ganz nebenbei. Finde ich erfrischend unaufgeregt.

  15. #17 Staphylococcus rex
    16. Februar 2024

    Die Alkoholverharmlosung in Europa hat sicher auch historische Gründe. Ich persönlich würde um Brunnenwasser oder Flusswasser aus mittelalterlichen Städten (ohne Kanalisation) einen großen Bogen machen. Bier und Wein waren die Möglichkeit mikrobiologisch unbedenkliche Getränke zu sich zu nehmen. Etwas überspitzt formuliert hatte man damals die Wahl mit 30 an der Cholera oder Ruhr zu sterben oder mit 50 an der Leberzirrhose (bei einer allgemeinen Lebenserwartung unter 50 Jahren). Nur so am Rande, weil Wasser und selbst “normaler” Wein bei einer längeren Seereise verderben können, haben die Portugieser den Portwein erfunden.

    Bei den aktuellen Qualitätsanforderungen an Trinkwasser als Lebensmittel haben diese historischen Gründe heute keine sachliche Basis mehr. Gewohnheitsrecht und die Bewertung als Kulturgut stehen einer sachlichen Bewertung von Alkohol als Rauschmittel entgegen.