Vor gut einem Jahr fand eine der interessantesten Veranstaltungen statt, die ich je erlebt habe: die “Voynich 100” in der Nähe von Rom. Hier ist ein Bericht über dieses Ereignis.

Schon vor der Veranstaltung hatte ich mir vorgenommen, einen Artikel über die Voynich 100 für die Fachzeitschrift Cryptologia zu schreiben. Dieser Beitrag ist in der aktuellen Ausgabe erschienen – ein Jahr Vorlaufszeit muss man bei einer Fachzeitschrift eben einkalkulieren. Leider ist dieser Arikel kostenpflichtig. Wer sich das Geld sparen möchte, kann im folgenden einen anderen Artikel über die Voynich 100 lesen, den ich mit der Hilfe von Prof. Wolfgang Lechner und Mitorganisator Dr. René Zandbergen verfasst habe. Hier ist er:

 

100 Jahre und kein bisschen entschlüsselt

Das Voynich-Manuskript, ein verschlüsseltes Buch aus dem Mittelalter, gilt als das rätselhafteste Buch der Welt. Im Mai 2012 trafen sich erstmals Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen, um sich über das fast 600 Jahre alte Manuskript auszutauschen. Das wichtigste Ergebnis: Es gibt noch viel zu forschen.

Das handgeschriebene und handgemalte Manuskript faszinierte schon vor 400 Jahren die Gelehrten und Mächtigen. Dies kann man in einigen erhalten gebliebenen Briefen aus dieser Zeit nachlesen. Damals wie heute konnte niemand die seltsamen Schriftzeichen entziffern, in denen das 230-seitige Buch verfasst ist. Genausowenig weiß man, wer das Voynich-Manuskript geschrieben hat, wofür es verwendet werden sollte, was die darin enthaltenen Bilder bedeuten und wo es entstanden ist. Das seltsame Werk ist ein einziges großes Rätsel.

Bekannt ist immerhin, dass sich das Voynich-Manuskript im 17. Jahrhundert in Prag befand und dass es um 1680 in Vergessenheit geriet. 1912 spürte es schließlich der Antiquar Wilfrid Voynich (1865-1930) in der Villa Mondragone, einem damals kirchlich genutzten Landhaus vor den Toren Roms, auf. Er machte es der Öffentlichkeit bekannt. Seitdem haben sich ganze Heerscharen von Forschern mit dem auf Pergament geschriebenen Buch beschäftigt – darunter einige Spitzen-Kryptologen des Zweiten Weltkriegs. Der Erfolg war erstaunlich gering. Bis heute konnte sich niemand einen Reim auf die seltsamen Schriftzeichen machen – es ist noch nicht einmal klar, ob der (verschlüsselte?) Text überhaupt eine Bedeutung hat.

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Abbildung 1: Das Voynich-Manuskript (hier eine Nachbildung) ist ein faszinierendes Rätsel der Geschichte. Trotz intensiver Forschung konnte bisher niemand den Inhalt entschlüsseln. Quelle: Schmeh

Es gibt also nach wie vor mehr Fragen als Antworten zum Voynich-Manuskript. Um diese zu diskutieren, trafen sich am 11. und 12. Mai 2012 Voynich-Manuskript-Experten aus aller Welt zu einer Konferenz. Der Ort des Geschehens hätte nicht besser passen können: die Villa Mondragone im römischen Vorort  Monte Porzio Catone, wo genau 100 Jahre zuvor mit dem Fund von Wilfrid Voynich die moderne Geschichte des Manuskripts begonnen hatte. Es war die erste Konferenz dieser Art, wenn man von einem deutlich kleineren Voynich-Manuskript-Treffen im Jahr 1976 absieht. Die Zeit war zweifellos reif für eine solche Veranstaltung, denn die Zahl der Voynich-Forscher ist mit Aufkommen des Internets deutlich gestiegen. Da neben ernsthaften Voynich-Experten längst auch Esoteriker und Verschwörungstheoretiker ihre Ergüsse im Internet veröffentlichen, ist es manchmal gar nicht so einfach, Wissenschaft und Pseudowissenschaft zu unterscheiden. Mittlerweile haben schon über 20 Voynich-Exegeten behauptet, das Manuskript entschlüsselt zu haben – eine Lösung wirkt obskurer als die andere.

Das aktuell wohl wichtigste Ergebnis der seriösen Voynich-Manuskript-Forschung ist eine Radiokarbon-Datierung verbunden mit einer mikroskopischen Betrachtung der Tinte. Der Vortrag des Radiokarbonexperten Greg Hodgins, der diese Untersuchung 2009 zusammen mit dem Mikroskopisten Joe Barabe durchgeführt hat, gehörte dementsprechend zu den Höhepunkten der „Voynich 100“-Konferenz. Das Ergebnis war, dass das verwendete Pergament mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 1404 und 1438 hergestellt wurde. Die verwendete Tinte enthält ausschließliche Bestandteile, die in dieser Zeit verfügbar waren. Anders als in einigen Presseberichten zu lesen, lässt sich jedoch nicht sagen, ob die Tinte auf das frische Pergament aufgebracht wurde oder ob das Schreibmaterial über längere Zeit ungenutzt blieb. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass das Voynich-Manuskript deutlich später entstanden ist, als die Radiokarbon-Datierung vermuten lässt – beispielsweise im 17. Jahrhundert, als es erstmals belegt ist. Allerdings war Pergament damals teuer und daher sicherlich kein Material, das man typischerweise über Jahrzehnte hinweg ungenutzt liegen ließ.

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Abbildung 2: Die Schrift des Voynich-Manuskripts taucht an keiner anderen bekannten Stelle auf. Bisher konnte sich niemand einen Reim auf die seltsamen Zeichen machen. Quelle: Beinecke Library

Wenn das Voynich-Manuskript tatsächlich aus dem frühen 15. Jahrhundert stammt, dann scheiden so ziemlich alle Verdächtigen aus, die in der Voynich-Szene als mögliche Verfasser des Manuskripts gehandelt wurden. Ob das mittelalterliche Genie Roger Bacon, der allseits bekannte Leonardo da Vinci, der englische Gelehrte John Dee, der Alchemist Edward Kelley oder einige andere – sie alle lebten zur falschen Zeit. Es bietet sich also an, neue Hypothesen zu entwickeln. Der italienische Voynich-Manuskript-Experte Claudio Foti stellte bei der „Voynich 100“ eine solche vor. Seiner Meinung nach kommt der Humanist Gianfrancesco Poggio Bracciolini (1380-1459) als Autor infrage, der zur richtigen Zeit lebte und zweifellos das intellektuelle Format für ein Werk wie das Voynich-Manuskript hatte. Man darf gespannt sein, ob zukünftige Forschungen diese Hypothese untermauern.

Etwas mehr als über den Autor weiß man über die Besitzer des Voynich-Manuskripts. Einige Indizien sprechen dafür, dass der deutsche Kaiser Rudolf II. (1552-1612) das Buch besaß. Er residierte in Prag. Der polnische Alchemie-Experte Rafał Prinke referierte bei der „Voynich 100“ über dieses Thema und zeigte, dass es im 17. Jahrhundert noch andere Besitzer gab. So gut wie nichts weiß man dagegen über die Geschichte des Voynich-Manuskripts zwischen der vermuteten Entstehungszeit und Kaiser Rudolf II – dies sind immerhin etwa 150 Jahre. Der Brite Nick Pelling versuchte diese Lücke wenigstens teilweise zu schließen. In seinem „Voynich 100“-Vortrag berichtete er vor allem über seine Forschungen zur ursprünglichen Reihenfolge der Manuskript-Seiten. Es ist offensichtlich, dass die Blätter des Buchs vor der Bindung durcheinander gerieten, und dank Pellings Arbeit wissen wir heute wenigstens in Ansätzen, wie die Reihenfolge ursprünglich ausgesehen haben könnte.

Nicht so außergewöhnlich, wie vielfach angenommen

René Zandbergen zeigte in seinem Vortrag eine Vielzahl von Bildern aus alten Kräuterbüchern, wobei sich zahlreiche Ähnlichkeiten mit dem Voynich-Manuskript zeigten. Dies ist in zweierlei Hinsicht ein wichtiges Ergebnis. Zum einen neigten frühere Voynich-Forscher meist zur Ansicht, das Voynich-Manuskript sei etwas Einzigartiges. Bezüglich der darin abgebildeten Pflanzen ist es das jedoch nicht, wie Zandbergen zeigen konnte, denn die weit über 100 großformatigen botanischen Darstellungen darin könnten auch in einem beliebigen Kräuterbuch der damaligen Zeit gestanden haben. Zum anderen gehört es zu den mysteriösen Eigenschaften des Voynich-Manuskripts, dass sich so gut wie keine darin abgebildete Pflanze identifizieren lässt. Zandbergens Vortrag zeigte jedoch, dass diese Eigenschaft nicht ganz so mysteriös ist wie bisher häufig angenommen, denn auch andere historische Kräuterbücher zeigen nichtidentifizierbare Pflanzen.

Klaus Schmeh berichtete über die statistischen Eigenschaften des Voynich-Manuskript-Texts. Die Statistik ist ein wichtiges Hilfsmittel jedes Codeknackers. Wenn man beispielsweise weiß, dass im Deutschen das E der häufigste Buchstabe ist, gefolgt von N, I und S, dann kann man häufig schon mit einfachem Buchstabenzählen zum Erfolg kommen. Es gibt jedoch – von der Entropieberechnung bis zur Spektralanalyse – noch weit mehr statistische Methoden, mit denen sich oft auch komplexere Verschlüsselungen knacken lassen. Viele dieser Methoden wurden in den letzten Jahrzehnten auch auf das Voynich-Manuskript angewendet – bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Schmehs Vortrag zeigte jedoch, dass die statistischen Eigenschaften des Voynich-Texts eine Menge über diesen verraten. So ähnelt der Voynich-Inhalt statistisch gesehen in vielerlei Hinsicht einem gewöhnlichen Text in einer natürlichen Sprache. Da ein gutes Verschlüsselungsverfahren solche Eigenschaften zerstört, ist klar, dass dem Voynich-Text keine (wirksame) Verschlüsselungsmethode zu Grunde liegt.

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Abbildung 3: Die Verteilung der Buchstabenhäufigkeiten im Voynich-Manuskript sieht aus wie bei einem gewöhnlichen Text in einer natürlichen Sprache. Bisher hat diese Erkenntnis jedoch nicht viel gebracht. Quelle: Schmeh

Es gibt jedoch auch statistische Ergebnisse, die den Voynich-Text klar von natürlicher Sprache unterscheiden und eher in Richtung einer sinnlosen Buchstabenfolge gehen. Von einigen davon berichtete bei der „Voynich 100“ der Brasilianer Jorge Stolfi – ein Urgestein der Voynich-Forschung. Sein Fazit: „Die Struktur und die statistischen Eigenschaften der Wörter im Voynich-Manuskript wirken ziemlich seltsam und schränken die Theorien, die man zur Entstehung aufstellen kann, deutlich ein.” Klaus Schmeh vermutet, dass die Wahrheit irgendwo zwischen natürlicher Sprache und sinnlosen Buchstabenfolgen liegt – es könnte sich etwa um einen aus sinnvollen Wörtern zusammengewürfelten Unsinnstext oder einen echten Text mit sinnlosen Einfügungen handeln.

Ähnlich sieht das auch der Brite Gordon Rugg. Dieser hat ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem man einen (unsinnigen) Text generiert, indem man mit einer Schablone Silben aus einer Tabelle zusammensetzt. Das Ergebnis ähnelt in vielerlei Hinsicht dem Inhalt des Voynich-Manuskripts. Rugg war als Referent zur „Voynich 100“ geladen, musste jedoch aus gesundheitlichen Gründen absagen. Die Forschung in diesem Bereich ist noch längst nicht abgeschlossen – weitere Untersuchungen sind notwendig, bestehende müssen reproduziert werden. Nicht zuletzt müssen die statistischen Eigenschaften des Voynich-Texts mit den Eigenschaften anderer Texte verglichen werden – einschließlich Vergleichen mit Unsinnstexten. Es gibt also noch einiges zu tun.

Wolfgang Lechner präsentierte in seinem Vortrag einige neue Erklärungen von Inhalten des Voynich-Manuskript. So gibt es darin eine aufklappbare Seite, auf der neun kreisförmige Objekte mit vielfältigen Ausschmückungen abgebildet sind. Da auch viele Sterne zu sehen sind, wurde die Abbildung bisher meist als „astronomisch“ bezeichnet. Lechner zeigte jedoch eine andere Erklärung: Die Kreisförmigen Objekte sind möglicherweise Darstellungen eines arabisches Bads (Hamam). Die von Lechner gezeigten Vergleichsbilder lassen entsprechende Ähnlichkeiten erkennen. Außerdem sind im Voynich-Manuskript mehrere Badeszenen zu sehen, bei denen teilweise sogar die gleichen Muster im Hintergrund auftauchen. Auch die vom unbekannten Künstler gewählte Methode der perspektivischen Darstellung unterstützt diese Argumentation – immerhin wurde die moderne Form der Zentralperspektive erst 1410 vom italienischen Baumeister Brunelleschi, dem Architekten des Dom zu Florenz, erstmals veröffentlicht und war zur Entstehungszeit des Voynich-Manuskripts sicherlich nicht allgemein bekannt.

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Abbildung 4: Diese aufklappbare Abbildung im Voynich-Manuskript könnte ein arabisches Bad (Hamam) zeigen. Das besagt eine noch recht neue Hypothese von Wolfgang Lechner. Quelle: Beinecke Library

Eine weitere Spur, die Lechner vorstellte: Eines der im Manuskript abgebildeten „Apopthekergefäße“ (so werden sie in der Literatur bezeichnet) ist mit einem Wort unterschrieben, das sich als „Samovar“ lesen lässt. Tatsächlich gibt es Gefäße, die auch bereits zur Entstehungszeit des Manuskripts so genannt wurden. Darüber hinaus vertritt auch Lechner die Hypothese, dass die Pflanzenbilder im Voynich-Manuskript nicht notwendigerweise Fantasieprodukte sind. Nicht nur wegen des Hamam kann sich Lechner einen arabischen Hintergrund zumindest von Teilen des Voynich-Manuskripts vorstellen. Sein Vorschlag: „Suchen wir nach Dokumenten, von denen sich der Verfasser hat inspirieren lassen. Vielleicht können wir dann einige Pflanzen und Bauwerke identifizieren, was einen Ansatzpunkt für die Entzifferung liefern könnte.”

Einige interessante Ideen stellte auch der US-Voynich-Experte Richard SantaColoma vor. Er zeigte, dass einige der „Apothekergefäße“ eine Ähnlichkeit mit frühen optischen Geräten haben. Handelt es sich dabei vielleicht um Mikroskope? Einige andere Abbildungen im Manuskript zeigen seiner Meinung nach Ähnlichkeiten mit Darstellungen in der bereits damals existierenden Fantasy-Literatur. Dies ist ein weiterer Forschungsstrang, in dem es noch einiges zu tun gibt.

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Abbildung 5: Die Objekte links werden in der Literatur meist als „Apothekergefäße“ bezeichnet. Es könnte sich jedoch auch um Samovare (ein zur Zubereitung von Tee verwendetes Gefäß) handeln. Oder um frühe Mikroskope. Oder um etwas anderes. Quelle: Beinecke Library

Wenigstens ein paar Zeilen sind entziffert

Immerhin einen kleinen Entschlüsselungserfolg konnte der deutsche Kunsthistoriker Johannes Albus vorstellen. Seine Arbeit bezog sich auf die letzte Seite des Manuskripts, auf der ein paar Notizen aufgebracht sind – allerdings nicht etwa in der unlesbaren Voynich-Schrift, sondern im normalen lateinischen Alphabet. Albus konnte sie entziffern. Heraus kam eine auf Latein verfasste Zubereitungsanweisung, in die Wörter wie „Bocksleber“, „Brei“ und „Geißmilch“ eingestreut sind. Offenbar hat also jemand ein medizinisches Rezept auf die letzte Seite des Manuskripts geschrieben. Es ist jedoch nicht klar, ob diese Zeilen vom Autor stammen oder von einem späteren Besitzer. Die Tatsache, dass zwei Wörter darin in der Voynich Schrift geschrieben wurden (die leider noch nicht übersetzt werden konnten), könnte ein Indiz dafür sein, dass der Text vom Autor stammt. Ob es einen näheren Zusammenhang mit dem unlesbaren Teil des Voynich-Manuskripts gibt, ist nicht sicher. Es wird jedoch schon länger vemutet, dass das letzte Kapitel des Manuskripts ebenfalls Rezepturen beinhaltet.

Sieht man von den Zeilen auf der letzten Seite einmal ab, dann liegt das Entschlüsseln des Voynich-Manuskripts nach wie vor in weiter Ferne. Bisher lässt sich weder die Sprache noch die Verschlüsselungsmethode identifizieren. Kein einziges Wort ist lesbar. Doch gerade das macht die Faszination des Voynich-Manuskripts aus. Die Autoren dieses Artikels beabsichtigen, ein internationales Team zusammenzustellen, das sich des Voynich Manuskripts und seiner Geheimnisse mit wissenschaftlichen Methoden annimmt und Schritt für Schritt einer Lösung näher kommt. Einen Vorgeschmack auf ein solches Projekt gab es am zweiten Konferenztag. An diesem fanden keine Voträge mehr statt, dafür gab es eine offene Diskussion. Die dafür angesetzten drei Stunden vergingen für die meisten Teilnehmer wie im Flug. Zum Abschluss meinte einer von ihnen: „Das Schlimmste wäre, wenn das Manuskript eines Tages entschlüsselt werden würde. Dann würde sich kein Mensch mehr dafür interessieren.“

 

Kommentare (10)

  1. #1 enbeh
    23. Juli 2013

    Das ist jetzt vielleicht eine naive Frage – mir ist die statistische Textanalyse nicht vertraut. Die Logik scheint ja zu sein, die Häufigkeitsverteilungen der Zeichen des verschlüsselten Textes mit Verteilungen echter Texte zu vergleichen. Wie Du schreibst, gibt es da Ähnlichkeiten aber auch Unterschiede zwischen dem Voynich Manuskript und sinnvollen Texten. Nun beruht dieser Vergleich ja auch auf einer Definition dessen, was ein “sinnvoller” Text ist. Ich vermute, da gibt es anerkannte Textkorpora. Da am Ende die Entdeckung dieses Rezeptes erwähnt wurde, habe ich mich gefragt, ob die Statistik von Kochbüchern oder pharmazeutischen Büchern anders als der von literarischen Texten ist, und ob man das Voynich Manuskript auch damit verglichen hat.

    • #2 Klaus Schmeh
      23. Juli 2013

      Die Argumentation siehr erst einmal wie folgt aus: Die Buchstabenverteilungen in allen bekannten Sprachen folgen dem Zipfschen Gesetz, ähneln also einer Logarithmenkurve – beim VM ist das auch der Fall; bei künstlich generierten Texten (auch bei verschlüsselten Texten) ist die Logarithmenkurve dagegen oft nicht gegeben. Das spricht dafür, dass das VM nicht künstlich generiert wurde.
      Will man mehr ins Detail gehen, wird es schwierig. Es gibt mehrere Transkriptionen des VM, und die Häufigkeitsverteilung eines Texts hängt von Sprache, Entstehungszeit und anderen Dingen ab. Trotzdem kann man in einem gewissen Rahmen Vergleiche anstellen. Da gibt es aber noch einiges zu tun.

  2. #3 ennui
    23. Juli 2013

    Was haben das Voynich-Manuskript und Uwe Barschel gemeinsam? Richtig, beide tauchen immer mal wieder auf.

  3. #4 Dr. Webbaer
    24. Juli 2013

    Zwischendurch mal ein Dankeschön, es ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild.

    MFG
    Dr. W (der auch für Ausführungen zum AES dankbar ist)

  4. #5 Peter
    Zürich
    29. Juli 2013

    Ich habe mir die letzte Seite auch angesehen, und konnte beim besten Willen keine Gaismilch oder Bockleber finden.
    Aber da steht was wie:
    val8ch obren so nim gas mich o (es ist kein g sondern ein z )
    richtig wäre:
    val8ch obren so nim zas mich o.
    heute würde ich es etwas so schreiben :
    faltsch s’ obre so nim z as mich o.
    zu Deutsch:
    falsch das obere, so nimmt’s es mich auch. ( nimmt im Sinne von erwischt )
    So beurteile ich den Satz, da wir diese Sprache ( dialekt ) heute noch täglich benutzen.

    Hier noch einen link für ein Wörterbuch.
    Es vermittelt zumindest einen kleinen Eindruck.
    Wörterbuch: https://www.dialektwoerter.ch/de/a.html

    Beispiel: alt höchstallemanisch ( vulgär )

    Am Moorgnd, nuch im Maannischiin (wen nuch dr Maann schiint), geid dr Puir an ds Maad (San meejn). Zi Säggschän (Um säggschi) weckt r schini Froiw us hertm Schlaaf. Schi schtreeld schich, tretschud ds Haar und geid imbriin inn fiischtrn (fiischtrri) Chäldr gan Aichn, Chees und Härdepfl (r)reichn. Dernaa reisudsch (grächudsch) ds Früäschtuck (früher: ds Niächtrru). Schi trüchnd Milchkaffee und ässnd Aichnbrood dr zuä (Brood und Aichn drzuä). De faad d streng Arbeit vam Heiwun (d streng Heiwärarbeit) aan. Mu muäs zeerscht d Madä zettn, speetr zämmrächu(n), illeggn und in dr Schiir mumm bid dr Gablun zrzettn. Widr Aabnd heicht dr Maan ä Riggchorb (äs Rrääf, ä Rriggablun) än d Aggslun und Seid imbruif uf d Alpu(n). Da ischt nuch Seng Uistag. D Murmdä pfiiffund, d Alpuroosn bliäjnd schoon, abr äs hed nuch Loiwischnee inn Gräbmi (inn Gräbun, älter: inn Chrachun) (wörtlich übertragen: abr äs liggnd nuch Rräschtä va Lloiwinun inn Gräbun); wan äs hed im Wintr vil und of gschniid und giguxud. Da obmäna iss jetz flott (hipsch)! Dr Puir ischt abr miädä choon und setzd schich äs Schutzlin ufn Vorschtuäl (ufn Baich) fr z liiwän und äs Pfüffätlin z rreikn.
    in der Mundart aus Ernen im Oberwallis:

    Am Morget, we nu der Maanet schiint, geit der Püür uf d Matta fer ga z määje. Ds Heiw ischt jetz ripfs. Äm säggschi weckt är schiini Fröw, wa nu teif gschlaafe het. Schi sträälet ds Haar, macht en Tschügge und geit de ine finschter Chäuwer embri. Schii geit da ga Äiche, Chääs und Häärpfel reiche und grächet de iner Chuchi ds Früeschtuck. Schii triichent Miuchkaffe und ässent Äichebrot derzüe. Dernaa faad d schwäär Heiwerarbeit a. Zeerscht mües me ga d Made woorbe, dernaa ga zämmeräche und de ds Heiw in d Schiir trääge und da wider zette. Gäge Abed nimmt der Püür d Tschiffera uf de Rigg und geit uf d Aupa embrüf. Da obena isch nu Langsi. D Murmete pfiiffent, d Auperoose bliejent schoo, aber ine Gräbe liggent nu Räschte va Löwine; äs het im Winter e Hüüfe gschnit und aupot ggugset. Hibsch isch es jetzt hie obena. Der Püür ischtaber mieda. Är setztschi nu es Schutzji ufs Bäichji fer z kirme und es Piiffetji z röüke.

    Übersetzung ins Schriftdeutsche

    Am Morgen, wenn noch der Mond scheint, geht der Bauer auf die Wiese um zu mähen. Das Heu ist reif. Um sechs Uhr weckt er seine Frau aus dem tiefen Schlaf. Sie kämmt sich, flicht ihr Haar und geht in den finsteren Keller. Da holt sie Butter, Käse und Kartoffeln und kocht danach in der Küche das Frühstück. Sie trinken Milchkaffee und essen Brot und Butter dazu. Danach fängt die schwere Heuerarbeit an. Zuerst muss man die Mahden aufstreuen, später wird das Heu zusammengerecht und eingetragen und auf dem Heustock mit der Gabel erneut aufgestreut.

    Gegen Abend nimmt der Mann den Rückenkorb über die Achsel und geht auf die Alpe (Maiensäss) hinauf. Da ist noch Frühling. Die Murmeltiere pfeifen, die Alpenrosen blühen schon, aber in den Gräben liegen noch Schneereste von den Lawinen; im Winter hat es viel geschneit und gestürmt (Schneestürme). Schön ist es jetzt hier oben. Der Bauer ist aber müde geworden und setzt sich ein Weilchen auf das Bänklein um auszuruhen und ein Pfeifchen zu rauchen.

  5. #6 H.M.Voynich
    30. Juli 2013

    @Peter: Interessant!
    Die “Geismilch” konnte ich da auch immer nur mit sehr viel Interpretationsspielraum erkennen, aber die Spur in die Schweiz klingt vielversprechend – und paßt gut zur Norditalien-Theorie. Jetzt bräuchte man nur noch eine Idee, wie die beiden Worte am Anfang der Zeile da hineinpassen.
    https://www.jasondavies.com/voynich/#f116v/0.455/0.177/5.00

  6. #7 Möbius
    28. August 2013

    Offensichtlich wundert man sich beim VM doch am meisten darüber, daß der Text zwar statistisch gesehen eine Sprache sein müßte, aber dennoch keinen Sinn ergibt. Was wäre denn, wenn das VM genau das ist? Es wäre doch möglich, daß jemand –sagen wir im Orient- versucht hat die ihm völlig fremde Sprache durch eine Lautschrift zu notieren. Er hält seine Aufzeichnungen zunächst auf losen Blättern fest und verfaßt daraus ein Buch, da er die Hoffnung hat, daß irgendwann die Bedeutung der Wörter verstanden wird. Das würde doch auch erklären warum es so viele Wörter im VM gibt die oft hintereinander stehen und sich nur durch ein paar Buchstaben unterscheiden. Der Verfasser war sich einfach nicht der korrekten Aussprache des Wortes sicher und hat daher einfach alle Variationen notiert. Das Unterfangen war natürlich zum Scheitern verurteilt und daher tauchen auch keine vergleichbaren Manuskripte mehr auf, da sich im Nachhinein die Unsinnigkeit eines solchen Verfahrens herausgestellt hat. Das man den Eindruck hat, beim VM handelt es sich um eine natürliche Sprache kommt dadurch zustande, daß der unsinnige Text auf einer wirklich existierenden Sprache basiert aber durch die o. a. Verfahrensweise so sehr verstümmelt wurde, daß kein Sinn mehr im Text zu erkennen ist.

  7. #8 Peter
    28. August 2013

    Mit dem obersten Satz habe ich mich auch schon länger beschäftigt auf Seite f116v.
    Das erste Wort sieht aus wie pox
    das zweite wie Leber oder Leben
    dann haben wir ein vmen
    und ein nu..ser ( Leider etwas verschwommen )
    Ich denke es heisst nicht pox sonder von.
    von leben vmen nu..sen. ( vmen – v’men = von (s)einem )
    Leber kann ich ausschliesen, da müsste noch ein d davorstehen. Möglich wäre also.
    Von Leben von einem nutzen…oder so. könnte aber auch Nutztier heissen, da wäre Leber auch nicht falsch, einfach ohne das ( d ) der

  8. #9 Morlog
    köln
    5. März 2014

    Ich tippe auf eine altdeutsche Schrift etwas verändert,was die Endungen an geht zB lang,ang,ng,en usw, typisch deutsch.
    In Prag sprach man ja auch deutsch damals.
    Heute könnte man die Mineralien zB feststellen aus welcher Gegend die stammen. ZB der Tinte und der Barbe.
    Deutsch sind ein paar Worte auf der letzten Seite

  9. #10 Morlog
    köln
    5. März 2014

    Altdeutsch zB kommt das g das d und das rs vor in altdeutscher Schrift