Mitarbeiter der Universitätsbibliothek Kassel haben den Code eines verschlüsselten Buchs aus dem 18. Jahrhundert geknackt. Vermutlich stammt es von den Rosenkreuzern.

„Gibt es außer dem Voynich-Manuskript noch weitere verschlüsselte Bücher“? ist eine Frage, die mir öfters gestellt wird. Die Antwort lautet ja. Insgesamt sind mir etwa zwei Dutzend verschlüsselter Bücher bekannt (und einige weitere, die teilweise verschlüsselt sind). Dazu gehören unter anderem Tagebücher, Memoiren und Bücher mit Geheimwissen. Die meisten dieser verschlüsselten Werke sind handgeschriebene Einzelstücke. Die verwendeten Verschlüsselungen sind meist primitiv und leicht zu knacken. Die meisten verschlüsselten Bücher sind daher längst dechiffriert – die Ausnahmen sind das Voynich-Manuskript, der Codex Rohonci, der Codex Seraphinianus und James Hamptons Notizbuch.

Heute konnte ich zu meiner imaginären Liste verschlüsselter Bücher eines hinzufügen: Die Universitätbibliothek Kassel besitzt offensichtlich ein solches, ohne dass dies inder Krypto-Szene bekannt gewesen wäre. Das gesamte Buch gibt es als Scan im Internet. Auf der Web-Seite wird das Buch als „Zauberhandschrift“ bezeichnet.

Zauberhandschrift

Die momentan einzige Informationsquelle zur Zauberhandschrift ist der heute erschienene Artikel „Geheimer Chiffern Sendung“ in der FAZ (danke an Ralf Bülow für den Tipp). Darin erfäht man, dass die Universitätsbibliothek den Code der Zauberhandschrift geknackt hat und gerade dabei ist, das gesamte Buch zu entschlüsseln. Die Verschlüsselung hat sich wieder einmal als recht simpel erwiesen. Ein Klartext-Abschnitt ist im Artikel angegeben:

Gerechter Zwang oder Instruktion wie alle diejenigen Geister so bei denen ferborgenen Schäzen sein auch über alles fergrabene Gutes sei Gold, silber und was immer kostbares sein mag, wie sie erscheinen und reghiren in was for einer Gestalt sie erscheinen und wie oft ein jeder muss zitiret werden, alls nach wahrhafften braktischen Anweisung.

Laut FAZ deuten die bisher entschlüsselten Stellen in Richtung der Rosenkreuzer. Die Rosenkreuzer sind bzw. waren eine Geheimgesellschaft, um die sich (ähnlich wie um die Illuminaten und die Freimaurer) zahlreiche Mythen ranken. Verschlüsselte Bücher von Geheimgesellschaften sind nichts Ungewöhnliches. Bisher sind mir solche Bücher den Freimaurern, den Oddfellows, den Occulisten und der “Association of Maiden Unity and Attachment” bekannt. Die beiden letzteren Organisationen waren so kurzlebig und unbedeutend, dass außer dem Inhalt der verschlüsselten Bücher nahezu nichts über sie bekannt ist.

PS: Gerade habe ich gesehen, dass die Universität Kassel vor drei Stunden eine Pressemitteilung zum Thema veröffentlicht hat. Hier ist sie.

Kommentare (11)

  1. #1 Ulrich Berger
    31. Juli 2013

    Wollte dir gerade die PM zuschicken, da sehe ich, dass du alles schon verbloggt hast. Na umso besser!

    • #2 Klaus Schmeh
      31. Juli 2013

      >Wollte dir gerade die PM zuschicken
      Danke.

  2. #3 H.M.Voynich
    31. Juli 2013

    Wenn ich mal etwas spitz sein darf:
    Eine monoalphabetische Substitution mit einem Klartext in fast modernem deutsch, bei der manche “Zeichen grafisch sogar teilweise dem Grundbuchstaben ähneln” – auf mysterytwisterc3.org wäre das höchstens 100 Punkte wert, Level 1.
    Doch anstatt jemanden zu fragen, der sich damit auskennt, tüftelt die Uni unter Ausschluss der Öffentlichkeit 1 Jahr lang daran herum und bringt dann eine Pressemitteilung, in der ganz stolz Worte wie “Geistesblitz” vorkommen.
    * hüstel hüstel*
    So, jetzt dürft Ihr mich schlagen.

  3. #4 Chemiker
    1. August 2013

    @ H.M.Voynich

    Das war auch mein erster Gedanke. Wenn es an der Uni Kassel wirklich regel­mäßiges Geistes­gewitter gibt, dann sollten sich die guten Leute mal etwas Selektives suchen — und ich glaube, wir haben da die gleiche Idee, worauf man die gute Dame ansetzen könnte. 😉

  4. #5 Bernhard Gruber
    1. August 2013

    Über diese Aufgabe hätte ich mich bei MTC3 sogar gefreut, auch wenn sie “nur” 100 Punkte wert gewesen wäre. Nachdem ich aber noch bei vielen Level 1 Challenges festhänge, wäre die Entschlüsselung der Zauberhandschrift eine gelungene Abwechslung gewesen.

  5. […] In Kassel ist ein bisher unbekanntes verschlüsseltes Buch gefunden und auch gleich entschlüsselt worden, berichtet Klausis Krypto Kolumne. […]

  6. #7 Willi
    6. August 2013

    So wie diese “Zauberhandschrift” habe ich mir als Kind das Zauberbuch des großen und mächtigen Zauberers Petrosilius Zwackelmann vorgestellt.

    • #9 Klaus Schmeh
      11. August 2013

      Danke für den Hinweis.

  7. #10 H.M.Voynich
    14. August 2013

    @Chemiker:
    Nee, erzähl mal … ^^
    (ernsthaft, vielleicht haben wir dieselbe Idee, aber ich hab hunderte Ideen, spätestens seit Florians Sommerrätsel, das einen zum Brainstormen inspiriert.)

  8. #11 H.M.Voynich
    14. August 2013

    @Bernhard Gruber:
    Weniger als “nur” 100 geht dort gar nicht, oder?