Das Original des Buchs Mormon ist verschollen. Die (angebliche) Abschrift einer kurzen Passage davon ist jedoch erhalten geblieben. Dummerweise kann sie niemand lesen.

Für die Mormonen ist das Buch “Mormon” eine heilige Schrift – gleichberechtigt mit der Bibel. Immerhin ist das Buch Mormon deutlich jünger (auch das Wort Gottes braucht eben ab und zu ein Update). Das Buch entstand der Legende nach, als im Jahr 1823 dem späteren Religionsgründer Joseph Smith ein Engel erschien, der diesem ein goldenes Buch übergab. Dieses war in einer alten Sprache (reformiertes Ägyptisch) und in einer ungewöhnlichen Schrift (reformiert-ägyptische Hieroglyphen) verfasst. Der Engel forderte Smith auf, das Buch ins Englische zu übersetzen, was dieser auch tat. So entstand das Buch Mormon.

Leider ist das goldene Original des Buchs Mormon nicht erhalten geblieben. Dies ist schade, denn nicht zuletzt die Sprache und die Schrift würden viele interessieren, zumal kein Historiker je etwas von einem reformierten Ägyptisch gehört hat. Immerhin sind ein paar angebliche Zeilen aus dem Buch in der Originalschrift erhalten geblieben. Smith selbst soll diese Zeilen abgeschrieben haben. Dieser Aufschrieb ist als “Anthon-Abschrift” (“Anthon Transcript”) bekannt – benannt nach einem Gelehrten namens Charles Anthon, der den Zettel 1828 untersuchte. Angeblich soll sich Anthon zunächst positiv über die Abschrift geäußert haben. Später änderte er seine Meinung. Leider ist nicht klar, ob das heute als Anthon-Abschrift gehandelte Schriftstück mit dem von Anthon untersuchten identisch ist.

Anthon-Transcript

Die Anthon-Abschrift (oder das, was man dafür hält) ist nicht lesbar – abgesehen von der Überschrift “Caractors”. Was besonders verblüfft: Die Buchstaben der Abschrift sehen mit dem besten Willen nicht nach antiken Hieroglyphen aus. Dem englischen Kryptogrammexperten Nick Pelling fiel sogar auf, dass viele der Buchstaben wirken, als wären sie einer der zahlreichen Kurzschriften des 19. Jahrhunderts entnommen. Allerdings handelt es sich insgesamt wohl nicht um einen Kurzschrifttext, da viele Buchsstaben für ein schnelles Schreiben zu kompliziert aufgebaut sind (oder gelten für Engel beim Schreiben vielleicht andere Gesetze?). Dass die Buchstaben der Anthon-Abschrift aus der Antike stammen, ist jedenfalls so gut wie ausgeschlossen.

Spannend ist nun die Frage, ob man die Anthon-Abschrift dechiffrieren kann. Bisher hat dies niemand geschafft. Mir ist leider keine kryptologische Analyse bekannt. Vielleicht hat ja ein Leser eine Idee, wofür der Text stehen könnte. Bemerkenswert ist in jedem Fall: Neben einem Teufelskryptogramm gibt es mit der Anthon-Abschrift auch ein Engelskryptogramm. Es gibt eben nichts in der Kryptologie, was es nicht gibt.

Kommentare (7)

  1. #1 BrightMan
    29. September 2013

    Warum ist die Teufelshandschrift auf Platz 14 und die Engelshandschrift auf Platz 3? Die Teufelshandschrift kommt mir eher lösbar vor als dieser Mormonenunfug.

  2. #2 Thorsten
    2. Oktober 2013

    Nicht nur Platz 3 – hat offensichtlicher Unfug in dieser Hitparade denn überhaupt eine Berechtigung? Schon beim Betrachten des Bildes, noch vor dem Lesen des Artikels, dachte ich spontan: “Das ist doch keine Geheimschrift?? Da hat doch nur jemand was gemalt!?” Und die Entstehungsgeschichte des Buches stützt meinen Eindruck ja dann auch…

    • #3 Klaus Schmeh
      3. Oktober 2013

      Die Anthon-Abschrift gehört zugegebenermaßen nicht auf Platz 3, sondern müsste deutlich weiter nach hinten. Leider sind nicht alle ungelösten Rätsel in meiner Liste an der richtigen Position. Das liegt daran, dass ich ein paar interessante Dinge (z. B. den Codex Rohonci) relativ früh gebracht habe. Die Kryptogramme auf den Plätzen 2 und 1, die noch fehlen, sind aber zweifellos richtig einsortiert.

  3. #4 Abonsu
    17. Oktober 2013

    Ein paar dieser Zeichen sehen für mich ein bisschen wie Cherokee-Schrift aus, vielleicht hat sich der Autor ja davon inspirieren lassen… (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ceroka_silabaro.png)

  4. #5 Tremere
    8. September 2014

    Die Punkte und Striche erinnern mich an die Zahlen der Mayas, einige der “Schriftzeichen” sehen sehr nach dem “Thebanischen Alphabet (Hexenalphabet)” aus.
    Jedoch wurden die Zahlen der Mayas zu der Zeit in der die Abschrift verfasst wurde noch nicht entziffert (wenn auch kurz danach). das thebanische Alphabet ist zu der Zeit schon länger bekannt.

  5. #6 Maik Thiele
    8. September 2014
  6. #7 Dirk Haar
    9. September 2015

    Da kommt ein Engel mit einem Goldenen Buch in einer unbekannten Sprache und sagt:
    “Hier, John, mach hin, übersetzen wirst Du das ja wohl selbst können!”
    🙂
    *BG*
    *BFG*
    *LOL*
    *ROFL*
    *KEUCH*
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