Ein Leser hat mir einen verschlüsselten Brief aus altem Familienbesitz zur Verfügung gestellt. Wer kann dieses Kryptogramm knacken?

Vorgestern habe ich in Klausis Krypto Kolumne einen verschlüsselten Zettel vorgestellt, der sich als Liebesbrief entpuppte und vermutlich aus dem frühen 20. Jahrhundert stammt. Dank meiner Leser war die Lösung wieder einmal schnell gefunden.

Gestern erreichte mich denn eine weitere Anfrage. Der Leser Hans Jahr hat mir dankenswerterweise einen verschlüsselten Brief zu Verfügung gestellt, den er bisher nicht lesen konnte. Dieses Schreiben ist schon seit Längerem in Familienbesitz, mehr hat mir Herr Jahr nicht mitgeteilt. Hier ist der Brief (eine etwas größere Auflösung findet sich hier und hier):

Jahr-Kryptogramm-1

Jahr-Kryptogramm-2

Zunächt stellt sich die Frage, ob es sich überhaupt um eine Verschlüsselung handelt. Prinzipiell könnten die Buchstaben auch einer weniger bekannten Schrift entstammen. Ich wüsste aber nicht, welche Schrift dies sein sollte, daher gehe ich von einer Verschlüsselung aus. Vermutlich ist es eine einfache Buchstaben-Ersetzung, die durchaus lösbar sein dürfte. Wort-Zwischenräume und Satzzeichen sind jedenfalls zu erkennen, was die Sache normalerweise erleichtert. Inhaltlich tippe ich wieder auf eine (schon etwas ältere) Liebesbotschaft – die Erfahrung zeigt, dass verschlüsselte Dachbodenfunde meist einen solchen Inhalt haben.
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Oder liege ich falsch, und die Verschlüsselung ist deutlich komplizierter? Steckt vielleicht sogar mehr als nur ein Liebesgruß dahinter? Wenn es jemand schafft, die Nachricht zu knacken, sind wir schlauer.

Natürlich kann ich auch nicht ausschließen, dass es sich um einen Scherz handelt, aber davon gehe ich erst einmal nicht aus.

Kommentare (11)

  1. #1 elsaxo
    28. Juni 2014

    Hier ist mal ein Anfang.
    Hab mich einfach versucht einzulesen:

    geliebte menes herzens,
    ich wolte mich schlafen legen, und da beschef-
    tigten sich meine gedanken wie gewenlich mit ih-
    nen geliebte, ich stant also auf um dir mei-
    nen kumer mitzuthelen:
    seit etlichen tagen bist du so ganz niederge-
    schagen, was mich, der ich dich mehr als mich
    selbst liebe, die du mein zweites ich ausmachst.
    auserordentlich krenket. und was mich am
    meisten s[ch]merzet ist: das du mir dei-
    nen gram nicht offenbaren willst.
    ich mache mir also selst den vorwurf, das
    ich vieleicht schult an deinen leiden, one
    meinen wissen, bin.

    • #2 Klaus Schmeh
      29. Juni 2014

      Super, das ging ja schnell! Vielen Dank! Diese Entschlüsselung ergibt für mich Sinn.
      Offensichtlich handelt es sich tatsächlich um eine Buchstabenersetzung, wobei einige Buchstaben eine große Ähnlichkeit mit dem Original haben. Auch meine Vermutung, dass es sich um eine Liebesbotschaft handelt, hat sich bestätigt.

  2. #3 Klaus Schmeh
    29. Juni 2014

    Kann jemand die Unterschrift entziffern?

  3. #4 Armin
    29. Juni 2014

    Mal wieder eine Herzensangelegenheit…
    Ich lese den Brief so:

    geliebte menes herzens.

    ich wolte mich schlafen legen, und da beschef=
    tigten sich meine gedanken wie gewenlich mit ih=
    nen geliebte, ich stant also auf um dir mei=
    nen kumer mitzuthelen:
    seit etlichen tagen bist du so ganz niederge=
    schagen, was mich, der ich dich mehr als mich
    selbst liebe, die du mein zweites ich ausmachst,
    auserordentlich krenket. und was mich am
    meisten smerzet ist: das du mir dei=
    nen gram nicht offenbaren willst.
    ich mache mir also selbst den vorwurf, das
    ich vieleicht schult an deinen leiden, ohne
    meinen wissen, bin.
    liebes fanerl, bereuen sie es vieleicht, das
    sie mich liebten, das du mir vileicht einen
    kleinen beweis von liebe gabst. o! so ge=
    stehen mir es nur, und wen ich mich _ _ _ _
    so will ich mich doch lieber selber
    aufopfern, als dir nur eine stunde gram verur=
    sachen. liebst den s_ _ _ _ wieder, o! so
    sage es mir nur, und ich werde dir nicht
    den geringsten vorwurf machen, meine frein=
    din kanst du doch bleiben.
    ich hab mein leben schon genung ertragen
    ich werde auch noch das misgeschik aushalten!
    es ist wahr ich liebe sie, aber auf ihr leiden
    will ich mein glik nicht bauen. sein sie glik=
    lich, ich kan vor sie leiden.

    hält dich vieleit das zurük, was du mir ge=
    sagt, mir gethan hast, so kennst du den tobisch(?)
    noch nicht, was geschehen ist, ist geschen, als wenn
    es nicht geschehen were. ist es wahr was ich
    fürchte, so versichere ich dich, das ich dich
    auch nie im geringsten ergeren werde, sondern ich
    würde sicher in einen halben jahre nicht mehr
    da sein, wo ich ohnehin der unglüklichste mensch
    were Sei also aufrichtig, und entdeke mir
    dein herz, um was bittet
    dich
    obig liebender
    Franz

    • #5 Klaus Schmeh
      29. Juni 2014

      Vielen Dank, damit ist der gesamte Text entschlüsselt. Es freut mich sehr, dass ich mich wieder auf meine Leser verlassen konnte.
      Wer’s noch nicht weiß: Armin ist ein erstklassiger Codeknacker, der in dieser Kolumne schon so manchen kiniffligen Text dechiffriert hat.

  4. #6 elsaxo
    29. Juni 2014

    geliebte menes herzens,
    ich wolte mich schlafen legen, und da beschef-
    tigten sich meine gedanken wie gewenlich mit ih-
    nen geliebte, ich stant also auf um dir mei-
    nen kumer mitzuthelen:
    seit etlichen tagen bist du so ganz niederge-
    schagen, was mich, der ich dich mehr als mich
    selbst liebe, die du mein zweites ich ausmachst.
    auserordentlich krenket. und was mich am
    meisten s[ch]merzet ist: das du mir dei-
    nen gram nicht offenbaren willst.
    ich mache mir also selst den vorwurrf, das
    ich vieleicht schult an deinen leiden, one
    meinen wissen, bin.
    liebes fanerlc bereuen sie es vieleicht, das
    sie mich liebten, das du mir vilecht einen
    kleinen bebeis von liebe gabst. o! so ge-
    stehe mir es nur, und wen ich mich – – – –
    so will ich mich doch lieber selber
    aufopfern, als dir nur eine stunde gram verur-
    sachen. liebst dens—- wieder, o! so
    sage es mir nur, und ich werde dir nicht
    den geringsten vorwurf machen, meine frein-
    din kanst du doch bleiben.
    ich hab mein leben schon genung ertragen
    ich werde auch noch das misgeschik aushalten
    es ist wahr ich liebe dich, aber auf ihr leben
    will ich mein glik nicht bauen. sein sie glik-
    lich, ich kan vor sie leben
    hält dich vieleit das zurik, was du mir ge-
    sagt, mir gethan hast, so kennst du den t[o]bisch
    noch nicht, was geschehen ist, ist geschehen, als wenn
    es nicht geschehen were. ist es wahr was ich
    firchte, so fersichere ich dich, das ich dich
    auch nie in geringsten ergern werde, sondern ich
    wirde sicher in einen halben jahre nicht mehr
    da sein, wo ich ohnehin der ungliklichste mens
    were sie also aufrichtig, und entloke mich
    dein herz, um was bittet
    dich
    ebig liebener
    franz

    • #7 Klaus Schmeh
      29. Juni 2014

      Und noch einmal danke. Ob es “obig” oder “ebig” heißt, ist sicherlich nicht entscheidend.

  5. #8 Klaus Schmeh
    29. Juni 2014

    Der Unterzeichnende heißt wohl Franz.

  6. #9 joe
    Berlin
    29. Juni 2014

    der Schreibstil ist Sütterlin mit Antiqua Elementen.

    Jörg

  7. #10 Klaus Schmeh
    29. Juni 2014

    Noch ein Hinweis:
    Der Brief ist wahrscheinlich Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Er stammt wahrscheinlich von einer Familie patriotischer Tschechen aus Boleslav.

  8. #11 KanisterKnister
    4. Juli 2014

    Ja ich:

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