Das Action-Line-Kryptogramm zählte zu den bedeutendsten ungelösten Verschlüsselungen der Gegenwart. Vor einigen Tagen konnte der Brite Nick Pelling die Lösung präsentieren – dank der Unterstützung von Klausis Krypto Kolumne.
Heute kann ich einen echten Knaller präsentieren: Seit 75 Jahren rätseln Laien und Experten, was es mit einem neunseitigen verschlüsselten Büchlein (dem Action-Line-Kryptogramm) auf sich hat. Jetzt ist das Rätsel endlich gelöst. Hier ist eine Chronologie der Ereignisse:
1926: In Detroit stirbt der deutschstämmige Rechtsanwalt Emil Snyder. Er hinterlässt ein neunseitiges Büchlein, das offenbar verschlüsselt ist.
1978: Ein Redakteur der “Action-Line”-Kolumne der Detroit Free Press wird auf das Kryptogramm aufmerksam. Er möchte herausfinden, was dahinter steckt und kontaktiert daher die Fachzeitschrift Cryptologia
1978: Die Cryptologia veröffentlicht das Kryptogramm in Ihrer Ausgabe 4/1978 (S.368). Sie verwendet den Ausdruck “Action-Line-Chiffre” (genau genommen handelt es sich allerdings nicht um eine Chiffre, sondern um ein Kryptogramm).
1978-2013: Weder in der Cryptologia noch in sonst einer mir bekannten Quelle wird eine Lösung des Action-Line-Kryptogramms präsentiert.
2013: Beim Blättern in alten Cryptologia-Ausgaben werde ich auf das Action-Line-Kryptogramm aufmerksam. Ich veröffentliche es im Februar in meinem Blog. Etwas später präsentiere ich einen Artikel darüber in meiner Serie über die 25 bedeutendsten ungelösten Verschlüsselungsrätsel.
2013: Nachdem mir der Blog-Leser Flohansen den Tipp gegeben hat, es handle sich um „Mnemotechnik, die sich erst erschließt, wenn man den Plaintext kennt“, wird mir klar, wie das Action-Line-Kryptogramm entstanden ist. Es ist vermutlich ein normaler Text, bei dem von jedem Wort nur der erste Buchstabe abgedruckt ist.
2013: Der Blog-Leser Armin Krauß äußert erstmals den Verdacht, dass es sich um ein Dokument der Freimaurer handelt. Auch der Leser Bernhard Gruber gibt einen solchen Hinweis. In der Tat arbeiteten die Freimaurer mit solchen “Cheat Books”. Hier gibt es ein paar Beispiele.
2013: Der Blog-Leser Gordian Knauß äußert die Vermutung, dass das Action-Line-Kryptogramm ein Dokument der Oddfellows ist. Die Oddfellows sind eine Organisation, die den Freimaurern ähnelt. Mehrere Nachfragen von mir bei den Oddfellows bleiben ohne Ergebnis.
2013: Der Brite Nick Pelling entdeckt ein zweites Exemplar des Büchleins. Offensichtlich kursieren weitere Exemplare.
2014: Nick Pelling entdeckt ein Buch der Oddfellows mit dem Namen Esoteric. Dessen Wortanfangsbuchstaben sind mit dem Action-Line-Kryptogramm nahezu identisch. Das ist die Lösung. Hier gibt es die Details.
Hier ist eine Seite aus dem Buch Esoteric dem Action-Line-Kryptogramm gegenübergestellt:
75 Jahre nach Snyders Tod ist das Rätsel damit gelöst. Gratulation an Nick Pelling und alle anderen Beteiligten. Nach der Doppelwürfel-Challenge ist damit das zweite Rätsel auf meiner Top-25-Liste gelöst.
Follow @KlausSchmeh
Kommentare (8)