Und wieder gibt es einige spektakuläre Fälle, in denen die Polizei bei Tatverdächtigen auf verschlüsselte Daten stieß – und meist kapitulieren musste. Auch ein deutscher (Möchtegern-)Promi ist betroffen.
Gestern gab ich bei Google News die Suchbegriffe “police” und “encrypted” ein. Das Ergebnis überstieg meine Erwartungen deutlich. Allein in den letzten Wochen gingen offenbar wieder mehrere Fälle durch die Presse, in denen es die Polizei mit verschlüsselten Dateien und Festplatten von (mutmaßlichen) Kriminellen zu tun hatte – und meist kapitulieren musste.
Verschlüsselte Daten sind also offensichtlich längst ein massives Problem für die Polizei. Allein mit den Fällen, die öffentlich bekannt werden, könnte man inzwischen problemlos einen eigenen Blog betreiben.
In Klausis Krypto Kolumne habe ich bereits über das Thema berichtet und eine Übersichtsseite eingerichtet.
Anschlag auf den Eiffelturm verhindert?
Glück hatte offenbar die französische Polizei. Nach einem Bericht des Parisien plante der französische Dschihadist Ali M. mehrere Terroranschläge, über die er sich mit einem Gesinnungsgenossen per Mail austauschte – verschlüsselt. Dabei schlug er unter anderem Anschäge auf Atomkraftwerke und den Eiffelturm vor. Doch die französische Polizei las mit, und ihre Codeknacker konnten die verschlüsselten Mails dechiffrieren – leider ist nicht bekannt, wie ihnen dies gelang. Ende Juni wurde Ali M. verhaftet.
Kim “Dotcom” Schmitz
Auch ein deutscher Promi geriet wegen verschlüsselter Dateien in die Schlagzeilen: Kim Schmitz, bekannt auch als Kim Dotcom. Der vorbestrafte Ex-Hacker und IT-Unternehmer mit Hang zu spektakulären Auftritten geriet 2012 wieder einmal ins Visier der Justiz, weil es seine umstrittene Firma Megaupload mit dem Urheberrecht angeblich nicht so genau nahm. Bei einer Razzia beschlagnahmte die Polizei in Schmitz’ Wahlheimat Neuseeland 135 Computer und Speichermeiden. Viele der sichergestellten Daten erwiesen sich als verschlüsselt (leider ist nicht bekannt, mit welcher Software). Die Polizei schaffte es anscheinend (wie inzwischen üblich) nicht, irgendetwas davon zu dechiffrieren.
In den letzten zwei Jahren sorgten Schmitz’ verschlüsselte Daten für heftige Streitereien. Schmitz erklärte sich bereit, die Passwörter herauszurücken, sofern er anschließend auch selbst Zugang zu den Daten erhielt, diese aber nicht dem FBI übergeben würden (die FBI-Ermittlungen könnten Schmitz in den USA eine langjährige Haftstrafe einbringen). Dann wurde bekannt, dass das FBI bereits Daten aus Neuseeland erhalten hatte. Schließlich konnte sich Schmitz angeblich nicht mehr an die Passwörter erinnern. Die neuste Meldung: Ein neuseeländisches Gericht entschied, dass Schmitz’ Passwörter nicht an das FBI weitergegeben werden dürfen – sofern sich der Beschuldigte doch wieder daran erinnerte. Mal sehen, was als nächstes passiert.
Noch mehr Fälle
Es gibt noch weitere Fälle dieser Art, die in den letzten Wochen durch die Presse gingen:
- Im US-Staat Washington wurde ein Informatikstudent und mutmaßlicher Hacker zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er die Passwörter für seine verschlüsselten Daten nicht preisgab.
- In Massachusetts wurde ein mutmaßlicher Kreditbetrüger per Gerichtsbeschluss dazu gezwungen, sein Verschlüsselungspasswort preiszugeben.
- In Florida wurde ein Kinderporno-Händler zu 15 Jahren Haft verurteilt. Auch er hatte Verschlüsselung anwendet. Ob die Polizei diese knacken konnte oder ob er auf andere Weise überführt wurde, konnte ich über Google News nicht herausfinden.
Das alles passierte in den letzten drei Wochen. Dabei ist klar, dass es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs handelt.
Zum Weiterlesen: Codeknacker auf Verbrecherjagd, Folge 5: Wenn die Polizei gegenüber der Verschlüsselungstechnik kapitulieren muss
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