Im Falkland-Krieg (1982) zwischen Großbritannien und Argentinien soll die Verschlüsselungstechnik eine wichtige Rolle gespielt haben. Bisher ist wenig darüber bekannt. Ich habe versucht, das wenige Bekannte zusammenzutragen.
Am 2. April 1982 besetzten argentinische Truppen die zu Großbritannien gehörenden Falkland-Inseln. Niemand konnte sich erklären, was die Südamerikaner auf der Inselgruppe im Südatlantik wollten, die kaum 2.000 Einwohner hatte und auf der ansonsten nur Felsen, Schafe und Pinguine anzutreffen waren.
Die Briten bemerkten zwar ein paar Tage im Voraus, dass eine Falkland-Invasion bevorstand, doch ansonsten traf sie die Militäraktion der Argentinier völlig unvorbereitet. Die Regierung unter Margaret Thatcher reagierte mit aller Härte. Sie landete mit Truppen auf den Inseln und konnte in einem kurzen Krieg Argentinien am 14. Juni 1982 zur Kapitulation bewegen. Insgesamt starben 1.000 Menschen einen sinnlosen Tod. Der schnelle Sieg wurde unter anderem auf die modernere Militärtechnik der Briten zurückgeführt. Wer mehr über den Falklandkrieg wissen will, sollte sich den folgendenzehnminütigen Fernsehbeitrag von Guido Knopp anschauen:
Was lange nicht bekannt war: Die Kryptologie spielte im Falklandkrieg eine entscheidende Rolle. Leider gibt es dazu bisher nur wenige öffentliche Informationen. Nach meinen Recherchen müsste sich die Sache etwa so abgespielt haben:
- Die Argentinier nutzten auf hoher militärischer Ebene und im Diplomatenwesen “teure aber kompromittierte europäische Verschlüsselungsmaschinen”. Auf unterer Ebene kamen US-Verschlüsselungsprodukte zum Einsatz, die ebenfalls unsicher waren. Kurioserweise waren die auf mittlerer Ebene genutzten argentinischen Verschlüsselungssysteme die besten, wenn auch ebenfalls lösbar. Quelle: das Buch “GCHQ” von Richard J. Aldrich (2010), S. 399
- Bei den besagten Verschlüsselungsmaschinen der Argentinier soll es sich um Geräte der Crypto AG (Schweiz) gehandelt haben. Quelle: das Buch Razor’s Edge von Hugh Bincheno (2006), S. 121
- Der britische Geheimdienst GCHQ (für Abhören und Dechiffrieren zuständig) war auf die Falkland-Invasion nicht vorbereitet. Daher wusste man kaum etwas über die argentinischen Militär-Verschlüsselungsmethoden, geschweige denn, wie man sie knacken konnte.
- Die Briten hatten ein getarntes Spionage-Schiff namens Endurance im Südatlantik stationiert. Dieses hörte routinemäßig den von dort aus empfangbaren Funkverkehr aus Südamerika ab. Dadurch hatten die Briten zwar eine gute Quelle für argentinische Militär-Funksprüche, diese konnten sie aber zunächst nicht entschlüsseln. Quelle: das Buch GCHQ von Richard J. Aldrich (2010), S. 391-392
- Als die Briten die drohende Falkland-Invasion wenige Tage im Voraus bemerkten, baten sie ihre Verbündeten händeringend um Unterstützung beim Knacken argentinischer Militärcodes.
- Auch die Zentralestelle für das Chiffrierwesen in Bonn, die dem Bundesinnenministerium unterstand, erhielt den Hilferuf aus London. Das Verhältnis der dortigen Kryptologen zu ihren britischen Kollegen war schwierig – angeblich fühlten diese sich als etwas Besseres, seitdem sie im Zweiten Weltkrieg die Enigma geknackt hatten. Nun aber mussten die GCHQ-Experten von ihrem hohen Ross herunter und konnten froh sein, dass man in Bonn tatsächlich etwas mehr über die argentinischen Codes wusste und dieses Wissen weitergab.
- Die Deutschen sollen einen der argentinischen Codes deshalb geknackt haben, weil sie diesen im Zweiten Weltkrieg von den Franzosen erbeutet hatten. Nach dem Krieg soll dieses Verfahren über Geheimdienstchef Reinhard Gehlen nach Argentinien gelangt sein, wo es noch in den achtziger Jahren im Einsatz war. Quelle: das Buch Secrets of Signals Intelligence During the Cold War and Beyond von Matthew M. Aid und Cees Wiebes.
- Auch die USA und deren Schnüffelbehörde NSA unterstützten die Briten. Sie gewährten diesen Zugang ihrer Satelliten-Abhörtechnik. Die Amerikaner konnten zudem nahezu alle argentinischen Codes knacken. Ihr diesbezügliches Know-how gaben sie aber nur sehr unwillig an die Briten weiter – sie befürchteten, dass durch den Krieg Teile ihres Wissens öffentlich werden könnte. Quelle: das Buch GCHQ von Richard J. Aldrich (2010), 415
- Auch die Franzosen, Spanier und Niederländer halfen den Briten, allerdings nicht unbedingt mit kryptologischem Know-how, sondern mit Überwachungstechnik und kriegswichtigen Informationen. Quelle: das Buch GCHQ von Richard J. Aldrich (2010), 414
- Die Hilfe der Verbündeten funktionierte so schnell, dass die Briten bereits vor Eintreffen der Argentinier auf den Falkland-Inseln fast alle deren Verschlüsselungen knacken konnten. Im nun beginnenden Krieg war dies ein enormer Vorteil.
- Am 2. April, dem Tag des Invasionsbeginns, machte der britische Parlamentsabgeordnete Ted Rowlands einen schweren Fehler. In einer Parlamentsdebatte verkündete er großspurig, dass die Briten die “Telegramme der Argentinier seit vielen Jahren entschlüsseln” konnten. Die Argentinier versuchten daraufhin, ihre Verschlüsselungsmethoden zu ändern und zu verbessen, was innerhalb der kurzen Zeit aber nur unzureichend gelang. Quellen: das Buch GCHQ von Richard J. Aldrich (2010), S. 400; Wikipedia
- Während des gesamten Kriegsverlaufs konnten die Briten alle wichtigen argentinischen Verschlüsselungen knacken. Dies dürfte ein wichtiger Grund dafür gewesen sein, dass der Krieg nach etwa zehn Wochen beendet war.
Viel mehr ist über die Kryptologie im Falkland-Krieg offensichtlich bisher nicht öffentlich bekannt. Falls ein Leser mehr weiß, würde mich das sehr interessieren.
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