Eine honduranische Online-Zeitung hat eine verschlüsselte Nachricht aus einem Gefängnis abgedruckt. Der Klartext ist nicht gegeben, müsste aber leicht zu ermitteln sein.

Wissen Sie, was eine Willa ist? In Honduras bezeichnet man mit diesem Begriff verschlüsselte Botschaften, die innerhalb von Gefängnissen kursieren. Hier gibt es einen Artikel (auf Englisch) darüber. Über Google habe ich tatsächlich auch ein Beispiel für eine Willa gefunden. Hier ist es (leider ist die Auflösung sehr gering, ich habe aber kein besseres Bild):

Honduras-Willa

Der Klartext ist nicht gegeben. Schafft es trotz der geringen Auflösung jemand, die Verschlüsselung zu lösen? Das könnte relativ einfach sein, denn an anderer Stelle habe ich einen Ausschnitt aus einer Willa gefunden, in dem der Klartext angegeben ist:

Honduras-Willa-Key

Wenn die beiden Willas in gleicher Weise verschlüsselt sind, kann man diesen Ausschnitt wie eine Code-Tabelle verwenden.
Banner-Codecracker
Interessant wäre es natürlich, wenn jemand die obige Willa in höherer Auflösung oder weitere Willas findet.

Zum Weiterlesen: Codeknacker auf Verbrecherjagd, Folge 9: Der Code des Gangster-Rappers

Kommentare (5)

  1. #1 Maik Thiele
    8. September 2014

    Hier eine größere Version der verschlüsselten Botschaft: https://s14.directupload.net/images/140908/pr4eae8r.jpg

    Würde man von dem selben System ausgehen, beginnt der Text mit “Q´ Paso mi”.

  2. #2 Maik Thiele
    8. September 2014

    Und eine größere Version des übersetzten textes.
    https://s14.directupload.net/images/140908/2mm83aao.jpg

  3. #3 Maik Thiele
    10. September 2014

    Die letzte Zeile kann man zumindest so nicht übersetzen. Das Zeichen was wie ein F aussieht, hat einen Verwandten das wie ein F auf dem Kopf aussieht. Lässt man das erste Wort aus, würde dann (wenn man das umgedrehte F für ein F nehmen würde) “Re! Erente! Auna” dort stehen.
    a una und aunar gibt es. nur die Worte die ich “übersetzt” habe sind mir nicht bekannt.

  4. #4 Dario
    12. September 2014

    Nu, kryptologisch ist die Sache ganz einfach. Es handelt sich um eine triviale monoalphabetische Substitution, die das selbe Alphabet verwendet, wie im Beispiel.
    Trotzdem ist es eine andere Handschrift, und im Beispiel fehlen manche Buchstaben, die
    jedenfalls ziemlich leicht zu finden sind.

    Hier ist meine Transkription. Die zwei nicht verschlüsselten Buchstaben habe ich klein geschrieben; in eckigen Klammern sind Buchstaben, die ich trotz der Lücke mit einer gewissen Sicherheit rekonstruiert habe.

    Q’ PASO MI CARNALITO PAYA [A…] LA
    JUEGA EL JUEVES TUVIMOS [S…C]ON LOS
    PALABREROS DE TRIBU[S…]RROS DE NU
    ESTRA CANCHAS Y [S…]SERO PIEDRA
    Y EL Q’ SETIR[A…] BASER CASTIGADO
    CON 2.3[6…] SE PLASMO Q’ NADIE PUEDE
    MAS [CH…]RASOS y EL CUELLO PORQ’ ESO
    ES GA[N…]O FUELOQ’SETOCO EN ESE PARIS DE
    EN CORG[…]OS Y TANBIEN TOCARON EL TEMA RE
    FE RENTE AUNA PITA PARA AQUI EN GOTERA
    DELATRIBU Y SIMON DIEROn EL ABAL YDI
    JERON Q’ ERA PARA TRABAJAR ESO FUETODO
    AORABIEN REFERENTE AUNA JUEGA Q’ LLOMEHE

    Der Verfasser hat oft kurze Wörter zusammen geschrieben, und zweimal ein langes Wort getrennt. Er hat viele Rechtschreibungsfehler gemacht, die ganz typisch für Lateinamerika sind: als da die Buchstaben in den Paaren „y/ll“, „s/z“ und „b/v“ identisch ausgesprochen werden, werden sie oft auch beim Schreiben von den Ungebildeten werchselt. Aber damit ist der leichte Teil vorbei. Wie man erwarten konnte, hat unser Mann einen Jargon benutzt, den man außer der Szene kaum verstehen kann. Und der Text ist nicht vollständig.

    Jedenfalls, hier ist eine deutlichere Version:

    ¿Qué pasó, mi carnalito, pa’llá? [Aquí …] la juega. El jueves tuvimos […] con los palabreros de tribus […] de nuestra{s} canchas y [se …] piedra y el que se tira […] va ser castigado con 2.36 […]. Se plasmó que nadie puede más [… b]razos y el cuello por que eso es […]. [Eso] fue lo que se tocó en ese parís de encorg[ad]os y también tocaron el tema referente a una pita para aquí en Gotera. De la tribu y Simón dieron el aval y dijeron que era para trabajar. Eso fue todo. Ahora bien, referente a una juega que yo me he …

    Nu, man versteht, dass die Bande „la tribu“, „der Stamm“ heißt, und die von ihr kontrollierten Gebiete „las canchas“, „die Spielplätze“ sind. Wahrscheinlich sind „los palabreros“, „die Redner“ die Wortführer verschiedener Banden. Das Gefängnis ist in San Francisco Gotera, El Salvador, und tatsächlich auf https://bit.ly/1tDQW0L kann man lesen, wie die Banden von El Salvador nach Honduras ihre „Geschäfte“ erweitern. Mehr verstehe ich aber nicht. Was ist denn „una pita“, „eine Agave“ (???) die „hier in Gotera“ zu „arbeiten“ nützlich ist? Unter meiner deutschen Übersetzung werde ich die schwierigsten Fälle diskutieren. (Und ich bitte um Verziehung für meine eigene Sprachfehler in Deutsch.)

    Mein Brüderchen, was ist bei euch passiert? [Hier …] das Spielzeug. Am Donnerstag haben wir mit den Palabreros von Stämmen […] von unseren Spielplätzen […] und [man …] Stein […] und derjenige, der sich nicht anpasst […] wird mit 2.36 bestraft werden […] Es wurde ausgedrückt, dass niemand mehr […] Arme oder Hals […] kann, weil das […] ist. Das is was bei dieser Unterhandlung von Beauftragten berührt wurde und außerdem berührten sie das Thema betreffend eine Agave für hier in Gotera. Die Leute vom Stamm und Simon gaben die Billigung, und sie sagten, dass das Ziel davon war, zu arbeiten. Jetzt gut, betreffend ein Spielzeug, das ich mir […] habe, …

    1) Das vermutliche Substantiv „la juega” ist nicht in Wörterbüchern zu finden, aber alle Interpretationen, wo das Wort „juega“ seine gewöhnliche Bedeutungen als Verb hat („er spielt“ oder „spiel!“), machen kein Sinn. „Das Spiel“ heißt auf spanisch „el juego“, und hat keine weibliche Form. Ich kann mir vorstellen, dass eine solche Form in Jargons und Mundarten bestehen könnte, habe aber im Internet keine Spur davon gefunden. Ich habe es als „Spielzeug“ übersetzt.

    2) „Encorg[ad]os“ ist schwierig, weil „[ad]“ nur eine Vermutung ist, und das Wort sollte richtig „encargados“ heißen. Ich nehme es an, dass es ein Fehler ist und übersetze „Beauftragte“.

    3) „París“ ist das schwierigste Wort im Text. Vom Kontext versteht man, dass es „Treffen“ oder „Tagung” bedeuten sollte, aber warum hätte der Name der Französischen Hauptstadt diese Bedeutung? Nu, hier ist meine wildeste Vermutung: auf Spanisch, bedeutet „parlamento“ nicht nur „Parlament“ sondern auch „Unterhandlung“, „Parlamentierung“, und es kann in Jargons passieren, vor allem im französischen Argot, aber nicht nur, dass ein Wort durch ein anderes, oft ein Eigenname, ersetzt wird, das mit der selben Silbe anfängt.
    Hätten wir hier mit einem solchen Fall zu tun, so wäre meine Übersetzung „Unterhandlung“ richtig.

    Das ist das Beste, das ich kann.

    Kennt jemand einen Typ aus der Szene, um Genaueres zu wissen?

    • #5 Klaus Schmeh
      13. September 2014

      Lieber Dario, vielen Dank für diese ausführliche Entschlüsselungsarbeit! Das hört sich alles sehr schlüssig an. Ich bin wieder einmal begeistert über das, was meine Leser so alles leisten.