Im Ersten Weltkrieg berichtete ein Soldat per Postkarte von einem Koffer und einem Schmetterling. Es ist nicht bekannt, was er damit meinte. Möglicherweise verwendete er einen Geheimcode.

Liebe Käthe,
Deine Karte vom 3/12 erhalten und würde ich mich sehr freuen, wenn Du mich mal häufiger schreiben würdest. Bin hier schon seit über 3 Wochen auf Flugwache. Stand über 14 Tage direkt auf dem Platze, mein Koffer ist jetzt an der Chaussee am Eingang.
Besten Gruß Dein Papa.

Eine Postkarte mit diesem Inhalt schickte der Landsturmmann Bischof am 9. Dezember 1914 aus Brüssel. Der Erste Weltkrieg war damals im Gange und sollte noch fast vier weitere Jahre dauern. Hier ist die Postkarte (zum Vergrößern bitte draufklicken):

Postkarte-Bischof-1-pic

Postkarte-Bischof-1-code

Hintergründe zu dieser Karte gibt es in einem Artikel in dem sehr empfehlenswerten Blog Lebenszeichen aus dem Schützengraben von Ulrich Burbass, der mir dankenswerterweise erlaubt hat, die Bilder zu verwenden. Eine interessante Frage lautet nun: Was bedeutet die Formulierung “mein Koffer ist jetzt an der Chaussee am Eingang”? Handelt es sich dabei um eine kodierte Information? Falls ja, wäre es wissenschaftlich gesprochen ein Jargon-Code.

Noch ungewöhnlicher wirkt eine weitere Postkarte von Bischof. Auf dieser ist folgendes zu lesen:

Brüssel 10.2.15.
Liebe Käthe.
Karte erhalten, den Schmetterling habe ich in einem Briefe schon vor reichlich 14 Tagen geschrieben, die Karte wohl schon vor längerer Zeit. Freue mich daß Du so guten Appetit hast. Einen schönen Gruß für Dich, Mama, Großmutter
Dein Papa

Postkarte-Bischof-2-pic

Postkarte-Bischof-2-code

Was mag wohl mit dem Schmetterling gemeint sein? Soll man diese Formulierung wörtlich nehmen?

Geheimcodes in Feldpostbriefen sind übrigens nichts Ungewöhnliches. Meist hatten sie den Zweck, den Angehörigen Informationen mitzuteilen, die nicht übermittelt werden durften (z. B. den genauen Aufenthaltsort). Selbstverständlich wurde Feldpost zensiert.

Hat jemand eine Idee, was hinter diesen Formulierungen stecken könnte? Falls ja, bitte melden.

Zum Weiterlesen: Von der NSA entschlüsselt: Zwei verschlüsselte Postkarten aus dem Ersten Weltkrieg

Kommentare (6)

  1. #1 Alex
    25. Dezember 2014

    Der Koffer in der Chaussee klingt schon verdächtig. Andererseits, war das nicht die Zeit, in der Schlager Titel hatten wie “Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorad” oder “Mein Papagei frisst keine harten Eier”? Offenbar klang damals einiges nach einem Jargon-Code. ^^

    Dennoch denke ich, dass es wirklich ein solcher Code ist. Vermutlich ist er ja auch unknackbar, weil man vorher alles Mögliche abgesprochen haben kann. Wenn man Glück hat, ist es aber doch kein reiner Jargon-Code und es zählen zum Beispiel nur die ersten beiden Buchstaben der Hauptwörter: “Mein KOffer ist jetzt an der CHaussee am EIngang” hieße dann “Koch Ei”. Damit schlösse sich dann auch der Kreis wieder. 😉

  2. #2 Peter
    26. Dezember 2014

    >( den Schmetterling habe ich in einem Briefe schon )
    Das halt ich auch nicht für einen Geheimcode, lediglich für einen gefalteten Brief.
    Und Chausee war wohl eine Strassenbezeichnung.
    >Als Chausseen bzw. Kunststraßen bezeichnete man ausgebaute, mit fester Fahrbahndecke versehene Landstraßen, die ingenieurmäßig geplant waren und daher deutlich geradliniger verliefen. Von der Landstraße unterscheidet sie, dass neben der Fahrbahndecke im Besonderen auch der Fahrdamm, also der Straßenunterbau, konstruiert ist
    https://de.wikipedia.org/wiki/Chaussee

  3. #3 Peter
    26. Dezember 2014

    Und er schreibt ja noch
    >Einen schönen Gruß für Dich, Mama, Großmutter
    Dein Papa
    Daher denke ich, der Brief ist für ein Kind bestimmt.

  4. #4 Alex
    26. Dezember 2014

    @Peter

    Gerade weil eine Chaussee eine Straße ist, klingt die Sache seltsam. Warum sollte ein Koffer am Eingang einer Straße stehen? Und auch das “Stand über 14 Tage direkt auf dem Platze” hört sich merkwürdig an. Wer steht schon zwei Wochen auf einem Platz? ^^

    Außerdem würde man natürlich auch als Spion jedweder Couleur Verwandte erwähnen und grüßen, selbst (oder besonders) wenn es die gar nicht gibt. Da liest ein Zensor gleich weniger aufmerksam.

  5. #5 Peter
    27. Dezember 2014

    Ich sehe das aus folgendem Grund:
    Geschrieben wurde es von einem Landsturmmann.
    ( Gesamtheit der zum Wehrdienst herangezogenen Männer älterer Jahrgänge ) Werden meist in der Wache und Versorgung eiungesetzt.
    Er ist Wache an einem Flugfeld, davon 14 Tage direkt auf dem Platz.
    Der Koffer steht jetzt am Chaussee. Steht eine Verschiebung an ? Musste das Flugfeld aufgegeben werden ? Oder gar einen überraschenden Heimaturlaub ?
    Wir wissen aber das er da weg muss.
    all diesen Hinweisen zugrunde, kann ich nicht glauben das es sich um einen Geheimcode handelt. Das unter Berücksichtigung das der Krieg noch am Anfang steht.

  6. #6 Peter
    27. Dezember 2014

    Heimaturlaub fällt aus. Er schreibt noch:
    >Brüssel, 17.12.14 Feldpost
    Liebe Emma!
    Das Weihnachtsfest ist vor der Tür, mir aber leider nicht möglich, dieses in Eurem trauten Kreise zu feiern. Wünsche Dir liebe Emma recht vergnügliche Feiertage. Wir werden es uns auch so gemütlich wie möglich machen.
    Besten Gruß Dein Papa
    Abs. Landstrm. Bischof
    1. Comp. Landstrm. Batl. Hamburg