Barack Obama, David Cameron und einige andere Politiker machen sich Sorgen, weil Verschlüsselung immer populärer wird. Kommt eine staatliche Krypto-Regulierung?
Soll der Staat die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf verschlüsselte Botschaften zu lesen? Sollen dazu Hintertüren in Verschlüsselungsprogramme eingebaut werden?
Ich kann mich noch gut erinnern, wie diese Diskussion im Jahr 1997 das Sommerloch füllte. Polizei und Geheimdienste fürchteten damals, dass auch Kriminelle das boomende Internet nutzen und dabei im großen Stil verschlüsseln würden. Der Widerstand gegen Anti-Verschlüsselungs-Gesetze formierte sich jedoch schnell. So unterschiedliche Organisationen wie der Chaos Computer Club und der Branchenverband TeleTrusT gingen auf die Barrikaden, während das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Zweifel an der Umsetzbarkeit etwaiger Gesetze vermeldete. So verzichtete die Regierung schließlich auf eine Krypto-Regulierung, und die Diskussion dazu erwies sich im Nachhinein als Sommertheater. In anderen Ländern verlief die Entwicklung ähnlich.
Kriminelle rüsten auf
Schnell zeigte sich, dass Polizei und Geheimdienste auch ohne eine Krypto-Regulierung gut leben konnten. Der Grund: Die meisten Anwender (auch Kriminelle) nutzten schlichtweg keine Verschlüsselung. Es gab zwar Ausnahmen, doch diese waren nicht zahlreich genug, um die staatlichen Lauscher in die Krise zu stürzen.
Fast zwei Jahrzehnte nach dem Krypto-Sommetheater hat sich die Lage geändert. Zwar ist Verschlüsselung noch längst keine Selbstverständlichkeit. Es gibt jedoch immer mehr Kriminelle, die verschlüsseln und die Polizei damit schlecht aussehen lassen. Auf meiner Seite When Encryption Baffles the Police: A Collection of Cases habe ich entsprechende Fälle gesammelt – es dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. So gehören verschlüsselte Festplatten offenbar inzwischen zur Grundausstattung eines Kinderporno-Händlers. Auch Mörder, Neonazis und Finanzbetrüger schützen sich auf diese Weise. Die heute verfügbaren Krypto-Programme sind so gut, dass die Polizei kaum eine Chance hat. Die Geheimdienste dürften auf ähnliche Probleme stoßen.
Krypto-Regulierung wird wieder salonfähig
Die Bedrohung durch Verschlüsselung hat nun die Diskussion um eine Krypto-Regulierung wieder in Gang gebracht. Die Befürworter solcher Gesetze könnten kaum prominenter sein:
- FBI-Präsident James Comey fordert eine Hintertür in Verschlüsselungsprogrammen (er spricht von einer “Vordertür”, wobei allerdings unklar bleibt, warum man diese nicht als Hintertür bezeichnen sollte).
- Der britische Premier-Minister David Cameron drohte mit dem Verbot von Verschlüsselungslösungen, falls die Geheimdienste diese nicht aushebeln können.
- US-Präsident Barack Obama griff die Aussagen von Cameron auf und begrüßte sie.
- Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte, deutsche Behörden müssten in der Lage sein, verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln, wenn dies für Ihre Arbeit und zum Schutz der Bevölkerung notwendig ist.
So klare Aussagen für eine Krypto-Regulierung von so mächtigen Leuten hat es in der Geschichte des Internets noch nie auch nur annähernd gegeben. Es braut sich also etwas zusammen. Es lohnt sich daher, das Für und Wider einer solchen Maßnahme zu betrachten. Im zweiten Teil dieses Artikels werde ich das tun.
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Zum Weiterlesen: Namhafte Politiker fordern Hintertüren für Verschlüsselungsprogramme (Teil 2)
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