Der britische Gelehrte Elias Ashmole (1617-1692) hinterließ sechs verschlüsselte Seiten. Bisher konnte sie niemand dechiffrieren.

Der Brite Elias Ashmole (1617-1692) war ein echtes Multitalent. Unter anderem ging er als Politiker, Antiquar, Raritätensammler, Buchautor und Rechtsanwalt in die Landesgeschichte ein. Auch mit Wissenschaft beschäftigte er sich, wobei er – wie viele seiner Zeitgenossen – auch einigen heute als Pseudowissenschaft geltenden Disziplinen zugeneigt war. Unter anderem interessierte er sich für Astrologie, Magie und Alchemie.

Ashmoles Sammlung, bestehend aus Büchern, Manuskripten und allerlei anderen Dingen, bildete den Grundstock des heutigen Ashmole-Museums in Oxford. Leider habe ich dieses noch nie besucht.

Ashmole

Elias Ashmole ist zweifellos eine hochinteressante Persönlichkeit, über die man vieles schreiben könnte. Uns soll an dieser Stelle jedoch nur eine Sache interessieren: ein handgeschriebenes Buch, dessen Inhalt teilweise von Ashmole stammt (außer ihm waren drei weitere Gelehrte an der Entstehung beteiligt). Dieses Buch wird in der British Library in London unter der Bezeichnung Sloane 3822 aufbewahrt. Einen Titel hat das Buch anscheinend nicht.

Laut dem Historiker Frank Klaassen geht es in Sloane 3822 vor allem um Sigillen (das sind Symbole, die meist aus mehreren Buchstaben zusammengesetzt sind). Sechs Seiten darin (sie wurden von Ashmole verfasst) sind verschlüsselt. Ich verwende dafür den Begriff “Ashmole-Kryptogramm” (unter diesem Namen habe ich Sloane 3822 unter der Nummer 00028 in meine Liste verschlüsselter Bücher aufgenommen). Hier ist ein Auszug:

Sloane-3822-1-614

Auf das Ashmole-Kryptogramm hat mich freundlicherweise der ungarische Historiker Benedek Láng aufmerksam gemacht. In der gängigen Literatur zur Kryptologie-Geschichte wird es nirgends erwähnt. Das Buch Sloane 3822 (in dem das Ashmole-Kryptogramm nur einen kleinen Teil bildet) ist immerhin in einigen nichtkryptologischen Veröffentlichungen zu finden, insbesondere in dem Buch The Transformations of Magic von Frank Klaassen.

Das Ashmole-Kryptogramm ist meines Wissens bisher ungelöst. Der Brite Tony Gaffney, dessen Fähigkeiten als Codeknacker den Lesern dieses Blogs vielleicht bekannt sind, hat mir freundlicherweise Scans der sechs Seiten zur Verfügung gestellt.

Sloane-3822-1   Sloane-3822-2

Sloane-3822-3   Sloane-3822-4

Sloane-3822-5   Sloane-3822-6

Wer etwas zur Lösung beitragen kann, möge sich melden.

Zum Weiterlesen: Wer löst dieses verschlüsselte Gedicht aus dem 17. Jahrhundert?

Kommentare (17)

  1. #1 BreitSide
    Beim Deich
    31. August 2015

    Ich kann zwar nichts beitragen, werde es aber mit Interesse verfolgen 😉

  2. #2 Alexander
    31. August 2015

    Das es sich bei der Zeichnung um ein Horoskop handelt ist wahrscheinlich bekannt, oder?

    Hier ein Beispiel:

    https://resikom.adw-goettingen.gwdg.de/getpics.php?ID=981

    Die Frage ist nur, ob es dabei um Infos zu diesem Horoskop geht oder ob ein Horoskop als Grundlage oder Tarnung des verschlüsselten Textes benutzt wurde.

  3. #3 Max Baertl
    31. August 2015

    Der Text sieht aus wie Kurzschrift.

  4. #4 Tony
    31. August 2015

    Can anyone give a fluent translation of the Latin text –
    (I may have some words wrong here)
    Nundor
    O domine Jesu Christu, rex Gloria, per virtulem
    illorum qui hoc nomen termely invocant,
    & per potestatem, & misericordiam tuam domine,
    mitte nobir tres Angelos bonos quiros, iusto
    optimos, & excellentissimos angelo ab
    veritatis es perte tua dextra in medicum illis
    speculi, ad visum islius pueri virginis,
    verum iudicium apperiant, & verum iudicium
    faciant isto puero virgini de re nobis
    dubia et incerto alique dolo et
    fraude – Amen

  5. #5 Max Baertl
    31. August 2015

    Die Schriftzeichen habe große Ähnlichkeit mit denen, die in der Kurzschrift von Thomas Shelton verwendet werden.

    Link: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Thomas_Shelton_(Stenograf)

  6. #6 Max Baertl
    31. August 2015

    Möglich wäre auch die Kurzschrift von John Willis, die der Vorläufer von Sheltons Kurzschrift ist.

    Link: https://photos1.blogger.com/blogger/6731/1169/1600/Willisshrthd.0.gif

    • #7 Klaus Schmeh
      31. August 2015

      Eine Kurzschrift oder eine Geheimschrift, die aus einer solchen abgeleitet ist, würde sicherlich gut passen.

  7. #8 Timo Kammerer
    1. September 2015

    Das Quadrat errinerte mich sofort an ein Spiel das wir früher in Kinderjahren immer gespielt hatten. Es kommt aus der Origami Ecke: Eventuell werden dann die Zeichen in einer wichtigen Reihenfolge geordnet: Hier die Anleitung zum Spiel:
    https://www.mathematische-basteleien.de/himmel_und_hoelle.htm

  8. #9 Nick Pelling
    https://www.ciphermysteries.com/
    1. September 2015

    Is this different to Ashmole’s shorthand that C. H. Josten decrypted in 1949 to be able to read his diaries?

    Sorry to ask the obvious question. 🙁

    • #10 Klaus Schmeh
      1. September 2015

      Honestly, I’m not sure. Ashmole’s diary is on my encrypted book list, but I have never seen a page scan of it. I haven’t found one online. A book I purchased last year doesn’s show one, either. The books written by Josten are available at Amazon, but they are prohibitively expensive.

  9. #11 Lercherl
    1. September 2015

    With many conjectural emendations:

    [Nundor]

    O domine Jesu Christu, rex Gloriae, per virtutem
    illorum qui hoc nomen [termely] invocant,
    & per potestatem, & misericordiam tuam domine,
    mitte nobis tres Angelos bonos, qui nos iusto
    optimo & excellentissimo angelo ab veritatis
    et per te tua dextra in medium illius
    speculi, ad visum illius pueri virginis,
    verum iudicium aperiant, & verum iudicium
    faciant isto puero virginis de re nobis
    dubia et incerto alique dolo et fraude – Amen

    O Lord Jesus Christ, king of glory, by the power of those who invoke the name termely (possibly corrupt), and by your power and your mercy, Lord, send unto us three good angels who …

    (until here it’s reasonably certain; the rest is a bit difficult, changing a letter here and there can give a different meaning – as it stands, it does make some sort of sense but is not really satisfying):

    … who shall reveal unto us the true judgement by the just and most excellent angel of truth (?) and by you to your right-hand side in the middle of his mirror, in the view of the son of the Virgin, and give true judgement by that son of the Virgin about matter that is doubtful and, by fraud and malice uncertain to us.

    • #12 Klaus Schmeh
      1. September 2015

      Thank you very much! This looks great! Which part of the text did you decrypt? Is it the beginning of page 1?

  10. #13 Lercherl
    1. September 2015

    It’s not decrypted – it’s the plaintext on the lower half of page 5.

  11. #14 Max Baertl
    1. September 2015

    Most of the Text was written in the shorthand System of John Willis.

    Link: https://photos1.blogger.com/blogger/6731/1169/1600/Willisshrthd.0.gif

  12. #15 Max Baertl
    2. September 2015

    In dem Buch “Astrology and the Seventeenth Century Mind” steht auf Seite 26 das Ashmole eine Kombination aus der Kurzschrift von John Willis und eigenen Symbolen benutzte. Das Buch ist Teilweise einsehbar bei Google Books.

    Link: https://books.google.de/books?id=rR-8AAAAIAAJ&pg=PA26&lpg=PA26&dq=elias+ashmole+willis+shorthand+cipher&source=bl&ots=HwjRTBNBAh&sig=8e2_ELgl99BJkTaKz5_M-JdulyY&hl=de&sa=X&ved=0CCAQ6AEwAGoVChMIkaD-7fXWxwIVR78UCh0dEwaY#v=onepage&q=elias%20ashmole%20willis%20shorthand%20cipher&f=false

  13. #16 Jerry McCarthy
    England
    2. September 2015

    #11. In “qui hoc nomen [termely] invocant”, “termely” would commonly be “tuum”, in this case, plus something else.

  14. #17 Max Baertl
    2. September 2015

    Die erste Seite Beginnt mit: “o credo” was man als Ich Glaube übersetzen könnte. Die nächsten Wörter heißen wohl per Vea oder ähnlich. Das Problem bei lesen der Zeichen liegt darin, das Vokale in John Willis Kurzschrift meistens einfach weggelassen wurden.