Der schottische Schriftsteller Thomas Urquhart (1611-1660) schrieb ein verschlüsseltes Gedicht. Bis heute konnte es niemand dechiffrieren.

Im November 2014 habe ich einen verschlüsselten Zweizeiler (Distichon) des schottischen Schriftstellers Thomas Urquhart (1611-1660) vorgestellt. Leider hat bisher niemand die Lösung gefunden.

Blog-Leser Kent Ramliden hat mich nun darauf aufmerksam gemacht, dass Thomas Urquhart noch ein weiteres verschlüsseltes Gedicht verfasst hat. Dabei handelt es sich um einen Achtzeiler (Oktastichon). Hier ist er:

25 11 39 4 4 10 3 54 50 19 1 18 1 5 9 58 15 1 4 17 1 42 32 77 23 75 6 3 18 20 36 8 21

4 10 22 3 5 11 3 162 18 21 44 79 42 2 17 61 32 7 7 107 8 59 28 54 31 113 42

1 6 96 31 87 5 88 1 4 30 10 15 8 47 28 17 139 17 69 5 29 9 9 1 51 6 114 8 34 30 2 18 24 41 33 74 93 8

5 12 58 162 12 44 1 66 9 15 100 42 2 28 16 6 27 4 196 70 53 7 1 69 2 15 89 34 11 13 12 29 15 76 40 22 8 24 75

3 58 15 2 1 4 5 56 5 5 2 4 12 20 19 14 80 37 45 34 3 95 6 38 1 18 11 27 4 13 7 24

5 20 5 87 40 25 9 56 21 29 2 81 50 147 2 6 16 15 14 9 13 27 3 16 14 7 6 10

38 3 3 2 10 34 8 18 9 28 2 4 6 2 201 10 13 6 1 36 1 31 4 17 54 16 5 22 11 5 31

71 96 15 45 19 6 64 10 42 7 83 37 6 3 7 74 4 14 8 91 27 12 11 2 28 50 68 3 2 12 1 5 49 3

7 7 95 66 1 11 33 51 50 6

Dieser Achtzeiler bietet deutlich mehr Analysematerial als der besagte Zweizeiler. Die Chancen, ihn zu dechiffrieren, stehen daher deutlich besser (vielleicht wurden sogar beide Gedichte auf dieselbe Weise verschlüsselt). Bisher ist jedoch keine Lösung bekannt.

Regelmäßige Leser von Klausis Krypto Kolumne wissen, um was für ein Verschlüsselungsverfahren es sich hier wahrscheinlich handelt: um einen Nomenklator. Ein Nomenklator ordnet jedem Buchstaben des Alphabets sowie häufigen Wörtern jeweils eine Zahl (in anderen Fällen auch eine Buchstaben- bzw. Zeichenfolge) zu. Dabei kann es für häufige Buchstaben mehrere Zahlen zur Auswahl geben. Nomenklatoren waren im 17. Jahrhundert sehr populär, weshalb ich auch in diesem Fall auf einen solchen tippe. Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht.

Weitere Beispiele für (mutmaßliche) Nomenklatoren gibt es hier, hier, hier und hier. Viele frühe Nomenklatoren sind ziemlich dilettantisch aufgebaut. Oft lassen sich Buchstaben und Wörter leicht unterscheiden (z. B. Buchstaben zweistellig, Wörter dreistellig). Diese Schwächen sind natürlich äußerst hilfreich, wenn man ein Nomenklator-Kryptogramm dechiffrieren will. Vielleicht hat Thomas Urquhart bei seinen Verschlüsselungen ebenfalls geschlampt.

Zu Vergleichszwecken ist hier ein unverschlüsseltes Gedicht von Thomas Urquart:

Wench wholly martial, to whose inspiration
The Colophonian Pöet ow’d his skill:
Let my verse merit no Lesse estimation,
Then if the point of a Pegasid quill,
Dip’d in the sacred fontain Caballine,
Character’d the Impression of each Line.

Sachdienliche Hinweise nehme ich wie immer gerne im Diskussionsforum entgegen.

Zum Weiterlesen: Das ungelöste Rätsel um Urban von Wurmsknick auff Sturmdorff

Kommentare (1)

  1. #1 Klaus Schmeh
    16. Mai 2015

    Kent Ramliden hat mir freundlicherweise eine Häufigkeitsanalyse zu diesem verschlüsselten Gedicht sowie zum im Artikel erwähnten Distichon zur Verfügung gestellt: https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/files/2015/05/Urquhart-Octastich-and-Distich-Frequency-Counts.jpg
    Und hier ist eine Häufigkeitsanalyse zu einem Nomenklator aus der gleichen Zeit (zu Vergleichszwecken): https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/files/2015/05/Urquhart-Prince-Maurice-Frequency-Counts.jpg
    Vielen Dank!