Der Fall des Somerton-Manns ist ein großes Rätsel. Seltsam ist vor allem, dass der Tote nie identifiziert wurde. Heute präsentiere ich ein paar Hypothesen, woran das liegen könnte.
Im Jahr 1948 fand man am Stradabschnitt Somerton Beach in Adelaide die Leiche eines Mannes.
Es ließ sich nicht ermitteln, ob der Somerton-Mann eines natürlichen Todes gestorben oder umgebracht (vergiftet?) worden war.
In der Tasche des Somerton-Manns fand man einen Zettel, der aus einem Buch stammte. Das zugehörige Buchexemplar wurde unweit des Toten entdeckt. Darin fand man folgenden (verschlüsselten?) Text, der auch als “Taman-Shud-Kryptogramm” bekannt ist:
Details zu diesem bis heute ungelösten Kryptogramm gibt es hier.
Das Rätselhafteste am Somerton-Mann ist aber weder dieses Kryptogramm noch die Todesursache, sondern die Tatsache, dass der Tote nie identifiziert werden konnte. Obwohl es gute Fotos der Leiche gibt, die inzwischen seit Jahrzehnten durch die Presse und das Internet geistern, konnte bisher niemand sagen, um wen es sich handelt. Das ist nun wirklich äußerst ungewöhnlich.
Woran kann es liegen, dass jemand unter diesen Umständen nicht erkannt wird? Wer nach einer Antwort sucht, muss einige Dinge beachten:
- Der Somerton-Mann wirkte gepflegt, körperlich fit, trug gute Kleidung und verdiente seinen Lebensunterhalt vermutlich nicht mit harter körperlicher Arbeit.
- Er trug keine Ausweispapiere oder persönliche Gegenstände bei sich. Auch in einem Koffer, den er am Bahnhof aufgegeben hatte, fand man nichts derartiges.
Im Folgenden präsentiere ich ein paar Hypothesen, die erklären könnten, warum das Gesicht des Toten niemandem etwas sagte.
Einzelgänger-Hypothese
War der Somerton-Mann ein extremer Einzelgänger, der keine sozialen Kontakte pflegte und den deshalb niemand kannte?
So richtig kann ich mir nicht vorstellen, dass jemand so einzelgängerisch lebt, dass ihn überhaupt niemand erkennt. Völlig auszuschließen ist diese Erklärung jedoch nicht.
Geheimdienst-Hypothese
War der Somerton-Mann ein Geheimagent aus dem Ostblock?
Diese Hypothese würde sehr gut erklären, warum sich nie jemand meldete und den Toten identifizierte. Allerdings haben Geheimagenten normalerweise (falsche) Ausweispapiere dabei. Handelte es sich vielleicht um einen Überläufer?
Transvestiten-Hypothese
Lebte der Somerton-Mann normalerweise als Frau? Wurde er also nicht erkannt, weil ihn in Männerkleidern niemand kannte?
Auf diese Hypothese hat mich Wolfgang Wilhelm aufmerksam gemacht. Für sie spricht, dass die Füße des Somerton-Mann eine Fehlbildung aufwiesen, wie sie (unter anderem) von Stöckelschuhen verursacht wird. Im Übrigen fällt mir hierzu das Buch Blind Spot von Gordon Rugg ein (dieser ist auch als Voynich-Manuskript-Experte bekannt). Die Botschaft dieses Buchs kann man etwa so zusammenfassen: Wenn man die Antwort zu einer Frage trotz großer Anstrengungen nicht findet, obwohl man sie eigentlich finden müsste, sollte man prüfen, ob die Frage richtig gestellt ist. Vielleicht müsste die Frage hier lauten: Wer war die Somerton-Frau?
Flüchtlings-Hypothese
War der Somerton-Mann ein Nazi-Verbrecher, der aus Deutschland geflüchtet war, um dort seiner Bestrafung zu entgehen? Entsprechend könnte er natürlich auch ein anderer Flüchtling mit entsprechender Vergangenheit aus einem anderen Land gewesen sein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich viele Nazi-Schergen ins Ausland ab (oft über die so genannten Rattenlinie). Vielleicht landete einer von ihnen in Australien. Ein Mann mit zweifelhafter Vergangenheit hätte dort sicherlich einen Grund gehabt, seine Ausweispapiere und andere private Gegenstände zu vernichten. Außerdem dürfte so jemand versucht haben, sein Aussehen zu verändern. Vielleicht war der Fall des Somerton-Manns in Europa so unbekannt, dass nie ein Angehöriger das Bild des Toten zu Gesicht bekam.
Fazit
Das Faszinierende am Somerton-Mann ist, dass keine der Erklärungen so richtig überzeugt. Irgendwie muss es aber gewesen sein. Vielleicht hat ja ein Leser eine bessere Hypothese parat.
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Zum Weiterlesen: TV-Dokumentation über den Somerton-Mann
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