Ein Tagebuch aus dem 19. Jahrhundert enthält verschlüsselte Passagen. Kann sie jemand knacken?

Verschlüsselte Tagebücher sind ein spannendes Thema. Die Schriftstellerin Beatrix Potter führte ein solches, genauso wie der Eremit Noah John Rondeau und zahlreiche weitere Personen. Auf meiner Encrypted Book List sind inzwischen über 20 Tagebücher verzeichnet. Sie sind alle gelöst, da die Qualität von Tagebuch-Verschlüsselungen meist nicht besonders hoch ist.

Es gibt auch Tagebücher, in denen nur einzelne Abschnitte verschlüsselt sind. Der tschechische Dichter Karel Hynek Mácha verfasste ein solches, genauso wie der US-Soldat James Malbone.

Auf dem Foto-Portal Flickr bin ich nun auf ein weiteres Tagebuch gestoßen, in dem (mindestens) zwei Passagen verschlüsselt sind (hier ist die Quelle).

Bouic-Diary

Autor des Tagebuchs ist der Rechtsanwalt und Politiker William Veirs Bouic (1846-1906), der in Maryland lebte. Er hat sogar einen Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia. Das Tagebuch entstand während seiner Studienzeit zwischen 1867 und 1870.

Bouic

Das Foto vom Tagebuch wurde von Bouics Ururgroßenkelin eingestellt. Im Begleittext und in den Kommentaren ist von der Verschlüsselung allerdings keine Rede – lediglich von “griechischen Zeichen”. Der Klartext ist nirgends angegeben.

Die obige Abbildung zeigt die beiden letzten Seiten des Tagebuchs. Leider ist mir nicht bekannt, ob auch andere Seiten verschlüsselte Passagen enthalten. Hier ist die erste verschlüsselte Stelle:

Bouic-Diary-1

Und hier die zweite:

Bouic-Diary-2

Schafft es jemand, diese beiden Kryptogramme zu lösen? Vermutlich ist die Verschlüsselung eine einfache Buchstaben-Ersetzung, die durchaus knackbar sein müsste.

Zum Weiterlesen: Der verschlüsselte Tagebuch-Eintrag der Isdal-Frau

Kommentare (7)

  1. #1 Armin
    19. November 2015

    Es ist in der Tat eine einfache Buchstabenersetzung:

    TO DAY IS MY ALICE’S BIRTHDAY; SHE
    IS NOW 24 YEARS OLD. BEFORE SHE IS 25
    I HOPE TO CALL HER MY WIFE.

    Und der zweite Teil:

    WHAT “TREMBLING SENSATIONS” NOW COME
    OVER ME! WEDNESDAY NEXT – ONLY TWO DAYS
    DISTANT – IS TO BE MY WEDDING DAY –
    LONG, YES, VERY LONG HAVE BEEN THE
    PERIOD OF MY WAITING – THE TIME SEEM-
    ED AS IF IT WOULD NEVER COME &
    NOW THAT IT HAS COME I CAN HARDLY
    REALISE IT – ALL THINGS appear

    Er hat sein Vorhaben also wohl in die Tat umgesetzt! 🙂

  2. #2 Norbert
    19. November 2015

    Respekt, Armin!
    Ich habe das gleiche Ergebnis, nur “realize” mit z 🙂

  3. #3 Nickel
    19. November 2015

    Wie bekommt man das denn heraus? (Ich bin leider nicht vertraut mit den Methodiken.)

    • #4 Klaus Schmeh
      20. November 2015

      Ich weiß nicht genau, wie Armin und Norbert vorgegangen sind, aber der wichtigste Ansatzpunkt sind Wörter, die man raten kann. Im Englischen gibt es nur zwei Wörter, die aus einem Buchstaben bestehen (A und I). I kommt zweimal in den Texten vor. Außerdem kann man ausnutzen, dass das E im Englischen und Deutschen der häufigste Buchstabe ist.
      In den Artikeln über die Fälle von Gary Klivans wird deutlich, wie ein Codeknacker vorgehen kann: https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/2015/08/23/gary-klivans-knifflige-faelle-teil-4-auf-den-hund-gekommen/

  4. #5 Klaus Schmeh
    20. November 2015

    @ Armin und Norbert: Vielen Dank! Das war mal wieder Top-Arbeit in kürzester Zeit.

  5. #6 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    22. November 2015

    Armin! Very good!

  6. #7 Nickel
    25. November 2015

    Vielen Dank für die Antwort und für den Link!