Hersteller und Erfinder versuchten es einst mit Verschlüsselungsgeräten, die wie Taschenuhren aussahen. Großen Erfolg hatten sie nicht damit. Dafür sind diese Apparate heute bei Sammlern äußerst begehrt.
Eine Frage vorweg: Warum entstanden zwischen etwa 1875 und 1925 zwar mehrere Verschlüsselungsgeräte im Taschenuhr-Design, aber keine einzige im Armbanduhr-Design? Die Antwort gibt es am Ende des Artikels.
Der Kiefer-Kryptograf
Schwaben, so sagt man, sind sparsam. Es ist daher kein Wunder, dass im Jahr 1878 ausgerechnet ein Stuttgarter ein Gerät zum Patent anmeldete, das drei Funktionen auf einmal erfüllte. Es handelte sich um eine Verschlüsselungsvorrichtung (“Kiefer-Kryptograf“), die sich nicht nur zum Verschlüsseln, sondern auch als Bieruhr und Wochen-Kalender nutzen ließ. Sie war (wie eine Taschenuhr) zum Tragen an einer Uhrkette bestimmt (danke an den Leser Thomas für den Tipp).
Der Kiefer-Kryptograf sollte nicht nur wie eine Taschenuhr getragen werden, sondern sah auch so aus:
Die Verschlüsselung war einfach (und nicht besonders sicher): Der Bediener stellte einen Klartext-Buchstaben ein (in der Abbildung ein O) und las den Geheimtext-Buchstaben (in der Abbildung A, B oder C) ab. Welchen der drei angebotenen Buchstaben er verwendete, war Vereinbarungssache. Man konnte beispielsweise für den ersten Klartext-Buchstaben den linken Geheimtext-Buchstaben nehmen, für den zweiten den mittleren, für den dritten den rechten und dann wieder von vorne.
Auf der Rückseite konnte man eine Skala von 1 bis 31 so verdrehen, dass sie im aktuellen Monat zu den aufgelisteten Wochentagen passte (was natürlich zu Problemen führte, wenn der zuende gehende Monat keine 31 Tage hatte). Die Verwendung als Bier-Uhr wird im Patent wie folgt erklärt:
Ein Nachteil des Kiefer-Kryptografen ist offensichtlich: Nutzt man ihn zum Verschlüsseln oder zum Zählen von Bieren, dann geht die Einstellung der Wochentage verloren. Vermutlich nicht nur deshalb wurde der Kiefer-Kryptograf kein Erfolg. Ich glaube nicht, dass er über einen Prototypen hinaus kam.
Der Simon-Kryptograf
Kein großer Erfolg wurde auch der Simon-Kryptograf aus dem Jahr 1889. Er wurde von einem Alexis von Simon aus Wien erfunden. Auch er bietet Verschlüsselung ihm Taschenuhr-Design:
Die Verschlüsselung ist ziemlich primitiv: Man sucht auf dem äußeren Ring einen Buchstaben und ersetzt ihn durch den innen stehenden. Außerdem kann man jeden Buchstaben durch eine zweistellige Zahl ersetzen.
Die Kryha Liliput
In den 1920er Jahren gab es dann tatsächlich auch Chiffriergeräte im Taschenuhr-Design, die tatsächlich gebaut wurden. Die bekannteste ist die Kryha Liliput:
Die Kryha Liliput hat einen Federantrieb eingebaut, der die Buchstabenscheiben auf Knopfdruck gegeneinander verdreht. Sie bot jedoch keine große Sicherheit und war zudem sehr teuer. Kaum jemand kaufte dieses Gerät.
Heute ist die Kryha Liliput extrem selten. Ich kenne nur etwa vier Exemplare. Sammler zahlen für ein solches Gerät Summen zwischen 5.000 und 10.000 Euro.
Das Kripto System Beyer
Dieses Gerät stammt aus Dänemark. Über die Geschichte des Kripto System Beyer ist nicht viel bekannt. Es stammt aus den 1920er Jahren und wurde vermutlich der Kryha Liliput nachempfunden. Besonders erfolgreich dürfte es nicht gewesen sein.
Das Beyer-Gerät ist heute ebenfalls sehr selten und steht bei Sammlern hoch im Kurs.
Die verschlüsselnde Armbanduhr
Ja, es gibt auch Verschlüsselungsgeräte im Armbanduhr-Design. Diese entstanden jedoch in jüngerer Zeit und waren als Spielzeug gedacht. Der folgende Apparat ist ein Yps-Gimmick:
Bleibt noch die anfangs gestellte Frage, warum es Verschlüsselungsgeräte im Armbanduhr-Design nicht schon deutlich früher gab. Die Antwort ist einfach: Armbanduhren setzten sich erst in den 1920er-Jahren durch. Bis dahin trug man eine Uhr üblicherweise in der Tasche. Klar, dass sich auch die Entwickler von Verschlüsselungsgeräten an diesem Standard orientierten.
Etwa zeitgleich mit den Armbanduhren setzten sich Verschlüsselungsmaschinen mit Schreibmaschinen-Tastatur durch. Solche Geräte waren zu groß für das Handgelenk oder die Hosentasche. Der Traum von einer verschlüsselnden Taschen- oder Armbanduhr war damit ausgeträumt.
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Zum Weiterlesen: Kuriose Verschlüsselungsmaschinen, Folge 8: Bildverschlüsselung im Jahr 1924
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