Heute geht es um ein verschlüsseltes Dokument, bei dem es sich um einen Brief aus dem Zweiten Weltkrieg handeln könnte. Oder steckt etwas anderes dahinter?
English version (translated with DeepL)
Eine meiner wichtigsten Quellen für Cipherbrain-Artikel ist die Codes-Gruppe auf Reddit. Dort bin ich vor Kurzem mal wieder fündig geworden. Es geht um einen vermutlich schon älteren verschlüsselten Brief, auf den ich weiter unten genauer eingehe. Besonders gefreut hat mich ein Kommentar, den ein Leser zu diesem Fund veröffentlicht hat:
Eine verschlüsselte Postkarte
Bevor ich auf den besagten Brief zurückkomme, will ich noch eine verschlüsselte (?) Postkarte vorstellen, die ich ebenfalls auf Reddit gefunden habe:
Wie man sieht, wurde diese Karte 2019 abgestempelt. Sie ist also etwa ein Jahrhundert jünger als die meisten anderen verschlüsselten Postkarten, über die ich in den letzten Jahren gebloggt habe. Kann ein Leser damit etwas anfangen?
Der verschlüsselte Brief
Kommen wir nun zum verschlüsselten Brief, den ich eingangs erwähnt habe. Ein Reddit-User namens “hoarder59” hat ihn vor ein paar Tagen veröffentlicht:
Leider ist über den Hintergrund dieses Dokuments nicht viel bekannt. Der Besitzer hat es anscheinend zusammen mit einigen anderen Objekten auf eBay gekauft. Er schätzt, dass der Brief aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammt oder noch älter ist.
Eine Abkürzungs-Chiffre?
Vieles spricht dafür, dass wir es hier mit einer Abkürzungs-Chiffre zu tun haben. Dies würde bedeuten, dass jeder Buchstaben des Briefs den Anfangsbuchstaben eines Worts darstellt.
Für eine Abkürzungs-Chiffre spricht schon allein die Tatsache, dass es im Text sowohl Groß- als auch Kleinbuchstaben gibt und dass hinter jedem Buchstaben ein Punkt steht. Auch die Buchstaben-Häufigkeiten dürften zu den Anfangsbuchstaben eines englischen Texts passen.
In meinem aktuellen Buch “Codebreaking: A Practical Guide” (geschrieben mit Elonka Dunin) gibt es ein Kapitel über Abkürzungs-Chiffren. Wer eine solche lösen will, stößt auf ein offensichtliches Problem: Es gibt keine eindeutige Entschlüsselung. Es existieren nun einmal sehr viele Wörter mit dem gleichen Anfangsbuchstaben.
Manchmal lässt sich eine Abkürzungs-Chiffre dadurch lösen, dass man den zugehörigen Klartext findet. Für ein besonders spektakuläres Beispiel, in dem dies gelungen ist, sorgten die Leser dieses Blogs (darunter Flohansen, Armin Krauß, Gordian Knauß und Nick Pelling), als sie 2014 das so genannte Action-Line-Kryptogramm lösten.
Dieses Kryptogramm entpuppte sich als Merkbüchlein der Oddfellows, einer Organisation, die den Freimaurern ähnelt.
Die meisten anderen Abkürzungs-Chiffretexte, die ich kenne, sind ebenfalls Merkbüchlein. Sie stammen jedoch nicht von den Oddfellows, sondern von den Freimaurern. In der Regel sind diese Werke gedruckt, wie das folgende Beispiel:
Allerdings gibt es auch handschriftliche Exemplare, wie das folgende (auch dieses wurde von meinen Lesern gelöst, indem sie den zugehörigen Text fanden):
Es stellen sich also folgende Fragen:
- Lässt sich der besagte Brief lösen, indem man den zugehörigen Text findet?
- Handelt es sich überhaupt um einen Brief? Oder ist es ein Auszug aus einem Freimaurer-Merkbüchlein? Oder etwas ganz anderes? Einen Brief auf diese Weise zu verschlüsseln, ergibt jedenfalls nicht viel Sinn.
- Welchen Hintergrund hat dieses Dokument?
Sachdienliche Hinweise meiner Leser nehme ich gerne entgegen.
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Further reading: Verschlüsseltes Freimaurer-Buch: Wer kann es dechiffrieren?
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