Der Vierfach-Mord von Erba (Italien) im Jahr 2006 ist längst aufgeklärt. Eine in einer Bibel versteckte verschlüsselte Nachricht, die der Täter an die Täterin verschicken wollte, wartet dagegen noch auf ihre Dechiffrierung.
English version (translated with DeepL)
Die norditalienische Stadt Erba war im Dezember 2006 Schauplatz eines spektakulären Verbrechens. Das Ehepaar Orlindo Romano und Rosa Bazzi erstach gemeinsam vier Personen aus seiner Nachbarschaft, darunter ein zweijähriges Kind. Das Motiv: Die vier Nachbarn hatten abends zu viel Krach gemacht.
Das Erba-Massaker
Zu meiner Überraschung gab es im November 2020 einen neuen Pressebericht zu diesem Verbrechen, das auch als Erba-Massaker bezeichnet wird. Demnach beantragte Azouz Marzouk, Ex-Ehemann und Vater von zwei der vier Opfer, bei der Mailänder Staatsanwaltschaft die Überprüfung des Prozesses. Marzouk ist von der Unschuld des Ehepaars überzeugt und geht davon aus, dass die wahren Mörder seiner Familie noch frei herumlaufen.
Was aus Mazouks Antrag geworden ist, konnte ich auf die Schnelle zwar nicht herausfinden. Ich gehe aber stark davon aus, dass Romano und Bazzi noch immer im Gefängnis sitzen. Nachdem inzwischen 15 Jahre seit der Tat vergangen sind, können sich die beiden allerdings Hoffnungen auf eine vorzeitige Freilassung in absehbarer Zeit machen.
Für Cipherbrain ist das Erba-Massaker von Interesse, weil Orlondo Romano im Gefängnis (mindestens) drei verschlüsselte Nachrichten an seine Frau verschickte. Die ersten beiden soll er während der Untersuchungshaft in einer Bibel sowie in einem Buch über Papst Benedikt XVI versteckt haben. Es handelte sich dabei um eine Art Tagebuch in Geheimschrift. Das Gefängnis-Personal entdeckte die verschlüsselten Botschaften jedoch und übergab sie an die Staatsanwaltschaft. Dort schaffte man es, die Verschlüsselung zu knacken. Die Inhalte, die dabei zum Vorschein kamen, gaben der Anklage zahlreiche zusätzliche Informationen zum Tatgeschehen in die Hand.
Leider ist nichts genaues über diese Geheimtexte bekannt. Schade, denn sie wären ein interessantes Thema für diesen Blog.
Das Erba-Kryptogramm
2013, also mehrere Jahre nach dem Urteil, versuchte Orlindo Romano erneut, eine verschlüsselte Nachricht an seine Frau zu schicken. Und erneut versteckte er die Botschaft in einer Bibel, was aber vom Gefängnis-Personal entdeckt wurde. Von dieser Nachricht ist folgendes Foto bekannt:
Schauen wir uns zunächst den Zettel mit der Botschaft an:
Ich habe schon mehrfach über dieses “Erba-Kryptogramm” gebloggt – zuletzt vor vier Jahren. Meine Leser haben zwar zahlreiche interessante Kommentare veröffentlicht, doch die Lösung fand niemand. Der Polizei soll es dagegen gelungen sein, den Text zu dechiffrieren – möglicherweise mithilfe zusätzlicher Informationen, die geheim gehalten wurden. Details dazu wurden jedoch nie veröffentlicht.
Blog-Leser Dario vermutete, dass es sich beim verwendeten Verschlüsselungsverfahren um eine Substitutions-Chiffre handelt, bei der einzelne Buchstaben durch Silben ersetzt werden, so dass der Geheimtext meist aussprechbar ist. Es könnte sich um eine Variante des sogenannten “alfabeto farfallino” handeln. Dario geht außerdem davon aus, dass das “xs” für das Leerzeichen steht. Inhaltlich könnte es sich seiner Meinung nach um eine Liebeserklärung handeln.
Marc, ein anderer Blog-Leser, wies darauf hin, dass die ersten Wörter des Texts unverschlüsselt sind. Sie lauten: “Pochi giorni prima – poi” (“Noch ein paar Tage – dann”). Anschließend besteht der Text aus Buchstaben-Paaren, von denen es nur acht unterschiedliche gibt: CU, MI, XS, FI, UN, RO, NE, PI. Dies spricht gegen eine einfache Substitutions-Chiffre.
Wer mehr weiß, möge sich melden.
Die Bibelseiten
Interessant sind außerdem die beiden Bibelseiten im Hintergrund (die linke ist größtenteils verdeckt):
- Auf der rechten Seite sind die Buchstaben “NE.Mi.cu” zu lesen. Ich weiß nicht, was diese bedeuten. Die Paare NE, MI und CU gehören zu den acht, aus denen das obige Kryptogramm zusammengesetzt ist.
- In der Mitte der rechten Seiten sind mehrere Dutzend Buchstaben spaltenweise notiert. Diese sind leider nur schwer zu erkennen.
- Auf beiden Seiten sind Stellen im Bibeltext gelb markiert. Fügen diese sich zu einer Nachricht zusammen? Haben sie etwas mit der Nachricht auf dem Zettel zu tun? Schwer zu sagen.
Es wäre toll, wenn meine Leser dazu beitragen könnten, diesen kryptologischen Cold Case nach Jahren endlich zu lösen. Sachdienliche Hinweise nehme ich gerne entgegen.
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