Der führende Codex-Rohonci-Experte hat ein Buch über den Codex Rohonci geschrieben. Wie nicht anders zu erwarten, ist es äußerst lesenswert.
English version (translated with DeepL)
Der Codex Rohonci, so habe ich einmal geschrieben, hat eine Sache mit Pepsi Cola, Burger King, Daffy Duck und der Collie-Hündin Bessy gemein. Er ist zwar allgemein bekannt (zumindest unter denjenigen, die sich für historische Kryptologie interessieren), er ist aber nur die Nummer zwei in seiner Kategorie.
Die Nummer eins unter den verschlüsselten Büchern ist ohne Zweifel das Voynich-Manuskript. Ohne dieses wäre der Codex Rohonci wohl deutlich populärer.
Weitere verschlüsselte Bücher gibt es übrigens auf meiner Encrypted Book List. Diese hat inzwischen über 110 Einträge. Das Voynich-Manuskript hat standesgemäß die Nummer 00001, der Codex Rohonci die Nummer 00002. Das bedeutet aber nicht, dass die Nummerierung ansonsten etwas mit der Bedeutung des jeweiligen Buchs zu tun hätte.
Der Codex Rohonci
Der Codex Rohonci ist ein handgeschriebenes Buch, das sich in Besitz der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest befindet. Es ist in einer Schrift verfasst, die man nicht lesen kann und die sonst nirgendwo auftaucht. Die wohl beste Webseite zum Thema wird von Cipherbrain-Leserin Delia Hügel betrieben.
Der Codex Rohonci hat keine so große Medienpräsenz wie das Voynich-Manuskript. Es gibt weniger Webseiten, weniger Forschungsarbeiten, weniger (zweifelhafte) Lösungen, weniger Bilder davon und weniger Diskussionen darüber. Und es gab meines Wissens bisher kein deutsch- oder englischsprachiges Buch dazu.
Benedeks Buch
Letzteres hat sich aber inzwischen geändert: Vor ein paar Monaten ist “The Rohonc Code” erschienen – ein Buch des ungarischen Historikers Benedek Láng. Es handelt sich um die englische Version eines Werks, das zuvor auf Ungarisch erschienen ist.
Auf dem folgenden Foto ist Benedek ganz rechts zu sehen (neben László Ritter, mir und Elonka Dunin):
In der Dankesliste am Anfang des Buchs werde ich erwähnt. Zugegenermaßen gefällt mir außerdem die Titelseite sehr gut. Dort ist nämlich ein von mir erstelltes Foto abgebildet, das ein von mir erstelltes Facsimile des Kodex zeigt. Hier ist das ursprüngliche Foto:
Der Inhalt
Wie Benedek schreibt, kannte er zuerst das Voynich-Manuskript. Irgendwann erfuhr er jedoch, dass es in Budapest, seinem Wohnort, ein ähnliches Werk gibt. 2006 begann er, sich damit zu beschäftigen. Da ich mich schon damals für den Codex Rohonci interessierte, hörte ich erstmals von Benedek.
Als ich 2010 beim Europäischen Skeptiker-Kongress in Budapest einen Vortrag über das Voynich-Manuskript hielt, war Benedek im Publikum, und wir trafen uns erstmals. Bei unserem ersten längeren Gespräch war auch Joe Nickell dabei, ein bekanntes Mitglied der Skeptiker-Bewegung und Experte für die Echtheitsprüfung alter Objekte.
An den Tagen danach nahm Benedek sowohl Nickell als auch mich (aus terminlichen Gründen leider nicht gleichzeitig) mit in die Ungarische Akademie der Wissenschaften, um den Codex Rohonci im Original zu betrachten. Wie man im Buch nachlesen kann, untersuchte Nickell das Werk ausführlich. Er fand keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine Fälschung handelt.
Darüber hinaus geht Benedek natürlich auf die Geschichte des Kodex ein – auch wenn man darüber nicht allzu viel weiß. Das Werk befand sich in der Sammlung des Grafen Gusztáv Batthyány, der es 1838 der Ungarischen Akademie der Wissenschaften vermachte. Was vorher war, ist nicht bekannt. Ein Wasserzeichen deutet darauf hin, dass der Kodex im 16. Jahrhundert in Norditalien angefertigt wurde.
Dechiffrier-Versuche
Eine wichtige Rolle im Buch spielen natürlich die diversen Entschlüsselungsversuche. Benedek gibt zu diesem Zweck eine Einführung in die Verschlüsselungstechnik. Deren Inhalt dürfte Cipherbrain-Leser zwar kaum überraschen, doch die Ausführungen zur Kryptografie in Ungarn sind durchaus interessant.
Seit dem 19. Jahrhundert haben sich viele daran versucht, den Codex Rohonci zu entschlüsseln – jedoch ohne überzeugende Resultate. Benedek geht alle glaubwürdigen Hypothesen durch. Ist der Kodex mit einer Kurzschrift verfasst – vermutlich nicht. Handelt es sich um eine Kunstsprache? Nicht auszuschließen. Steckt eine Person mit psychischer Störung dahinter – unwahrscheinlich. Ist das ganze nur ein Jux – laut Benedek nein.
Am Ende geht es dann um die angebliche Dechiffrierung des Codex Rohonci durch Levente Zoltán Király und Gábor Tokai. Die beiden behaupten, der Kodex sei mit einem Nomenklator verschlüsselt. Ich habe darüber mit der Überschrift “Top ten crypto mystery solved” gebloggt. Ein Grund für meinen Optimismus war, dass Benedek die Korrektheit der Dechiffrierung zuvor bestätigt hatte. Bisher haben Király und Tokai leider noch keine vollständige Beschreibung ihrer Lösung veröffentlicht.
Inzwischen sind einige Zweifel an der Dechiffrierung der beiden Wissenschaftler geäußert worden. Ich war daher gespannt, was Benedek in seinem Buch dazu schreibt. Sein Urteil ist eindeutig: Er ist nach wie vor davon überzeugt, dass Király und Tokai recht haben – unter anderem, weil er einige unveröffentlichte Teile der Lösung gesehen hat, die für ihn Sinn ergeben.
Ist der Codex Rohonci entschlüsselt? Laut Benedek ja. Es wird Zeit, dass Király und Tokai mehr zu ihrer Dechiffrierung veröffentlichen. In der Zwischenzeit ist das Buch “The Rohonc Code” von Benedek Láng eine spannende Lektüre.
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Further reading: Neue Scans zeigen den Codex Rohonci in seiner ganzen Schönheit
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