Das Museum der NSA hat mir eine Anfrage weitergeleitet. Kann ein Leser diese verschlüsselte Botschaft knacken, die in einer Uhr versteckt war?

English version (translated with Deepl)

Darf ich zum Einstieg etwas angeben? Ich tue es einfach: Die Tageszeitung Tagesspiegel hat einen Artikel über mich veröffentlicht. Ich fühle mich sehr geehrt.

Quelle/Source: Tagesspiegel

Der Artikel ist kostenlos, man muss sich aber registrieren.

 

Die Sessions-Uhr

Doch damit nicht genug der Ehre (und der Angeberei): Auch die NSA hat sich kürzlich an mich gewandt. Genauer gesagt war es Robert Simpson, Mitarbeiter des NSA-Kryptologie-Museums, der mir dankenswerterweise eine Anfrage weitergeleitet hat. Die Sache ist spannend, aber vermutlich ziemlich schwierig.

Die Anfrage kam von Michael Balluch aus Kansas. Herr Balluch hat vor ein paar Jahren bei einer Versteigerung eine antike Uhr erworben. Es handelt sich um ein Gerät der US-Marke Sessions, die inzwischen nicht mehr existiert. Der folgenden Anzeige, die ich über Google gefunden habe, kann man entnehmen, dass Sessions in Connecticut beheimatet war.

Quelle/Source: Hifi Archiv

Hier sind ein paar Bilder der besagten Uhr, die mir Herr Balluch zur Verfügung gestellt hat. Dies ist die Vorderseite:

Quelle:Source: Balluch

Und hier die Rückseite:

Quelle:Source: Balluch

Auf folgendem Bild sieht man das Typenschild etwas genauer – oder das, was davon übrig geblieben ist:

Quelle:Source: Balluch

 

Das Sessions-Uhr-Kryptogramm

Als Herr Balluch die Uhr auseinander baute, fand er einen Zettel darin:

Quelle/Source: Balluch

Anscheinend handelt es sich hierbei um einen verschlüsselten Text. Er ist auf den 2. Juni 1942 datiert. Oben links liest man “War Department” und “to be decoded”.

Die spannende Frage lautet nun, was diese Botschaft bedeutet. Der obere Teil besteht aus vierstelligen Zahlen, die sich teilweise wiederholen. Die beiden rechten Ziffern stellen jeweils eine Zahl zwischen 1 und 40 dar. Das sieht mir stark nach einer Buch-Chiffre aus. Vermutlich stehen die beiden rechten Ziffern für eine Buchseite, die beiden linken für einen Buchstaben. 3901 wäre also der 39. Buchstabe auf Seite 1.

Die unteren fünf Zeilen sagen mir nichts. Die ersten vier davon sind nahezu identisch und enthalten jeweils zahlreiche Wiederholungen.

Den Sinn der handschriftlich notierten Zahlen auf der rechten Seite kann ich leider auch nicht erkennen.

Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dieses “Sessions-Clock-Kryptogramm” eine harte Nuss ist. Wenn es sich wirklich um eine militärische Nachricht aus den USA aus dem Zweiten Weltkrieg handelt, dürfte ein gutes Verschlüsselungsverfahren dahinter stecken. Die US-Amerikaner setzten damals jedenfalls gute Kryptografie ein.

Wenn der obere Teil der Nachricht mit einer Buch-Chiffre verschlüsselt wurde, dann wird man wohl das verwendete Buch finden müssen. Die 60 Zeichen der Botschaft dürften für eine Häufigkeitsanalyse nicht ausreichen.

 

Ein ähnlicher Fall

Dieser Fall ähnelt übrigens einer Geschichte, die ich 2013 auf diesem Blog vorgestellt habe. Da ich damals noch nicht für Scienceblogs schrieb, ist dieser Artikel leider nicht archiviert. Es gibt aber einen Zeitungsartikel dazu, der ein paar Jahre später erschienen ist.

Damals hat der Uhrensammler Jens Treder aus Soest in einem alten Uhrmacherbuch vom Flohmarkt zwei verschlüsselte Botschaften entdeckt. Meine Leser konnten sie lösen. Es handelte sich um Liebesbriefe. Eine solche Lösung würde mich beim “Sessions-Clock-Kryptogramm” eher überraschen.

Nun bin ich gespannt, was meine Leser zum “Sessions-Clock-Kryptogramm” sagen. Wie sicherlich auch Robert Simpson und Michael Balluch würde ich mich über viele Kommentare freuen.


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Kommentare (16)

  1. #1 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    24. Februar 2022

    Some of the differences between the “words” at the bottom may be accounted for by errors of the typist. I suspect this, because, for instance, the difference between “jous” and “joys” are the letters “u and y”, which are next to each other on the keyboard. “jsya” may likewise be a typist error for “jays”, and for “judfe”, the f and g are next to one another for another finger slip. But of course this does not help with “jedge”, nor the “k” series of “words”.

  2. #2 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    24. Februar 2022

    For the odd number “fractions” on the right, they do seem to relate to a count of the numbers to their left. For instance:

    The first set has 16 groups of numbers, and one of them has been circled. Hence, “15/1”

    The second set has 14 sets of numbers, and one circled. Hence, “14/1”

    The third set has 14 sets of numbers, and none circled, hence “14/0”

    The fourth set has 16 sets, with three circled. Hence, “16/3”

    So whomever made those circlings and numerical notes saw a special significance to the circled groups, and their frequency. Why of course is the question, but I point this out for what it is worth.

  3. #3 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    24. Februar 2022

    To my last: Yes the first group of numbers has a total of 16 groups, but it seems that maybe the 2 number group, “93”, was not counted by the notetaker, therefore accounting for their “15” in 15/1. That is, “15 of four number groups, one of those circled”.

  4. #4 Gerd
    24. Februar 2022

    Last two lines:
    Note how ju7j and ki8k are located on the keyboard. Same pattern, ki8k just 1 key right of ju7j.

  5. #5 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    24. Februar 2022

    Oh wow Gerd… didn’t notice that. It is as though the fingering is more important than the content. Or, a person typing in the dark? A blind person?

  6. #6 Klaus Schmeh
    24. Februar 2022

    @Richard SantaColoma
    >but it seems that maybe the 2 number
    >group, “93”, was not counted
    My guess is that 93 is equivalent to 9305, i.e. the same page as in the previous digit group is referenced. I wonder why this group isn’t counted. Perhaps it’s a mistake.

  7. #7 Matthew Brown
    24. Februar 2022

    The third and fourth digits simply increment from 01 to 40. This only leaves 2 digits for encoding information which doesn’t seem enough to be a code or book cipher. It looks more like typing practice to me.

  8. #8 Klaus Schmeh
    24. Februar 2022

    >This only leaves 2 digits for encoding information
    >which doesn’t seem enough to be a code or
    >book cipher.
    It could still be a book cipher. For instance, if I want to encrypt the word HOME, I will certainly find an H on page 1, an O on page 2, an M on page 3 and an E on page 4.

  9. #9 Thomas
    25. Februar 2022

    The circled numbers are the ones that don’t fit into the number system observed by Matthew Brown:

    4803, correct: 4703

    5221, correct: 5211

    (13)39, correct: (13)38

    (84)29, correct (84)39

    The sorted number system indicates that this is no code, but more likely a kind of transmission test or practice material.

    4023, correct: 4034

  10. #10 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    25. Februar 2022

    So Thomas, from what you and others are saying, the handwritten notation could then be scoring someone’s (timed?) typing practice?

  11. #11 Marc
    25. Februar 2022

    Ich denke nicht, dass es ein Code ist; vermutlich hat nur jemand Tippen gelernt und der Finder dachte es wäre ein Code. Das würde zumindest erklären warum die Einkreisungen und Notizen rechts mit einer Feder und die Notizen links (von einer sichtlich anderen Person) mit einem Bleistift gemacht wurden. Die unteren 5 Zeilen sind jedenfalls typische Fingerübungen für QWERTY-Tastaturen. Siehe: https://books.google.de/books?id=Zc8Mm1KR97kC&pg=PA34&lpg=PA34&dq=ju7j+ki8k&source=bl&ots=h1J00yh41R&sig=ACfU3U0mUIdbL9gFpVFftRGgG0W2HaL7ZA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiDus2dlJr2AhVzlf0HHQ1dALMQ6AF6BAgHEAE#v=onepage&q=ju7j%20ki8k&f=false

  12. #12 Klaus Schmeh
    25. Februar 2022

    >5 Zeilen sind jedenfalls typische Fingerübungen
    >für QWERTY-Tastaturen
    Stimmt. “ju7j” kommt wörtlich darin vor.

  13. #13 Thomas
    25. Februar 2022

    @Richard

    I’m not sure those are typing exercises, but due to the sorted number sequences, it doesn’t appear to be coded text. So rather some kind of test material, be it for typing or for checking the quality of a transmission or the like.

  14. #14 EDW
    25. Februar 2022

    > it doesn’t appear to be coded text
    But why does it say “TO BE DECODED” on the paper?

  15. #15 EDW
    25. Februar 2022

    > Die unteren 5 Zeilen sind jedenfalls typische
    > Fingerübungen für QWERTY-Tastaturen.
    I agree, but the first lines probably aren’t. Typing in numbers on a QWERTY keyboard is not very challenging, even for a bad typer.

  16. #16 Stefan Siebert
    8. März 2022

    Hallo,

    ich weiß nicht, ob das schon irgendwo erwähnt wurde, aber bei den Zahlen fällt mir auf, dass die letzten beiden Ziffern jeder Vierer-Gruppe in jeder Zahlensequenz immer fortlaufend aufsteigend sind
    01, 02, 03…
    11, 12, 13…
    21, 22, 23…
    31, 32, 33…
    Eingekreist sind immer die Gruppen, die nicht in die Reihe passen. Vllt. tatsächlich Schreibübungen mit Auswertung am Rand (z. B. 15/1 = 15 Übungen, eine davon falsch).
    Allerdings hätte man dann in der letzten Zahlensequenz ein Falsch übersehen. Die erste Vierer-Gruppe der letzten Zeile müsste dann 9731 sein, nicht 9721.