Das “Dickens Project” hat einen Preis für die Dekodierung eines Kurzschrift-Texts von Charles Dickens ausgesetzt. Anscheinend ist das Rätsel nun gelöst.

English version (translated with DeepL)

Letztes Jahr habe ich über den “Decoding Dickens Prize“ gebloggt, der vom Dickens Project geschaffen wurde, einer Organisation, die sich mit dem Schriftsteller Charles Dickens (1812-1870) und dessen Werk beschäftigt.

 

Der Tavistock-Brief

Der “Decoding Dickens Prize” sollte an denjenigen vergeben werden, der den folgenden, als “Tavistock-Brief” bezeichneten Kurzschrift-Text von Charles Dickens dechiffrieren kann:

Quelle/Source: The Morgan Library and Museum

Zugegebenermaßen habe ich die Sache nicht ganz so ernst genommen. Die Nachricht ist erkennbar in einer Kurzschrift verfasst, und ich dachte, irgendjemand wird diese schon lesen können. Ich weiß zwar, dass es früher viele unterschiedliche Kurzschriften gab, die teilweise heute kaum noch jemand kennt, doch bei Charles Dickens und im viktorianschen England hätte ich nichts allzu Exotisches vermutet.

Anscheinend war die Sache dann aber doch schwieriger, als ich erwartet hatte. Es gab niemanden, der den Kurzschrifttext ohne Weiteres lesen konnte. Dies könnte daran liegen, dass Dickens eine bereits existierende Kurzschrift für seine Zwecke erweitert und verändert hat – so wie es auch sein Landsmann Samuel Pepys (1633-1703) tat, dessen Kurzschrift-Tagebuch erst 120 Jahre nach seinem Tod entschlüsselt werden konnte.

 

Zu 60 Prozent gelöst

Am 7. Februar 2022 meldete das Dickens Project, dass der Tavistock-Brief entschlüsselt sei. In der Presse-Mitteilung hieß es allerdings, dass dies nur für etwa 60 Prozent des Texts gelte. Zahlreiche Leser aus aller Welt hatten Teile des Texts dechiffriert und an das Dickens Project geschickt, wo man die Fragmente zusammensetzte. Am erfolgreichsten war ein Teilnehmer namens Shane Baggs aus San Jose (USA), der daraufhin den ausgesetzten Preis erhielt. Leider steht in der Presse-Mitteilung nicht, woraus dieser Preis bestand.

Der Tavistock-Brief, so stellte sich heraus, stammt aus dem Jahr 1859. Er bezieht sich auf eine geplante Zeitungsanzeige, mit der Dickens nicht einverstanden war. Der Empfänger sollte die Veröffentlichung der Annonce verhindern. Dies bedeutet, dass Dickens den Text nicht für sich selbst geschrieben hat, sondern für einen Empfänger, der die Kurzschrift ebenfalls beherrscht haben muss. Die Presse-Mitteilung bezeichnet den Inhalt des Briefs als “strongly-worded”, nennt aber keine Details.

Anscheinend gibt es mindestens zehn weitere Texte, die Charles Dickens in einer Kurzschrift schrieb und die erhalten geblieben sind. Wie man auf der Seite Dickens Code nachlesen kann, sind einige davon noch nicht entschlüsselt.

Insgesamt erscheint das Thema Dickens und seine Kurzschrifttexte durchaus interessant. Leider findet man auf den verlinkten Webseiten nur unzureichende Informationen. Eine Zusammenstellung der gelösten und ungelösten Nachrichten wäre sicherlich hilfreich. Falls ein Leser entsprechende Informationen hat, würde ich mich über einen Hinweis freuen.


Further reading: Who can break this enciphered letter written by Albrecht von Wallenstein?

Linkedin: https://www.linkedin.com/groups/13501820
Facebook: https://www.facebook.com/groups/763282653806483/

Subscribe to Blog via Email

Enter your email address to subscribe to this blog and receive notifications of new posts by email.

Kommentare (6)

  1. #1 Gerry
    12. März 2022
  2. #2 davidsch
    utrecht
    13. März 2022

    Here the guardian article: https://www.theguardian.com/books/2022/feb/07/wordle-crack-dickens-code-it-worker-california-shorthand-love-deciphering

    And here the
    https://dickenscode.org/roll-of-honour/
    with breakthroughs in deciphering Charles Dickens’s cryptic shorthand writing,

    among those mentioned is D.P.J.A. Scheers, the writer of the book
    “The Shorthand of Charles Dickens” where the entire shorthand is explained, together with the history of shorthand.

  3. #3 Thomas
    13. März 2022

    There is a scientific paper on Dicken’s shorthand letters: https://muse.jhu.edu/article/686842/pdf. And a book by the same author: “Dickens and the stenographic mind”. ( Google books).

  4. #4 Klaus Schmeh
    13. März 2022

    @Gerry, davidsch, Thomas: Thanks! Apparently, there’s a lot to explore about Dickens’ shorthand writing.

  5. #5 davidsch
    utrecht
    23. März 2022

    On the Dickens code page it is stated that the shorthand of the Tavistock letter is now solved for about 60%, and this means that the entire letter is still undeciphered. https://dickenscode.org/decoding-the-tavistock-letter-or-dickens-and-the-dark-arts-of-victorian-media-management/

  6. #6 Klaus Schmeh
    25. Juni 2022

    Elizabeth Agnew via Facebook:
    We have since transcribed a few more of Dickens’s exercises/letters, and some of them are pretty cool. Can check them out at dickenssociety.org