Andreas Baader, Terrorist und Mitglied der Rote Armee Fraktion, hat einen verschlüsselten Text hinterlassen. Ich habe schon mehrfach darüber gebloggt, doch bisher konnte ihn niemand dechiffrieren.
English version (translated with DeepL)
In knapp vier Wochen findet das Cryptologic History Symposium der NSA statt. Für diese älteste und bedeutendste Veranstaltung zum Thema Kryptologie-Geschichte muss man normalerweise in die USA reisen. Die Corona-Pandemie hat jedoch dazu geführt, dass die Vorträge dieses Mal online gehalten und übertragen werden. Die Ausgabe 2022 des Symposiums bietet daher für Europäer die möglicherweise einmalige Gelegenheit, an dieser Veranstaltung teilzunehmen, ohne über den Atlantik fliegen zu müssen.
Ich bin beim Symposium dieses Mal mit zwei Vorträgen vertreten. Zum einen werde ich zusammen mit Elonka Dunin über die parapsychologischen Experimente von Robert Thouless referieren. Auch mein eigenes Leben-nach-dem-Tod-Experiment wird dabei zur Sprache kommen. Zum anderen gibt es einen Vortrag von mir über die Verschlüsselungsverfahren der Roten Armee Fraktion (RAF).
Dass ich über die RAF vortrage, wird meine Leser kaum überraschen – schließlich habe ich schon einige Male über die Kryptologie dieser Terrorgruppe gebloggt. Meines Wissens gibt es bisher keine andere Quelle, die sich systematisch mit den Chiffren der Terroristen um Baader und Meinhof beschäftigt.
Ein ungelöstes Kryptogramm
Bevor ich Ende des Monats meine Vortragsfolien vorab an den Veranstalter schicke, möchte heute noch einmal auf das größte ungelöste Rätsel im Zusammenhang mit den Verschlüsselungen der RAF eingehen. Es geht um folgenden verschlüsselten Text, den Andreas Baader hinterlassen hat:
Ich habe über dieses Kryptogramm schon mehrfach gebloggt, doch nach wie vor ist mir die Lösung nicht bekannt. Es handelt sich also um einen kryptologischen Colde Case.
Ein Kassiber aus dem Jahr 1974
Das besagte Kryptogramm stammt aus aus einem Kassiber, den Baader im Januar 1974 im Gefängnis in Schwalmstadt-Ziegenhain verfasste. Dieser 30-seitige Text ist auf dem Social History Portal zugänglich. Er war für Baaders RAF-Genossen gedacht, die sich noch in Freiheit befanden. Der Kassiber enthält zahlreiche Hinweise für das Leben im Untergrund. Auch das Verschlüsseln spielt darin eine Rolle. Insbesondere beschreibt Baader ein Verschlüsselungsverfahren, das als Schlüssel eine Liste von Wörtern verwendet, die der Nutzer auswendig lernen muss. Hier ein Beispiel:
Mit dieser Liste kann jeder Buchstabe anhand der Zeile und der Position im jeweiligen Wort auf der Liste kodiert werden. Man kann beispielsweise das A als 12 (1. Zeile, 2. Buchstabe) verschlüsseln. Auch 31 (3. Zeile, 2. Buchstabe) wäre für das A möglich. Den Klartext CIPHERBRAIN kann man wie folgt verschlüsseln:
83 82 51 52 54 26 410 64 63 56 23
Zu beachten ist allerdings, dass im Andreas-Baader-Kryptogrammen auch die Null in zweistelligen Zahlen vorkommt – etwa in Form von 10, 40 und 60. Vielleicht bedeutet dies, dass man beim Zählen der Buchstaben bei Null anfangen muss. Oder die Null zeigt an, dass das gleiche Schlüsselwort wie beim vorhergehenden Buchstaben verwendet werden muss.
Die Zahl 157 in der ersten Zeile würde bedeuten, dass mindestens 15 Wörter in der Liste stehen. Die einstelligen Zahlen (6 7 und 8) könnten als Kurzform für 16, 17 und 18 stehen.
Allerdings ist das alles Spekulation. Es kann durchaus auch sein, dass Baader ein ganz anderes Verfahren für dieses Kryptogramm verwendet hat.
Kann ein Leser mehr zu diesem Cold Case sagen? Falls ja, werde ich dies in meinen Vortrag einbauen und in vier Wochen dem Publikum der Cryptologic History Conference präsentieren.
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