Auf eBay wird derzeit ein Chiffrierzylinder mit deutscher Beschriftung angeboten. Kann ein Leser etwas zu diesem seltenen Gerät sagen?

English version (translated with DeepL)

Chiffrierzylinder gibt es bereits seit Jahrhunderten. In meinem Buch “Codeknacker gegen Codemacher” wird deren Geschichte erzählt, die mit folgendem Gerät begann:

 

Quelle/Source: Google Books

Dieser von Giovanni Fontana im 15. Jahrhundert erfundene Zylinder diente nicht etwa dem Verschlüsseln, sondern dem Memorieren. Durch das Verdrehen der einzelnen Scheiben konnte man sich sechs Buchstaben merken – beispielsweise das im Bild angezeigte UCANAU. Sechs Buchstaben sind nicht viel, aber es ging ja erst einmal nur um die Idee.

 

Chiffrierzylinder

Im Buch “Mechanisches Memorieren und Chiffrieren um 1430” von Walter Oberschelp und Horst Kranz kann man nachlesen, dass man mit Fontana-Apparat auch verschlüsseln konnte. Im folgenden Bild wird beispielsweise das Wort KRYPTOLOGIE in SWWUEADHAEO verschlüsselt:

Quelle/Source: Schmeh

Der wohl bekannteste Chiffrierzylinder ist die M-94, die zwischen den Weltkriegen von der US-Armee verwendet wurde:

Quelle/Source: Schmeh

Erwähnen möchte ich außerdem ein Gerät, das kurz vor dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland hergestellt wurde und schon für einiges Rätselraten gesorgt hat:

Quelle/Source: Schmeh

Über diesen “Heimsoeth-und-Rinke-Zylinder” ist so gut wie nichts bekannt. Daran hat sich auch nichts geändert, nachdem ich mehrfach darüber gebloggt habe.

 

Ein weiterer rätselhafter Chiffrierzylinder

Auf eBay wird derzeit ein weiterer Chiffrierzylinder angeboten, über den ich nichts weiß. Dank eines Tipps von David Cripps bin ich darauf gestoßen. Hier ist ein Bild davon:

Quelle/Source: eBay

Der eBay-Verkäufer macht keine Angaben zu diesem Gerät. Meines Wissens wird es in der Literatur nirgends erwähnt. In einem Museum oder bei einem Sammler habe ich es noch nie gesehen. Hier sind zehn weitere Abbildungen:

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Quelle/Source: eBay

Wie man sieht, ist das Gerät mit dem deutschen Wort “Reihe” beschriftet, was darauf schließen lässt, dass es aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz kommt.

Ob man das Gerät wie oben beschrieben nutzt, ist mir ebenfalls nicht klar. Man könnte das Fenster und die Zeichenreihe darunter auch als Ersetzungstabelle verwenden, die man regelmäßig wechselt.

Kryptohistorisch würde ich den Zylinder etwa in den Zwanziger-Jahren verorten. Ob das Material und die Bauweise das bestätigen, kann ich nicht beurteilen. Möglicherweise handelt es sich um einen Prototypen. Generell finde ich das Design (mit Hülle um den Zylinder und Hebel an der Seite) recht aufwendig für so eine simple Vorrichtung.

Kann ein Leser mehr dazu sagen? Sachdienliche Hinweise nehme ich gerne entgehen.


Further reading: Die Tauschek-Verschlüsselungsmaschine

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Kommentare (10)

  1. #1 Jerry McCarthy
    Europa
    7. Juni 2022

    Abo…

  2. #2 Jerry McCarthy
    Europa.
    7. Juni 2022

    Two observations:
    1) With the settings shown, numbers encrypt only to numbers, and letters encrypt only to letters.

    2) With the settings shown, it is self-reversing (M->T and T->M; 5->1 and 1>5, and so on).

    Thanks to Ralph Simpson for Nr 2!

  3. #3 Kerberos
    7. Juni 2022

    “”(mit Hülle um den Zylinder und Hebel an der Seite) recht aufwendig für so eine simple Vorrichtung.””

    Hallo Hr. Schmeh,
    wenn ich das französisch des Anbieters richtig
    verstehe, trägt der Rotor ein Papierblatt mit den
    Codezeichen.
    Dies Blatt würde rasch verderben, wenn es ohne
    Schutz in der Hand gehalten würde.
    (Agenten haben immer Angstschweiß auf den
    Handflächen :=)
    Bilder vom Inneren wären reczht interessant, ich vermute, daß die Taste am linken Ende dazu
    diente, eine Reihe weiterzuschalten.

    Wenn man im Gebrauch die Reihen öfter (jedesmal?)
    weitergeschaltet hätte (z. B. Ziffern von Pi oder e)
    wäre der Code vermutlich relativ “gut”, zumindest bei kurzen Texten.

    Gruß
    Kerberos

  4. #4 Max Bärtl
    7. Juni 2022

    @Kerberos

    Sehe Ich auch so, vermutlich war angedacht dass nach jedem Buchstaben die Taste zum weiterdrehen betätigt wird anhand eines Zahlenschlüssels ähnlich einer Vigenere/Gronsfeld Chiffre.

  5. #5 Ralph Simpson
    USA
    7. Juni 2022

    This device looks like a cylinder cipher, as Klaus notes in his blog, and is functionally similar if you consider each line to be a separate wheel. But I suspect it was not used in that way. Since line 9 shows the letters and numbers are separately reciprocal, the other lines are likely also reciprocal. Not only are they reciprocal, but they are specifically reciprocal like a reverse Vigenere disk. This means there are 25 possible arrangements, vs the 5 X 10^14 possible reciprocal arrangements (like using 1 to 13 plugs on an Enigma plugboard). The ease of use would be the same in either case.

    So this would be like using a reciprocal Vigenere disk, but not requiring the use of a keyword to change the offset. The number of lines in the inner paper would equal the length of the keyword. So in a way, this device may be more akin to the Wheatstone clock cipher in which the inner disk of the Wheatstone is a reverse Vigenere.

    Of course, the inner paper could contain some number X of completely scrambled alphabets, in which case it would be like using X Vigenere disks in series, then repeating those same Vigenere disks. That would be considerably stronger, if the maker or user had the cryptologic knowledge.

  6. #6 Klaus Schmeh
    8. Juni 2022

    Bill Ricker via Facebook:
    So this appears to be an interesting (but bad) implementation of a Vigenère or similar poly-alphabetic system.
    But unless the paper table has a convoluted internal path, can it be 36 (or even 26?) lines long to be a full Latin square?
    That the lines are keyed by Row No. and not by a key letter further suggests it’s not a full square.
    That the sample line shows the letters and digits mixing separately is disheartening; that’s presaging the Vowel/Consonant problem of the RED Machine (Type A, or 91). One hopes lines other than 9 don’t show that break but fears they all do?
    re “Cryptohistorically, I would place the cylinder around the twenties,” the Vigenère tableau was reinvented multiple times, and this isn’t even a full Vigenère, so this could be older than 100 years.
    (Also Brass is more late 1800s than early 1900s – Bakelite was patented 1909, and the Plastic era is begun.)

  7. #7 Klaus Schmeh
    8. Juni 2022

    Richard SantaColoma via Facebook:
    Bill Ricker I agree, Bill… This looks late 19th century to me, too. I would say maybe 1880 to 1910 at the latest. The brass, the construction, the markings.

  8. #8 Ralph Simpson
    San Jose
    8. Juni 2022

    Klaus, since you mentioned markings, I only see three. There is the “Reihe no.” or row number, then at the end of the window is “2.2.” and on the bottom, opposite this last marking, is “18”.

    I guess the “18” may be a serial number. Any other thoughts?

  9. #9 Ralph Simpson
    San Jose
    10. Juni 2022

    This little brass cipher device sold for 3,720 Euros. If anyone reading this happened to purchase it, please let us know about the alphabet on the other rows not visible. And congratulations!

  10. #10 JS
    30. Juni 2022

    Wofür wohl die 2.2 rechts neben dem Ziffernfeld und die 18 auf der Unterseite stehen?
    Die 18 vielleicht eine Modell- oder Variantenbezeichnung? Ein Bezug zur 118 auf der Hülle? Herstelljahr 1918 ist wohl etwas spät.