In dieser Woche habe ich ein wenig über die Lehre ab September gesonnen. Werde ich wohl wie im letzten Jahr die etwas umständliche online-Unterrichtsplattform nutzen? Oder, dachte ich während die Sonne mal zwischen den Wolken durchkam, werde ich doch selber wieder einen vollen Kurssaal sehen?

Viele Dozenten an den Universitäten kennen gegenwärtig zwei Zustände zugleich: Im Großen und Ganzen Online-Lehre, aber einige Präsenzpraktika mit Auflagen. Der Senat meiner Universität kündigt an:
Wir werden tun, was uns möglich ist, damit Studierende das Wintersemester in Präsenz erleben können.
Doch selbstverständlich ist in diesen Zeiten nur nichts selbstverständlich in die Zukunft extrapolieren zu können. So müssen Dozenten eigentlich einige Szenarien zugleich berücksichtigen. Eines wo meine Infektionsschutzmaßnamen gelten. Eines wo Studierende anderthalb Meter Abstand halten und mit Maske arbeiten müssen. Und eines in dem der Online-Unterricht weitergeht.

Auf dem Papier klingt “Abstand und Maske” vielleicht machbar. In der Enge der Universität jedoch funktioniert dies mehr schlecht als recht. “Vor Corona” quollen die Vorlesungssäle über. Im vergangenen Jahr war der meiste Unterricht (und meiner sowieso) vollständig online. “Abstand und Maske” böte mir zu wenig Platz in den Kurssälen (von mangelnder Belüftung in den Sälen ohne Tageslicht, die mir zur Verfügung stehen sowieso) –  Praktika mit Gruppenarbeit sind besonders schwierig.

Wie man Online-Unterricht vorbereiten muss, weiß ich inzwischen. In den letzten Monaten habe ich eifrig dazu gelernt. Wie man Präsenzunterricht vorbereitet weiß ich auch, habe ich in den Jahren davor gemacht. Doch wie bereitet man alle Szenarien für den “Neustart” zugleich vor? Präsenz- und Online-Unterricht vorbereiten kostet – Überraschung! – mehr Zeit. Zeit welche die meisten Dozenten nicht haben. Die Erklärung meiner Universität bietet keine Anhaltspunkte, wann Entscheidungen getroffen werden und wann man wirklich für das eine oder andere Szenario planen darf. Wie auch? Ob der niederländische Optimismus (man hofft ministerseitig Präsenzunterricht ab September und flexible Dozenten, falls es nicht klappt) zwei weitere Monate durchzuhalten ist, weiß schließlich auch kein Mensch.

Nun verwende ich stets meine Sommerferien (ist ja auch die Erwartung) um wirklich Ferien zu machen. Ein Vorteil der Arbeit im Unterrichtssektor ist denn auch die Einteilung des Jahres in einen Rhythmus, der in Einklang mit den Schulferien zu bringen ist. Vor den Sommerferien gilt es alle möglichen Projekte abzurunden – zumindest so, dass Studierende für gewisse Zeit selbstständig arbeiten können und die Kollegen ohne schulpflichtige Kinder zumindest für kurze Zeit den Ball in der Luft halten können. Danach geht es mit der Familie in die Ferien. Und wenn wir wieder zurück sein werden, beginnen neue Kurse (Programmierung, HPC-Einführungskurs, etc.). Den festen Rhythmus vermisste ich in der Industrie und nur-forschend an Instituten zwar nicht – sein Vorteil ist mit Familie jedoch nicht von der Hand zu weisen. In “normalen Jahren” beginnt das Jahr am 1. Januar, während außer den guten Vorsätzen nichts im Vergleich zum Dezember verändert.

In diesem Jahr ist der akademische Rhythmus ziemlich außer Takt. Die verschiedenen Szenarien sind schlicht nicht ohne Klemmen und Knirschen unter einen Hut zu bringen. Dabei habe ich noch einen einfachen Teil erwischt: Als ITler vermisse ich es zwar in Kursen den direkten Kontakt zwischen den Teilnehmern zu haben und den direkten Feedback, falls es mal in einer Übung nicht klappt – was online wirklich jedes Mal aus den Nasen der Teilnehmenden zu ziehen ist. Aber ansonsten … keine großen Probleme. KollegInnen aus den experimentellen Bereichen haben es schon schwerer. Und die Studierenden haben das Campusleben sowieso zu lange entbehren müssen.

Mein Traum wäre: Erlaubt den Dozenten am Eingang eines Kurs- oder Hörsaales den Impf- und Teststatus zu überprüfen (vielleicht wird mit neuen Virusvarianten sogar beides notwendig?). Und dafür sind Präsenzveranstaltungen wieder möglich.

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Kommentare (11)

  1. #1 Fluffy
    13. Juli 2021

    Mein Traum wäre: Erlaubt den Dozenten am Eingang eines Kurs- oder Hörsaales den Impf- und Teststatus zu überprüfen (vielleicht wird mit neuen Virusvarianten sogar beides notwendig?). Und dafür sind Präsenzveranstaltungen wieder möglich.

    Wieviele Alte, Vorerkrankte und sonstige Risikogruppen tummeln sich denn so an der Uni?
    Das Feststellen von Personalien und sensiblen persönlichen Daten war bisher nur ganz bestimmten hoheitlichen Gruppen vorbehalten. Um wessen Traum geht es also?

    • #2 Christian Meesters
      13. Juli 2021

      Ein Präzedenzfall ist jedenfalls bekannt:

      Auch bei der Betreuung durch eine Kindertagespflegeperson muss in der Regel ein Nachweis über die Masernimpfung erfolgen.

      Warum genau sollte in Abwesenheit von Risikogruppen (die überall, auch an Unis gegeben sind, wenn auch altergemäß weniger prävalent) die Gefährdung durch Coronaleugner und Impfverschmäher akzeptiert werden?

      Hierzulande diskutiert man noch wie weit Arbeitgeberforderung diesbezüglich genau gehen dürfen – in Frankreich oder Griechenland ist man da schon deutlicher. Aber selbst beim Stadionbesuch stellt man die Bedingung “Genesen, Geimpft oder Getestet”:

      Neben einem gültigen Ticket und einer FFP2-Maske wird ein negatives Testergebnis (nicht älter als 24 Stunden) oder ein Einlassband (Nachweis geimpft oder genesen) benötigt.

      Also gibt es auch bei nicht-Arbeitnehmern einen Präzedenzfall, der analog zu einem Kursbesuch ist. Und – bitte für einen Nicht-Juristen – wieso ist das Feststellen des Test- oder Impfstatus einer hoheitlichen Gruppe vorzubehalten? Schulen und Turnvereine machen das (noch, bald sind Ferien) täglich: Ohne Testnachweis (wenn auch nur im Elternhaus durchgeführter Test und per Selbstdokumentation nachgewiesenes Ergebnis) dürfen SchülerInnen nicht am Unterricht teilnehmen. Das überprüft im Zweifel der völlig-privat-und-nicht-vollbeschäftige Lehrer einer Musikschule.

      Mein “Traum” ist nur, dass “meine” Uni auch so viel Mut hat dies ihren unterrichtenden Beschäftigten zuzugestehen – oder diese durchaus unangenehme Aufgabe zu delegieren.

      Ach, und im Übrigen gibt es das längst: Auch für Uni-Veranstaltungen, die in Präsenz stattfinden müssen ist der Testnachweis verpflichtend. Und republikweit bohren sich die Angestellten in den Büros morgens gegenüber den KollegInnen in der Nase … wo genau ist das Problem? Ist die zusätzliche (wenngleich nicht perfekte) Sicherheit der Mehrheit eine solche Zumutung, dass der Nachweis nicht oder nur durch Beamte gefordert werden dürfte?

  2. #3 Fluffy
    14. Juli 2021

    @Christian Meesters #2
    In Kürze zu einigenPunkten
    Das Feststellen eines Impfstatus ist verbunden mit der Feststellung der Identität. Ansonsten wäre das Bescheißen mit QR-Codes abu simpel.
    Es handelt sich um sensible Informationen, die vertraulich zu behandeln sind. Was ist mit Leuten, die sich nicht impfen lassen können? Sollen die sich Fremden gegenüber ständig nackig machen?
    Wolen Sie wirklich, dass sich Versicherungsprämien nach dem Impfstatus bemessen?
    Begrüßen Sie, dass man in Frankreich oder Griechenland schon “weiter” ist?
    Halten Sie eigentlich jeden der nicht auf Ihrer Linie liegt für Coronaleugner oder Impfverschmäher?

    • #4 Christian Meesters
      14. Juli 2021

      Was ist mit Leuten, die sich nicht impfen lassen können? Sollen die sich Fremden gegenüber ständig nackig machen?

      Das zu vermeiden wird in der Tat schwierig sein. Umgekehrt kenne ich zwar Menschen mit COPD, die das Maskentragen als sehr lästig empfanden (es aber trotzdem machten oder z. B. für sich einkaufen ließen), aber viel mehr, deren Aversion sich darin äußerte einen Attest zu bekommen, nur weil sie es wollten. Ich gehe davon aus, dass sich dies beim Thema Impfen ähnlich verhält. Und “nackig” machen ist ein starkes Wort – zumal es ja auch die valide Alternative des Sich-Testen-Lassens gibt, womit alles entfallen würde, was Sie so aufregt.

      Wolen Sie wirklich, dass sich Versicherungsprämien nach dem Impfstatus bemessen?

      Bitte noch mal nachlesen. Ich finde nicht, dass ich eine Frage beantworten muss, die ich nicht aufgeworfen habe. Danke.

      Begrüßen Sie, dass man in Frankreich oder Griechenland schon “weiter” ist?

      Ja.

      Halten Sie eigentlich jeden der nicht auf Ihrer Linie liegt für Coronaleugner oder Impfverschmäher?

      Nein, und ich wüßte auch nicht, irgendwo eine “Linie” zu verfechten. Ich möchte lediglich meiner Arbeit nachgehen, ohne das Risiko für Dritte auf zu blähen. Da das andernorts bereits genau so realisiert ist und im Alltag wenig Probleme bereitet, sehe ich keinen Grund das Modell nicht auszuweiten.

  3. #5 Fluffy
    14. Juli 2021

    @ChristiamMeesters #4
    Folgendes halbwegs realistische Szenario, beim Eingang in ein Fitnesscenter (gerne auch Uni)
    – Kein Testnachweis heute?
    * Nö, bin geimpft.
    – Zweimal?
    * Ja
    – Wohl priviligiert?
    * Nö, hab ne Einladung gekriegt.
    – Ah, chronisch krank! Erzähl mal!

    z. B. für sich einkaufen ließen

    wollen Sie auch Studenten, die für sich studieren lassen?

    Ich finde nicht, dass ich eine Frage beantworten muss, die ich nicht aufgeworfen habe.

    Diese Frage habe ICH Ihnen gestellt.

    zumal es ja auch die valide Alternative des Sich-Testen-Lassens gibt, womit alles entfallen würde, was Sie so aufregt.

    Der einzig valide Test ist ein PCR-Test.
    Und Sie wissen schon, dass Frankreich plant, diesen Test zukünftig kostenpflichtig zu machen.

    Im übrigen entnehme ich Ihren Meinungen, das Sie die Linie vertreten, die Leute nur mit Impfnachweis am öffentlichen Leben teilhaben zu lassen. Das ist zwar keine Impfflicht, aber wie groß ist noch der Unterschied?

    “Ich will nur in Ruhe meine Arbeit machen”

    • #6 Christian Meesters
      14. Juli 2021

      Im übrigen entnehme ich Ihren Meinungen, das Sie die Linie vertreten, die Leute nur mit Impfnachweis am öffentlichen Leben teilhaben zu lassen. Das ist zwar keine Impfflicht, aber wie groß ist noch der Unterschied?

      Im Übrigen ist das Argument, dass es verschiedene Möglichkeiten des Zugangs zu einer Lehrveranstaltung geben sollte um die relativer Sicherheit zu erhöhen. Das Antigentests zwar nur dem Risiko der Entstehung großer Infektionscluster entgegenwirken, nicht aber große Sicherheit bieten, spricht durchaus gegen sie. Gegenwärtig kann man auch relativ niederschwellig einen PCR-Test machen lassen. Das ist aber zweitrangig.

      Bitte setzten Sie sich doch mal mit dem Argument auseinander, dass bereits heute die Anforderung (Geimpft, Getestet oder Genesen) gestellt wird – für Fußballspiele, Kulturveranstaltungen, Arbeitstreffen, Schulbesuch. Das von Ihnen beschriebene Szenario ist übergriffig, keine Frage – und absurd: Bis in den Herbst haben die Meisten ein Impfangebot erhalten und müssen nicht “privilegiert” sein, um geimpft zu sein (und wenn jemand nicht geimpft ist – wen interessiert der Grund? mich nicht, es können so viele gute Gründe sein). Wieso sollte ich mich der Unterstellung meine KollegInnen oder ich würden so verfahren, wie von Ihnen beschrieben, oder der Unterstellung ich sei für erhöhte Versicherungsprämien für Nicht-Geimpfte stellen? Können wir mal die Kirche im Dorf lassen? Der Nachweis (egal welchen Status) ist ein Stück Papier (in Verbindung mit einem Ausweis) oder ein digitales Pendant. Vorzeigen, hinsetzen, fertig.

      Der Ansatz des Unbedenklichkeitsnachweises für Freiheit ist im Übrigen sehr alt. Wer vehement dagegen ist und in der gegenwärtigen Situation ohne Alternativen zu nennen das Prinzip rundweg ablehnt, muss sich umgekehrt fragen lassen, warum denn diejenigen, die sich nicht impfen lassen können* wegen denjenigen, die es weder wollen noch einen Testnachweis erbringen wollen, ein erhöhtes Risiko einer Infektion tragen sollen?

      * Und: Letztlich werden wir alle infiziert werden, mit oder ohne Impfung. Früher oder später. Die neuen Varianten werden z. T. Fluchtmutationen darstellen, welche den Schutz durch eine Impfung senken werden (vgl. dieser Beitrag). Da ist es nicht vermessen, für alle ein großes Stück relativer Sicherheit zu fordern und denjenigen, die partout nicht mitmachen wollen den Weg zur Tür zu weisen. Letztlich ist die Teilnahme an einer Universitätsveranstaltung freiwillig und immer schon mit Auflagen verbunden, deren Erfüllung nachgewiesen sein muss.

  4. #7 Peter
    Wien
    16. Juli 2021

    Ein ehrlicher Mensch würde einfach erläutern, warum ein Impfzwang aus seiner Sicht notwendig ist. Aber es wird stattdessen unehrlich philosophiert und das Wort Impfzwang vermieden. Unwürdiges Verhalten!

    • #8 Christian Meesters
      17. Juli 2021

      Man schreibt nicht, was Sie interpretieren und ist folglich ein unehrlicher Mensch? Interessant.

      Das es keine Impflicht (oder wie sie meinen Impfzwang) gibt, finde ich im Grunde gut – das verlangt eine gute Überzeugungsarbeit. Muss die in jedem Zeitungs- oder Blogartikel, der das Thema am Rande streift gemacht werden? Nö. Und ergibt sich ein Zwang, wo es Alternativen gibt? Nö.

      Es ist ohnehin fraglich, ob Impfen & Testen ein Dauerzustand bleiben wird. Trifft das Virus – in all seinen Varianten – auf eine nicht mehr naive Bevölkerung, werden Infektionsgeschehen und Belastung des Gesundheitssystems entkoppelt und Maßnahmen gegen das Infektionsgeschehen werden nach und nach zurückgenommen werden. Wer bis dahin eine Impfung aussitzen mag, hat die Möglichkeit – und muss das Risiko in Kauf nehmen.

  5. #9 UMa
    17. Juli 2021

    Momentan steigen die Infektionszahlen steil an. Wenn das so weitergeht, und das ist wie England, Spanien und die Niederlande zeigen plausibel, und sich die Infektionzahlen jede Woche verdoppeln ist mit einer verhundertfachten Inzidenz im September zu rechnen.

    • #10 Christian Meesters
      17. Juli 2021

      … und dann ist ohnehin Essig mit Präsenzlehre …

  6. #11 UMa
    25. Juli 2021

    Der steile Anstieg Anfang Juli hat sich in der letzten Woche verlangsamt. In den Niederlanden, wo der Anstieg am schnellsten war, gehen die Zahlen zurück. Dort wurden aber auch die Öffnungen die zu dem steilen Anstieg geführt hatten wieder zurückgezogen. In den anderen Ländern ist das nicht so klar.
    Vielleicht spielt der Ferienbeginn eine Rolle. Oder der starke Anstieg war zumindest teilweise durch die Fußball EM bedingt.
    Ich schätze jetzt nur noch eine verachtfachung der Fallzahlen bis zum September, gegenüber dem Minimum Ende Juni in Deutschland.
    Leider sind die Impfungen weiter im freien Fall und damit ein Ende der vierten Welle der Delta Variante in Deutschland nicht in Sicht.