Mitten in den rheinlandpfälzischen Herbstferien startet wird in Mainz das Semester wieder beginnen – oder besser: die Vorlesungszeit wieder starten (in anderen Bundesländern sind die Termine andere). Es wird ein ungewöhnliches Semester werden. Eines, in dem die Studierenden mit ihren Träumen und Idealen sitzen werden – meist hinter einem Bildschirm. Kein Brainstorming während oder nach der Vorlesung mit einem Blatt Papier und großen Worten. Nicht zusammen in der Mensa lästern. Keine Kneipenabende in engen Kellern. Kein Gespräch nach der Veranstaltung mit den Dozenten.

Nebenan, bei Frischer Wind und bei Hier wohnen Drachen gab es bereits zwei wirklich gute Beiträge zum Thema “Online-Lehre in Zeiten von Corona”. Kann dieser Blog noch etwas beitragen? Nur wenig … Ihr wisst: Ich bin bekennender Gerne-Lehrer. Und doch bin ich erst im letzten Monat wieder dazu gekommen Lehrveranstaltungen durchzuführen. Es kam einfach zu viel dazwischen: Krankheit, technische Probleme, Sommerferien, Arbeit, Arbeit, Arbeit … Doch die Überlegung, die ich mit einem Kollegen hatte, will ich nicht verschweigen: Es gibt, wir waren uns einig und finden das eine triviale Aussage, einfach Lehrveranstaltungen, die sich besser für ein Online-Format eignen, als andere.

Vorlesungen, beispielsweise, können wir uns sehr einfach in einem Videokonferenzformat vorstellen. Jemand spricht und zeigt ein paar Folien dazu. Das allein ist schnell umgesetzt. Ehrgeizigere haben durch MOOCs bereits demonstriert, dass man das Format erweitern und variieren kann. Aber was ist mit Tutoriaten? Wie auf jemanden zugehen, der Schwierigkeiten mit den Aufgaben hat, wenn ich das nicht sehe (und sich die Person nicht äußert)?

Zur Erinnerung …

In meinem Fall geht es um Veranstaltungen für WissenschaftlerInnen vom am Ende des Studiums (Bachelor- oder Masterarbeit) bis hin zu PostDocs. Es geht um eine Einführung in Umgang mit Großrechnern. Also um eine Veranstaltung, bei der alle Teilnehmenden ohnehin am Bildschirm sitzen. Also einfach als Onlineveranstaltung umzusetzen, oder?

Pustekuchen!

Die bisherigen Veranstaltungen liefen. Recht gut, wie ich finde – von technischen Kalamitäten abgesehen. Wie gut sie ankamen, weiß ich allerdings nicht: Die anonyme Umfrage, die wir sonst immer machen fiel bislang aus (ich arbeite an einer online Version). Aber aus meiner Warte blieben sie qualitativ hinter den bisherigen zurück. Und das liegt an der Natur der Veranstaltung, an mir und allen, die nicht mitmachen. Die Veranstaltungen sind einfach ziemlich interaktiv ausgelegt. Wir haben lange überlegt, dass es am Besten ist, wenn Dinge, die niemand kennt, zusammen eingeübt werden: Alle Teilnehmenden sind von Anfang an aufgefordert miteinander zu diskutieren, Lösungen einander zu erklären (denn wer erklärt versteht besser) und stets dazwischen zu fragen, wenn etwas unklar ist.

Ja. Nun. Das geht online nur sehr eingeschränkt: Klar kann man all dies auch online umsetzen. Unsere Software erlaubt break-out rooms wo zwei Leute oder eine Teilgruppe diskutieren können. Aber schon “normalerweise” ist es schwer einige Menschen zu bewegen vor einer Gruppe zu sprechen oder gar Fehler und Unverstand zu zeigen. Online geht es ähnlich. Und so bleibt bei den meisten die Kamera aus und Wortmeldungen reduzieren sich auf ein “ich bin noch da”, wenn man explizit nachfragt. Normalerweise zeige ich ein Terminal und die Folien gleichzeitig – an die allfällige Veränderung kann man sich anpassen. Es bleiben dennoch Zeiten in denen ich in die Kamera gesprochen haben ohne irgendjemanden zu sehen – und ohne zu wissen, ob meine Botschaften ankommen oder nicht.

Bei Präsenzveranstaltungen gehe ich umher, schaue auf die Bildschirme und erkenne meist schnell, wo genau ein Problem ist. Im Videoformat bedeutet es die Übertragung des Präsentationsmodus (der Modus in unserer Software kann nämlich nur an eine Person übertragen werden), Auswahl des zu übertragenden Fensters durch die Teilnehmenden und weitere Rückfragen – m.a.W. es fordert die Geduld aller. Nach und nach wird man geübter – aber die Chemie zwischen einander mag einfach nicht wie üblich entstehen. Man kann nicht in den Pausen quatschen, nicht miteinander die Mittagspause verbringen (bei mir sind es ja “zwangsweise” Ganztagesveranstaltungen, da ergab sich das ab und an) und so mit dem schon beschriebenen mangelnden Feedback bleibt die lebendige Veranstaltung eine Wunschvorstellung.

Worum es geht

Es geht nicht um mich und mein Gejammer. Es geht um alle, die etwas lernen mögen. Unsere Rolle als DozentInnen ist zu vermitteln, was für die Teilnehmenden (in den meisten anderen Fällen: Studierende) wertvoll sein kann. Wir können uns die alte Welt schnellstmöglich zurückwünschen und bis dahin alles Andere versuchen, was notwendig ist, damit der Laden läuft. Die Universitäten unternehmen enorme Anstrengungen, damit der Versuch erfolgreich wird (von Ausweitung der Serverkapazitäten über neue IT-Services bis zu konzeptueller Unterstützung und dem Versuch auf den Campi stattfinden zu lassen, was irgendwie möglich ist.).

Also, wenn ihr selber mal teilnehmt: Seid geduldig, wenn mal etwas nicht klappt – und vor allem: Gebt Feedback.

 

 

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