Ein Computer-Chip, der in den menschlichen Körper implantiert wird? Das gab es schon vor über zehn Jahren. Nachdem man lange nichts von dieser Technologie gehört hat, gibt es jetzt wieder Neuigkeiten.

Es klingt schon ziemlich gruselig: Ein Computerchip, der kontaktlos angesprochen wird, wird in den menschlichen Körper (meist in den Oberarm) implantiert. Dort kann er die Funktion eines Ausweises, einer Chipkarte, eines Türschlüssels oder einer Kreditkarte übernehmen.

Einige besonders gruselige Implantationsideen finden sich in einem US-Patent aus dem Jahr 2004. Dort wird beispielsweise beschrieben, wo man im menschlichen Körper einen Chip unterbringen kann, damit dieser möglichst schwer zu entfernen ist – zum Beispiel in der Gebärmutter.

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Eine weitere Idee aus diesem Patent: ein implantierter Chip, der Stromschläge aussendet, wenn der Implantierte einen vorgegebenen Bereich verlässt. Diese Technik könnte man nutzen, um Gefängnisausbrüche zu verhindern.

Die Realität sieht im Vergleich zu diesem Gruselkabinett etwas weniger spektakulär aus. Bisher gibt es überhaupt nur einen implantierbaren Chip auf dem Markt: den VeriChip der Firma PositiveID.

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Der VeriChip kann weder Stromstöße versenden, noch Geld transferieren. Er kann lediglich eine 16-stellige Kennzahl versenden, die den Implantierten eindeutig identifiziert. Es ist recht einfach, einen VeriChip zu simulieren – als Türschlüssel oder als Kreditkartenersatz ist ein solcher also nicht geeignet.

Vor zehn Jahren machte der VeriChip immer wieder Schlagzeilen. Eine spanische Disco, mehrere Krankenhäuser, eine mexikanische Behörde und einige andere Einrichtungen ließen ihre Kunden, Patienten oder Mitarbeiter chippen – natürlich auf freiwilliger Basis.

Doch die diversen VeriChip-Pilotprojekte stießen auf heftige Proteste. Bibeltreue Christen sahen in den Chip-Implantaten sogar die Erfüllung einer Prophezeiung aus der Johannes-Offenbarung. Andere Kritiker blieben etwas sachlicher. Die meisten Proteste richteten sich nicht primär gegen den (vergleichsweise harmlosen) VeriChip, sondern folgten der Devise „wehret den Anfängen“.

Die Proteste führten dazu, dass sich der VeriChip nicht durchsetzte. Um 2010 verschwand das Produkt von der Bildfläche und wurde nicht mehr beworben, ohne dass PositiveID es offiziell vom Markt genommen hätte.

Dennoch habe ich in den letzten Jahren einige Vorträge und Artikel über Chipimplantate verfasst bzw. gehalten. Das Interesse an diesem Thema war jedes Mal groß. Mehrfach habe ich in dieser Zeit die Firma PositiveID kontaktiert, um an zusätzliche Informationen zu kommen – ich habe nie eine Antwort erhalten.

Im März dieses Jahres erlebte ich dann eine Überraschung. Ein Bürohaus in Schweden, so war in den Medien zu lesen, habe Chipimplantate zur Zutrittskontrolle für dort arbeitende Personen eingeführt. Welches Produkt dabei zum Einsatz kommt, wurde nicht gesagt. Ich vermute aber stark, dass es der VeriChip ist.

Letzte Woche konnte man auf der IFA in Berlin die Demonstration einer Chip-Einpflanzung bewundern. Ein solcher Vorgang geht anscheinend recht schnell und ist mit dem Verabreichen einer Spritze vergleichbar.

Werden wir also demnächst einen Chip-Implantate-Boom erleben? Gehören Haustürschlüssel und Kredikarten bald der Vergangenheit an und werden durch implantierte Chips ersetzt? Ich glaube nicht. Schließlich gab es bereits vor zehn Jahren so heftigen Widerstand – mit berechtigten und unberechtigten Argumenten -, dass alle namhaften Unternehmen die Finger davon gelassen haben. Ich denke daher, dass sich diese Technik in naher Zukunft nicht durchsetzen wird. Vermutlich ist das auch gut so.

Zum Weiterlesen: Das Dancing-Pig-Phänomen

Kommentare (6)

  1. #1 Max Baertl
    8. September 2015

    Sicherlich haben Geheimdienste großes Interesse an einem Boom von Chip-implantaten bei Menschen, da so die Überwachung von Personen erleichtert wird, und es quasi keine Chance gebe sich dieser Überwachung zu entziehen.

  2. #2 BreitSide
    Beim Deich
    8. September 2015

    Das mit der spanischen Disco hatte ich noch mitgekriegt, ich hätte allerdings nicht gedacht, dass das so eingeschlafen ist.

    Manche Anwendungen rufen allerdings einen gewissen Ekel hervor…

  3. #3 Karla Kolumna
    9. September 2015

    Letzte Woche konnte man auf der IFA in Berlin die Demonstration einer Chip-Einpflanzung bewundern. Ein solcher Vorgang geht anscheinend recht schnell und ist mit dem Verabreichen einer Spritze vergleichbar.

    Katzen (und auch andere Tiere, oft Zootiere) werden schon seit vielen Jahren gechippt. Einfach das kleine Stäbchen mit einer großen Kanüle unter die Haut schieben.
    Hormonimplantate für Frauen werden mit der gleichen Technik unter die Haut geschoben.
    Also wahrlich nix Spektakuläres.

  4. #4 Alexander
    9. September 2015

    Bei mir kann man gerne wissen, wo ich gerade bin. Dafür würde die Aufklärungsrate von Verbrechen auf 100% schnellen und auch Verschwundene und Verletzte, die sich nicht selbst retten könnten, bekämen schnelle Hilfe. Auch der Computer der Enterprise weiß schließlich, wo sich jeder im Moment aufhält. 🙂

  5. #5 Merit-Seto
    9. September 2015

    Nun ja… als OrtungsChip lehne ich das für mich selbst ab, auch wenn ich nix zu verbergen habe. Vergleichbar mit der Vorratsdatenspeicherung, schätze ich. Auf freiwilliger Basis, mit der Möglichkeit das auch abzuschalten, aber durchaus auch hilfreich, wie Alexander schon sagt, im Fall von Verschwundenden, Verletzten, Verschütteten usw…

    Als Wohnungsschlüssel wäre es ein Traum. Ich bin da – Tür auf, PC fährt hoch, Kaffeemaschine schaltet ein. Zukunftsmusik. 😀

  6. #6 michanya
    25. Oktober 2016

    … gab auch irgendein film wo ein – MINI
    UBOOT – im menschlichen körper die organe und den ablauf der enzyme erforscht hat.
    Maxi – midi – mini – alles wird immer kleiner und auch feiner.
    Wer bin ich ? – kann dann jeder gerne von sich preis geben – und wenn man den Chip updatet dann ist man auch immer persönlich in.

    Und danach – gibt auch heute schon den QR-code auf dem grabstein – der dem besucher dann die Lebensgeschichte gerne erzählt – musst dann nicht bei persönlichkeiten extra nachschlagen …

    In ist wer drin ist – biotec4u