Verschlüsselte Postkarten bieten einen unverstellten Einblick in die Liebesbeziehungen der einfachen Leute vor 100 Jahren. Oft sind sie nicht schwer zu knacken.
Zwischen etwa 1890 und dem Zweiten Weltkrieg waren Postkarten ausgesprochen populär. Da das Telefon noch nicht verbreitet und Briefe zu teuer waren, schickten sich die einfachen Leute im großen Stil Ansichtskarten zu. Vielerorts kam die Post dreimal täglich, und so konnte der Absender einer Karte noch am selben Tag auf eine Antwort hoffen. Doch da Postkarten bekanntlich recht einfach mitgelesen werden können, wandte so mancher Schreiber Verschlüsselung an. Meist ging es darum, eine heimliche Liebe vor den Mitmenschen zu verbergen.
Mehr zu diesem Thema gibt es in meinem vor ein paar Tagen erschienenen Artikel in Focus Online.
Leider hat Focus Online die beiden im Artikel erwähnten Postkarten nicht abgebildet. Das hole ich hier nach. Hier ist die im Jahr 1901 aus Rottweil ins nahe gelegene Wellendingen verschickte Karte:
Die Versachlüsselung habe ich übrigens nicht selbst gelöst. Stattdessen habe ich eine Anfrage über Spiegel Online (Einestages) gestellt. Der Leser A. Wolter fand die richtige Lösung.
Und hier ist die im Artikel erwähnte Mansfeld-Postkarte:
Und hier ist ein Bild vom ebenfalls im Artikel erwähnten Tobias Schrödel, dem führenden Experten für verschlüsselte Postkarten:
Das Thema verschlüsselte Postkarten hat noch einiges an Potenzial. Anfangs des 20. Jahrhunders müssen unzählige davon verschickt worden sein, und hinter nahezu jeder muss ein kleines oder großes Liebesdrama gesteckt haben. Hier gibt es noch viel zu forschen. Falls ein Leser eine verschlüsselte Postkarte auf dem Dachboden oder sonst irgendwo entdeckt hat, würde mich das interessieren.
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