Im 16. Jahrhundert veröffentlichte ein italienischer Kryptologe zehn Übungsaufgaben. Vier davon sind bis heute ungelöst. Eines der Kryptogramme könnte besonders interessant sein.

Die Renaissance gehört zu den spannendsten Epochen der Kryptologie-Geschichte. Gelehrte wie Alberti oder Porta erfanden neue Verschlüsselungsverfahren, schrieben furiose Kryptologie-Bücher und schufen theoretische Grundlagen. Nachdem man im Mittelalter kaum mehr als primitive Buchstabenersetzungen gekannt hatte, wandelte sich die Kryptologie innerhalb eines Jahrhunderts zu einer prosperierenden Wissenschaft.

Zu den wichtigsten Größen dieser Epoche gehört der Italiener Giovan Battista Bellaso (geboren 1506). Dieser veröffentlichte drei Kryptologie-Bücher. In diesen finden sich die frühesten kryptologischen Übungsaufgaben, von denen wir wissen. Insgesamt führte Bellaso (in zweien seiner Bücher) zehn Kryptogramme auf, die der Leser dechiffrieren sollte.

Bellaso-Foreword

Die ersten drei Übungsaufgaben sind in der 1555 erschienenen Ausgabe des Buchs La Cifra del Sig. Giovan Battista Belaso enthalten. Weitere sieben, etwas kürzere Kryptogramme, wurden 1564 in Il Vero Modo di Scrivere in Cifra veröffentlicht. Die Lösungen gab Bellaso nicht an.

In den neunziger Jahren weckte der italienische Kryptologie-Historiker Augusto Buonafalce Bellasos Übungsaufgaben aus einem über vier Jahrhunderte dauernden Dornröschenschlaf. Im Januar 2006 stellte er die zehn Kryptogramme in der Fachzeitschrift Cryptologia vor. 2009 veröffentlichte der Brite Nick Pelling die Aufgaben in seinem Blog . Zu den Lesern gehörte Pellings Landsmann Tony Gaffney. Dann ging es Schlag auf Schlag:

31. März 2009: Tony Gaffney meldet die Lösung zu Aufgabe 6 aus dem zweiten Buch.

19. März 2009: Gaffney postet zwei weitere Lösungen – Nummer 1 und 2 aus dem zweiten Buch.

27. April 2009: Gaffney löst Nummer 7 aus dem zweiten Buch.

5. Mai 2009: Gaffney löst Nummer 3 und 4 aus dem zweiten Buch.

Gaffney hatte damit sechs Bellaso-Aufgaben gelöst. Vier blieben übrig, darunter alle drei Kryptogramme aus dem ersten Buch. Sie sind bis heute ungelöst. Diese vier Aufgaben zählen meiner Meinung nach zu den 25 bedeutendsten Kryptologie-Rätseln der Welt.

Nick Pelling hat auf seiner Web-Seite alle zehn Kryptogramme transkribiert. Hier gibt es eine deutsche Zusammenfassung. Das erste Kryptogramm sieht beispielsweise so aus:

Frzf  polh  hebx  ghqf  xtou  ulfh  gihm  qbgn* yoep  rpmi  porn  zngy

gzop  zctm  qdfl  hian  bxbu  dqmt  dnul  ayxm  cars  gsgc  xrch  omdo

cgmh  hxpc  bom*f rntr  oyqz  zhim  hsph  mphr  xrfh  omd’a updq  bedp

rhxe  flfg  dqlb  dcdq  cxrf  glmb  pctq  pnpy  fdeo  zcxt  braz  bude

qpyh  gnfp  beinu ndqa  ngxn  bloc  auyu  btos  iblx  fbyid fxyh  mctf

tmoz  fhlb  aich  oqep  luzi  ucxe  nctb  ghpz  lbxu  flzs  myxt  nbon*

loge  nxhq  xyef  nzgh  ryrd  myrf  qfao  dqse  tryr  cqtx  ddbx  nscu

hpnq  qscq  hqry  gnsp  huam  pfpn  fdcg  tbsn  lman  smlb  zcmb  easa

qemb  udoa  cxph  rsqgf yrnf  fgep  itia  amsy  acih  sxth  tsfd  cxph

lyni  rupt  ygdr  enqn  nfhi  enbe* engc  monb  qogt  rszy  clcx  aldu

ayix  ttis  phms  asbl  cpix  gnsr  tyeo  qxrf  yedx  mtgix rhcm  xuhf

sghr  opbg  slbo  cecu  flhb  npfc  e*rep gdqv  bzpr  haum  prpc  doxd

qylp  hqfq  dimtu ibgs  xelc  hgsh  zumh  qbxa  xcqt  pilb  ocud  slgl

hgdh  uhpd  hbxe  fltq  yayg  bdcle gmtn  umni  utpl  tufq  bdzo  sfzb

yezd  xnqc  opcy  pyhq  efso  zsbm  ornd  hudc  nulr  ryrn  pxlnu tgdaz

Über eines der Kryptogramme (es ist leider nicht klar, welches er meinte), schrieb Bellaso: „Das Kryptogramm enthält die Erklärung, warum zwei Kugeln, die eine aus Eisen, die andere aus Holz, die von einer hohen Stelle fallengelassen werden, den Boden zur gleichen Zeit erreichen.“ Die Erkenntnis, dass leichte und schwere Körper gleich schnell fallen, wird oft Galileo Galilei zugeschrieben, war jedoch schon zuvor bekannt. Bellaso, der diese Zeilen 40 Jahre vor Galilei schrieb, hat also nach eigener Aussage eine Erklärung für dieses Naturgesetz verschlüsselt. Doch wie soll eine solche Erklärung aussehen? In welchem Kryptogramm steht die Erklärung? Vielleicht findet ja ein Leser mehr heraus.

Kommentare (17)

  1. #1 Roland B.
    2. August 2013

    Ich würde, wiewohl absoluter Laie auf diesem Gebiet, bei jahrhundertelang nicht gelösten Rätseln immer erst mal darauf tippen, daß da ein Fehler liegt im Original.

    • #2 Klaus Schmeh
      2. August 2013

      Das ist natürlich möglich. Aber in diesem Fall sind die vier verbleibenden Kryptogramme noch nicht ausreichend untersucht, um sie als jahrhundertelang nicht gelöste Rätseln zu bezeichnen.

  2. #3 Alex
    21. November 2014

    Auf Wiki steht ein wenig über ihn und seine Techniken, von denen ich allerdings nur die Hälfte verstehe. 🙂

    Jedenfalls scheint er immer noch zu leben – sein Todesjahr ist noch offen “(1505–…)”. Vielleicht kann man ihn ja finden und selbst befragen. (c;

    Ich staune immer, wieviel Zeit die Menschen früher offenbar hatten. Ohne Computer muss es doch Tage oder sogar Wochen gedauert haben, einen Text zu ver- oder entschlüsseln. Und man durfte bei einigen Systemen auch keinen Fehler machen, sonst war der ganze Text unleserlich. Respekt.

  3. #4 Norbert
    30. März 2016

    Nach einigen Wochen Beschäftigung mit Bellaso konnte ich die Anzahl der ungelösten Aufgaben immerhin auf zwei reduzieren 🙂 Zunächst die

    Lösung der 5. Aufgabe von 1564

    Es gibt fünf Alphabete, die jeweils einen reziproken Substitutionsschlüssel darstellen (jeder Buchstabe wird mit dem verschlüsselt, der direkt über oder unter ihm steht – die Entschlüsselung funktioniert genauso). Dabei bleibt die obere Reihe immer gleich und die untere rotiert:

    #1 bacdefghlm
       tisnopqrux

    #2 bacdefghlm
       xtisnopqru

    #3 bacdefghlm
       uxtisnopqr

    #4 bacdefghlm
       ruxtisnopq

    #5 bacdefghlm
       qruxtisnop

    Offensichtlich benutzte Bellaso hier seinen zweiten Vornamen als Schlüsselwort: “Battista”

    Der erste Klartextbuchstabe wird mit Key #1 chiffriert, und dann wechselt der verwendete Key mit jedem Buchstaben zyklisch (12345123451…), mit einer Ausnahme: Nach einem Klartext-‘x’ (das als Worttrenner benutzt wird) bleibt der Key für den nächsten Buchstaben der gleiche. Man erhält

    EUFEMEASGGMCN FLFBNMGTMNNBFD BLCAXTM HCFXFFCBQDCA
    1234512345112 34512345112345 5123345 123451234551
    omnipotensxse npiternexdeusx quixadp rincipiumxui

    MECTFOCAFHGMFNMATDCMIDIOIDFEABABUHEDAPHXOBDXPCIBMDBEL
    23445123345112345123455123451223451233451223451223451
    usxdieixnosxperuenirexfecistixtuanosxhodexsaluaxuirtu

    ASCAEISAFAOUMAIIUUCFIPLDAHIUSTCAP
    234451233451233451234512334512345
    texutadxnulluxdeclinemusxpeccatum

    Das ist überraschenderweise gar kein (pseudo-)wissenschaftlicher Klartext, sondern ein lateinisches Stundengebet, wie es scheint:

    Omnipotens senpiterne [sempiterne] deus, qui ad principium [h]uius diei nos pervenire fecisti; tua nos hod[i]e salva virtute, ut ad nullu[m] declinemus peccatum.

    • #5 Klaus Schmeh
      30. März 2016

      Gratuliere! Das sieht gut aus! Ich muss mir die Sache erst noch genauer anschauen, aber ich habe kaum Zweifel, dass die Lösung stimmt.
      Jetzt bin ich natürlich auf die zweite Lösung gespannt.

  4. #6 Thomas
    30. März 2016

    Herzlichen Glückwunsch! Da haben Sie aber wieder einmal zugeschlagen, eine bewundernswerte Leistung, diesen Schlüssel herauszufinden!

    • #7 Norbert
      30. März 2016

      Danke 🙂 Tatsächlich war es aber hauptsächlich nur ein Raten der richtigen Verschlüsselungsmethode (Bellaso folgt mit seinen Aufgaben dankenswerterweise genau der Reihenfolge, in der er seine verschiedenen Systeme vorgestellt hat, daher war der erste Versuch ein Treffer), und Programmieren eines geeigneten Simulated-Annealing-Algorithmus. Bei der Lösung von 1555 Nr. 1, die ich noch auf Deutsch posten muss (bei Nick Pelling steht sie schon), war mein Eigenanteil etwas höher, auch wenn der Computer ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt hat …

  5. #8 Norbert
    30. März 2016

    Lösung der 1. Aufgabe von 1555

    Der prinzipiell benutzte Schlüssel lautet: xmseptfirnbucdgahlqoyz.

    Auch dazu dürfte ein Schlüsselwort oder eher eine Schlüsselphrase existieren, die ich aber bislang nicht herausknobeln konnte. Man muss dazu wissen, dass in diesem System von 1555 die Vokale im Schlüssel auf feste Positionen gesetzt werden (Buchstabe Nr. 4, 8, 12, 16, 20) – in welcher Reihenfolge, wird durch die Schlüsselphrase bestimmt. Deswegen ist von der Schlüsselphrase nur bekannt, in welcher Reihenfolge Vokale in ihr auftauchen, nämlich eiu(ao), und die Reihenfolge ihrer Konsonanten: xmsptfrn(bcd…). Das sieht sehr nach einem lateinischen Ausdruck aus, der mit “ex” oder “eximius” (was mein Tipp wäre) beginnen könnte.

    Wieder haben wir eine Reihe von reziproken Substitutionsschlüsseln, diesmal elf an der Zahl. Die obere Reihe bleibt wieder konstant, und die untere rotiert:

                 xmseptfirnb
                 ===========
    X,E key #0:  ucdgahlqoyz
    M,I key #1:  zucdgahlqoy
    S,V key #2:  yzucdgahlqo
    P,A key #3:  oyzucdgahlq
    T,O key #4:  qoyzucdgahl
    F,R key #5:  lqoyzucdgah
    N,B key #6:  hlqoyzucdga
    C,D key #7:  ahlqoyzucdg
    G,H key #8:  gahlqoyzucd
    L,Q key #9:  dgahlqoyzuc
    Y,Z key #10: cdgahlqoyzu

    (Für die Bedeutung der Großbuchstaben siehe weiter unten.)
    Jede Buchstabengruppe wurde mit einem bestimmten Key chiffriert:

    frzf polh hebx ghqf xtou ulfh gihm qbgn* yoep rpmi porn zngy
    2    1    2    0    5    8    4    1     6    4    0    5
    alma gnif icoy etil lust reys igno rypõ  peoy auog aroy pare

    gzop zctm qdfl hian bxbu dqmt dnul ayxm cars gsgc xrch omdo
    6    4    2    9    2    1    7    3    4    2    2    1
    ntey etco npar eysu oyos erua ndis imoy tray tute ylei nuen

    cgmh hxpc bom*f rntr oyqz zhim hsph mphr xrfh omd'a updq bedp
    4    2    4     0    5    9    2    0    2    1     7    1
    tion iyde lmõd  oyho semp reyg iudi cato ylai nuẽt  ione ydeg

    rhxe flfg dqlb dcdq cxrf glmb pctq pnpy fdeo zcxt braz bude
    2    2    1    1    2    1    2    0    5    8    4    1
    liyc arat eriy eser eyla piuy degn ayan ciys ingo lare ymed

    qpyh gnfp beinu ndqa ngxn bloc auyu btos iblx fbyid fxyh mctf
    0    0    3     0    5    1    3    1    2    5     0    8
    iant eyla quale ysip arla yins ieme yanc hory chedi lunt anoy

    tmoz fhlb aich oqep luzi ucxe nctb ghpz lbxu flzs myxt nbon*
    4    8    3    6    7    2    1    4    2    9    3    1
    come ysed iapr esoy sifu seyc osay inue roys opra ymod oynõ

    loge nxhq xyef nzgh ryrd myrs qfao dqse tryr cqtx ddbx nscu
    6    0    5    4    5    4    0    5    0    7    2    2
    meno yuti leyc hein gegi osay ilpr imoy hono reya ppoy ques

    hpnq qscq hqry gnsp huam pfpn fdcg tbsn lman smlb zcmb easa
    0    2    0    0    3    0    5    1    3    1    2    5
    tayi nuen tion eyda reiy alay cifr ayco nyil cuiy mezo ynon

    qemb udoa cxph rsqgf yrnf fgep itia amsy acih sxth tsfd cxph
    6    1    2    2     0    6    1    4    3    7    1    2
    sola ment eydi lunta noyl unoy lalt roys ipar laym ache eydi

    lyni rupt ygdr enqn nfhi enbe* engc monb qogt rszy clcx aldu
    9    7    4    5    3    1     6    1    6    4    2    3
    piuy cioy sifa yama lgra doyd' ogni unoy senz ayes erey inte

    ayix ttis phms asbl cpix gnsr tyeo qxrf yedx mtgix rhcm xuhf
    9    1    4    2    6    0    5    0    5    0     4    2
    siyd aalc unoy fuor iych eydo ueys iuol eyil chequ anto ysia

    sghr opbg slbo cecu flhb npfc e*rep gdqv bzpr haum prpc doxd
    2    6    1    2    2    0    6     1    4    3    7    1
    util eyan ciyn eces ario yalm õdoy  pert leua riey ocor enze

    qylp hqfq dimtu ibgs xelc hgsh zumh qbxa xcqt pilb ocud slgl
    7    0    3     4    6    4    4    2    7    1    7    1
    etso tili tayde gliy homi niyn epon noyf arey gliy prin cipi

    hgdh uhpd hbxe fltq yayg bdcle gmtn umni utpl tufq bdzo sfzb
    0    7    2    1    9    2     4    3    1    8    6    4   
    test imon ioyc hiar isim operc ioch eyla magi oryp arte ydel

    yezd xnqc opcy pyhq efso zsbm ornd hudc nulr ryrn pxlnu tgdaz
    5    0    7    0    5    4    0    2    7    0    3     4  
    eypi uyim port anti ycos eylo roys ispe disc onoy conle cifre

    (Anmerkung: In Zeile 7 habe ich die sechste Gruppe von myrf auf myrs korrigiert, was definitiv mehr Sinn macht; und wenn der Setzer mit “langem s” [ſ] gearbeitet hat, könnte myrf durchaus ein Lesefehler sein.)

    Hier der Klartext, wie ich als Renaissance-Italienisch-Laie ihn lese:

    Al magnifico et illustre Signore Põpeo [=Pompeo] Avogaro parente et conpare suo os[s]ervandis[s]imo.
    Tra tut[t]e le inventioni del mõdo [=mondo] ho sempre giudicato la invẽtione [=inventione] degli carat[t]eri es[s]ere la più degna anci singolare; mediante laquale si parla insieme anchor che di luntano come se di apres[s]o. Si fus[s]e cosa invero sopra mo[n]do nõ [=non] meno utile che ingegiosa [ingegnosa]? Il primo honore appò questa inventione darei à la cifra con il cui mez[z]o non solamente di luntano l’uno l’altro si parla, ma che di più ciò si fa à malgrado d’ogni uno senza es[s]ere intesi da alcuno fuori che dove si vole il che quanto sia utile anci neces[s]ario al mõdo [=mondo] pert [per] le varie oc[c]orenze et sot[t]ilità degli homini. Ne ponno fare gli principi testimonio chiaris[s]imo per ciò che la mag[g]ior parte del[l]e più importanti cose loro si spediscono con le cifre.

    Die Abfolge der verwendeten Schlüsselalphabete (2120584…) ist nicht zufällig, sondern wird durch eine zweite Schlüsselphrase festgelegt, die Bellaso “Contrasegno” nennt. Jeder Buchstabe des Contrasegno steht für ein Schlüsselalphabet, wofür die aus Großbuchstaben bestehende linke Spalte der Schlüsseltabelle verwendet wird. Den hier verwendeten Contrasegno konnte ich herausfinden, es sind Verse von Vergil (Ekloge 3, Vers 28-31):


    vis ergo, inter nos, quid possit uterque, vicissim
    212 0584  16405 642  9217 342214 2405920  21712211 212... (wiederholt bis Ende von Zeile 4)

    experiamur? ego hanc vitulam (ne forte recuses,
    0030513125  084 8367 2142931  60 54540 5072202 003... (wiederholt bis Ende von Zeile 8)

    bis venit ad mulctram, binos alit ubere fetus)
    612 20614 37 12974531  61642 3914 26050 50422 612... (wiederholt bis Ende von Zeile 12)

    depono: tu dic, mecum quo pignore certes.
    703464  42 717  10721 924 3186450 705402 7034

    • #9 Klaus Schmeh
      30. März 2016

      Fantastisch! Das müsste auch passen. Ich gratuliere noch einmal zu dieser tollen Leistung.

  6. #10 Norbert
    30. März 2016

    Interessant ist, dass sich die speziellen Markierungen im Originaltext, die Nick Pelling jeweils mithilfe eines Sternchens transkribiert hat, als Tilden herausgestellt haben – in der damaligen Zeit wurden diese in lateinischen und italienischen Texten ja häufig verwendet, um ein auf den bezeichneten Vokal folgendes n oder m anzudeuten: mõdo = mondo, Põpeo = Pompeo. Das könnte hilfreich für die Lösung der noch ausstehenden Aufgaben werden. (Nur an einer Stelle, nämlich “enbe*” in Zeile 10, passt keine Tilde. Ob es für den an dieser Stelle auftretenden Apostroph steht, weiß ich nicht, eher denke ich, dass es sich hier um einen Druckfehler handelt.)

    • #11 Klaus Schmeh
      30. März 2016

      Ich werde natürlich einen Blog-Artikel über diesen Dechiffrier-Erfolg schreiben, wird aber noch ein paar Tage dauern.

  7. #12 Thomas
    30. März 2016

    Absolute Spitze, habe noch etwas Zeit gebraucht, um die komplexe Lösung nachzuvollziehen. Zu #7: Was ist simulated annealing in der Kryptoanalyse?

  8. #13 Dampier
    30. März 2016

    Ich liebe diesen Blog :))
    Gratulation Norbert!

  9. #14 Norbert
    30. März 2016

    @Thomas: Simulated annealing ist in der Kryptoanalyse manchmal ein richtiges Wunderwerkzeug! Ich hab’s auf folgender Seite kennengelernt, wo man auch konkrete Programmbeispiele findet:

    https://practicalcryptography.com/cryptanalysis/stochastic-searching/cryptanalysis-playfair/

  10. #15 Tony
    2. April 2016

    Excellent work Norbert
    “ENBE*” – what is taken as a tilde over the E may be a diacritical mark below the the P in the FGEP group above it – it is unclear.

  11. #16 Norbert
    2. April 2016

    @Tony: Thank you, but nothing compares to your amazing six solutions 🙂

    Here are some thoughts on Tony’s solution of Bellaso’s 1564 Cipher #2

    According to Bellaso, this cipher is equipped with a “contrasegno” as well. In Nick Pelling’s blog, I did not find the appropriate contrasegno key phrase mentioned, so here you are (at least I’ll bet that it is the right one):

    INITIUM SAPIENTIAE TIMOR DOMINI
    (The beginning of wisdom is fear of the Lord)

    The contrasegno key table looks like this:

    DFOP #1
    EGTQ #2
    AHUR #3
    BIMS #4
    CLNX #5

    Every character of the contrasegno is assigned to one enciphered word and determines the key this word starts with. Let’s have a look on theory and reality:


    contrasegno:  INITIUMSAPIENTIAETIMORDOMINI INITIUMSAP
    expected key: 4542434431425243224413114454 4542434431
    actual key:   4542434431455254_24413114454 4552434431
                             ?  a??              b

    As to the positions marked with ‘?’, I could not figure out why they probably don’t match. (Maybe Bellaso himself got a bit confused there?) But the deviations marked with ‘a’ and ‘b’ concern some odd plaintext words, and the contrasegno gives a good clue upon what probably went wrong.

    a) line 3, 2nd word
    btarti
    XETLCN
    512345

    The contrasegno predicts starting key #4 instead of #5, so it is likely that the typesetter dropped one letter on the way. In fact, if we insert an ‘I’ at position 2 (XIETLCN), we get using starting key #4:

    a[n]tarti
    X[I]ETLCN
    4[5]12345

    which is very close to the expected “antartico”.

    b) line 5, 3rd word
    nenedi
    ITFXRN
    512345

    This one is a similar case. Inserting one letter in the middle of the cipher word yields both the correct plaintext and the expected starting key:

    p[i]enedi
    I[N]TFXRN
    4[5]12345

    One more error the typesetter might be blamed for (last word of line 1):

    artbt
    ODFMA
    34512

    Assuming that the cipher originally read “ODFSMA”, we get the right plaintext, the starting key this time being untouched:

    art[i]co
    ODF[S]MA
    345[1]23

  12. #17 Norbert
    2. April 2016

    Some more “find the dropped cipher character” playing around, this time regarding Tony Gaffney’s solution of Bellaso 1564 Challenge #3.

    line 3, 5th word:
     oxvirtu
    PMCHOQFP
     4512345

    The first ciphertext letter “P” indicates starting key #3. Inserting ‘A’ in the middle of the ciphertext complies with this, and yields a meaningful plaintext:
     pe[r]virtu
    PMC[A]HOQFP
     34[5]12345

    line 4, 4th word:
     scorgzose
    AGEQLNZLIQ
     345123451

    By inserting one letter, and assuming that ‘Z’ does not affect the key cycle here, as it is not included in the enciphering alphabet and stands for itself, we get:

     st[r]epizose
    AGE[A]QLNZLIQ
     34[5]123_451

    Apparently, “strepizoso” is an old form for “strepitoso”, so it’s quite certain that “le pioggie strepizose” (“the heavy rains”) is the intended plaintext 🙂