Diese verschlüsselte Postkarte macht das Entschlüsseln besonders einfach: Der Schlüssel ist auf der Karte gleich abgedruckt. Ihren Zweck dürfte diese ungewöhnliche Form des Verschlüsselns trotzdem erfüllt haben.
Letzten Sonntag war ich bei einem Schreibmaschinensammler-Treffen in Essen. Dort gab es einige Dinge zu bestaunen, die ich bei einer solchen Veranstaltung nicht erwartet hätte. Dazu gehörte eine verschlüsselte Postkarte, die der Schreibmaschinensammler Rolf Heinen mitgebracht hatte. Zwar habe ich in Klausis Krypto Kolumne schon öfters über verschlüsselte Postkarten berichtet (zum Beispiel hier und hier). Diese hier ist jedoch anders:
Wie man sieht, enthält die Karte ein Formular, das für die Verschlüsselung gedacht ist. Rechts steht, wie das Formular zu verwenden ist. Offensichtlich sieht die Karte vor, dass der Absender nur seinen Namen und den Aufenthaltsort übermittelt. Der Name KLAUS wird beispielsweise kodiert, indem man eine 1 in die K-Spalte schreibt, eine 2 in L-Spalte, eine 3 in die A-Spalte und so weiter.
Im obigen Beispiel heißt der Absender JEAN ALBREDHT, der Ort ist NUERNBERG. Vermutlich müsste der Nachname richtigerweise ALBRECHT heißen.
Über Google habe ich eine weitere Postkarte dieses Typs ausfindig gemacht. Sie stammt aus dem Jahr 1898. Da das Urheberrecht abgelaufen ist, kann ich sie hier vorstellen:
Wer kann die Karte entschlüsseln (ganz so schwierig ist es ja nicht)?
Als ich die Karte letzten Sonntag sah, dachte ich, die Verschlüsselung sei dazu gedacht, Familienmitglieder und den Postboten vom Mitlesen abzuhalten. Die Verschlüsselung ist zwar leicht zu knacken, doch ein paar Minuten braucht man dazu, und das ist für den flüchtigen Mitleser möglicherweise schon zu viel.
Der Vierzeiler unten links (“In der Ferne hab ich Deiner gedacht …”) zeigt jedoch, dass die Verschlüsselung wohl eher einen anderen Zweck hatte. Es sollte ein Ratespiel sein, bei dem der Empfänger erst nach dem Entschlüsseln erfuhr, wer ihm die Grüße geschickt hatte.
Sollte jemand weitere Exemplare dieser Karte kennen, würde es mich interessieren.
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Zum Weiterlesen: Ein einzigartiger kryptologischer Schatz: 35 verschlüsselte Postkarten aus dem 19. Jahrhundert
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