Der Künstler Jim Sanborn hat mit Kryptos die berühmteste Krypto-Skulptur der Welt geschaffen. Es gibt von ihm noch zwei weitere verschlüsselte Kunstwerke, die noch auf ihre Dechiffrierung warten.

Das Schlimmste im Leben sind die verpassten Gelegenheiten, so lautet eine Weisheit. Im März war ich in Washington und habe zweifellos eine Gelegenheit verpasst: Ich hätte ein Kunstwerk des Künstlers Jim Sanborn anschauen können, der durch Kryptos bekannt geworden ist. Über Kryptos, dessen verschlüsselte Inschrift schon ganze Heerscharen von Kryptologen untersucht haben, habe ich in Klausis Krypto Kolumne schon mehrfach berichtet (zum Beispiel hier). Der letzte Teil des Kryptogramms wartet immer noch auf seine Entschlüsselung.

Kunstwerke von Jim Sanborn sind in Washington keine Seltenheit. Im Garten des Hirshorn Museums steht beispielsweise Antipodes, dessen verschlüsselte Inschrift längst gelöst ist:

Sanborn-Antipodes

In einem Restaurant neben dem Spionage-Museum hängen einige Wandinstallationen von Sanborn, deren Inschriften aber nicht verschlüsselt sind:

Sanborn-Zola

Und in einem Kongressgebäude in Washington steht die Skulptur Lingua, deren Inschriften ebenfalls nicht verschlüsselt sind:

Sanborn-Lingua

Alle drei Werke habe ich mir während meines Besuchs angeschaut. Kryptos konnte ich mir nicht angesehen, da diese Skultur zwar in der Nähe von Washington steht, aber nicht öffentlich zugänglich ist. Immerhin ein Modell davon konnte ich im Spionage-Museum kaufen:

Sanborn-Kryptos

Bereits letztes Jahr habe ich mir in North Carolina den Cyrillic Projector angeschaut – eine weitere Krypto-Skulptur von Sanborn, deren verschlüsselte Inschrift gelöst ist.

Bisher dachte ich, Kryptos sei das letzte ungelöste Rätsel von Sanborn. Jetzt hat mich Blog-Leser Kent Ramliden darauf aufmerksam gemacht, dass dies nicht stimmt. Es gibt von Sanborn sogar noch zwei weitere Krypto-Skulpturen, deren verschlüsselte Inschriften noch auf ihre Dechiffrierung warten. Eine davon befindet sich in Washington. Wenn ich das im März bereits gewusst hätte, …

Der Name des besagten Kunstwerks in Washington ist Covert Operations Fragments. Es befindet sich im Marriner S. Eccles Federal Reserve Board Building. Aus urheberrechtlichen Gründen kann ich kein Bild davon zeigen. Hier gibt es eines. Die zwei relevanten verschlüsselten Teile sehen wie folgt aus (wie man sieht, hat Sanborn kyrillische Buchstaben verwendet) (Quelle: Kent Ramliden, Transkription: Keith Edkins / John Wilson):

Sanborn-Covert-Operation-Fragment

Sanborn-Covert-Operation-Fragment-small

Das zweite noch offene Rätsel befindet sich auf dem Sanborn-Kunstwerk Covert Obsolescence 2. Wo dieses sich befindet, weiß ich leider nicht. Hier ist ein Bild davon. Der verschlüsselte Text sieht wie folgt aus (Quelle: Kent Ramliden, Transkription: Keith Edkins):

Sanborn-Covert-Obsolescence-2

Falls jemand mehr zu diesen verschlüsselten Texten weiß, würde es mich interessieren.

Zum Weiterlesen: Top-25 der ungelösten Verschlüsselungen – Platz 17: Das verschlüsselte Notizbuch des Künstlers James Hampton

Kommentare (22)

  1. #1 Peter
    25. Mai 2015

    Es sieht so aus als hätte er einfach verschiedene Alphabete verwendet.
    Russisch, griechisch, Latein und das noch spiegelverkehrt.
    Also, 3 verschiedene Zeichen aber gleicher Wert

  2. #2 Norbert
    25. Mai 2015

    Ich kann (auf den ersten Blick) nur Zeichen erkennen, die im russischen Alphabet vorkommen. Das E mit zwei Pünktchen drüber ist, glaube ich, nicht im offiziellen Alphabet enthalten, kann aber zur besseren Lesbarkeit geschrieben werden, wenn der Buchstabe statt “je” wie “jo” ausgesprochen wird – vereinfacht gesagt 🙂 Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

  3. #3 Karsten Hansky
    Kretzschau
    26. Mai 2015

    Auch das Ё (jo) ist fester Bestandteil des kyrillischen Alphabets. Der gesamte Text ist daher kyrillisch. Vielleicht ein Hinweis auf den Inhalt?

  4. #4 Karsten Hansky
    Kretzschau
    26. Mai 2015

    Noch ein Nachtrag: Bei der russischen Fialka ist das Ё allerdings nicht auf der Tastatur enthalten und wird auch bei den Rotoren übersprungen. Insgesamt enthält das kyrillische Alphabet in der russischen Version 33 Buchstaben. Die Rotoren der Fialka haben nur 30 Stellungen (Ё, Б und Э fehlen). Auf der Tastatur selbst fehlt nur das Ё.

  5. #5 Jerry McCarthy
    Das Vereinigte Königreich.
    26. Mai 2015

    Alle Buchstaben sind russisch. Keine Buchstaben wurden spiegelverkehrt. Auch Э und Я sind echte russische.

  6. #6 joe
    Berlin
    26. Mai 2015

    Es gibt regional im Kyrillischen starke und schwache Unterschiede. Das И wird in Weißrussland in zwei Formen geschrieben: als I und als И. Ansonsten #1 sehe ich nur kyrillische Schriftzeichen. Auf der Fialka #4 werden diakritische Zeichen entsprechend Dienstvorschrift M-125 umgesetzt. Wenn es der Verständlichkeit dienlich ist. Desweiteren sind es Schlüsselscheiben, da sie Bestandteil des Schlüssels.

  7. #7 Kent
    Florida
    27. Mai 2015

    There are indicators, via Kasiski and similar tests, that a periodicity of 5 may be involved. Jim Sanborn has worked alot with Vigenere-type encryption, for example via so-called (ACA Terminology) Quagmire III in Kryptos messages 1 and 2, and Quagmire II in the Cyrillic Projector against a hidden but standard alphabet. A five letter indicator key may be a possibility worth investigating.

    An additional intriguing possibility exists. If you look at the repetitions in the beginning on the Covert Obsolescence 2 and the small fragment there are identical repetition patterns, at a distance of 5. This raises the possibility of an isolog, that the same text has been encrypted with different keys. A cardinal sin frequently exploited against military communications with many famous examples from World War II. Perhaps some standard greeting is used in both messages? Here are the beginnings of the messages on presumed keys of length five:

    ЬЁЧЪО
    ЬГЛЪС
    ЬВТНА
    ЬЪУЮЩ
    ЕСШЯЩ
    РКЖЪЩ
    СВТЖГ
    ЬСЖХЙ
    ЮЕШИГ
    ЖУТСШ
    ИУЯЯЬ
    ЪДЭЭЯ
    ХЮКЮТ
    КАЭУС
    ГЮУЭВ
    ВВЭОИ

    Small fragment
    Ы Е Ц Ш К
    Ы В Ъ Щ С
    Ы Д П М Й
    Ы Ъ Р Э Ы
    Н Ъ П И Ъ
    Я С Е Ы Э
    С Д П Я Т
    Ы У Ё Ф О
    Э Д Ч Э Я
    Ё Р П С Ч
    Ч Р И Ш Ш
    Г Ь Ь И Ф
    Э С Э П С
    И Ь Р У Т
    Э Р Ь Ж Я
    Б Ы З Ф Щ
    Ъ Л Ц Щ Г
    Ь Х С И Д
    Ю Л

  8. #8 TWO
    5. Juni 2015

    The small fragment seems to end with ION like the end of K1 from Kryptos ends in ION as well.

    Is the length of the small fragment 93 characters or is just a part of it shown here?

    TWO

  9. #9 Kent
    5. Juni 2015

    @TWO
    As far as I know the “Small Cyrillic Fragment” is listed here in its entirety. The length appears to be 92 Russian letters.

  10. #10 TWO
    5. Juni 2015

    @KENT

    Do I understand correct : the bottom left corner IO is in fact one (Cyrillic) letter?

  11. #11 Kent
    5. Juni 2015

    @TWO

    Yes, Ю (pronounced yu, or yoo) is the next to last letter in the Russian alphabet

  12. #12 Jerry McCarthy
    England
    6. Juni 2015

    @TWO. And the letter to its right is a Cyrillic “L”. So the text ends in “YUL” rather than “ION”.

  13. #13 Jerry McCarthy
    Das Vereinigte Königreich
    7. Juni 2015

    #4. Bei den Walzen der Fialka Ё, Ъ und Э fehlen (‘Ъ’ und nicht ‘Б’ – ein großer Unterschied, oder?)

  14. #14 TWO
    7. Juni 2015

    @KENT
    @Jerry McCarthy

    Thank you very much for the info.

  15. #15 Kent
    9. Juni 2015

    #13 reminds me that in one of his Russian works “Cyrillic Projector” which Klaus has written about, Jim Sanborn made an “error” in the order of letters on the Vigenere Tableau. I say “error” because he has made some very purposeful spelling errors in other works, so who knows.

    At any rate in CP the letter ш has been moved two places to the left, causing three letters to be out of their normal spots (in addition to the keyword) and read шцч instead of the normal цчш.

  16. #16 Jerry McCarthy
    England
    9. Juni 2015

    #15. @Kent. Interesting. Do you have a citation for that? I was at an Elonka Dunin talk on the subject a year ago, and I don’t recall her mentioning that….

  17. #17 Kent
    9. Juni 2015

    @Jerry McCarthy

    Hi Jerry, it is visible on some pictures available on the internet, for example on this link:
    https://www.flickr.com/photos/10967780@N07/7111309529

    Also some people have made transcripts, for example.
    https://kryptos.yak.net/16?size=L

  18. #18 Jerry McCarthy
    England
    10. Juni 2015

    #17 @ Kent. I meant a citation for the misplaced Ш. However,
    I have now found such here: https://www.elonka.com/kryptos/mirrors/CPSolution.html

  19. #19 Kent
    10. Juni 2015

    @Jerry McCarthy. That is what I meant too. It is clearly visible in the pictures on the two links of #17 as well as on the transcript.

  20. #20 TWO
    17. Juni 2015

    I like this article by Herr Schmeh so much that I like to to add a partial solution for Kryptos K4 to it.

    Enjoy and remember you read it first on Klaus Schmeh’s blog!

    B……E.R….L………I……N.C.L
    O………..C….K.E.Y..A..S.C……
    R…………………………..E.A
    N.A.S..H.T..A.L….T.A..M..H.E.I.D.T

    • #21 Klaus Schmeh
      17. Juni 2015

      Can you tell us some details about this solution?

  21. #22 TWO
    18. Juni 2015

    It seems to be about people and the location of those people.

    One person is in Mclean, the other person is at a specific time\date and place.

    Here is another clue :

    I……C.X….U………E……I.L.M
    N………..S….K.H.I..W..S.D……
    P…………………………..A.L
    D.W.L..R.T..F.P….C.K..W..P.E.S.P.P