Die Kryptologie ist eine spannende Sache. Kein Wunder, dass sich auch so mancher Spielfilm um dieses Thema dreht. Heute stelle ich zwei Beispiele vor.

Es ist nicht einfach, Verschlüsselung in einem Spielfilm darzustellen. Die Faszination, die dieses Thema auslöst, hat jedoch dafür gesorgt, dass inzwischen zahlreiche Filmemacher Geschichten mit kryptologischem Hintergund auf die Leinwand gebracht haben. Heute stelle ich zwei dieser Spielfilme vor.

 

Enigma (2001)

Der wohl bekannteste Spielfilm, in dem die Verschlüsselung eine Rolle spielt, ist Enigma aus dem Jahr 2001. Es handelt sich dabei um die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Robert Harris. Die weibliche Hauptrolle in diesem Thriller übernahm Titanic-Star Kate Winslet. Produziert wurde der Streifen unter anderem von Mick Jagger. Dieser ersteigerte für die Dreharbeiten eine Original-Enigma, die im Film mehrfach zu sehen ist. Die Turing-Bomben, die ebenfalls gezeigt werden, sind dagegen Attrappen, die dem Vorbild allerdings zum Verwechseln ähnlich sehen.

Trailer

Handlung

Im Mittelpunkt des Geschehens steht der fiktive Dechiffrier-Experte Tom Jericho, der in Bletchley Park am Knacken der Enigma beteiligt ist. Nach einer Affäre mit einer Kollegin ist er suspendiert worden. Am Anfang des Films kommt er wieder zurück, da seine Kollegen beim Knacken der U-Boot-Enigma M4 (von den Briten “Shark” genannt) nicht weiterkommen und auf seine Hilfe hoffen. Die Probleme mit der M4 kommen denkbar ungünstig, da mehrere alliierte Konvois auf dem Atlantik in einen U-Boot-Hinterhalt zu laufen drohen. Mit Jerichos Hilfe gelingt es zwar, den M4-Code zu lösen, doch da seine frühere Geliebte verschwunden ist, gerät er unter Mordverdacht. Zusammen mit seiner Kollegin Claire Romilly (Kate Winslet) macht er sich daran, den Fall aufzuklären. Dabei zeichnet sich ab, dass unter Jerichos Kollegen ein Verräter am Werk ist.

Ist der Film realistisch?

Die Handlung des Films ist fiktiv. So gab es in Bletchley Park weder einen Dechiffrierer namens Tom Jericho noch die beiden erwähnten Frauen. Auch der Spion in Bletchley Park ist frei erfunden. Zwar hatten die Dechiffrierer tatsächlich Probleme mit der U-Boot-Enigma, die sie “Shark” nannten, allerdings erscheint die im Film beschriebene Situation etwas zugespitzt. Auch wenn die Polen als erste die Enigma knackten, war in Bletchley Park – anders als im Film gezeigt – kein Pole in einer wichtigen Position aktiv. Auch die Beziehung zum Massaker von Katyn aus dem Jahre 1940 hat kein reales Vorbild.

Trotz allem entspricht vieles in Enigma den tatsächlichen Begebenheiten. Vor allem wird das Leben in Bletchley Park durchaus realistisch dargestellt. Das geschäftige Treiben in der Entschlüsselungsfabrik wird genauso stimmig vermittelt wie die strengen Geheimhaltungsvorschriften innerhalb der Organisation sowie die Kultur- und Partyveranstaltungen. Darüber hinaus bauten die Produzenten zahlreiche authentische Details in die Handlung ein. So wird erwähnt, dass die Briten ihre eigene Maschine Typex verwendeten, um damit Enigma-Funksprüche zu entschlüsseln, nachdem die Knackmaschine (Turing-Bombe) den Schlüssel geliefert hatte. Claire Romilly alias Kate Winslet erwähnt, dass sie über einen Kreuzworträtsel-Wettbwerb für Bletchley Park rekrutiert wurde, was ebenfalls einer authentischen Praxis entspricht.

Lohnt sich das Anschauen?

Auf jeden Fall. Enigma erhielt gute Kritiken, und das zurecht. Vor allem der oft an Hitchcock erinnernde Spannungsaufbau, der fast ohne Actionsszenen auskommt, wurde gelobt. Auch unter Krypto-Historikern ist der Film durchaus beliebt, da er ein stimmiges Bild von den Vorgängen in Bletchley Park vermittelt und keine unnötigen Geschichtsverfälschungen enthält. Nur in Bletchley Park selbst war man nicht glücklich, da auf dem dortigen Gelände keine einzige Szene des Films gedreht wurde. Trotzdem sorgte der Film für einen Besucherzuwachs im Museum von Bletchley Park. Neben zahlreichen Originalexponaten kann man dort inzwischen auch den Nachbau einer Turing-Bombe aus dem Film bewundern.

 

Sneakers (1992)

Sneakers ist eine Thrillerkomödie aus dem Jahr 1992, in dem die Hollywood-Stars Robert Redford und Dan Akroyd in den Hauptrollen zu sehen sind.

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Handlung

Die Handlung dreht sich um einen kleinen Computer-Chip, der hochsichere Verschlüsselungen im Handumdrehen knacken kann und dadurch diverse Geheimdienste auf den Plan ruft. Wie man sich denken kann, sind die Schlapphüte in der Wahl ihrer Methoden nicht gerade zimperlich.

Hauptperson in Sneakers ist der IT-Sicherheits-Experte Martin Bishop (Robert Redford), der von Unternehmen beauftragt wird, Schwachstellen in deren Sicherheitssystemen aufzuspüren. Dazu nutzen Bishop und seine Mitarbeiter ein Repertoire an Hackertricks, das sie sich bei früheren (legalen und illegalen) Tätigkeiten angeeignet haben. Solche Dienstleistungen gibt es tatsächlich. Sie werden als Penetrationstests bezeichnet und gehören zum Leistungsportfolio vieler IT-Sicherheitsanbieter.

Bishops Truppe gerät in Gefahr, als ein dubioser Auftraggeber sie dazu veranlasst, den besagten Dechiffrier-Chip zu stehlen. Dessen Zweck kennen sie zunächst nicht. Nach dem gelungenen Coup wird den Profi-Hackern jedoch schnell klar, was der Chip leistet und dass ihr Leben in Gefahr ist. Natürlich schaffen sie es nach allerlei Verwicklungen, heil aus der Sache herauszukommen. In der letzten Szene nutzen sie den Chip, um über das Internet bei einer Bank einzudringen, wo sie Geld vom Konto der Republikanischen Partei zu gemeinnützigen Organisationen transferieren.

Ist der Film realistisch?

Sneakers ist nicht besonders realistisch. Mit der wahren Arbeit von Geheimdiensten wie der NSA hat der Film wenig zu tun.

Interessant ist sicherlich der kryptologische Wunderchip, doch über diesen erfährt man nichts. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Drehbuchautor ein Computermodul zur besonders schnellen Primzahlfaktorisierung vor Augen hatte. Gäbe es ein solches, dann könnte man damit das RSA-Verfahren knacken. Für diese Auslegung spricht, dass sich die Produzenten des Films von RSA-Miterfinder Leonard Adleman beraten ließen. Zweifellos würden die Geheimdienste einiger Länder tatsächlich über Leichen gehen, um in den Besitz eines RSA-Knackers zu kommen. Schließlich ist RSA eines der wichtigsten Verschlüsselungsverfahren überhaupt. Auch so manches hochwichtige Staatsgeheimnis dürfte damit gesichert sein.

Der Chip, über den nichts gesagt wird, ist allerdings nur ein McGuffin – ein im Mittelpunkt der Handlung stehendes Objekt, das aber an sich völlig belanglos ist.

Lohnt sich das Anschauen?

Ja, weil es ein netter Film ist. Kryptologisch sollte man jedoch nicht allzu viel erwarten. Als kleinen Trost für enttäuschte Kryptologen gibt es im Vorspann sowie im Film selbst ein paar nette Verschlüsselungen. Es handelt sich dabei jeweils um Anagramme, also um Wörter bzw. Wortgruppen, bei denen die Reihenfolge der Buchstaben geändert wurde. Beispielsweise entschlüsselt sich A FEW ASTRAL CLERKS zu LAWRENCE LASKER (dies ist der Name des Produzenten). Laskers Kollege WALTER F. PARKES wurde per Anagrammbildung zu REPEL NEWARK. Die weiteren Anagramme können Sie vielleicht selbst entschlüsseln:

  • SETEC ASTRONOMY: Dies ist der Name des Chips. Ordnet man die Buchstaben anders an, dann erhält man eine Aussage über eine zu hohe Zahl an Geheimnissen.
  • A TURNIP CURES ELVIS: Dahinter verbirgt sich der Name der Firma, die den Film produzierte.
  • BLOND RHINO SPANIEL: Dies ist der Regisseur und Drehbuchautor. Als Cineast kommen Sie vielleicht auf die richtige Lösung.
  • FORT RED BORDER: Auf den Namen, der sich dahinter verbirgt, kommen Sie auch ohne weitere Hilfe.

Zum Weiterlesen: Der versteckte Code im Abspann des Films “Fair Game”

Kommentare (5)

  1. #1 Michel
    Lönneberga
    29. Mai 2015

    Kein Hollywoodfilm, aber vielleicht trotzdem interessant: https://www.moviepilot.de/movies/ihr-auftrag-pater-castell-das-voynich-manuskript

  2. #2 Gerald Fix
    30. Mai 2015

    Ich kann dem Film Enigma zwar nichts abgewinnen, aber wer ihn sich antun will: Er läuft am 3.6. um 20:15 Uhr auf Tele 5.

  3. #3 Michel
    Lönneberga
    30. Mai 2015

    Ein Fehler im Film “Enigma”, der schon im Trailer zu sehen ist:

    Rape, though its bright yellow color makes for an attractive shot, was not planted in great quantities in England until the late 1970s.

    Quelle: https://www.imdb.com/title/tt0157583/goofs

  4. #4 Moritz Stocker
    12. Juni 2015

    Die Anagramme der Namen der Autoren scheinen nicht zu stimmen. Zwar ist “A few astral clerks repel newark” zusammen ein Anagramm der beiden Namen, die einzelnen sind dagegen falsch.

    • #5 Klaus Schmeh
      13. Juni 2015

      Danke für den Hinweis. Ist mir nicht aufgefallen.