Im Jahr 1780 erhielt der spätere US-Präsident James Madison einen verschlüsselten Brief aus Italien. Er konnte ihn selbst nicht entschlüsseln. Offenbar ist dieses Kryptogramm bis heute ungelöst.

In den letzten zehn Jahren habe ich zwar schon so manches Archiv und so manche Bibliothek besucht, doch die ergiebigste Quelle zur Kryptologie-Geschichte ist und bleibt Google. Über die allseits bekannte Suchmaschine bin ich kürzlich wieder einmal auf eine äußerst spannende Web-Seite gestoßen, die ich bis dahin nicht kannte und deren Betreiber in der Szene völlig unbekannt ist.

Die Web-Seite heißt vermutlich Cryptiana – das lässt sich aus der Web-Adresse schließen. Ansonsten kann ich der Startseite relativ wenig entnehmen, denn sie ist auf Japanisch verfasst. Autor ist ein gewisser S.Tomokiyo.

Von der Startseite gelangt man auf eine Seite mit dem Titel Articles on Historical Cryptography, die größtenteils englische Links enthält. Der erste Link lautet Unsolved Historical Ciphers, und da wird es richtig spannend. Tomokyo führt etwa 20 Kryptogramme auf, die seiner Ansicht nach ungelöst sind. Die meisten davon kenne ich nicht. Sie werden auch in der mir bekannten Literatur nicht erwähnt. Die meisten davon sind Briefe, die aus europäischen oder US-amerikanischen Archiven stammen dürften.

Präsident Madisons Verschlüsselung

Ein besonders interessanter Eintrag in Tomokyos Liste ist ein Brief, den der spätere US-Präsident James Madison im Jahr 1780 von einem Italiener namens Philip Mazzei erhalten hat. Dieser Brief ist auf Italienisch verfasst und enthält eine verschlüsselte Passage. Madison konnte dies Passage anscheinend nicht entschlüsseln, da ihm das Verfahren und der Schlüssel nicht bekannt waren.

Madison-Cryptogram

Nach Angaben der besagten Web-Seite ist das Madison-Kryptogramm bis heute nicht gelöst. Es könnte sich um eine einfache Buchstaben-Ersetzung handeln. Leider ist der Geheimtext recht kurz und daher nur schlecht zu analysieren. Sachdienliche Hinweise nehme ich, wie immer, gerne entgegen.

Zum Weiterlesen: Wie ein Mathematiker einen Geheimcode aus dem Nachlass von US-Präsident Jefferson knackte

Kommentare (5)

  1. #1 Armin
    2. August 2015

    Ich denke, bei der Verschlüsselung handelt es sich um eine Substitution mit Homophonen. Diese lässt sich so lösen:

    VI RICORDERETE DEL MIO
    CARTEGGIO CON AQUESTO SOVRANO; EI LA MOLTA STIMA DELLE MIE
    PAROLE. UN GIORNO PARLANDO SUGLI AFFARI D’AMERICA EI
    DISSE “VOI AVETE PREDETTO TUTTO AQUELLO CHE E SEGUIR”

    Das könnte man in etwa so übersetzen:

    Erinnern Sie sich an meine Korrespondenz mit dem Souverän; und der großen Wertschätzung meiner Worte. Einmal unterhielten wir uns über die Unternehmungen Amerikas und er meinte: “Sie haben alles so vorausgesagt, wie es gekommen ist.”

  2. #3 Bernhard Gruber
    2. August 2015

    Gratuliere Armin.
    Mit Homophonen steh ich noch auf Kriegsfuss. Da steig ich immer noch nicht durch, wie man das am besten angeht!

  3. #4 wikka
    Templin
    3. August 2015

    Nicht mehr so interessant aber ich reiche mal die Übersetzung der genannten japanischen Webseite nach.

    Es ist eine Zusammenfassung über das, was vor kurzem von Interesse. Um mit der Referenz fortzufahren.
    Artikel auf Historical Cryptography (Geschichte der Verschlüsselung Einführung)
    Historisches Dokument japanischen Übersetzungsprojekt
    Richard III – Geschichte und Fiktion
    Vom Jahrhunderts von Großbritannien – die englische Revolution der Revolution auf die Spanischer Erbfolgekrieg
    Mein “Space Battleship Yamato”

  4. #5 Armin
    3. August 2015

    Zwei kleine Verbesserungen:

    LA MOLTA -> FA MOLTA

    SEGUIR -> SEGUITO
    Der Scan ist an dieser Stelle etwas undeutlich. SEGUITO schein mir hier die wahrscheinlichere Lösung zu sein.

    Damit sieht der Klartext so aus:

    VI RICORDERETE DEL MIO CAR=
    TEGGIO CON AQUESTO SOVRANO; EI FA MOLTA STIMA DELLE MIE
    PAROLE. UN GIORNO PARLANDO SUGLI AFFARI D’AMERICA EI
    DISSE “VOI AVETE PREDETTO TUTTO AQUELLO CHE E SEGUITO”.