Der YOGTZE-Fall aus dem Jahr 1984 gibt bis heute Rätsel auf. Heute präsentiere ich meine Hypothese zum Thema.
Der YOGTZE-Fall ist zweifellos einer der rätselhaftesten Kriminalfälle in der Geschichte der Bundesrepublik. Zur Erinnerung: 1984 schrieb der von Verfolgungsängsten geplagte Lebensmitteltechniker Günther Stoll das Wort YOG’TZE auf einen Zettel.
Kurz darauf wurde Stoll tödlich verletzt in seinem von der Straße abgekommenen Auto am Rande der Autobahn A45 aufgefunden. Er war unbekleidet (das Bild unten ist leider nicht korrekt, da es den Toten bekleidet und neben seinem Auto zeigt). Die Polizei stellte fest, dass er zuvor von einem anderen Auto überfahren und dann auf dem Beifahrersitz seines eigenen Wagens transportiert worden war.
Der YOGTZE-Fall ist bis heute ungeklärt. Die Bedeutung von YOG’TZE ist unbekannt. Da es sich um eine Verschlüsselung handeln könnte, habe ich auf Klausis Krypto Kolumne mehrfach über diesen Fall berichtet (siehe zum Beispiel hier).
Momentan bereite ich meinen Vortrag für das nächste Cryptologic History Symposium vor. In diesem wird auch der rätselhafte YOGTZE-Fall eine Rolle spielen. Dabei habe ich mir den Filmbeitrag von Aktenzeichen XY ungelöst noch einmal angesehen und außerdem einige im Internet veröffentlichte Dinge dazu gelesen.
Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass Stoll ermordet wurde. Die Tatsache, dass der YOGTZE-Fall in Aktenzeichen XY ungelöst präsentiert wurde, legt dies nahe. Inzwischen halte ich aber einen Unfall für viel wahrscheinlicher. Meiner Meinung nach könnte sich die Sache wie folgt abgespielt haben:
- Günther Stoll litt unter einer Psychose. Möglicherweise waren Drogen Schuld daran. Dass Stoll sich ständig verfolgt fühlte, lässt sich durch die Psychose leicht erklären.
- Wie im Film zu sehen, wurde Stoll in seiner Stammkneipe kurz ohnmächtig. Auch das ist durch eine Psychose erklärbar.
- Wie ebenfalls im Film zu sehen, suchte Stoll nachts um 1 Uhr eine ältere Frau auf, um mit ihr zu reden. Diese konnte ihn erst einmal beruhigen.
- Anschließend fuhr Stoll mitten in der Nacht mit seinem Auto an einen Ort, der in der Nähe des späteren Fundorts lag. Zielloses Umherirren ist ein gängiges Verhalten für jemanden, der an einer Psychose leidet.
- Irgendwo hielt Stoll an, zog sich nackt aus und lief umher. Auch dieses Ausziehen ist nicht ungewöhnlich bei einem solchen Krankheitsbild.
- Während er umher lief, wurde Stoll von einem Auto erfasst. Vielleicht litt er an einer Wahnvorstellung und glaubte, vor das Auto spingen zu müssen oder es aufhalten zu können.
- Der Fahrer des Unfallwagens versuchte, Stoll ins nächste Krankenhaus oder zu einem Arzt zu bringen. Da es damals noch keine Handys gab, mit denen man Hilfe hätte holen können, gab es zu einem solchen Verhalten kaum eine Alternative.
- Der Fahrer des Unfallwagens nutzte zum Transport des Schwerverletzten nicht sein eigenes Auto, sondern Stolls VW Golf. Möglicherweise war sein eigenes Auto vom Zusammenprall beschädigt. Es ist auch denkbar, dass noch eine zweite Person im Unfallwagen saß, die nicht mit ins Krankenhaus fuhr und sich stattdessen um das abgestellte Auto kümmerte. Vielleicht war Stoll noch bei Bewusstsein und wies selbst darauf hin, dass sein Golf in der Nähe stand.
- Auf dem Weg zum Krankenhaus verunglückte Stolls Auto. Dessen Fahrer bekam es nun mit der Angst zu tun (vermutlich war er an diesem zweiten Unfall schuld, und vielleicht war er alkoholisiert) und suchte das Weite.
- Möglicherweise ist der geflüchtete Fahrer mit dem Anhalter identisch, der in dieser Nacht unweit von Stolls Fundorts gesehen wurde.
Dieser vermutete Tatablauf ist sicherlich nichts Neues und außerdem natürlich nur eine Hypothese. Er setzt außerdem voraus, dass der XY-Film die Begebenheiten korrekt wiedergibt (das ist keineswegs selbstverständlich, da die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen oft Dinge verschweigt oder falsch darstellt). Insgesamt erscheint mir ein Unfall jedenfalls deutlich wahrscheinlicher als ein Mord.
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