Das Zimmermann-Telegramm hatte einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf des Ersten Weltkriegs. Zu dieser berühmten verschlüsselten Nachricht gibt es eine offene Frage, die ich gerne mit Hilfe meiner Leser beantworten würde.

Deutschland im Januar 1917. Der Erste Weltkrieg war in vollem Gange, und es stand nicht gut um die Deutschen. Einer der wenigen Lichtblicke: Die US-Amerikaner weigerten sich bisher, sich (gegen die Deutschen) am Krieg zu beteiligen. Dabei war klar: Sollten die USA unter Präsident Woodrow Wilson ihre neutrale Position aufgeben, dann war der Krieg für die Deutschen kaum noch zu gewinnen.

In  dieser Situation kam der deutsche Außenminister Arthur Zimmermann auf eine (aus heutiger Sicht eher hilflos wirkende) Idee. Er wollte einen Pakt mit Mexiko schließen. Inhalt: Sollten die US-Amerikaner in den Krieg in Europa eingreifen, dann würde Mexiko den nördlichen Nachbarn angreifen. Die Kriegsfront in der Heimat würden die USA davon abhalten, mit voller Kraft in Europa zu agieren. Als Gegenleistung stellte Zimmermann der Regierung von Mexiko Unterstützung für die Rückgewinnung des 1848 an die Vereinigten Staaten verlorengegangenen Territoriums in Aussicht.

Um das Angebot zu unterbreiten, schickte Arthur Zimmermann im Januar 1917 ein verschlüsseltes Telegramm an den deutschen Botschafter in Mexiko. Diese Nachricht ging als Zimmermann-Telegramm in die Geschichte ein.

Zimmermann-telegram

Das Zimmermann-Telegramm war mit Hilfe eines Codebuchs verschlüsselt. Ein Codebuch enthält für jedes gängige Wort (und zusätzlich für jeden Buchstaben des Alphabets) einer Sprache ein Codewort. Ein Beispiel ist der TELWA-Code, das folgende Bild zeigt ein weiteres Beispiel.

Codebook-Page-2

Das Vorhaben Zimmermanns ging gleich doppelt schief. Zum einen hatten die Mexikaner keinerlei Interesse, einen Krieg gegen die USA anzuzetteln. Zum anderen konnten die Briten das Telegramm abfangen und die Verschlüsselung knacken. Sie spielten den Inhalt der US-Regierung zu, die es am 1. März an die Presse gab.

Zimmermann-Telegram-Newspaper

So erfuhr die US-Öffentlichkeit, dass die Deutschen eine Intrige gegen die USA im Schilde führten. Dies trug wesentlich dazu bei, dass die Stimmung in den USA kippte und die Regierung schließlich den Kriegseintritt beschloss. Deutschland hatte nun keine Chance mehr und musste im Jahr darauf kapitulieren.

Zimmermann-telegram-caricature

Wer kennt das Codebuch?

Die Geschichte des Zimmermann-Telegramms ist seit langem bekannt und wird in vielen Krypto-Geschichtsbüchern beschrieben. Das Codebuch, das die Deutschen zur Verschlüsselung verwendeten, wird dagegen nirgends näher erwähnt. Darauf haben mich Prof. Bernhard Esslinger und Nils Kopal aufmerksam gemacht, die beide an der Entwicklung der Krypto-Lern-Software CrypTool beteiligt sind. Das CrypTool-Team würde gerne eine entsprechende Codebuch-Verschlüsselungsfunktion in das Programm aufnehmen, doch es ist bisher nicht gelungen, das Codebuch ausfindig zu machen.

Meine Frage daher: Weiß jemand, wo man das von Zimmermann verwendete Codebuch einsehen kann oder wo es Seitenscans gibt?

Es wäre toll, wenn sich diese Frage klären ließe.

Zum Weiterlesen: Die verschlüsselten Nachrichten eines Polarforschers

Kommentare (9)

  1. #1 Peter
    5. Dezember 2015

    Tuchmann schreibt in https://www.amazon.com/dp/0345324250/#reader_0345324250 (Seite 5) von einem German codebook No 13040 bzw 0075. Das dürfte nicht mehr geheim sein und in einem deutschen Archiv liegen…..sonst vielleicht in England: https://discovery.nationalarchives.gov.uk/details/r/C2228284

  2. #2 Max Baertl
    5. Dezember 2015

    Unter dem Link: https://thezimmermanntelegramnhd.weebly.com/room-40.html gibt es eine Seite aus dem Signalbuch der Kaiserlichen Marine zu sehen. Möglicherweise war das Codebuch der Zimmermann Depeche ähnlich gestaltet.

  3. #4 Markus Hagl
    5. Dezember 2015

    Hm, Mark Stamp zitiert in seinem Buch “Information Security: Principles and Practice” in Abschnitt 2.3.7 Codebook cipher aus diesem Codebook, eventuell hat er Zugriff auf das gesamte Codebook?
    Link zum Buch: https://books.google.de/books?id=UW3SS9P9hdEC&printsec=frontcover&hl=de

  4. #5 joe
    Berlin
    5. Dezember 2015

    Bundesarchiv

  5. #7 Klaus Schmeh
    6. Dezember 2015

    @Peter, Markus, Joe, Max: Vielen Dank für die Hinweise. Ich bin sicher, das CrypTool-Team wird diesen Ansätzen nachgehen. Wäre toll, wenn diese Codebuch-Verschlüsselung in CrypTool implementiert werden könnte.

  6. #8 Nils Kopal
    Kassel
    7. Dezember 2015

    Vielen Dank für die Hinweise. Im National Archive bin ich auch schon gelandet. Hier hatte ich das Codebuch der Magdeburg gefunden: https://discovery.nationalarchives.gov.uk/details/r/C4115828

    Meinem Verständnis nach wurde die Depesche wohl zunächst mit diesem Codebook (teilweise) dechiffriert um dann mit dem Codebook 13040 vollständig entschlüsselt zu werden? Korrigiert mich, falls ich falsch liege.

    Ich hatte vor geraumer Zeit für das Signalbuch der Magdeburg auch schon eine Kopie-Kosten-Schätzung von den National Archives angefordert- allerdings überschritt die Schätzung, aufgrund der Länge des Signalbuches, schon die 500 britsche Pfund 🙁

    Ich wäre sehr an Kopien von beiden Codebüchern interessiert. Mein ultimatives Ziel wäre es, in Cryptool 2 eine Möglichkeit zu bieten, mittels Codebücher “originale” Nachrichten aus dem 1. WK zu dechiffrieren. Das dies in CT2 auch jetzt schon möglich wäre, sieht man an der bereits vorhandenen und schönen Navajo-Verschlüsselung, welche auf einem Navajo-Englisch-Codebook basiert. Ähnliches könnte man für die Zimmermann-Depesche bauen.

    Falls Jemand (Klaus 🙂 ? ) in die Nationalarchive kommt und Kopien anfertigen könnte, wäre ich überaus dankbar 🙂

  7. #9 BreitSide
    Beim Deich
    8. Dezember 2015

    Hat die Geschichte was mit Pancho Villa zu tun? Deutschland war ja damals äußerst einfallsreich, Revolutionäre und Ähnliche einzuspannen (zu versuchen): Lenin, die Araber (“Dschihad-Büro”), Pancho Villa…

    Oder waren das “offizielle” Regierungskontakte? Oh ja, Lesen bildet, es war wohl die offizielle Regierung, die angesprochen wurde.

    So hat man also zuerst den Revolutionär ausprobiert und dann die Regierung?