Ein verschlüsseltes Telegramm kann eine harte Nuss sein. Dieses Exemplar, das 1939 aus Südamerika nach England geschickt wurde,  ist allerdings auch für Anfänger durchaus lösbar.

Wenn das kein Zufall ist! Anfang Januar machte ich auf einer Reise durch den Süden Englands Station in Hastings, einem kleinen Städtchen am Ärmelkanal. Ein Stadtteil von Hastings ist St Leonards-on-Sea, das bis ins 19. Jahrhundert eigenständig war.

Per Telegramm über den Atlantik

Vor ein paar Tagen hat mir Blog-Leser Karsten Hansky dankenswerterweise ein verschlüsseltes Telegramm aus dem Jahr 1939 zur Verfügung gestellt. Der Empfänger saß in St Leonards-on-Sea. Aus dem genannten Grund wusste ich gleich, wo das ist.

Der Absender befand sich am anderen Ende des Atlantiks: in Georgetown, der Hauptstadt der damaligen Kolonie British Guyana. Heute ist das Land unter dem Namen Guyana selbständig. Der Absender (und evtl. auch der Empfänger) war für eine Firma Robertson Treasury aktiv. Leider ist mir nicht ganz klar, was diese Firma machte. “Treasury” heißt “Schatzkammer” oder “Fiskus”. Beides passt an dieser Stelle nicht so recht. Vielleicht handelte es sich um eine Bank.

Robertson-Telegram-bearbeitet

Der Geheimtext ist recht kurz und lautet JKHQY GYULN QOOWE HAWNH EAOPL KODEX HAHQR.

Auch für Anfänger geeignet!

Das Kryptogramm ist einfach zu knacken (der Klartext stand sogar auf dem Telegramm, Karsten Hansky hat ihn aber gelöscht). Dies ist nicht selbstverständlich, denn Telegramme wurden damals häufig mit Hilfe von Codebüchern verschlüsselt, die noch heute schwer zu knacken sind (siehe zum Beispiel hier). In diesem Fall wählte der Absender allerdings ein deutlich einfacheres Verfahren. Es sollte vermutlich nur das Personal vom flüchtigen Mitlesen abhalten.

Schafft es jemand die Verschlüsselung zu knacken? Falls ja, was bedeutet denn genau der Klartext (ich habe es zugegebenermaßen nicht verstanden)?

Zum Weiterlesen: Das verschlüsselte Telegramm eines Astronomen

Kommentare (20)

  1. #1 Thomas
    28. Februar 2016

    NO LUCK CYPRUS SAIL EARLIEST POSH(S)IBLE LUV

  2. #2 Thomas
    28. Februar 2016

    Ich vermute ein Codebuch oder zmindest vereibarte Decknamen hinter dem Klartext.

  3. #3 Schlauberger
    28. Februar 2016

    Haha, das ist irgendein Windows Key!

  4. #4 Karsten Hansky
    Kretzschau
    29. Februar 2016

    Mich hat überrascht, dass es eine einfache Caesar-Chiffre ist. Telegraphen-Codebücher waren zu dieser Zeit weit verbreitet und hätten den Text sogar noch verkürzt.

  5. #5 Thomas
    29. Februar 2016

    Steckt nicht noch ein Code dahinter? Cyprus scheint in dem Kontext ja nicht Zypern zu bedeuten und der Vorname “Cyprus” passt an der Stelle auch nicht recht. Ist LUV vielleicht eine andere Schreibweise für Love? Dann wäre es ja eher eine private Nachricht – oder gibt es im Englischen auch das Wort Luv für die Windseite, aber was sollte das hier den Empfänger interessieren?

  6. #6 Elias
    Deutschland
    29. Februar 2016

    Könnte sich um eine Benachichtigung über Lieferschwierigkeiten sein und die Verschiffung sobald der Wind richtig steht sofort erfolgen soll. Nur ist mir nicht klar welche Waren verschifft werden.

  7. #7 Thomas
    29. Februar 2016

    Nachtrag:
    “Cyprus” ist auch einTeil der Londoner Docklands.

  8. #8 Karsten Hansky
    Kretzschau
    29. Februar 2016

    Robertson Treasury Georgetown:
    Vielleicht muss man das getrennt lesen und der Empfänger war ein Mr. Robinson beim Schatzamt?

    • #9 Klaus Schmeh
      29. Februar 2016

      Das könnte sein.

  9. #10 Mars63
    29. Februar 2016

    Cyprus ist vermutlich der Name das Schiffs
    das als frühestes auslief:

    der Name und der Zeitpunkt würde passen
    “4,398-ton HMS Cyprus (X44) ex-Cape Sable built 1936”

  10. #11 Karsten Hansky
    Kretzschau
    29. Februar 2016

    Denkbar wäre das. Allerdings steht im Netz, dass die Q-Ships erst im September/Oktober 1939 von der Royal Navy übernommen wurden. Wenn der Name “Cyprus” erst dann übernommen wurde, passt das nicht zum Datum des Telegramms.

    Hat jemand eine Idee wofür beim Absender folgendes steht? “CDE.BRG9.IDC”

  11. #12 Thomas
    29. Februar 2016

    “CDE” bedeutet, dass Text in “code language” folgt (Telegraph Regulation 1932, s. https://cryptiana.web.fc2.com/code/telegraph1.htm).

    “BRG” steht wohl für British Guiana.
    Zu 9 (Nummer der Telegraphenstation?) und IDC fällt mir in diesem Zusammenhang nichts ein.

  12. #13 atlas
    central europe
    29. Februar 2016

    Wenn ich die linken senkrechten Erläuterungen des Telegramms richtig deute ist die Senderichtung von England nach British Guyana.
    Die 9 könnte die “Number of Message” sein.

    atlas

  13. #14 Anderer Michael
    29. Februar 2016

    Thomas (oder HerrSchmeh) eine Frage bitte.
    VERSCHLÜSSELN UND ENTSCHLÜSSELN ist für mich Neuland. Ich habe nachgelesen, was eine Caesar-Chiffre ist.
    Wie konnten Sie ersehen, welche Buchstabenverschiebung Sie verwenden mussten, oder haben Sie einfach alles 25/26 Buchstaben durchprobiert.
    Danke.

    • #15 Klaus Schmeh
      1. März 2016

      In diesem Fall ist wohl tatsächlich Probieren die beste Strategie. Ansonsten kann man auch die Buchstaben zählen. Da das E im Deutschen und im Englischen jeweils der häufigste Buchstabe ist, kann man auf diese Weise auf die richtige Verschiebung finden.

  14. #16 Thomas
    29. Februar 2016

    Nur Durchprobieren hilft, hier konnte man aber schon mit der 4. Verschiebung aufhören.

  15. #17 Jerry McCarthy
    England
    1. März 2016

    #5 “Ist LUV vielleicht eine andere Schreibweise für Love?”

    Slangartig, aber ja.

  16. #18 Mars63
    3. März 2016

    da jetzt nur noch geraten wird, hoffe ich auf eine baldige auflösung oder anregung ……
    grüssle

  17. #19 atlas
    central europe
    4. März 2016

    Der unbekannte Absender in England (Mr. oder Mrs. Luv?) benutzt wohl eine Redewendung: “nach Zypern segeln” taucht erstmals in Homers Odysee auf und wird wieder und wieder bis heute benutzt.
    Was damit gemeint ist erschließt sich mir leider nicht.

    Ich denke auch nicht daß jemand 1939 noch einen Segler nach Zypern nahm 🙂
    Wie gesagt, das Telgramm ging von England nach Guinea und nicht wie im Artikel beschrieben umgekehrt.

    atlas

  18. #20 Asqiir
    1. Juni 2016

    @Jerry McCarty
    Nein, Luv ist ein Wort aus dem Seefahrervokabular, im englischen wird es auch loov geschrieben. Es ist ie Windzugewandte Seite.