Ein britisches Zensoren-Handbuch aus dem Zweiten Weltkrieg zeigt auf faszinierende Weise, wie damals die Post auf versteckte Spionage-Botschaften untersucht wurde. Dabei gibt das Handbuch noch einige Rätsel auf.
“Spionage-Tricks: Nazi-Botschaften in Modezeichnungen” lautete 2006 die Überschrift eines Artikels in Spiegel Online. Darin ging es um Methoden, mit denen deutsche Spione im Zweiten Weltkrieg Botschaften in harmlos aussehenden Texten und Bildern versteckten. Es ging also um Steganografie – auch wenn dieser Begriff im Artikel nirgendwo erwähnt wurde.
Quelle für den Artikel war eine kurz zuvor erschienene Presse-Mitteilung des British National Archive. Diese bezog sich auf ein Zensoren-Handbuch aus dem Zweiten Weltkrieg (und einige zugehörige Informationen). In diesem Handbuch sind zahlreiche steganografische Methoden aufgelistet, die deutsche Spione damals tatsächlich oder mutmaßlich verwendeten.
Hier gibt es das Zensoren-Handbuch zum Download. Das Original ist in Besitz des British National Archive in London.
Auf Seite 11 des Handbuchs findet sich beispielsweise folgender (vermutlich fiktiver) Brief, in dem Buchstaben markiert sind, indem sie doppelt gedruckt wurden:
Die markierten Buchstaben ergeben folgende Nachricht: “5 transports leave Dover Tuesday.”
Im folgenden Brief (Seite 7) sind Kurzschrift-Buchstaben in einige Wort-Zwischenräume eingefügt:
Zusammen ergeben die Kurzschrift-Buchstaben (die ich selbst zwar erkennen, aber leider nicht entziffern kann) eine versteckte Nachricht: “Transports will leave Folkestone Monday dawn. Troups now massing at Hythe.”
Einige Dinge in diesem Zensoren-Handbuch sind mir jedoch noch unklar. So findet sich am Anfang des Handbuchs (Seite 6) beispielsweise ein Text, der nicht versteckt, sondern per Buchstaben-Ersetzung verschlüsselt ist:
Die Lösung ist nicht gegeben. Kann jemand dieses Kryptogramm knacken?
Ein komplettes Rätsel sind mir zwei Zeichnungen aus dem Zensoren-Handbuch, auf die ich vor einem Jahr schon einmal in Klausis Krypto Kolumne eingegangen bin. Es geht zunächst um diese Modezeichnung (S. 14):
Und es geht um diese Landkarte (S. 17):
In beiden Bildern soll jeweils eine Nachricht versteckt sein. Die jeweilige Nachricht ist angegeben. Mir ist aber mit dem besten Willen nicht klar, wie diese Nachrichten kodiert worden sind. Kann dies jemand erklären?
Wer weitere Beispiele sehen will, kann sie im Zensoren-Handbuch nachlesen. Leider habe ich keine Informationen darüber, wie erfolgreich die Zensoren waren, die damit gearbeitet haben. Mir ist auch nicht klar, wie viele deutsche Spione im Einflussbereich Großbritanniens tatsächlich derartige Botschaften verschickt haben. Vielleicht weiß ja ein Leser mehr.
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Zum Weiterlesen: Radiobeitrag über Steganografie zum Nachhören
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