Die verschlüsselten Notizen der Isdal-Frau, deren Leiche 1970 gefunden wurde, sind noch nicht vollständig dechiffriert. Möglicherweise hat die Unbekannte ihren Tod verschlüsselt angekündigt.

English version (translated with DeepL)

Am 29. November 1970 fand man auf einem Wanderweg im Isdal (“Eistal”) bei Bergen in Norwegen eine halbverbrannte Frauenleiche. Sie wurde nie identifiziert. Ob es sich um einen Mord oder Selbsttötung handelte, wurde nie geklärt.

Quelle/Source: Public Domain

Auf die Geschichte der Isdal-Frau bin ich vorgestern ausführlich eingegangen. Es gibt eine ganze Reihe von Youtube-Videos dazu, die meist Videocast-Charakter haben. Hier ist beispielsweise ein deutscher Beitrag von Kati Winter:

Wer’s lieber englisch mag, findet ein ähnliches Video hier. Eine TV-Dokumentation zur Isdal-Frau habe ich im Internet leider keine gefunden.

 

Das Kryptogramm

Der Fall der Isdal-Frau erinnert an den des Somerton-Manns. Wie Letzterer hat auch die unbekannte Tote eine verschlüsselte Notiz hinterlassen. Es handelt sich um die folgende Aufzeichnung:

Quelle/Source: Public Domain

Ich habe schon mehrfach über dieses Kryptogramm gebloggt. Es ist zu einem großen Teil dechiffriert. Auf der Webseite der BBC findet sich beispielsweise folgende (wenn auch nicht vollständige) Erklärung:

Quelle/Source: BBC

Im folgenden Video gibt es weitere Informationen (8:05):

Im Video wird auf ein Dokument des Journalisten Michael East verwiesen, das eine detaillierte Erklärung der Notiz liefert. Weiß ein Leser, wo man dieses findet?

Es handelt sich bei der Notiz also um eine Tabelle, in der Datumsangaben und Aufenthaltsorte aufgelistet sind – ein Reiseplan. Statt ganzer Wörter wie “Oslo”, “Bergen” oder “March” hat die Isdal-Frau jeweils nur die Anfangsbuchstaben verwendet. Diese Methode wird in meinem aktuellen Buch “Codebreaking: A Practicle Guide” als Abkürzungschiffre bezeichnet. Dies ist keine Verschlüsselung im eigentlichen Sinne, wird jedoch häufig zur Geheimhaltung verwendet.

Ein Problem bei einer Abkürzungschiffre ist, dass man sie meist nicht eindeutig entschlüsseln kann. Ein M kann beispielsweise für “März”, “Mai”, “Mittwoch” oder etwas völlig anderes stehen. Dieses Problem spielt auch bei der Notiz der Isdal-Frau eine Rolle. So kann man zwar die Monate mit dem vorhandenen Hintergrundwissen richtig entschlüsseln, doch bei den Städten geht das nicht immer. So könnte A für Aarhus oder Amsterdam stehen. Ob R für Rom, Rotterdam oder Reims steht, ist ebenfalls nicht klar.

 

Der Block unten links

Blog-Leser Lawrence Alexander hat mich darauf hingewiesen, dass vor allem der Block unten links auf dem Zettel noch Rätsel aufgibt:

10 M
ML23 N MM

Lawrence hat mir folgendes dazu geschrieben:

It appears to “frame” the Isdal woman’s known activities from beginning to end, mirroring the 10M at the top, to the date she was last seen alive, 23N. I did wonder whether, in the context of a transmitted message, this was actually error detection framing the very start and very end of the message (like metadata), with the end portion for some reason missing. But that, again, is speculation and quite unlikely.

Some believe MM refers to “memento mori.” But considering that the Isdal woman previously uses J to represent June then JJ for July, I think it simply distinguishes another word beginning with “m” from the previous “10M” (March).

On that topic, it’s interesting that she uses JJ instead of, say, JY or JT. She could perhaps be trying to avoid linkage with French, German or English language, or (as others have mentioned) it could refer to the Slovenian “julij”. Given her apparent knowledge of the Slovenian “žarne” to accompany her Ljubljana persona, a connection to that country is certainly possible.

Die Vermutung, dass MM für “memento mori” (“Gedenke des Todes”) steht, wird auch im obigen Video (10:25) geäußert. ML könnte “mane lunae” (“Montagmorgen”) heißen. Dies ergäbe für die letzte Zeile:

Montagmorgen, 23. November, gedenke des Todes.

Der 23. November 1970 war tatsächlich ein Montag. An diesem Tag wurde die Isdal-Frau beim Verlassen eines Hotels in Bergen zum letzten Mal gesehen. Am gleichen Tag wurden die Koffer der Dame bei der Gepäckaufbewahrung am Bahnhof in Bergen abgegeben. Es könnte sich also um den Todestag der Isdal-Frau handeln. Hat diese in der Notiz ihren Freitod angekündigt?

Laut Lawrence könnte MM aber auch schlicht für den Monat Mai stehen. Was denken meine Leser?

Vor ein paar Tagen bin ich auf ein weiteres (angebliches) Kryptogramm gestoßen, das im Zusammenhang mit der Isdal-Frau eine Rolle spielt.


Further reading: The Isdal Woman mystery, revisited

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Kommentare (13)

  1. #1 Alex Ulyanenkov
    Moscow
    11. Dezember 2021

    Truly said – it can be a lot of variations. Just an example – ML= Milano
    – № 23 = room number
    in
    – MM = Milano Mariott
    That is not a solution offered (at all).

  2. #2 Kerberos
    11. Dezember 2021

    Hallo Hr. Schmeh,
    in einem älteren Post zeigten Sie ein Bild vom
    Begräbnis der Isdal-Frau.
    Darin fielen mir einige Dinge auf.

    – Ein wohl katholischer Pfarrer, nicht leicht
    aufzutreiben in Norwegen 1970, wußte man ,
    daß sie katholisch war?
    – Zwei Damen, die anscheinend etwas sangen.
    – Ein relativ teuer aussehender Sarg.
    Kati Winter sagt in ihrem Podcast, daß nur Justiz
    (Polizei?) -Beamte beim Begräbnis waren.
    Kerberos

  3. #3 Thomas
    11. Dezember 2021

    @Kerberos

    Ein interessanter Punkt: Der katholische Priester Fischedick stammte aus Deutschland: https://www.katolsk.no/biografier/innenriks/ffischedick

    Vermuteten die Behörden vielleicht schon damals, dass die Frau aus dem deutschsprachigen Raum kam?

  4. #4 Kerberos
    11. Dezember 2021

    Hallo Thomas,
    das würde ich nicht überbewerten.
    Der Fischedick war halt einfach der zuständige
    katholische Pfarrer für Bergen (und vermutlich auch Umgebung)
    Ich schätze, daß viele katholische Pfarrer in Norwegen
    aus Deutschland oder evtl Holland kamen.
    Der Grund für einen katholischen Pfarrer könnte
    schlicht sein, daß in einem der falschen belgischen
    Pässe katholisch als Religion stand.
    Ein anderer könnte sein, daß die norwegische
    Staatskirche Selbstmörder nicht begrub.
    Gruß
    Kerberos

  5. #5 Gerry
    11. Dezember 2021

    Michael East is editor of true crime magazine, see: https://muckrack.com/michaeleastwriter/portfolio
    His article about the Isdal woman was deleted, but you can find it (sadly without the photos) on the wayback machine: https://web.archive.org/web/20210227190333/https://medium.com/the-mystery-box/unsolved-mysteries-the-isdal-woman-72b373f48952

  6. #6 Klaus Schmeh
    12. Dezember 2021

    Mark Moiseevich via Facebook:
    MM:
    Monte Marino
    Monte Mastaccio
    Monte Moggio

  7. #7 Klaus Schmeh
    12. Dezember 2021

    >wußte man, daß sie katholisch war?
    Die Polizei hat sich damals für eine katholische Beerdigung entschieden. In den Koffern waren Postkarten mit Heiligen-Motiven enthalten, außerdem hat die Frau Falschnamen verwendet, die von Heiligen stammen. Das beweist natürlich nichts, aber irgendwie musste man die Frau ja schließlich beerdigen.

  8. #8 Thomas
    13. Dezember 2021

    @Klaus

    Hast du einen link, wo das mit den Heiligen-Motiven näher beschrieben ist? Ich kann mich nur noch an die Postkarte mit dem von einem Pferd gezogenen Schlitten erinnern, wo das Motiv von dem italienischen Fotografen stammte.

  9. #9 Klaus Schmeh
    13. Dezember 2021

    >Hast du einen link, wo das mit den
    >Heiligen-Motiven näher beschrieben ist
    In folgendem Video/Artikel wird das erwähnt:
    https://answerswithjoe.com/mystery-isdal-woman/
    Dort steht: “A picture of the Madonna with child Postcard of religious scene Postcard of a horse-drawn sleigh.”

  10. #10 Lars Dietz
    [classified]
    15. Dezember 2021

    “Eine TV-Dokumentation zur Isdal-Frau habe ich im Internet leider keine gefunden.”

    Hier ist eine vom ZDF:
    https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/ermittler-memento-mori-100.html

  11. #11 NachtEule89
    22. Dezember 2021

    Hallo,

    ich versuche schon seit längeren in diesem Fall weiter zu kommen.

    vorhin bin ich über einen Beitrag gestoßen. das eine Journalistin eine Postkarte Anonym erhalten hat wo der Ort woher die Isdal Frau stamme genannt wurde. zu dem beschäftigt sich wohl weder fbi noch cia mit diesem Fall.

    https://michaelheinbockel.de/seltsamer-neuer-hinweis-im-fall-der-isdal-frau/

  12. #12 NachtEule89
    berlin
    22. Dezember 2021

    zudem habe ich oft die Vermutung das der Fall der ISDAL Frau , das der Plaza Oslo Frau und Bella in the Wych Elm in Verbindung stehen könnten auch wenn es zu allen fällen min 20 Jahre liegen

  13. #13 Alex Dobermann
    Berlin
    27. September 2022

    10 ML23 N (Newcastle) MM (mein mord, ma mort etc.)