Der Künstler Guy de Cointet hat gleich mehrere verschlüsselte Bücher geschaffen. Nachdem meine Leser eines davon größtenteils gelöst haben, schauen wir uns nun das nächste an. Möglicherweise kommt darin eine Fleißner-Raster-Verschlüsselung vor.

English version (translated with DeepL)

Wer spannende Videos zum Thema Kryptografie und Coeknacken sehen will, sollte sich im CrypTool-YouTube-Kanal von Nils Kopal umschauen. Auch bei Dave Oranchak gibt es auf YouTube so manchen interessanten Beitrag.

Dank eines Tipps von Cipherbrain-Leser YefimShiffrin kann ich heute ein weiteres Video präsentieren. Man wird ein Video dieser Art weder bei Nils noch bei Dave finden wird. Es ist aber dennoch – wenn auch auf eine ganz andere Art – sehenswert.

 

Guy de Cointet

Im Grunde geht es aber gar nicht um das Video an sich, sondern um das darin gezeigte Objekt: ein verschlüsseltes Buch von Guy de Cointet.

Quelle/Source: Wikimedia Commons

Der französisch-amerikanische Künstler Guy de Cointet (1934–1983) war in letzter Zeit öfters ein Thema auf Cipherbrain. Er wurde in Paris geboren und wanderte 1966 in die USA aus. Er lebte in New York und Los Angeles, wo nahezu alle seine Werke entstanden. Zu seinem Privatleben hielt sich der Künstler stets bedeckt. Er trat nie mit einer Partnerin oder einem Partner in Erscheinung. Er starb 1983 im Alter von nur 49 Jahren an Hepathitis C.

Weitere Informationen gibt es im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu Guy de Cointet. Es gibt eine “Guy de Cointet Society”, die eine Webseite über ihn betreibt und außerdem auf Facebook präsent ist.

Die Kunstszene wurde auf de Cointet erst nach dessen frühem Tod aufmerksam. Inzwischen haben zahlreiche Museen und Gallerien de Cointets Werke ins Programm genommen. Auch das Museum of Modern Art (MOMA) in New York, das wohl bedeutendste Museum für moderne Kunst überhaupt, besitzt mehrere Bilder von ihm.

Wie ich mehrfach berichtet habe, hat de Cointet zahlreiche Gemälde geschaffen, auf denen verschlüsselte Texte zu sehen sind. Einem Artikel in der Los Angeles Times zu Folge entwickelte sich de Cointets Interesse an der Kryptografie bereits in seiner Jugend.

In der Krypto-Szene wurde de Cointet trotz der zahlreichen verschlüsselten Bilder bisher kaum beachtet. Ich hoffe, dass ich diesem interessanten Künstler mit meinen Blog-Artikeln zu etwas mehr Popularität unter Kryptologen verhelfen kann.

 

Das Buch “A Few Drawings”

Guy de Cointet hat mehrere verschlüsselte Bücher geschaffen. Der oben genannten Webseite nach zu urteilen müssten es mindestens sechs gewesen sein. Eines davon, “A Captain from Portugal?”, habe ich bereits auf Cipherbrain vorgestellt. Meine Leser haben die meisten darin enthaltenen Kryptogramme gelöst. Auf meiner “Encrypted Book List” ist das Buch mit der Nummer 00112 aufgeführt.

Heute will ich ein weiteres verschlüsseltes Buch von de Cointet vorstellen: “A Few Drawings”. Der Titel ist etwas irreführend, denn der Inhalt besteht nicht aus Zeichnungen, sondern größtenteils aus (mutmaßlich) verschlüsseltem Text. Laut der oben genannten Webseite ist das Buch 1975 erschienen und wurde in 1000 Exemplaren gedruckt. 2005 gab es eine Neuauflage mit ebenfalls 1000 Exemplaren. Das Buch hat 56 Seiten. Auf der Webseite der Guy de Cointet Society sind ein paar Seiten daraus abgebildet.

Leider habe ich bisher keine Webseite gefunden, die Scans aller 56 Buchseiten bereitstellt. Dafür hat mir Cipherbrain-Leser YefimShiffrin den Tipp gegeben, dass es dieses Buch auf Vimeo gibt, und zwar als zehnminütiges Video, in dem alle Seiten durchgeblättert werden. Ein Thriller könnte kaum spannender sein.

Auch “A Few Drawings” habe ich in meine “Encrypted Book List” aufgenommen. Es steht an Stelle 00113.

 

Ein Kryptogramm

Zum Auftakt will ich heute auf das zweite Kryptogramm eingehen, das in diesem Buch vorkommt. Es wird im Video ab 1:00 gezeigt. Hier ist es:

Quelle/Source: Guy de Cointet Society

Der verschlüsselte Text besteht aus 169 Buchstaben und ist in Form eines 13×13 großen Quadrats notiert. Der Anteil von Vokalen ist realiv hoch, was für eine Transpositionschiffre spricht. Hat de Cointet hier ein Fleissner-Raster verwendet? Das wäre denkbar, doch es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten.

Kann ein Leser mehr herausfinden? Ist die Lösung vielleicht sogar schon bekannt? Hinweise nehme ich gerne entgegen.


Further reading: Mein neues Buch ist erschienen: Ein Comic-Band im Asterix-Stil

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Kommentare (17)

  1. #1 Narga
    18. Januar 2022

    Here is a transcript:

    SAMOLHUXBEGQR
    UWPADYZPTVANO
    NEOBUFENOIKDC
    XORSTCBTHSAWU
    RCMIUEAGKUPTK
    ZYESDKBLANEOD
    VOJHRUERYTSHF
    ADUSIHLAMQTEB
    REACYGMEAPOMC
    LMEFNPSDINEUA
    TUYZEBECOSATW
    SEWHSODYLUMDH
    GMUAHRESDCLON

    Since a recent macOS / iOS update, one can now simply select and copy text in images like this one here. That’s really neat!

  2. #2 EDW
    19. Januar 2022

    “E” is the most frequent letter, followed by “A”, “U” and “S”. It really looks like a transposition cipher.

  3. #3 YeS
    19. Januar 2022

    I’m planning to make screencaps of all the pages and try to transcribe them. When I finish I’ll post the links here.

  4. #4 Matthew Brown
    19. Januar 2022

    The index of coincidence (0.045) seems too low for a transposition. There are some interesting repetitions at a key length of 5 but I’ve not had any luck in this direction.

    At around 04:13 in the video a page has the clear text “AT THAT MOMENT THE SUN BROKE FROM BEHIND CLOUDS”. I was able to find the source for this in the book Hidden Colors by Yukio Mishima;
    https://archive.org/details/forbiddencolors00mish/page/326/mode/2up?q=%22the+sun%22

    Possibly the previous ciphertext on this page is from the same source.

  5. #5 YeS
    20. Januar 2022
  6. #6 Karo
    Otterfing
    20. Januar 2022

    https://www.thefreelibrary.com/Who+is+Guy+de+Cointet%3F-a0165917179

    Viele Infos zu de Cointet und wie er verschlüsselt hat. Raymond Russels Buch hilft eventuell. Es ist wirklich viel Text…

    https://boards.fireden.net/y/search/image/AsCxsRa1ZGgWyamk89O7Gg/

    Und hier findet sich der Text von Seite 4, 1. Blatt (Reddit von Yes)

  7. #7 Matthew Brown
    20. Januar 2022

    @YeS Nice work!

    All the text has a similar letter freq and IoC so it looks to all be enciphered the same way, much like A Captain From Portugal.

    Page 19 has a 5 letter repetition USADE at a distance of 55.

    Its hard to know how to parse the numbers as they appear in groups of various sizes. There doesn’t seem to be any significant bias in the digits;
    0: 10.4%
    1: 09.8%
    2: 10.0%
    3: 09.8%
    4: 09.5%
    5: 10.9%
    6: 10.0%
    7: 09.0%
    8: 10.2%
    9: 10.3%

  8. #8 Klaus Schmeh
    20. Januar 2022

    @YeS:
    >I have made a post at r/codes with images
    >and transcripts
    Thank you very much! This is very helpful.

  9. #9 YeS
    21. Januar 2022

    I was able to identify another source of some of the quotes. The quotes in #03, #13 and #21 are from “Venus in Furs” by Leopold von Sacher-Masoch.

  10. #10 YeS
    21. Januar 2022

    The quote in #19 “There is not much to tell you…” is from Durrell-Miller Letters, 1935-1980.

    I have posted screenshots of pages with quotes in the Reddit thread.

  11. #11 Klaus Schmeh
    21. Januar 2022

    @Karo
    >Viele Infos zu de Cointet und wie er verschlüsselt hat.
    Interessant. Da schreiben mehrere Personen über de Cointet. Das mit der verschlüsselten Zeitung könnte ich mal in einem Blog-Artikel vorstellen.

  12. #12 Karo
    Otterfing
    22. Januar 2022
  13. #13 Karo
    Otterfing
    22. Januar 2022

    Hier auch nochmal etwas über die Werke von Cointet

    https://journals.openedition.org/signata/2687

  14. #14 Karo
    Otterfing
    22. Januar 2022
  15. #15 Klaus Schmeh
    22. Januar 2022

    @Karo: Vielen Dank, da gibt es wohl noch einiges zu Guy de Cointet, über das ich bloggen kann.

  16. #16 Matthew Brown
    22. Januar 2022

    I’m starting to wonder if this is ciphertext. The IoC makes it seem polyalphabetic but the letter frequencies are close to English and I’m struggling to think of any cipher method which would behave this way. My best guess is that the text may have been selected from an English source like a book but letters chosen somewhat at random, with a subconscious bias that has led to a flatter distribution and lower IoC.

    The first link Karo shared mentioned that in his later works Cointet used phone numbers and license plates to generate strings of characters, so he may have stopped using cryptography at some point.

    His notebooks are available here and might contain some clues;
    http://guydecointet.org/en/carnet

  17. #17 YeS
    22. Januar 2022

    My impression is that the notebooks are not available in full. I was unable to find anything related to the “Few Drawings” book there. There were some snippets about “Captain from Portugal” though.

    There may be something in the parts written in French. I don’t know French so can’t tell for certain.

    There are some notes with Vigenere/Gronsfield ciphers. Some simple substitutions and transpositions.

    There is a mention of D’Agapeyeff’s book. He may have borrowed something from it, as he did with Henry Lysing’s “Secret Writing”.