Eine verschlüsselte Postkarte aus dem Jahr 1910 gibt Rätsel auf. Kann ein Leser sie dechiffrieren?

English version (translated with DeepL)

Mein letzter Artikel über eine verschlüsselte Postkarte war dank meiner Leser – insbesondere Armin Krauß, Tobias und Joachim – wieder einmal ein voller Erfolg. Neben dem Klartext kennen wir jetzt auch die musikalischen Hintergründe der abgebildeten Noten. In den nächsten Tagen werde ich noch einmal über diese Karte aus Ohio bloggen.

 

Eine Karte aus Minneappolis

Zuvor möchte ich heute jedoch auf eine andere verschlüsselte Postkarte eingehen, die ich per Suchmaschine gefunden habe. Diese Karte wurde von einem Nutzer namens “gpeetee” auf der Webseite History Forum vorgestellt und stammt aus dem Jahr 1910. Leider liegt mir nur die Textseite vor. Hier ist sie:

Quelle/Source: History Forum

Die Empfängerin ist, wie so oft, eine unverheiratete Frau (Miss). Ihren Namen lese ich als Elvira Huglseth. Der Nachname ergibt bei Google keinen Treffer und muss daher sehr selten sein. Der Absender dürfte der Liebhaber von Elvira gewesesen sein.

Die Karte wurde in Gary abgestempelt, einem Dorf im Westen des US-Bundesstaats Minnesota. Die Empfängerin wohnte 400 Kilometer entfernt in Minneapolis, der größten Stadt in Minnesota.

Die Nachricht enthält ein paar Klartext-Passagen. Eine davon steht auf dem Kopf:

Quelle/Source: History Forum

Das Dorf Beltrami ist etwa 30 Kilometer von Gary entfernt. Anscheinend handelt es sich um die Absender-Adresse.

 

Die Nachricht

Die verschlüsselte Nachricht beginnt mit 2EIT =T762. Lautet das erste Wort “DEAR”, wie auf vielen anderen Briefen und Karten?

Interessant ist auch das Wort TU6676+IDI-. Es hat das Buchstabenmuster 12334356768. Die Software CrypTool findet dazu leider kein passendes Klartext-Wort.

Findet ein Leser einen besseren Ansatz, um dieses Kryptogramm zu knacken?


Further reading: Verschlüsselte Postkarte: Wer kann sie (noch einmal) lösen

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Kommentare (10)

  1. #1 Armin Krauß
    28. April 2022

    Yes, the first word is “DEAR”.
    Plaintext reads as follows:

    DEAR FRIEND ELVIRAJ
    REC’D YOUR CARD FOR WHICH
    PLEASE ACCEPT MY THANKS
    THAT MUST BE SOMETHING
    LIKE RUNNING AWAY FROM
    PRAYER MEETING.
    WENT OUT FOR A RIDE YESTER
    DAY. JUST FINE. WENT
    TO BELTRAMI 2 DAYS THIS
    WEEK. GLAD YOU ARE EN-
    JOYING YOUR STAY. THE COUNTRY
    IS JUST LOVELY AT PRESENT
    YOUR FRIEND CLARENCE

  2. #2 Thomas
    28. April 2022

    Good job, Armin!

  3. #3 Norbert
    28. April 2022

    @Armin: Gratulation, unschlagbar schnell!
    Zur Ergänzung: Elviras Nachname dürfte “Fuglseth” lauten. Vielleicht war es ja diese Elvira hier:
    https://www.ancestry.com/genealogy/records/tina-elvira-fuglseth-24-7qhb9q

  4. #4 Klaus Schmeh
    28. April 2022

    @Armin:
    Congratulations and thank you very much! Another mystery solved.

  5. #5 Joachim
    29. April 2022

    Unglaublich, wie schnell Armin Krauß diese Dinge hier gelöst. Ich denke, da gehört weit mehr dazu, als Software bedienen zu können.

    Was mich zu meiner Frage führt:
    Wie findet CrypTool überhaupt (in diesem Fall nicht) ein Muster wie 12334356768? So eine richtig geschickte Vorgehensweise für eine Assoziation mit einem Wörterbuch fällt mir da nicht ein, wenn ich einen beliebigen einfachen substitution cipher voraussetze.

    Mag mir hier jemand einen Hinweis geben?

  6. #6 Narga
    29. April 2022

    Eine Möglichkeit ist es, im Wörterbuch eine weitere Spalte mit dem jeweiligen Muster zum Wort zu erstellen. Also man lässt ein kleines Programm eine umfangreiche Wortliste durchgehen und jeweils das entsprechende Muster dazu berechnen. Dann braucht man nachher nur noch nachzuschlagen, welche Wörter das Muster haben.

    Ich löse Anagramme oder Transpositionschiffren oft dadurch, dass ich ein Wörterbuch mit alphabetisch sortierten Wörtern, vielen Sätzen und Zitaten erstellt habe. Dann kann man mögliche Lösungen recht rasch finden, indem man auch den chiffrierten Text sortiert und nachschlägt.

  7. #7 Joachim
    29. April 2022

    Vielen Dank, Narga. Bei deiner Antwort wurde mir klar, wie das funktioniert. Man könnte das als Hash des Wortes unabhängig von der konkreten Substitution sehen.

    Ich denke, den Lesern hier ist das klarer als mir. Aber ich könnte nun kleines Progrämmchen, etwa in C, schreiben, das CrypTool in diesem einen Punkt “simuliert”. Das Wörterbuch könnte man leicht aus beliebigen Internetseiten generieren.

    Braucht jemand sowas? Vielleicht als Demo/Erklärung in einem Buch?

  8. #8 Armin Krauß
    29. April 2022

    Genau so macht es Cryptool2 auch.

    Cryptool2 kann übrigens auch mehrere Wortmuster simultan suchen. Wenn Klaus also als Suchmuster 1233435 6768 (mit dem Leerzeichen an der richtigen Stelle) eingegeben hätte, wäre die korrekte Lösung (“running away”) unter den Lösungsvorschlägen dabei gewesen.

  9. #9 Joachim
    29. April 2022

    @Armin Krauß
    Oh ja, das Leerzeichen ist ein schlauer “Trick”, zumal es in der Praxis nah liegt nach whitespace zu separieren.

    Meine naive “Implementierung” gerade zählte das Leerzeichen als normalen Code. Jetzt klappt das auch mit “running away” 😉

  10. #10 Klaus Schmeh
    29. April 2022

    @Armin und Narga:
    Danke für die Erläuterungen.

    >Wenn Klaus also als Suchmuster 1233435 6768
    >(mit dem Leerzeichen an der richtigen Stelle)
    >eingegeben hätte
    Da war ich ja wenigstens nah dran 😉

    Diese Mustersuche ist oft der beste Weg, um ein Kryptogramm zu knacken. Gary Klivans hat auf diese Weise auch schon einiges gelöst, Hier hat beispielsweise “OATMEAL COOKIES” funktioniert:
    https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/2016/10/22/how-gary-klivans-solved-an-encrypted-letter-from-a-prison-inmate/