Vor 300 Jahren notierte ein Unbekannter zwei Verschlüsselungsverfahren auf Spielkarten. Der heutige Besitzer würde gerne mehr über dieses Kuriosum herausfinden. Dabei gibt es auch einen verschlüsselten Text zu knacken.

Der Spielkarten-Sammler Paul Symons aus Leiden (Niederlande) hat drei interessante Stücke in seiner Sammlung. Es handelt sich um Spielkarten, auf denen zwei Verschlüsselungsverfahren notiert sind. Da Symons gerne mehr darüber herausfinden wollte, wandte er sich an das Kryptologie-Museum der NSA in Maryland. Zum Glück bin ich dort als Ansprechpartner für knifflige Krypto-Geschichtsfragen bekannt, und so kann ich diese interessante Geschichte (nach Rücksprache mit Herrn Symons) heute in Klausis Krypto Kolumne präsentieren.

Die fraglichen Spielkarten stammen vermutlich aus Belgien. Sie wurden von Hand gefertigt. Auf einer davon ist ein Datum notiert: 1. Mai 1707.

Verfahren 1

Das erste der beiden Verschlüsselungsverfahren findet sich auf zwei Karten notiert (jeweils auf der Rückseite, die Vorderseite ist nur der Vollständigkeit halber angegeben):

Playing-Card-Cipher-1b

Playing-Card-Cipher-1a

Playing-Card-Cipher-2b

Playing-Card-Cipher-2a

Das beschriebene Verfahren ist eine Geheimschrift. Für die Buchstaben B, C, D, F, G, H, K, L, M, N, P, Q, R, S, T und W gibt es jeweils ein Geheimzeichen. Die Vokale werden durch Punkte dargestellt, die in ein anderes Geheimzeichen an eine bestimmte Stelle eingebracht werden. Paul Symons beschreibt dies wie folgt: “When a dot is placed in the middle of the left side of the drawing this indicates the letter A, a dot on the middle top denotes an E, a dot on the right side denotes an I and a dot under the drawing denotes an O, while 2 dots denotes a letter V. In this way all the letters of the alphabet can be denoted in the drawing.”

Da auf beiden Karten das gleiche Verfahren beschrieben wird, kann man vermuten, dass die eine vom Sender und die andere vom Empfänger genutzt werden sollte. Ein Kartenstapel ist sicherlich ein gutes Versteck für eine Verschlüsselungsanleitung.

Verfahren 2

Das zweite Verschlüsselungsverfahren ist etwas komplizierter. Es wird auf einer Karte beschrieben:

Playing-Card-Cipher-3b

Playing-Card-Cipher-3a

Die Tabelle hat Paul Symons wie folgt transkribiert:

Playing-Card-Cipher-table

Leider ist mir nicht ganz klar, wie diese Methode funktioniert. Vielleicht weiß ein Leser mehr. Auf der Karte ist außerdem ein verschlüsselter Text angegeben, der mit dieser Tabelle erstellt wurde:

48 35 48 BA 09 95 10 48 WA KA

Kann diesen jemand entschlüsseln?

Wer mehr über diese beiden Verschlüsselungsverfahren aus Belgien sagen kann, möge sich bitte melden. Paul Symons würde sich sehr freuen, ich mich natürlich auch.

Zum Weiterlesen: Deutsche Politiker werden seit Jahrhunderten ausgespäht

Kommentare (8)

  1. #1 Christian Kaiser
    7. Februar 2015

    Die Tabelle ist einfach:
    a) 2 Zahlen: Buchstaben rechts und oben:
    48 -> NI -> strich drüber -> IN
    35 -> VE
    48 -> NI
    b) 2 Buchstaben: rechte Vertikale/oben:
    BA -> 01, erste Ziffer durchgestrichen -> 1
    c) siehe (a)
    09 -> MA
    95 -> YY -> letzte Zifferdurchgestrichen -> nur erster Buchstabe
    d) siehe (a)
    10 -> NA -> Strich drüber -> AN
    48 -> NI
    e) siehe (b)
    WA -> 17
    KA -> 07

    Die Lösung steht doch dabei: “inveni 1.May anni 1707”

    • #2 Klaus Schmeh
      7. Februar 2015

      Danke, damit wäre das schon einmal gelöst.

  2. #3 GCH
    7. Februar 2015

    Die linke Buchstabenspalte der Tabelle ist durchgestrichen, da hat er sich vertan, und die Vokale mitgenommen.
    Es ist also eine Matrix die immer Paare aus Konsonant und Vokal kodiert, erinnert mich an die japanischen Hiragana Zeichen.

  3. #4 KClemens
    7. Februar 2015

    Falls das “inveni 1.May anni 1707” tatsächlich die Lösung sein soll, man kann aus der 48 nämlich auch “LI” herauslesen, oder IL.

    Auf alle Fälle zeigt es, daß der Verfasser des Codes des Lateinischen mächtig war und somit in kirchlichen Kreisen vermutet werden darf.

    • #5 Klaus Schmeh
      8. Februar 2015

      Das wäre interessant. War es statthaft, dass ein Kirchenmann Spielkarten bei sich trug? Oder galt das Kartenspiel als Sünde?

  4. #6 GCH
    8. Februar 2015

    48 = NI, 46 = LI
    das halte ich schon für eindeutig. Die linke Spalte, die grau transkribiert ist, hat er durchgestrichen, die zählt nicht. A E I O U sind die Spalten, Zeilen für Vokale sollen nicht dabei sein.

  5. #7 Ralf Bülow
    9. Februar 2015

    Latein ist im 18. Jahrhundert nicht automatisch gleich Kirche, sondern ein Zeichen von Bildung. Dissertationen an deutschen Universitäten wurden im frühen 19. Jahrhundert noch auf Latein verfasst.

  6. #8 KClemens
    9. Februar 2015

    @Ralf Bülow

    die ersten Hochschulen entstanden unter kirchlicher Ägide.
    So auch in Belgien:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Universit%C3%A4t_L%C3%B6wen

    https://de.wikipedia.org/wiki/Universitas_Studii_Coloniensis

    Was ich sagen will, es dürfte sich bei jemand, der zu der Zeit Latein so gut sprach, um damit verschlüsseln zu können, entweder um jemand aus dem Umfeld einer solchen Uni handeln.