Zwei verschlüsselte Zeitungsanzeigen aus dem Jahr 1875 geben Rätsel auf. Ist die erste Anzeige der Schlüssel für die zweite?

Das Buch The Agony Column Codes & Ciphers von Jean Palmer (bürgerlich: Tony Gaffney) ist eine Fundgrube für jeden Codeknacker. Über 1.000 verschlüsselte Zeitungsanzeigen aus dem viktorianischen England sind darin abgedruckt. Die meisten davon hat Palmer selbst gelöst, doch es bleiben genug ungelöste übrig. Auf Klausis Krypto Kolumne habe ich schon mehrfach über verschlüsselte Zeitungsanzeigen aus Palmers Buch berichtet (zum Beispiel hier, hier und hier).

Neben einzelnen Anzeigen gibt es in Palmers Buch ganze Anzeigenserien, die sich manchmal über Jahre hinziehen. Geschäftsleute informierten auf diese Weise ihre Geldgeber, Reisende hielten ihre Familienmitglieder auf dem Laufenden, und Verliebte schickten sich verschlüsselte Liebesgrüße zu.

Vielen verschlüsselten Anzeigen ist nicht anzusehen, welchem Zweck sie dienten. Das gilt beispielsweise für die folgende Annonce, die am 8. Mai 1875 im Evening Standard erschien:

W. Str 53. Catokwacopa. Olcabrokorlested. Coomemega. Sesipyyocashostikr. Rep. – Itedconlec mistrl. – Hfsclam 54, 3 caselcluchozamot. 1. 6. 9. Mopredisco. Contoladsemot. Iadfilisat. Qft. Cagap. Balmnopsemsov. Ap. 139. – Hodsam 55, 6. Iopotonrogfimsecharsenr. Tolshr. Itedjolec. mistrl. – Ding Declon. Ereflodbr.

Zwölf Tage später (am 20. Mai 1875) erschien die Fortsetzung:

W. – Umem 18. Poayatlgerty. Dpeatcnrftin. Nvtinrdn. Dmlurpinrtrcamur. Etd. – Atndngtnsurs. Otenpu. – Eftdorshpxn. 18. Ndtsfindseseo. Cotegr Tavlysdinlge. Ngtndusdcndo. Edrstneirs. Ui, Ndted. iolapstedtioc. A. P. 138. – Yxn. 18. 18. Wtubrfftrstendinhofsvmnr. Dily. – Atdwtsurs. Oatvpu. – Y Arati. Rileohmae. – This will be intelligible if read in connection with my communication published in this column on the 8th inst.

Am Ende der zweiten Anzeige heißt es: Man kann diese zweite Anzeige mit Hilfe der ersten lesen. Bildet also die erste Nachricht den Schlüssel für die zweite? Muss man die beiden Kryptogramme in irgendeiner Form miteinander verbinden, um den Klartext zu erhalten?

Die Buchstaben-Häufigkeiten passen insgesamt zur englischen Sprache. Vielleicht muss man einfach zwischen den Anzeigen hin- und herspringen, um auf den Klartext zu kommen. Hinweise nehme ich, wie immer, gerne entgegen.

Zum Weiterlesen: Wer knackt die Verschlüsselungen eines Detektivs aus dem 19. Jahrhundert? Teil 1

Kommentare (7)

  1. #1 Holger
    18. August 2015

    Einige Stellen sehen aus wie Bibelzitate.
    Eine Recherche ergibt passende Stellen:
    Hodsam 55, 6 (Isajah 55,6 ?)
    Ap. 139 (Ps(alm) 139 ?)
    Yxn. 18. 18 (Mat(thew), Deu(teronomy) oder Rev(elation) ?)
    A.P. 138 (wieder ein Psalm nur mit einem Punkt mehr ?)
    Hfsclam 54, 3 (Psalm oder Isajah, passt aber leider von der Wortlänge nicht)
    caselcluchozamot. 1. 6. 9 (1 Corinthians 6,9 passt wieder nicht ganz)

    Das kann natürlich auch absoluter Zufall sein, weil sicher viele Ziffernkombinationen auf irgendwelche Bibelstellen passen, aber in der Summe sicher einen zweiten Blick wert.

  2. #2 Max Baertl
    18. August 2015

    Möglicherweise handelt es sich um eine variante des Pig-latins?

  3. #3 Joe
    Jena
    18. August 2015

    Was mir aufgefallen ist, sind die Wortlängen. Beide Nachrichten haben (von einzelnen Buchstaben, die mit den Zahlen eher Trennzeichen oder Dekodieranweisungen zu sein scheinen) fast die gleiche Anzahl Wörter (außer Edrstneirs in der zweiten Nachricht, das passt da irgendwie nicht rein) und die Wörter haben meist eine Ähnliche Länge. Bei Wörtern mit 1-24 Buchstaben ist das schon auffällig.

    Außerdem kommt in der zweiten Nachricht nur die 18 viermal und einmal mit einer eingeschobenen 3 (138) vor.
    In der ersten Nachricht treten fortlaufend 53,54,55, sowie eine 139 und ein paar Ziffern auf.

  4. #4 Knox
    18. August 2015

    If interlined,
    “. Ap. 139. –” is directly over …
    “A. P. 138. –”
    Does this mean that periods and spaces are not significant?
    Does this mean that case in not significant?
    What could “A. P. 138. –” possibly tell us about “. Ap. 139. –”?

    Vowel distribution is more regular in the first message.
    Maybe happenstance.

    “Balmnopsemsov” has “lmnop” in alphebetical order.
    Maybe happenstance.

  5. #5 Tony
    19. August 2015

    Hi Klaus,
    It may help someone if you included the previous one from the 27th March.
    The nearest I got to solving it was ‘Aboriginal place names’?!
    More seriously if you line one message above the other eg. the final 3 ‘words’ –
    Ding Declon – Ereflodbr.
    Y Arati Rileohmae
    Dying declaration – (name?)
    But even allowing for numerous typesetting errors I couldn’t make anything of the rest of it.
    Also noticed on your list of books etc. Sloane 3822 is unsolved so I went and made a copy of it last week – I see you have no image alongside it and can email my copy if you haven’t got one.
    (I’m hoping one of your readers can translate the Latin plaintext bits)
    Tony
    Great blog by the way.

    • #6 Klaus Schmeh
      23. August 2015

      Thanks for the comment. Here is the message from March 27:
      W. TITOLLUM Endive Oeman. Soomoom Biffot. Coxel. Dritterfo. Cardebog. Wapalinok. Sikrinad. Sepp?

  6. #7 James Mulliss
    10. Februar 2023

    Tony, it clearly says on the second cipher to read it together with the one on the 8th to make sense of it. There is no mention of using a third message