Fack ju göhte? Das sagt ein Kryptologe bestimmt nicht, denn so manche Größe der Literatur-Geschichte hat interessante Verschlüsselungen hinterlassen.

Man  muss nicht unbedingt ein bedeutender Schriftsteller sein, um Verschlüsselung anzuwenden – es schadet aber nichts. Zu den zahlreichen Literaten, die verschlüsselten, gehört beispielsweise der Nobelpreis-Träger Rudyard Kipling. Ein Kryptogramm von ihm habe ich kürzlich in Klausis Krypto Kolumne vorgestellt.

 

Carrolls Rebus-Verschlüsselung

Sogar noch einen Tick origineller ist der folgende Brief von Lewis Carroll, dem Schöpfer von Alice im Wunderland:

Letter-Carrol

Diese Art des Verschlüsselns, die natürlich eher eine Spielerei als ein Werkzeug zum Schutz geheimer Nachrichten war, könnte man als “Rebus-Verschlüsselung” bezeichnen. Ich habe auf Klausis Krypto Kolumne schon mehrere Beispiele vorgestellt. Meines Wissens hat sich aber noch nie jemand systematisch mit diesem Thema beschäftigt. Falls jemand den obigen Brief entschlüsselt hat oder irgendwo die Lösung findet, bitte ich um einen Kommentar.

Lewis Carroll (bürgerlich: Charles Dodgson) war übrigens Mathematiker und als solcher Wortspielereien aller Art nicht abgeneigt. Es würde mich nicht wundern, wenn er noch mehr Erwähnenswertes zum Thema Verschlüsselung hinterlassen hätte.

 

Tolkiens Runenbrief

Die Rebus-Verschlüsselung von Carroll stammt übrigens aus dem Buch Codes, Geheimtext und Verschlüsselung von Gertrud Maria Rösch (Hrsg.). An gleicher Stelle habe ich auch einen verschlüsselten Brief von J. R. R. Tolkien (Der Herr der Ringe) gefunden. Hier ist er:

Letter-Tolkien

Wer die Lösung kennt, möge sich melden. Vermutlich steckt hinter den Runen eine Buchstaben-Ersetzung.

 

Goethes Buch-Verschlüsselung

Obwohl ich mich schon lange mit historischer Verschlüsselungstechnik beschäftige und obwohl ich schon über viele prominente Verschlüsseler berichtet habe, wusste ich bisher nicht, dass auch Goethe verschlüsselt hat. Im besagten Buch von Rösch findet sich folgender Brief von Goethe an Marianne von Willemer inklusive Antwort darauf.

Letter-Goethe

Das verwendete Verfahren ist eine Buch-Chiffre. Die Zahlen-Kolonnen geben jeweils eines Stelle in einem Buch an. Wie diese “Chiffrenbriefe” Goethes genau funktioniert haben, steht hier.

Und was lernen wir daraus? Wer sich für Verschlüsselung interessiert, sollte lieber nicht “fack ju göhte” sagen.

Zum Weiterlesen: Steganografische Lyrik macht Achtklässler zum Star

Kommentare (7)

  1. #1 Thomas
    9. Mai 2016
  2. #2 Richard SantaColoma
    https://proto57.wordpress.com/
    9. Mai 2016

    For the Lewis Carrol letter, I get this (with the image description in parenthesis):

    My dear (DEER) Ina,

    Though I (EYE) don’t give birthday presents, still I (EYE) may (May) write a birthday card (CARD). I (EYE) came to (2) your door (DOOR) to (2) wish you (U) many happy returns of the day, but (“butt”, old usage for cask or barrel) the cat (CAT) met me, and (HAND?) took me for a mouse (MOUSE), and (HAND) hunted me up (POINTING UP) and down (POINTING DOWN) till I (eye) could hardly stand (STAND). However somehow I (EYE) got into the house (HOUSE), and (HAND) there a mouse (MOUSE) met me, and (HAND) took me for a rat (RAT), and pelted me.

    • #3 Klaus Schmeh
      9. Mai 2016

      Thanks!

  3. #4 Thomas
    9. Mai 2016
    • #5 Klaus Schmeh
      10. Mai 2016

      Danke, dann wäre dieses Rätsel ja auch gelöst.

  4. #6 Thomas Ernst
    Latrobe
    11. Mai 2016

    Doch, das wohl schönste die Kryptologie betreffende Zitat – im “Divan”: “Geheimer Chiffern Sendung / beschäftige die Welt, / Bis endlich jede Wendung / Sich selbst ins Gleiche stellt” – hatte Goethe sowohl abstrakt oder “ins Allgemeine gerichtet” dahingestellt, als auch als Schubs an Mariannes Schulter, doch mal an den passenden Stellen nachzusehen. Diese Fähigkeit, Intimes mit dem Abstraktem zu verbinden, und das ganze dann in eine unvergeßlich-e/änigmatische Strophe zu gießen, macht überhaupt die Schönheit des “Divans” aus.

  5. #7 Klaus Schmeh
    22. Mai 2016

    Marcel Brätz hat mir die Übersetzung zu Tolkiens Brief geschickt:

    THREE MANOR ROAD
    SUNDAY NOVEBER
    THE THIRTIETH
    DEAR MRS FARRER.
    OF COURSE I WILL SIGN YOUR COPY OF THE HOBIT.
    I AM HONOURED BY THE RECWEST.
    IT IS GOOD NEWS THAT THE BOOK IS OBTAINABLE AGAIN.
    THE NEXT BOOK WIL COTAIN MORE DETAILED INFORMATION
    ABOUT RUNESAND OTHER ALFABETS IN RESPOSE TO MANY ENCWIRIES.
    IN THE MEANTIME WHILE THE GREAT WORK IS BEING FINISED
    I WONDER IF YOU WOULD LIKE A PROPER KEY TO THE SPECIAL DWARVIS
    ADAPTATION OF THE ENGLIS RUNIC ALFABET ONLY PART OF
    WHICH APEARS IN THE HOBIT INCLUDING THE COVER.
    WE ENIOYED LAST MONDAY EVENING VERY MUCH AND
    HOPE FOR A RETURN MATCH SOON.

    YOURS SINCERELY
    J J R TOLKIN

    Die Entsprechende Anleitung zur Tolkiens Altenglischen Rune findet man
    hier: https://www.forodrim.org/daeron/runes-eng.pdf
    Die “Rechtschreibfehler” haben mit der phonetischen Adaption für die
    verfügbaren Schriftzeichen des Runen-Alphabets zu tun.