Der Cyberkriminelle Héctor Ortiz verschickte aus dem Gefängnis mehrere verschlüsselte Botschaften an einen Komplizen. Eine davon (bzw. ein Teil davon) kann ich heute vorstellen. Die Lösung ist mir nicht bekannt.
English version (translated with Deepl)
“True Crime”-Literatur und -Fernsehsendungen boomen seit Jahren. Diese Entwicklung macht auch vor der Kryptografie nicht Halt, was ich an den Zugriffszahlen auf diesem Blog immer wieder bemerke. Artikel über verschlüsselte Nachrichten, die etwas mit einem Kriminalfall zu tun haben, gehören jedenfalls regelmäßig zu den beliebtesten, die ich hier veröffentliche.
Wer sich in die Materie einlesen will, sollte sich die Beiträge zum Zodiac-Killler, den Debosnys-Kryptogrammen, den verschlüsselten Notizen von Ricky McCormick, dem Fall Paul Rubin, dem YOGTZE-Fall oder dem Somerton-Mann vornehmen. Es gibt natürlich noch viel mehr.
Héctor Ortiz
Google sei Dank bin ich kürzlich auf einen weiteren Kriminalfall gestoßen, in dem verschlüsselte Botschften eine Rolle spielen. Leider ist, wie so oft in solchen Fällen, nur ein Teil der spannenden Wahrheit öffentlich bekannt. Die Polizei ist leider meist nicht besonders mitteilsam, wenn es um kryptologische Details geht.
Im Mittelpunkt des besagten Falls steht der mexikanische Cyberkriminelle Héctor Ortiz (auch bekannt als “H1”), der in seinem Heimatland umgerechnet mehrere Millionen Euros ergaunerte, indem er mit seinen Komplizen das zwischen Banken eingesetzte Zahlungssystem SPEI hackte. 2019 wurde er verhaftet und sitzt seitdem im Gefängnis. Bis dahin hatte er mit seinem illegal verdienten Geld ein Luxusleben inklusive teurer Autos und Motorräder geführt.
In Mexiko löste der SPEI-Hack ein großes Medienecho aus, wie man anhand zahlreicher spanischsprachiger Meldungen im Internet sehen kann. Ich habe außerdem einen Bericht über den Fall auf Englisch gefunden. Von diesem abgesehen hat die Geschichte von Héctor Ortiz außerhalb von Lateinamerika bisher anscheinend nur wenig Interesse ausgelöst.
Es wäre sicherlich interessant zu wissen, wie Ortiz und seine Komplizen vorgegangen sind. Allerdings sind die Details wohl nicht öffentlich bekannt, und außerdem ist ein anderer Aspekt für diesen Blog von größerem Interesse: Im Gefängnis verfasste Ortiz verschlüsselte Nachrichten.
Ortiz’ Verschlüsselungen
Von Ortiz’ Verschlüsselungen ist in einem (spanischen) Artikel die Rede. Der Artikel nennt eine ganze Reihe von Klartexten, die zu verschlüsselten Nachrichten gehören, die Ortiz aus dem Gefängnis an einen Komplizen schicken wollte:
[sobre la] dirección general del Edo. Méx. héchenle muchas ganas por fa yo te daré instrucciones más precisas de alguno modo si no te escribo claves que tu y yo no entendamos o te las mando. No está autorizado lo que está escrito.
Les mandé un manual de 3 páginas con pepe, confirmar si se los entregó.
Por que piensan que America y Kasandra sacaron el pastel de la casa.
Me haz dicho que no confias en julio y julio me dijo que no confía en kasandra, y luego que sí y luego que no.
Por cierto ayúdame a juntar a la pandilla para saliendo hecharnos un fucho y de paso los pones en contacto con mi cuñada… les recomiendo que tomen distancia con Pachi ya que siento que no quiere ir al partido o de pronto y entra de oponente, solo eso se debe tomar en cuenta.
Nun wäre es natürlich sehr interessant zu erfahren, wie die zugehörigen Geheimtexte lauten, wie sie abgefangen wurden und wie sie dechiffriert wurden. Leider sagt der Artikel dazu nahezu nichts. Das einzige, was eventuell Aufschluss gegen könnte, ist die folgende Abbildung:
Der linke Teil sieht wie ein Schlüssel aus. Demnach müsste man beispielsweise den Buchstaben A als C3 verschlüsseln. Soweit ich sehe, sind auch alle anderen Buchstaben des Alphabets aufgeführt. Unklar ist jedoch, wozu man Zeichen wie >, * oder # verschlüsseln sollte.
Eine verschlüsselte Nachricht
Auf der rechten Seite des Zettels stehen zwei Zeilen:
Die obere Zeile könnte QUEBA QUE DICE BLO? lauten. Darunter lese ich:
E2 H8 C10 C3 F7 G8 B9
Mit der obigen Tabelle kann man dieses Kryptogram wie folgt entschlüsseln:
?46AJ–1
Keine Ahnung, was das bedeuten soll.
Der Artikel zeigt außerdem zwei Zeichnungen, die eventuell zu den verschlüsselten Nachrichten gehören. Bei der ersten Zeichnung würde mich interessieren, was am oberen Rand steht:
Kann ein Leser mehr zu diesen Verschlüsselungen sagen? Gibt es irgendwo zusätzliche Informationen dazu? Lässt sich das oben genannte Kryptogramm lösen? Ist die Tabelle daneben tatsächlich ein Schlüssel? Ich bin auf sachdienliche Hinweise gespannt.
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