Bei einer gewaltsamen Gefangenenbefreiung in der Nähe von Birmingham und einer Mordserie in der Nähe von Manchester spielten mit einem geheimen Code versteckte Nachrichten ein Rolle. Leider sind nicht alle Details öffentlich bekannt.

English version (translated with DeepL)

“True Crime”, also die journalistische Verarbeitung wahrer Verbrechen, ist seit Jahren ein boomendes Thema. Es gibt massenweise Bücher dazu, und auf YouTube findet man Hunderte von Dokumentationen.

Auch auf meinem Cipherbrain-Blog und in meinen Büchern spielt True Crime immer wieder eine Rolle und kommt bei den Lesern gut an. Man denke etwa an den Zodiac-Killer oder die Debosnys-Kryptogramme – um nur einige wenige Beispiel zu nennen. Zwei weitere Räuberpistolen, in denen Verschlüsselung (genauer gesagt: Steganografie) eine Rolle spielt, werde ich heute vorstellen.

Zuvor möchte ich noch darauf hinweisen, dass am Samstag wieder ein ICCH-Webinar-Vortrag stattfindet. Referent ist dieses Mal der als hervorragende Codeknacker bekannte Bill Briere aus Wyoming (USA). Bill war einer der aktivsten und kompetentesten Korrekturleser meines aktuellen Buchs “Codebreaking: A Practical Guide” (geschrieben mit Elonka Dunin). Der Titel seines Vortrags lautet: “Constructing Recreational Cryptograms”. Der Einwahl-Link wird wie immer über die Cryptocollectors-Mailing-Liste verschickt. Wer diese nicht abonniert hat, kann den Link gerne von mir haben – eine E-Mail genügt. Die Teilnahme ist kostenlos.

 

Der Überfall auf einen Gefangenentransport

Einen interessanten Kriminalfall, in dem Verschlüsselung und Steganografie eine Rolle spielen, fand ich kürzlich in der britischen Zeitung Express and Star. Im Jahr 2012, so kann man dort nachlesen, hielten drei bewaffnete Männer einen Gefangenentransporter in der Nähe von Birmingham an und befreiten den darin befindlichen Schwerverbrecher John Anslow.

Hinter dieser spektakulären Aktion steckte ein Krimineller namens Stuart Reid. Wie sich zeigte, hatte Anslow während des Transports, der vom Gefängnis zum Gericht führte, verbotenerweise ein Handy bei sich, mit dem er seinen Befreiern die notwendigen Anweisungen geben konnte.

Später fand die Polizei heraus, dass Reid Anslow seine Handynummer in einem Weihnachtsbrief ins Gefängnis mitgeteilt hatte – verschlüsselt und als Versicherungsnummer getarnt. Hier ist ein Scan des Briefs:

Quelle/Source: Express and Star

Die besagte angebliche Versicherungsnummer ist gepixelt. Das verwendete Verschlüsselungsverfahren ist nicht bekannt. Ich frage mich, wie ein solches Schreiben durch die Zensur gehen konnte.

Mehr ist mir zu diesem steganografischen Brief leider nicht bekannt. Die Polizei hält die Details wohl geheim. Falls ein Leser mehr weiß, bitte melden.

 

Die Moormorde

Bereits gut vier Jahrzehnte zuvor hatten sich ebenfalls in England mehrere noch brutalere Verbrechen ereignet: Von 1963 bis 1965 brachte der Buchhalter Ian Brady in der Gegend von Manchester insgesamt fünf Kinder bzw. Jugendliche um. Seine Geliebte Myra Hindley unterstützte ihn dabei.

Quelle/Source: Wikimedia Commons

Vier der fünf Leichen fand die Polizei später in einem Moor in der Nähe von Manchester. Die sterblichen Überreste des fünften Kinds sind dagegen bis heute verschollen. Ian Brady, der bis zu seinem Tod im Jahr 2017 im Gefängnis saß, weigerte sich stets, den Ort preiszugeben, an dem er die Leiche abgelegt hat.

Zu den Morden von Ian Brady gibt es eine TV-Dokumentation auf YouTube:

Ab 40:00 ist von versteckten Botschaften die Rede, die in Notizen enthalten gewesen sein sollen, die Hindly kurz nach der Verhaftung an Brady schickte. Zu diesem Thema gibt es auch zwei Artikel in englischen Zeitungen. Hindly war offensichtlich alles andere als schreibfaul und schuf ziemlich viele versteckte Botschaften dieser Art.

Allzu viel ist über diese steganografischen Nachrichten leider nicht öffentlich bekannt. Wie man im ersten der beiden Artikel nachlesen kann, versuchte die Zeitung “The Sun” mehr über die versteckte Kommunikation zu erfahren, wurde jedoch von den Behörden abgewiesen. Die Unterlagen bleiben geheim, was sich erst im Jahr 2051, nach Ablauf einer gesetzlichen Sperrfrist, ändern soll.

Anscheinend ist es Experten der Polizei und der britischen Geheimbehörde GCHQ gelungen, den von Hindley und Brady verwendeten Code zu knacken. Es soll jedoch schwierig gewesen sein, den Klartext zu verstehen. Hinweise auf den Verbleib der Leiche fand man offensichtlich nicht darin.

Im Sun-Artikel erfährt man immerhin, dass Hindley und Brady ein als “6-7-8-Code” bezeichnetes steganografisches Verfahren verwendet haben sollen. Dieses sieht vor, dass in jeder zweiten Zeile nur das sechste und siebte Wort zu lesen ist (wie die Zahl 6 in den Namen der Methode kommt, ist mir leider nicht klar). Der Artikel nennt folgendes Beispiel:

Dear Ian,

I’ve been thinking for a while why don’t you ask
if you can go to church on Sundays so we can
at least see each other there? You get someone
to help with this. There are places for people
in your situation Ian so ask someone to look
into it for you. There’s someone in here for
killing her children and trying to throw acid in
her boyfriend’s face. Re. facial expressions I wish
I could have seen the one on Brett. His face was
a pictue when you stared him out.

Love, Myra

Dieser Brief enthält folgende versteckte Nachricht: “Why don’t you get someone to throw acid on Brett.”

Ob die beiden Verurteilten dieses Verfahren wirklich verwendeten und ob dabei tatsächlich diese Botschaft übermittelt wurde, ist unklar. Vielleicht hat die Sun hier Wahrheit und Spekulation vermischt.

Unabhängig davon würde mich natürlich interessieren, ob sich zu diesem Fall mehr herausfinden lässt. Vielleicht können meine Leser dazu beitragen.


Further reading: Die Verschlüsselungs-Codes von Verbrecherbanden

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Kommentare (5)

  1. #1 Gerd
    4. März 2021

    There might be also a hidden message in the text of Reid’s christmas card, any ideas?

  2. #2 Gerd
    4. März 2021

    Maybe something like:
    you .. contact .. our meeting .. with .. number .. add one and .. sort out .. the first two.

    Can someone find a system behind that?

  3. #3 Uwe
    Konz
    5. März 2021

    I guess, there is no magic behind.
    The first two are 07 (UK mobile prefix). And than add one gives 3717. That’s it I’d say.

  4. #4 K.
    München
    5. März 2021

    Die 2 haben schon richtig was auf dem Kerbholz. Es gibt teilweise Ausschnitte – als Text – von Tonbandaufnahmen eines der weiblichen Opfer im Internet zu finden, diese haben die Geschworenen damals sehr geschockt, auf Grund ihrer Brutalität. Ich möchte dies hier nicht aufführen, dass gehört nicht hierhin. Wenn man recherchiert findet man sie.
    Ein Opfer haben sie nicht im Moor sondern bei Brady zu Hause gefunden. In einem extra Zimmer. Der Schwager von Brady (Smith mit der Schwester von Myra liiert) war am Tag vor dem Mord bei ihnen und war beim Mord dabei. Er hat es seine Frau erzählt und die informierte die Polizei. Sonst wär das nie rausgekommen. Brady gestand auch erst 3 Morde ehe er die anderen beiden zugab.
    Ermittler haben Fotos gefunden auf denen Brady und Myra posierten, bei einem Foto war es das Grab einer der Opfer auf dem Myra stand.
    (Saddleworth Moor)

    Deshalb gingem die Ermittler davon aus, noch mehr Leichen anhand von Fotos zu finden.
    Es existiert ein Foto von einem Ort ca. 60 km weg, von dem vermutet wird, dass es einen Zusammenhang mit Keith gibt.
    (Ramshaw Rocks oberhalb von Leek und Tittesworth Reservoir in Staffordshire kommen in Frage)

    Ian Brady hat ein Buch geschrieben The Gates of Janus. Ob sich das lohnt kann ich nicht beurteilen. Die Rezensionen sind unterschiedlich ausgefallen.

    https://www.google.com/amp/s/www.mirror.co.uk/news/uk-news/unlocking-secrets-ian-bradys-briefcases-23532885.amp
    Vom 19.2.2021, vielleicht tut sich ja was.

    Dann noch eine Zeitung, die den o.g. Code erklären:
    https://www.thesun.co.uk/news/3445811/moors-murderers-ian-brady-myra-hindley-coded-letters-keith-bennett-hunt/amp/

    Ein Video, ca. bei 0:50 sieht man kurz einen Brief mit einem Code. Ist nicht in Bezug auf den o.g. Jungen.
    https://m.youtube.com/watch?v=pfuZkqAkL6Q

    Ein Brief an Keith Bruder

    https://www.thescottishsun.co.uk/news/3916977/ian-brady-moors-muders-myra-hindley-serial-killer-glasgow-scotland/amp/

    Jetzt sind Brady und Keith Mutter tot. Hoffen wir das die Polizei trotzdem den Jungen findet.

  5. #5 Klaus Schmeh
    5. März 2021

    Brett Zingler via Facebook:
    These two were awful humans. I knew all about them and their crimes but had never heard of the hidden messages.